IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 14/2001, Seite 38 ff
Elektrische Betriebsmittel auf Baustellen
Am Bau wird eine Vielzahl von Geräten, Maschinen, Werkzeugen und Hilfseinrichtungen mit elektrischem Strom betrieben. Im Laufe der Jahre haben sich die Fachleute eine ganze Menge einfallen lassen, um den Umgang mit Strom und elektrischen Betriebsmitteln sicherer zu machen. Und sie waren erfolgreich: Überwachungs-, Warn- und Schaltgeräte sowie zwangsweise wirkende Schutzmaßnahmen haben viel dazu beigetragen, den riskanten Umgang mit Strom zu entschärfen.
Das hat dazu geführt, dass die Zahl der Stromunfälle rapide zurückgegangen ist. Geblieben ist jedoch die Tatsache, dass Stromunfälle meist wesentlich schwerere Folgen haben als andere Arbeitsunfälle. Darauf weisen die Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft hin. Von 1000 Arbeitsunfällen, die nicht mit Strom zusammenhängen, enden 1,5 Unfälle tödlich. Von 1000 Wegeunfällen haben 9 einen tödlichen Ausgang. Bei 1000 Stromunfällen bezahlen dagegen 29 Verletzte den Unfall mit dem Leben. Und noch eine Zahl sollte Anlass für erhöhte Aufmerksamkeit für alle Beschäftigten und Verantwortlichen am Bau geben: Die Hälfte aller tödlichen Stromunfälle in der gesamten gewerblichen Wirtschaft ereignen sich am Bau.
Schutzverteiler: Die Steckvorrichtungen des Leitungsrollers sind mit einer zugelassenen Fehlerstromschutzeinrichtung (IDN < 30 mA) geschützt. |
Als Ursachen für die Gefährdung durch elektrischen Strom nennen die Fachleute vor allem
- zu hohe Beanspruchung der Betriebsmittel,
- Verwendung ungeeigneter oder defekter Betriebsmittel,
- Beschädigung der Isolation,
- Montagefehler,
- äußere Einwirkungen durch den rauen Baubetrieb,
- mangelhafte oder fehlerhafte Instandhaltung,
- Schutzleiterunterbrechungen oder -vertauschungen,
- mangelnde Kenntnis der Sicherheitsvorschriften und -normen,
- Nichtbeachtung des Sicherheitsabstandes zu Strom führenden, nicht isolierten Leitungen.
Die folgenden Ausführungen geben bezüglich der einzelnen Betriebsmittel Hinweise darauf, wie man die Gefahren beim Umgang mit Strom auf Baustellen möglichst gering hält.
Kleinstbaustromverteiler für den Anschluss an Steckvorrichtungen ortsfester Anlagen (Hausinstallation) zugelassen nur auf kleinen Baustellen. |
Die Speisepunkte
Die Sicherheit fängt an der Quelle an: Für den gefahrlosen Einsatz elektrischer Betriebsmittel ist auf Baustellen unbedingt ein besonderer Speisepunkt erforderlich. Auf keinen Fall dürfen Steckvorrichtungen in Hausinstallationen als Speisepunkte verwendet werden. Zulässig sind nur Speisepunkte, die mindestens eine Einrichtung zum Trennen besitzen z.B. Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen. Diese müssen nach DIN VDE 0100-537 zugelassen sein. Als Speisepunkte kommen folgende Einrichtungen in Frage:
- Baustromverteiler nach DIN VDE 0612, wenn die Steckvorrichtungen AC 230 V / 16 A über eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung mit einem Bemessungsdifferenzstrom IDN < 30 mA geschützt sind.
- Baustromverteiler nach DIN 0660 Teil 501 A 1. Hinweis: Seit 1.1.1999 müssen neue, ab 1.1.2002 alle Baustromverteiler entsprechend dieser Norm ausgerüstet sein. Außerdem müssen Baustromverteiler der Schutzart IP 43 entsprechen. Wichtig: Der Verteiler muss stets mit geschlossener Tür betrieben werden.
- Besondere, der Baustellenanlage zugeordnete Abzweige ortsfester elektrischer Anlagen einschließlich der zugehörigen Steckvorrichtungen.
- Ersatzstromerzeuger nach DIN VDE 0100-551.
- Transformatoren mit getrennten Wicklungen.
Die Leitungen
Leitungen sind auf Baustellen besonders hohen Beanspruchungen ausgesetzt. Deshalb sind auf Baustellen nur Gummischlauchleitungen wie beispielsweise H07RN-F oder A07RN-F zugelassen. Als gleichwertig gelten die Gummischlauchleitungen NSSHöu sowie die Leitung H07BQ-F mit PU-Mantel und Gummiisolierung der Adern. Mit PVC-Material isolierte Leitungen sind auf Baustellen nicht zugelassen.
Leitungen, die mechanisch besonders stark beansprucht werden, müssen zudem geschützt verlegt oder fest abgedeckt werden. Für sehr hohe Beanspruchung ist die Bauart NSSHöu besonders geeignet. Handgeführte Elektrowerkzeuge sind mit der Bauart H07RN-F anzuschließen. Die Bauart H05RN-F darf unter der Bedingung verwendet werden, dass die Anschlussleitung nicht länger als vier Meter ist.
Leitungsroller (Kabeltrommeln) auf Baustellen sollten aus Isolierstoff gefertigt sein und müssen folgende Anforderungen erfüllen:
- Aufschrift mit
Name und Warenzeichen des Herstellers
Typenbezeichnung
Nennspannung in V
Stromart
maximale Nennleistung bei aufgerollter Leitung in kW
Art und Ausführung (für trockene Räume / im Freien)
- Spritzwassergeschützte Steckvorrichtungen
- Anschluss berührbarer Metallteile an Schutzleiter
- Thermoschutz der verhindert, dass sich die aufgerollte Leitung zu sehr erhitzt
Wichtig: Leitungsroller dürfen nur an Steckvorrichtungen angeschlossen werden, die über eine Fehlerstromschutzeinrichtung gesichert sind.
Schutzverteiler mit Vollgummigehäuse und eingebauter FI-Schutzschaltung, I DN < 30 mA. |
Das Installationsmaterial
Auch das Installationsmaterial muss auf Baustellen ganz besonderen Anforderungen genügen. Schalter, Steckvorrichtungen, Abzweigdosen und dergleichen müssen mindestens der Schutzart IP X 4 nach DIN 40 050 entsprechen. Für den Netzanschluss auf Baustellen dürfen nur folgende Einrichtungen verwendet werden:
- Steckdosen, 2-polig mit Schutzkontakt nach VDE 0620 in den Bauarten DIN 49440 oder 49442
- Steckvorrichtungen, 2-polig mit Schutzkontakt nach VDE 0620 für erschwerte Bedingungen in den Bauarten DIN 49440, 49441, 49442 oder 49443
- Drehstromsteckvorrichtungen, CEE-Steckvorrichtungen nach VDE 0623 für erschwerte Bedingungen in den Bauarten DIN 49462, 49463 oder 49465
Wichtig: Die Gehäuse der Steckvorrichtungen müssen aus Isolierstoff bestehen. Ausführungen für erschwerte Bedingungen sind am Hammersymbol zu erkennen.
Geräte, Maschinen und Leuchten
Um bautauglich zu sein, müssen elektrische Betriebsmittel bestimmte Kriterien erfüllen. So müssen Schalt- und Steuergeräte sowie Anlass- und Regelwiderstände mindestens der Schutzart IP 44 entsprechen. Das gilt auch für elektrische Maschinen außerhalb von Schaltanlagen und Verteilern.
Schweißstromquellen müssen VDE 0540, VDE 0541, VDE 0542 oder VDE 0543 entsprechen, Stromerzeugungsaggregate den Normen der Reihe DIN 6280 und VDE 0100 Teil 551. Beim Einsatz im Freien müssen diese Geräte in der Schutzart IP 23 ausgeführt sein.
Handgeführte Elektrowerkzeuge müssen der Schutzart IP 2 X entsprechen und mit Anschlussleitungen H07RN-F bzw. A07RN-F oder gleichwertigen Bauarten ausgerüstet sein. Solange nicht ausdrücklich die Bauart H07RN-F vorgeschrieben ist und die Leitung nicht länger als 4 Meter ist, kann auch die Bauart H05RN-F oder eine gleichwertige verwendet werden.
Leuchten müssen neben der DIN EN 60598-1 folgende Anforderungen erfüllen:
- Sie müssen in der Schutzart IP 23 ausgeführt sein (gilt nicht für Schutzkleinspannung)
- Für bewegliche Leitungen sind Gummischlauchleitungen vom Typ H07RN-F (oder von gleichwertiger Bauart) vorgeschrieben
- Sie müssen für erschwerte Bedingungen geeignet sein (erkennbar am Hammersymbol)
- Stecker und Kupplungen müssen aus Isolierstoff bestehen
- Sie müssen den mechanischen Anforderungen nach DIN VDE 0710-4 genügen
Für Handleuchten gelten u. a. folgende besondere Anforderungen:
- Schutzklasse II
- Schutzglas
- Schutzkorb oder gleichwertige Sicherheitseinrichtung
- Körper, Griff und Fassung aus Isolierstoff
- Schalter mindestens für 4A bemessen und geschützt vor mechanischen Beschädigungen
B i l d e r : Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft
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