IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/2002, Seite 44 ff.
KLIMATECHNIK
Kühlen mit der Sonne
In vielen Gebäuden - sowohl im gewerblichen als auch im Privatwohnhausbereich - sorgt die Sonne für warmes Wasser. Diese Anwendung der Solarenergienutzung gehört zum Stand der Technik, ist ökologisch sinnvoll und nimmt somit einen hohen Stellenwert in der modernen Gebäudetechnik ein. Weitgehend unbekannt sind dagegen Technologien, die die Sonnenwärme zur Erzeugung von Kälte nutzen.
Solarkollektoren sorgen im Universitätsklinikum Freiburg für die Bereitstellung der erforderlichen Wärme für die solarunterstützte Kältezentrale. |
Mit der Sonnenenergie zu kühlen, macht in der Tat Sinn, denn in den meisten Gebäuden steigt der notwendige Kältebedarf parallel mit der Sonneneinstrahlung an, und so liegt es schon aus dieser Überlegung nahe, die Sonnenenergie für die Kälteerzeugung zu nutzen. Ein beeindruckendes Beispiel, wie diese Technologie in der Praxis umgesetzt werden kann, liefert das Universitätsklinikum Freiburg. Dort wurde 1999 im neuen Laborbereich der Hautklinik zur Erzeugung des Kaltwassers für Klimaanlagen und medizintechnische Geräte eine solarunterstützte Kältezentrale mit 71 kW Kälteleistung in Betrieb genommen. Für die notwendige Wärme sorgen rund 170 m2 Solarkollektoren, die auf dem Dach installiert sind. Der Wärmebedarf der Adsorptionskältemaschine wird in den Sommermonaten zu 60% und in der Übergangszeit zu 40% von den Kollektoren gedeckt.
Technologien der Kälteerzeugung
Für die Kaltwassererzeugung aus Niedertemperaturwärme stehen heute zwei Typen von Kältemaschinen zur Verfügung: Absorptionskältemaschinen und Adsorptionskältemaschinen.
Hydraulisches Fließschema des Universitätsklinikums Freiburg. |
So genannte Absorptionskältemaschinen mit den umweltfreundlichen und F(C)KW-freien Kältemitteln Wasser-Lithium-Bromid (LiBr) oder Wasser-Ammoniak (NH3) sind schon seit vielen Jahrzehnten meist in großtechnischen Anlagen in Betrieb, wo preiswerte Restwärme anfällt und gleichzeitig Kälte benötigt wird. Der in der Universität Freiburg eingesetzte Typ der Adsorptionskältemaschine mit dem Arbeitsmittel Silikagel befindet sich dagegen (zumindest in Europa) noch in der Phase des Demonstrations- und Funktionsnachweises.
Dass man mit der Kraft der Sonne kühlen kann, kommt nicht von ungefähr. Die Solarmodule und insbesondere Vakuumröhrenkollektoren sind zwischenzeitlich so leistungsfähig geworden, dass sie mit ca. 90°C Wassertemperatur ein Niveau erreichen, bei dem die Ab- und Adsorptionskältemaschinen mit einem relativ guten Wirkungsgrad betrieben werden können. Außerdem werden thermische Kältemaschinen zunehmend auch in kleineren Leistungsklassen ab ca. 35 kW Leistung angeboten. Damit lassen sich für viele Klimatisierungsaufgaben passende Anlagenkombinationen von Solarabsorbern und Kältemaschinen bauen.
Wie erzeugt man nun Kälte aus der solaren Wärme?
Im Grunde ist der thermische Kälteprozess ähnlich wie der mechanische Kompressionsprozess - die Verdichtung wird allerdings auf thermischem Wege herbeigeführt. Das Kältemittel Wasser verdampft durch Aufnahme von Wärme aus dem zu kühlenden Medium (in der Klimatechnik normalerweise ein Kaltwasserkreis im Gebäude). Anschließend wird das Kältemittel über den Lösungsmittelkreislauf komprimiert, indem das verdampfte Wasser von einer hygroskopischen* Lösung (Wasser-LiBr oder Wasser-NH3) absorbiert und auf einen höheren Druck gepumpt wird. Die von den Solarkollektoren erzeugte Wärme treibt das Wasser in Form von Dampf aus dem Lösungsmittel aus. Der Wasserdampf kondensiert unter Wärmeabgabe an einen Kühlturm wieder zu Wasser, das über eine Drossel dann auf das niedrigere Druckniveau gebracht wird. Nun beginnt der Prozess der Kälteerzeugung durch Verdampfung erneut. Für die Pumpen des thermischen Kälteprozesses wird so nur ein Bruchteil des elektrischen Stromes im Vergleich zur mechanischen Kälteerzeugung benötigt. Das ähnliche Verfahren der Adsorptionskältemaschinen arbeitet mit festen Sorptionsmitteln wie Silikagel oder Ammoniaksalz. Wegen der festen, nicht förderbaren Sorptionsmittel arbeiten diese Maschinen mit mindestens zwei Kammern, die wechselseitig regeneriert werden (siehe Infokasten "Funktion einer Adsorptionskältemaschine").
Solarunterstützte Adsorptionskältemaschine. |
Kühlsysteme im Vergleich
Adsorptionskältemaschinen haben den Vorteil, dass sie bei Warmwassertemperaturen unterhalb etwa 85°C eine höhere Leistungszahl (COP) haben. Der Nachteil dieser Maschinen ist das sehr große Bauvolumen und der diskontinuierliche Betrieb durch die Regenerationsphasen. Das so erzeugte Kaltwasser kann in den Klimaanlagen je nach dem gewünschten Raumkomfort für die direkte Raumkühlung, für Lüftung mit Kühlung und/oder Entfeuchtung verwendet werden. Gerade eine wirksame Entfeuchtung der Raumluft sorgt für Behaglichkeit während der meist schwülheißen Perioden in unserem Sommer.
Noch wichtiger als bei konventioneller Klimatechnik ist bei der solaren Klimatisierung die Beachtung aller denkbaren Maßnahmen zur Verringerung der Kühllasten im Sommer. Ein gut wirksamer baulicher Sonnenschutz und die Begrenzung der inneren Lasten durch Bürokommunikation und elektrische Beleuchtung ist zwingend notwendig. Bei der solaren Klimatisierung hat jedes unnötige Kilowatt an innerer Last direkte Auswirkungen auf die zu installierende solare Kollektorfläche, und diese Fläche soll für eine wirtschaftliche Lösung möglichst gering gehalten werden. Eine solare Klimatisierung ist niemals wirtschaftlich ausführbar ohne eine frühe Zusammenarbeit von Architekt, Fachplaner, Nutzer und Betreiber der Gebäude.
Funktion einer Adsorptionskältemaschine
Adsorptionskältemaschinen bestehen im Wesentlichen aus einem unter Vakuum stehenden Behälter, der in vier Kammern unterteilt ist:
- der Verdampfer (untere Kammer), in dem das Klimakaltwasser gekühlt wird;
- der Austreiber (Desorber) und der Sammler (Adsorber), deren Kupferrohrwärmetauscher mit dem Adsorbens Silikagel ummantelt sind (mittlere Kammern);
- der Verflüssiger (obere Kammer),
Der Austreiber und der Sammler sind mit Klappenventilen, die sich durch die innerhalb der Maschine herrschenden Druckunterschiede vollautomatisch öffnen und schließen, mit dem Verflüssiger und dem Verdampfer verbunden. Im Verdampfer wird Wasser bei niedrigem Druck (Vakuum) und niedriger Temperatur verdampft; die benötigte Verdampfungswärme wird dem zu kühlenden Rücklaufwasser entzogen, sodass eine Abkühlung von 12 auf 6°C erfolgt. Der dabei entstehende Wasserdampf (Adsorbat) wird in einer der beiden Adsorberkammern (Adsorber) vom Silikagel (Adsorbens) aufgenommen und an der Oberfläche dieses hochporösen Feststoffes angelagert. Dabei wird Adsorptionswärme frei, die an einen Kühlwasserkreislauf abgegeben und über einen Kühlturm abgeführt wird.
Zeitgleich wird die zweite Adsorberkammer regeneriert und arbeitet jetzt als Desorber. Als Regenerationsenergie wird nun das solarthermisch erzeugte Heizwasser von circa 72 bis 85°C zugeführt. Das am Silikagel angelagerte Kältemittel Wasser wird ausgetrieben und gelangt dampfförmig in den Kondensator, wo es über den Kühlwasserkreislauf rekondensiert wird und dem Adsorptionsprozess wieder als Kältemittel zur Verfügung steht.
Um einen kontinuierlichen Betrieb der Anlage zu gewährleisten, werden beide Adsorberkammern periodisch betrieben. Kommt der Adsorptionsprozess in einer Kammer zum Erliegen, wird die Funktion der Kammern vertauscht.
Fachmesse Aircontec 2002
Innovative Technologien der Klima- und Lüftungstechnik sind Gegenstand der Aircontec, der internationalen Fachmesse für Klima- und Raumlufttechnik, die im Verbund mit der Light + Building - Internationale Fachmesse für Architektur und Technik - vom 14. bis 18. April 2002 in Frankfurt präsentiert wird. Die Sonderschau "Solare Klimatisierung" des Fachinstitutes Gebäude-Klima e.V. wird einen Überblick über die Verfahren geben, die derzeit in der Entwicklung sind. Darüber hinaus zeigt sie ausgeführte Beispiele in Deutschland und weltweit. Ein internationaler Industrieworkshop wird den weltweiten Informationstransfer dieser innovativen, zukunftsweisenden Technologie praxisorientiert unterstützen.
*) hygroskopisch: Wasser an sich ziehend/bindend (von Stoffen).
B i l d e r : Dipl.-Ing. Hendrik Glaser, Freiburg
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