IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/2001, Seite 42 ff



Sicherer Umgang mit Mineralwolle-Dämmstoffen

Ob bei der Demontage alter Heizkessel oder Rohrleitungen oder beim Auswechseln von Lüftungskanälen – beinahe regelmäßig trifft der Installateur bei seiner täglichen Arbeit auf Mineralwolle-Dämmstoffe. Dabei hat er es häufig auch mit der alten, Glas- oder Steinwolle zu tun, die als krebsverdächtig gilt. Der sichere Umgang mit diesen Produkten ist also zwingend notwendig, um eine Gesundheitsgefährdung des Verarbeiters auszuschließen.

Bereits seit Juni vergangenen Jahres gilt in Deutschland ein Herstellungs- und Verwendungsverbot von Mineralwolle-Dämmstoffen, die nicht Freizeichnungskriterien der Gefahrstoffverordnung (Anhang V Nr. 7) erfüllen und somit als krebsverdächtig gelten. In der Praxis trifft man heute also auf zwei unterschiedliche Typen von Mineralwolle-Dämmstoffen, nämlich auf die so genannten "alten" und "neuen" Produkte.

Unter den "alten" Mineralwolle-Dämmstoffen werden alle jene Produkte zusammengefasst, die nicht die Freizeichnungskriterien der Gefahrstoffverordnung erfüllen, also als "krebsverdächtig" gelten. "Neue" Mineralwolle-Dämmstoffe erfüllen hingegen die geforderten Anforderungen und gelten nach derzeitigem Stand der Wissenschaft als nicht krebserregend.

Hinweis: Der Umgang mit "alten" Mineralwolle-Dämmstoffen ist nur noch im Zuge von Demontage-, Abbruch-, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten zulässig. Für solche Arbeiten gilt die TRGS 521. Für die Praxis bedeutet dies, dass auch das nachträgliche wieder anbringen "alter", zuvor entfernter Dämmstoffe nicht zulässig ist.

Mineralwolle und Asbest sind nicht vergleichbar!

Grundsätzlich weisen Mineralwollefasern eine geringe Beständigkeit auf, die mit der von Asbest nicht vergleichbar ist. Untersuchungen zur Biobeständigkeit haben ergeben, dass die heute hergestellten Glas- und Steinwollefasern schon nach weniger als 40 Tagen zu mehr als der Hälfte (Halbwertszeit) abgebaut sind. Die früher hergestellten Mineralwollefasern besitzen Halbwertszeiten von knapp einem Jahr. Blauasbest dagegen hat sogar eine Beständigkeit von mehr als 100 Jahren. Die Beständigkeit der Fasern ist insofern von Bedeutung, weil diese eine bestimmte Zeit in der Lunge verbleiben müssen, um eine Krebserkrankung hervorrufen zu können. Denn im Prinzip können alle Arten von Fasern Krebs erzeugen, wenn sie entsprechend lang und dünn sind und eben eine gewisse Beständigkeit im Körper besitzen. Anders als Asbestfasern, die aufspleißen, also sich der Länge nach teilen und somit immer dünner und gefährlicher werden, brechen Glas- und Steinwollefasern aber quer zur Faser und werden so immer kürzer. Da der Durchmesser dabei gleich bleibt, werden die Bruchstücke immer mehr zu kleinen Staubkörnchen und sind dann in der Wirkung mit jedem anderen Staub vergleichbar.

Bild 1: Tätigkeitsliste mit Zuordnung von Schutzstufen (Ausschnitt aus Tabelle 1b der Anlage 4 zur TRGS 521).

Maßnahmen für den sicheren Umgang

Die notwendigen Maßnahmen für den Umgang mit Mineralwolle-Dämmstoffen richten sich nach der Beurteilung der Fasern: Bei Fasern mit Krebsverdacht werden grundsätzlich Maßnahmen erforderlich, die über die Mindestschutzmaßnahmen hinausgehen. Der Unternehmer oder seine verantwortlichen Mitarbeiter müssen deshalb vor Aufnahme der Arbeiten ermitteln, wie die Fasern zu beurteilen sind, um geeignete Schutzmaßnahmen festlegen zu können. In der Praxis können im Wesentlichen zwei Fälle unterschieden werden:

Bild 2: Ob Rollen- oder Plattenware oder vorkonfektionierte Dämmschalen – die Angebotsvielfalt an Mineralwolle-Produkten ist groß (Quelle: Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft).

1. Umgang mit "neuen" Mineralwolle-Dämmstoffen

Bereits seit 1995 werden in Deutschland Mineralwolleprodukte hergestellt, die in Bezug auf die Krebsgefahr als unbedenklich gelten. Doch auch beim Umgang mit diesen Produkten müssen einige Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Stäuben ergriffen werden. Die Anwendung der nachfolgend genannten Mindestschutzmaßnahmen schützt insbesondere vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Atmungsorgane und vor den hautreizenden Einwirkungen der Fasern:

Bild 3: Der Einsatz vorkonfektionierter Dämmstoffe minimiert nicht nur die Faserbelastung am Arbeitsplatz, sondern spart darüber hinaus noch Zeit und somit Geld (Quelle: Rockwool).

2. Umgang mit "alten" Mineralwolle-Dämmstoffen

Liegen keine Informationen über die Beurteilung der Fasern vor – dies wird in der Praxis bei Arbeiten an/mit eingebauten Produkten die Regel sein – ist bei der Beurteilung zunächst von "alten" Mineralwolle-Dämmstoffen, das heißt von einer latenten Krebsgefahr auszugehen. Das allein beinhaltet noch kein Gebot des Entfernens. Jedoch wäre bei den Arbeiten, falls keine Ermittlungen zur Höhe der Faserbelastung vorliegen, der gesamte Maßnahmenkatalog gemäß der TRGS 521 für den Umgang mit Faserstäuben heranzuziehen. Gerade bei den im SHK-Handwerk anfallenden Tätigkeiten, die erfahrungsgemäß zu einer meist geringen Faserbelastung führen, wäre das nicht zwingend angemessen.

Hintergrund Mineralwolle-Dämmstoffe

Mineralwolle-Dämmstoffe kommen in Form von Glas- oder Steinwolle zum Einsatz. Hergestellt werden diese Dämmstoffe im Wesentlichen aus Glasrohstoffen oder Gesteinen unter Verwendung von Recyclingmaterialien wie z.B. Altglas. Diesen werden Binder und Öle zugegeben. Die Kunstharze als Binder garantieren die Form der Dämmstoffe, während die Öle den Staubanteil verringern.

Mineralwolle-Dämmstoffe enthalten mindestens:

  • 90% künstliche Mineralfasern (KMF) glasiger Struktur,
  • bis zu 7% Kunstharz, hergestellt aus Phenol, Harnstoff und Formaldehyd,
  •  ca. l% Öle und weitere Zusätze, z.B. Wasser abweisende Stoffe.

Eine pragmatische Hilfestellung zum Umfang der Schutzmaßnahmen an/mit eingebauten Produkten liefert die Anlage 4 zur TRGS 521 (siehe Bild 1). Die Anlage gibt dem Arbeitgeber eine Hilfestellung bei der Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen. Sie enthält sowohl für den Bereich Hochbau als auch für den Bereich Technische Isolierung eine Tätigkeitsauflistung, der Schutzstufen zugeordnet sind.

Schutzstufe S1: beinhaltet alle Tätigkeiten, die erfahrungsgemäß zu keiner oder nur geringer Faser-Exposition führen.

Schutzstufe S2: beinhaltet Tätigkeiten, bei denen bei Berücksichtigung der Mindestschutzmaßnahmen die Einhaltung des Luftgrenzwertes gewährleistet ist.

Schutzstufe S3: Für alle Tätigkeiten, die nicht in den Tabellen aufgeführt sind, oder für Tätigkeiten, bei denen die Einschränkungen für die Schutzstufe S2 nicht eingehalten sind, gilt immer die Schutzstufe S3.

Maßnahmenkatalog bei Schutzstufe S1

Für diese Schutzstufe sind die Mindestschutzmaßnahmen, die auch beim Umgang mit "neuer" Mineralwolle ergriffen werden müssen, ausreichend:

Bild 4: Anzeigeformular (Muster) für Demontage-, Abbruch-, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten mit künstlichen Mineralfaserprodukten, die dem Anhang V Nr. 7.1 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) unterliegen (Quelle: Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft).

Maßnahmenkatalog bei Schutzstufe S2

Alle Anordnungen der Schutzstufe 1 sowie zusätzlich:

   Halb-/Viertelmaske mit P2-Filter oder

   partikelfiltrierende Halbmaske FFP2 oder

   Filtergerät mit Gebläse TM 1

   Schutzhandschuhe aus Leder oder nitril-beschichtete Baumwollhandschuhe

   Atmungsaktiver Schutzanzug Typ 5

Hinweis: Gerade beim Entfernen eingebauter alter Dämmstoffe gilt es, sorgfältig zu handeln. So sollten bei Arbeiten in Innenräumen die Einrichtungsgegenstände und der Boden stets mit Folie oder dergleichen abgedeckt werden. Um die Staubbelastung zu minimieren, empfiehlt es sich, die Mineralwolle während der Demontage ausreichend zu befeuchten. Reste sollten nicht trocken zusammengefegt, sondern ebenfalls befeuchtet und mittels geeignetem Staubsauger abgesaugt werden. Im gesamten Arbeitsbereich sollte darüber hinaus nicht gegessen, getrunken oder geraucht/geschnupft werden.

Maßnahmenkatalog bei Schutzstufe 3

Der Vollständigkeit halber werden nachfolgend die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen der Stufe 3 aufgeführt. Gleichwohl sei angemerkt, dass diese Schutzstufe für das SHK-Handwerk in der Regel bedeutungslos ist.

Die Entsorgung der Mineralwolle

Für die Festlegung des zulässigen Entsorgungsweges müssen Mineralfaserabfälle den Abfallarten des Europäischen Abfallkataloges (EAK) zugeordnet werden. Dafür gelten in den einzelnen Bundesländern landesspezifische Regelungen. Die korrekte Zuordnung der Abfallart muss in der Regel bei der örtlichen, für die Entsorgung zuständigen Behörde erfragt werden. Grundsätzlich sind Mineralfaserabfälle am Entstehungsort staubdicht zu verpacken und gegebenenfalls zu befeuchten. Für den Transport sind geschlossene Behältnisse zu verwenden, die außerdem ausreichend zu kennzeichnen sind.


L i t e r a t u r :
Handlungsanleitung für den Umgang mit Mineralwolle-Dämmstoffen, Stand 10/2000, Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft.


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