IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/2001, Seite 66 ff.
UNTERNEHMENSFÜHRUNG
Strategien für Ihren Erfolg
Teil 3: Analyse von Geschäftsfeldern
W. Neise, Cuxhaven
Im ersten Schritt wurde im letzten Heft das bisherige Leistungsprofil analysiert. Was leistet das Unternehmen bisher, was könnte es leisten, was würde der Handwerksmeister gerne leisten und worin hat der Betrieb seine speziellen Stärken? Problemlösungskompetenz allein genügt jedoch nicht. Man muss auch wissen, wo die Nachfrage am größten ist.
Im zweiten Schritt wird deshalb der Kontakt zur Umwelt und den Realitäten, zu den tatsächlichen Aufgaben, Bedürfnissen beziehungsweise Problemen hergestellt: Welche Aufgaben beziehungsweise Bedürfnisse hat die Umwelt, welche sind besonders erfolgversprechend und für welche davon ist das Unternehmen durch seine speziellen Stärken besonders geeignet?
Im Labyrinth der Märkte fehlen Anhaltspunkte. Viele Unternehmen suchen darum mit ausgefeilten, arbeitsintensiven Marktanalysen nach ihrem erfolgversprechendsten Geschäftsfeld. Dieser Weg ist kompliziert, kostspielig und bringt nicht immer sichere Ergebnisse.
Finden Sie ihr ideales Geschäftsfeld ohne großes Risiko. Die EKS-Strategie empfiehlt eine einfache, aber sehr erfolgreiche Methode: das Trial-and-Error-Verfahren. Durch kleine Schritte, durch "Versuch und Irrtum" finden Sie das Geschäftsfeld, das zu Ihrem Stärkenprofil passt wie das Schloss zum Schlüssel. Je enger dieses Geschäftsfeld festgelegt ist, desto schneller und sicherer wird Ihr Erfolg sichtbar.
Wie man Zeit spart und damit erfolgreich Kunden gewinnt. EKS-Anwender und Autor Professor Lothar J. Seiwert fand "sein Schloss" im Bereich des Zeitmanagement-Trainings. Zuerst deckte er als Angestellter eines Beratungsunternehmens vom Kreativitäts- und Verkaufs- bis hin zum Motivationstraining viele Themen ab. Mit Hilfe der EKS-Strategie erkannte er, dass sein ideales Geschäftsfeld im Zeitmanagement lag. Hier konzentrierte er seine Stärken, spezialisierte sich Anfang der 80er-Jahre auf Zeitmanagement-Seminare und wagte den Sprung in die Selbstständigkeit. Heute ist Prof. Seiwert der anerkannt beste Experte auf seinem Gebiet und genießt alle Vorteile des Marktführers.
Der zweite Schritt geht von dem Stärkenprofil aus. Das Stärkenprofil ist "der Schlüssel", für den nun in diesem zweiten Schritt das passende "Schloss", nämlich das passendste Aufgaben- beziehungsweise Geschäftsfeld, zu suchen ist. Die Suche orientiert sich an der Frage: Für die Lösung welcher Aufgaben, Probleme oder Bedürfnisse bin ich durch meine speziellen Stärken besser geeignet als meine Mitbewerber (Bild 1)?
Grundsätzlich gilt: Um dem optimalen Aufgaben- beziehungsweise Geschäftsfeld möglichst nahe zu kommen, muss man brainstormingartig* zunächst nach vielen Aufgaben- bzw. Geschäftsfeldern suchen. Dabei regen sich die Ideen gegenseitig an. Erst in einem zweiten Überlegungsprozess ist aus der so gewonnenen Übersicht das tatsächlich erfolgversprechendste Feld herauszufiltern.
Einige wichtige Hinweise dazu:
- Die Bezeichnung des Geschäftsfeldes muss bedarfs- und zielgruppenorientiert sein, nicht produktions- oder materialbezogen.
- Je enger das anfängliche Geschäftsfeld festgelegt wird, desto sicherer und schneller wächst man. Wie weit, bestimmt man letztlich selbst.
- Man kann das anfängliche Geschäftsfeld sukzessive erweitern. Wichtig bleibt jedoch, nicht zu springen, weil man gerade einen entsprechenden Auftrag erhalten kann. Dem Ziel treu bleiben ist langfristig erfolgreicher, als jeder Chance nachzulaufen.
- Erst einmal ein grundsätzlich erfolgversprechendes Geschäftsfeld als Orientierungspunkt zu haben ist wichtiger, als jahrelang nach dem theoretisch optimalen Geschäftsfeld zu suchen.
- Man kann wachsen, aber man muss es nicht. Viele Heizungs- und Sanitärhandwerksunternehmer sehen sich heute unter einem Wachstumszwang. Sie glauben, ihren Erfolg nur durch fortwährendes Wachstum sichern zu können. Der gefährlichste Trugschluss ist, dass man, um möglichst groß und erfolgreich zu werden, möglichst groß und vielfältig beginnen müsse. Im Gegenteil: Je kleiner das anfängliche Geschäftsfeld, desto sicherer, schneller und größer ist die Entwicklungschance.
Praktisches Vorgehen bei etablierten Betrieben
Über die Idee der Diversifikation haben viele mittlere und große Unternehmen in der Vergangenheit ihre Kräfte und Aktivitäten auf mehrere voneinander unabhängige Geschäftsfelder verteilt. Die Risiken sollten sich untereinander ausgleichen. Als Folge dieser Verzettelung waren sie in den meisten Geschäftsfeldern nur einer unter mehreren ähnlichen guten Mitbewerbern. Nicht selten handelt es sich um ein Nullsummen-Spiel: Was man in den einen Geschäftsfeldern verdient, setzt man in den anderen wieder zu. Auf ein Geschäftsfeld konzentriert, der deutlich Beste zu werden, ist nicht nur erfolgreicher, sondern auch sicherer.
Bild 2: Konzentration auf das erfolgversprechendste Geschäftsfeld. |
Konzentration auf ein Geschäftsfeld
Den Optimalfall im Sinne der EKS-Strategie zeigt Bild 2. Man analysiert zunächst die vorhandenen und eventuell auch die möglichen Geschäftsfelder und sucht unter ihnen das erfolgversprechendste heraus. Innerhalb dieses Geschäftsfeldes werden die Kräfte und Mittel im Rahmen des Möglichen konzentriert. Durch die Konzentration der Kräfte wächst der Erfolg. In dem Maße, wie hier der Erfolg wächst, baut man die anderen Geschäftsfelder von den jeweils unergiebigsten her ab.
Bei der Konzentration auf ein Geschäftsfeld handelt es sich um eine strategische Umformierung der Kräfte. Ihr Risiko ist gleich null, wenn man die bisherigen Geschäftsfelder nur in dem Maße aufgibt, wie man auf dem ausgewählten Geschäftsfeld tatsächlich an Boden und Umsatz gewinnt. Die absterbenden Geschäftsfelder werden nicht einfach eingestellt: Statt die dort vorhandenen Erfahrungen, Urheberrechte, Kunden, Produkte und Produktionsanlagen einfach verfallen zu lassen, sollte man sie bestmöglichst verwerten. Es gibt viele Möglichkeiten - mehr als man zunächst glaubt. Man kann die Aktiva beispielsweise verpachten, verkaufen, tauschen, in eine Kooperation einbringen, lizenzweise überlassen und mit den freiwerdenden Kräften und Mitteln die eigene Profilierung beschleunigen.
Wie finden Sie Ihr erfolgversprechendstes Geschäftsfeld
Zunächst erstellen Sie sich wieder ein Arbeitsblatt aus der Stärkenanalyse. Betrachten Sie unmittelbar Ihr Stärkenprofil. Welche Geschäftsfelder, welche Verwendungszwecke, welche Problemlösungsfähigkeit lassen sich daraus ableiten? Notieren Sie alle Ideen wahllos und spontan auf Ihrem Arbeitsblatt.
Überlegen Sie weiter nach diesem Brainstormingverfahren:
- Welche Geschäftsfelder ergeben sich aus der Kombination einzelner Stärken?
- Welche Aufgaben- und Geschäftsfelder hatte Ihr Unternehmen?
- Welche Aufgaben- und Geschäftsfelder hat Ihr Unternehmen zur Zeit?
- Auf welchem Geschäftsfeld hat Ihr Unternehmen die stärkste Marktstellung?
- Auf welchen Geschäftsfeldern kann Ihr Unternehmen relativ schnell die Marktführung übernehmen?
- Mit welchem Geschäftsfeld können Sie sich am stärksten identifizieren?
- Auf welchem Geschäftsfeld ist die Nachfrage am stärksten?
Versuchen Sie das neue Geschäftsfeld sehr genau zu definieren, damit sich schnell erste Erfolge einstellen können und damit Ihre Motivation erhalten bleibt.
Ihr Geschäftsfeld können Sie ausweiten, wenn Sie dabei Ihren Stärken treu bleiben. Beginnen Sie das Geschäftsfeld zunächst ganz klein. Wenn dann die Marktnische voll erschlossen ist, können Sie das Geschäftsfeld weiter ausdehnen. Beherzigen Sie das Sprichwort: Probieren geht über studieren!
Grübeln Sie nicht allzu lange an der Durchführbarkeit herausgearbeiteter Geschäftsfelder, sondern probieren Sie diese rasch in der Praxis aus. Am besten hat sich nach EKS das Verfahren Trial and Error erwiesen, was soviel heißt wie Versuch und Irrtum.
Beginnen Sie mit dem ersten Schritt und setzen Sie die dort gewonnenen Erfahrungen um. Testen Sie Ihre Geschäftsfelder. Korrigieren Sie wenn nötig die Richtung und machen weiter. Dadurch begrenzen Sie Ihr eigenes Risiko auf ein Minimum.
Weitere Schritte zum erfolgversprechendsten Geschäftsfeld
Sammeln Sie möglichst viele Geschäftsfelder, auch wenn Sie Ihnen im Moment nicht als durchführbar erscheinen. In den Phasen 5 und 6 der EKS-Strategie (Innovations- und Kooperationsstrategie) werden Sie dafür Lösungen erarbeiten (Tafel 1 und 2).
Bewerten Sie Ihre Auswahl genauso, wie Sie es bei der Stärkenanalyse getan haben. Benutzen Sie zur Orientierung folgende Darstellung:
0 = relativ schwache Marktposition, keinerlei Identifikation.
50 = durchschnittliche Marktposition, mittlere Identifikation.
100 = sehr starke Marktposition, sehr starke Identifikation.
Beachten Sie bei der Analyse Ihrer Geschäftsfelder immer die Einhaltung der folgenden Punkte:
- Sind die Stärken Ihre Schlüssel, dann haben Sie mit dem Geschäftsfeld Ihr passendes Schloss!
- Seien Sie lieber auf einem kleinen Geschäftsfeld der Erste, als woanders der Zweite!
- Was Sie gut und gerne tun, das machen Sie auch erfolgreich = Spitzenleistung!
- Je enger Sie Ihr Geschäftsfeld definieren, desto schneller wird Ihr Erfolg sichtbar!
- Entfalten Sie auf dem erfolgversprechendsten Geschäftsfeld Ihre speziellen Stärken!
- Durch Versuch und Irrtum finden Sie das zu Ihrem Stärkenprofil passende Geschäftsfeld.
Denken Sie bei der Erarbeitung Ihrer speziellen Geschäftsfelder bitte intensiv auch an eine Mehrwertleistung, das heißt eine Kombination von Betätigungsfeld und den möglichen Dienstleistungen dazu. Ein Beispiel aus der Heizungs- und Sanitärbrance zeigt, was aus der Ist-Analyse und der Stärkenfeststellung in Verbindung mit einem klaren Geschäftsfeld entstehen kann: Als Frau Pia F. die Haustür öffnete und den Handwerker erwartete, stand dort ein junger Mann im marineblauen Arbeitsanzug mit weißem Hemd, roter Fliege und weißen Handschuhen vor ihr und wünschte freundlich "Guten Morgen". Im ersten Moment dachte sie an einen Irrtum, wurde aber von dem jungen Mann aufgeklärt. Er heißt Andreas R., kommt von der Firma Pagany und soll hier eine neue Heizung einbauen. Die Vorgeschichte war, dass Herr Pagany es satt hatte, ein ganz normaler Sanitär- und Heizungsbetrieb zu sein. Er wollte sich von der starken Konkurrenz abheben und kam nach einer Analyse der Ist-Situation und seiner speziellen Stärken zum Gedanken, "anders als alle anderen zu sein". Er stieß auf die Idee der "Smily Company", dem freundlichen Unternehmen und gestaltete unter Mithilfe eines Marketingberaters seinen Firmenauftritt völlig neu. Die Firma steht für hochwertige Handwerksleistungen (Geschäftsfeld), absolute Termin- und Preistreue. Wobei die Arbeiten selbstverständlich sauber und schnell ausgeführt werden. Kunden sind Privathaushalte (Zielgruppe), die einige Jahre nach dem Neubau wieder flüssig sind und ihre Sanitär- und Heizungsanlage sanieren wollen. Pagany bietet für jedes Budget eine passende Lösung. Ein klares Erscheinungsbild vom Chef, angefangen über die Mitarbeiter, die durch ein gepflegtes Äußeres auftreten, sichert der Firma langfristig eine Marktnische, in der sie unangefochten eine Marktführerschaft ausübt. Fortsetzung folgt.
*) Brainstorming: Verfahren, um durch Sammeln von spontanen Einfällen die beste Lösung eines Problems zu finden.
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