IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 17/2001, Seite 30 ff


HEIZUNGSTECHNIK


Beheizte Fußbodenkonstruktionen im Gewerbe- und Industriebau

Ing. Peter Wegwerth*

Bis in die frühen Achtzigerjahre wurde die Fußbodenheizung hauptsächlich im Wohnungsbau, vornehmlich im Ein- und Zweifamilienhaus, eingesetzt. Aus den gewonnenen Erkenntnissen über die thermischen Auswirkungen dieser Beheizungsart, insbesondere das stabile vertikale Temperaturniveau und weitere Nutzervorteile, war der Schritt zum Einsatz im Gewerbe- und Industriebereich mit großen und hohen Hallenbauten eine logische Schlussfolgerung.

Der Vorteil der Industrie-Flächenheizung für den Bauherrn und Nutzer liegt in der großen Wirtschaftlichkeit durch absolute Raumfreiheit, da keine störenden Heizeinrichtungen vorhanden sind. Ein gleichmäßiges Temperaturprofil und somit keine ungenutzten Wärmepolster unter der Hallendecke, geringe Luftbewegung und somit keine Staubaufwirbelung sowie ein arbeitsförderndes Umfeld aufgrund der hohen thermischen Behaglichkeit sind weitere Vorteile des Systems.

Typische vertikale Temperaturprofile in einer Industriehalle mit unterschiedlicher Beheizung.

Fußbodenheizungen werden daher in zunehmendem Maße auch in großen und hohen Hallen eingebaut. Daraus ergaben sich neue Anforderungen an die Systeme, die bisher nur im Wohnungsbau im Estrichbereich eingesetzt wurden. Jetzt galt es, die Heizrohre in der hochbelasteten Betonsohle zu positionieren, was für manche Architekten zunächst Anpassungsprobleme brachte, bis zu der sich wiederholenden Frage, ob die Heizrohre den Belastungen einer Industrie-Betondecke standhalten. Dies ist jedoch bei richtiger Materialwahl problemlos. Die heute in diesem Bereich verwendeten Materialien nehmen die statisch entstehenden Spannungsbewegungen der Betonplatte schadlos auf.

In welchen Industriebereichen werden heute Industrie-Flächenheizungen eingesetzt? Es gibt kaum einen Industriebereich der für den Einsatz einer Industrie-Flächenheizung nicht geeignet ist. Überall wo es Betonsohlen und Betondecken gibt, lässt sich auch ein Kunststoffheizrohr positionieren. Voraussetzung ist ein robustes und vom Grundmaterial her hochwertiges, für die rauhe Baustellensituation geeignetes Heizrohr. Die Besonderheiten einer Industrie-Flächenheizung liegen in der Berücksichtigung der Verkehrslast mit der Auswirkung auf die statische Bewehrung und somit auf die Rohrpositionierung, Prüfung der Dämmerfordernis, Betonarten, Einschraubtiefe bei der Befestigung der Halleneinrichtung sowie der Beton-Fugentechnik.

Betonkonstruktion mit Mattenbewehrung.

Planungshinweise

Die Dimensionierung der gesamten Bodenkonstruktion wird bestimmt durch die bei späterer Nutzung auftretenden statischen und dynamischen Lasten, wie z.B. Punktlasten von Maschinen, Regalen und Radlasten von Fahrzeugen. Die Dimensionierung der Betonplatte erfolgt grundsätzlich durch den Statiker. Die Industrie-Flächenheizung wird unabhängig von der Verkehrslast geplant, da keine durch die Verkehrslast einschränkenden Systemkomponenten, wie z.B. Trittschalldämmungen, integriert sind. Die Heizrohre/Heizleitungen werden direkt in die lastaufnehmende Betonplatte integriert und sollten so angeordnet werden, dass sich eine möglichst geringe Überdeckung ergibt. Nahezu in jede Betonplattenkonstruktion, Stahl-, Spann-, Stahlfaser-, Vakuumbeton etc. (außer Walzbeton) kann die Industrie-Flächenheizung eingebaut werden.

Stahlbeton ist die für Industriefußböden klassische Betonausführungsart. Stahlbetonplatten sind mit einer Mattenbewehrung ausgestattet. Sie ist vielfach zweilagig, nämlich mit unterer und mit oberer Bewehrung im Beton eingebracht. Die beiden Bewehrungslagen bestehen aus Baustahlmatten, die durch spezielle Abstandshalter auf dem tragenden Untergrund aufgeständert sind. Eine Bewehrungslage kann zur Befestigung der Heizrohre/Heizleitungen genutzt werden.

Betonkonstruktion ohne Mattenbewehrung.

Spannbeton wird mit einer Spannstahlbewehrung ausgeführt, die vielfach mit einer Mattenbewehrung kombiniert wird. Eine Spannstahlbewehrung besteht aus kreuzweise angeordneten Spanngliedern, die vorgespannt werden und zumeist mit einem Korrosionsschutz versehen sind (z.B. PE-Schutzmantel der Metallhüllrohre). Dadurch werden der Betonplatte Druckspannungen auferlegt, was dem Entstehen von Rissen vorbeugen soll. Die Spannstahlbewehrung wird im Normalfall in Höhenmitte der Platte und durch Abstandhalter in der Höhenlage gesichert. Hier muss die Positionierung der Heizebene mit dem Statiker abgestimmt werden, sofern nicht zusätzliche Bewehrungsmatten eine Befestigungsmöglichkeit bieten.

Stahlfaserbeton besteht aus Beton unter Zugabe von Stahlfasern in unterschiedlicher geometrischer Form. Die gleichmäßig verteilten Fasern verbessern die Druck-, Biege- und Zugfestigkeit gegenüber einem unbewehrten Beton. Bei dieser Betonausführung steht also keine Bewehrungsmatte zur Befestigung der Heizrohre/Heizleitungen zur Verfügung, sodass ein zusätzliches Trägerelement einzuplanen ist.

Vakuumbeton erhält seinen Namen durch die abschließende Behandlung des bereits verdichteten und nivellierten Betons. Hierdurch wird dem Beton ein großer Teil des Anmachwassers entzogen, was eine Verbesserung der Früh- und Endfestigkeit der oberflächennahen Betonschicht mit sich bringt. Zur Vakuumbehandlung werden Filtermatten und Saugschalungen auf die Betonoberfläche aufgelegt. Mit einer Vakuumpumpe wird über der Betonoberfläche ein Unterdruck erzeugt, der das Anmachwasser absaugt. Je nach Ausführung der Bewehrung kann ein Vakuumbeton sowohl ein Stahl-, Spann- oder Stahlfaserbeton sein.

Befestigungsbeispiel von Halleneinrichtungen.

Bei Walzbeton ist, wie auch im Renovierungsbereich, eine Positionierung in der Betonplatte nicht möglich. Hier kann die Industrie-Fußbodenheizung auch als beheizte Estrichkonstruktion ausgeführt werden. Die Ausführung kann als schwimmender Estrich, Estrich auf Trennschicht oder Verbundestrich ausgeführt werden. Die Dämmung für einen schwimmenden Estrich muss für die auftretenden Verkehrslasten ausreichend druckfest sein. Art und Dicke des Estrichs und der Dämmschicht sind vom Bauwerksplaner festzulegen.

Beton-Fugentechnik

Die Fugenplanung ist von dem Bauwerksplaner bzw. Statiker, unabhängig von der Industrie-Fußbodenheizung, vorzugeben. Sie sind vom Heizungsfachplaner insoweit zu berücksichtigen, als dass sie nur von Heizkreisanbindungsleitungen durchquert werden dürfen. Bewegungsfugen werden in der Betontechnik auch in unbeheizten Betonplatten angeordnet und als Raumfugen bezeichnet. Sie trennen die Betonplatten durchgehend mit einem Abstand von etwa 20 mm und haben eine weiche Fugeneinlage als Füllstoff, die schon vor dem Einbringen des Betons fixiert wird.

Raumfugen werden im Normalfall zu angrenzenden, aufgehenden und durchdringenden Bauteilen angebracht. Da die Fugenfelder im Allgemeinen immer wesentlich größer als die Heizkreise und die thermischen Bedingungen von untergeordneter Bedeutung sind, wird die Planung der Industrie-Fußbodenheizung nicht wesentlich beeinflusst. Zusätzliche Raumfugen sind bei beheizten Bodenkonstruktionen in der Regel nicht notwendig. Heizrohre, die Raumfugen durchqueren, sind aufgrund der zu erwartenden mechanischen Belastungen im Fugenbereich mit Schutzhülsen zu versehen. Scheinfugen werden auch im Industriebereich in Betonbodenplatten vorgesehen. Sie werden nachträglich eingeschnitten und dienen, wie im Wohnungsbau bei schwimmendem Estrich, als Sollbruchstelle für das baustoffbedingte Schwinden der Betonplatte. Wichtig: Die Einschnitttiefe muss schon bei der Planung der Heizebene mit dem Baugewerk abgestimmt werden.

Industrieflächenheizung als schwimmender Estrich (links) und Verbundestrich.

Wärmedämmung

Die Wärmeschutzverordnung (WSchV) gibt Grenzwerte vor, die die Wärmeabgabe von Gebäuden an die Umgebung bei gegebenen thermischen und baulichen Randbedingungen einschränken. Für Industriebauten gilt bei Flächenheizungen, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der Bauteilschichten zwischen der Heizfläche und der Außenluft, dem Erdreich oder Gebäudeteilen mit wesentlich niedrigeren Innentemperaturen den Wert von 0,35 W/(m2 K) nicht überschreiten darf. Der Anwendungsbereich der WSchV ist jedoch eingeschränkt und es bestehen Ausnahmeregelungen. So müssen die Anforderungen gemäß § 5 des Energieeinsparungsgesetzes wirtschaftlich innerhalb der üblichen Nutzungsdauer vertretbar sein. Dazu gelten Ausnahmen und Befreiungen nach § 11 bzw. § 14. Im Einzelfall sollte daher geprüft werden, ob die Industriehalle eine Wärmedämmung im Bodenbereich benötigt.

Verzicht auf eine Wärmedämmschicht gem. § 14 Härtefall

Der § 14 Härtefall basiert auf dem Energieeinsparungsgesetz (EnEG) § 5 und beschreibt die Möglichkeit, bei unangemessenem Aufwand oder bei unbilliger Härte eine Befreiung zu bewirken. Nachfolgend ein Auszug des § 5 Energieeinsparungsgesetz:

… Anforderungen gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. Übersteigen die Kosten der Dämmung unterhalb der Betonplatte die sich durch diese Dämmung ergebenden Einsparungen an Heizkosten während der Nutzungsdauer einer Industriehalle, so liegt hier in der Regel ein unangemessener Aufwand im Sinne des § 5 Härtefall vor …

Die Landesbauordnungen der jeweiligen Bundesländer kommentieren diesen Sachverhalt auf ähnliche Art und Weise. Wichtig: Der Härtefall ist durch eine Amortisationszeitberechnung zu belegen und dem Freistellungsantrag beizulegen. In den meisten Fällen liegt diese Amortisationszeit bei weitem über der Nutzungsdauer der Industriehalle. Der formlose Antrag auf Verzicht der Bodendämmung wird bei der zuständigen unteren Behörde (z.B. Bauordnungsamt der Stadtverwaltung) gestellt.

Ein wichtiger Planungshinweis für den Planer sei hier angemerkt: Ist die Raumtemperatur > 19 °C und erfolgte eine Befreiung gem. § 14 Härtefall, so ist trotzdem gemäß DIN 4108 ein k-Wert von < 0,93 W/m2 K einzuplanen!

Darstellung einer Raumfuge als Bewegungsfuge.

Halleneinrichtung

In gewerblich und industriell genutzten Gebäuden werden oft Einrichtungen wie z.B. Hochregallager oder Maschinen auf dem Betonboden nachträglich verankert. Bei reversierbaren Lagerregalen oder bei Verwendung von automatisch gesteuerten Lagerfahrzeugen auch Führungsschienen. Hier muss der Heizungsplaner rechtzeitig darüber informiert sein, wie tief diese Verankerungen in die Betonplatte eindringen. Besteht die Gefahr, dass die Verankerungen bis zur Heizrohr- bzw. Heizleiterebene reichen, muss die Heizebene weiter abgesenkt werden. Alternativ können die genau eingemessenen Befestigungsfelder mit den Heizrohren umgangen werden.

Regelung von Industriefußbodenheizungen

Auch Industrie-Flächenheizungen fallen unter die Vorschriften der HeizAnlV. Die Anforderungen nach § 7 dieser Verordnung sind zu erfüllen, lediglich bei der Raumtemperatur-Regelung ist für "Raumgruppen gleicher Art und Nutzung" Gruppenregelung zulässig. Auch der hydraulische Abgleich der einzelnen Heizkreise ist entsprechend der VOB DIN 18380 durchzuführen, was den Einsatz von Verteilergruppen mit Abgleicharmaturen pro Heizkreis erfordert. Für die einzelnen Regelgruppen bieten die meisten Hersteller von Industrie-Flächenheizungen kompakte Regelstationen an. Die Heizwassertemperaturen sind durch die geringe Flächenbelastung aus dem günstigen Verhältnis von Hüllfläche und Grundfläche sehr gering. Sie liegen im Jahresmittel je nach erforderlicher Raumtemperatur bei 20 bis 28 °C.

Internetinformationen:
www.flaechenheizung.de
www.velta.de


B i l d e r :   Bundesverband Flächenheizungen e.V., Hagen; Velta, Norderstedt


* Ing. Peter Wegwerth, technischer Vorstand und Obmann AK-Technik im Bundesverband Flächenheizung e.V., Hagen


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