IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/2001, Seite 30 ff.
SANITÄR-/HEIZUNGSTECHNIK
Brandschutztechnisch sichere Installationen im Wohnungsbau
Dipl.-Ing. Hans-Joachim Mai*; Dr. Bernd Hanel**
Die umfangreichen gesetzlichen Vorschriften, Verordnungen, Technischen Regeln und die zahlreichen Fachbeiträge zum Thema "Brandschutz in Gebäuden" verdeutlichen die Komplexität und Aktualität dieses Themas. Dennoch bestehen nach wie vor Unsicherheiten bei der Planung und Ausführung von brandschutztechnischen Installationen. Der nachfolgende Fachbeitrag will die vielfältigen Installationsvarianten in diesem Bereich auf wesentliche Standardsituationen beschränken und so kostengünstige sowie leicht handhabbare Lösungen aufzeigen.
Die Ausführungen beschränken sich auf übliche Rohrleitungsinstallationen im Wohnungsbau, es werden dabei nur Installationen in Gebäuden mittlerer Höhe (Hochhausgrenze, 22 m bis Oberkante FFB oberster Aufenthaltsraum) beschrieben. Die in Gebäuden relativ seltenen Installationen von Rohrleitungen in Rettungswegen werden ebenfalls nicht betrachtet.
Es gibt drei Möglichkeiten, wirtschaftliche und brandschutztechnisch sichere Mischinstallationen - das sind brennbare und nicht brennbare Rohrleitungen und Dämmungen in beliebiger Kombination - durchzuführen:
1. F90-Installationsschacht mit Deckenverguss nach DIN 4102 Teil 4 [2], siehe Bilder 1 bis 4 sowie Bild 11.
2. F90-Deckenabschottung mit Deckenverguss, siehe Bilder 5 bis 7.
3. F90-Installationsschacht ohne Deckenverguss, siehe Bilder 8 bis 10.
Diese drei Konstruktionen entsprechen der einfachen Logik des Brandschutzes, das heißt, die Übertragung von Feuer und Rauch von einem Brandabschnitt zum nächsten ist nicht zu befürchten und wird wirksam verhindert.
In den Bildern, die in Anlehnung an Darstellungen von Mayr [3] erstellt wurden und die im Folgenden kurz beschrieben werden um auf gravierende Unterschiede hinzuweisen, sind aus Gründen der Übersichtlichkeit nur die Dämmungen und Abschottungen in den Wand- und Deckendurchführungen dargestellt. Die Rohrleitungen sind selbstverständlich mit den nach den anerkannten Regeln der Technik vorgeschriebenen weiterführenden Wärme- und Körperschalldämmungen zu versehen. An einigen Wand- und Deckendurchgängen wurde - ebenfalls zur Vereinfachung - der Grundsatz "Brandschutz vor Wärmeschutz ohne Verletzung des Schallschutzes" umgesetzt. Auf diese Weise können die Durchführungen vorteilhaft klein gehalten werden.
Bild 1: Mischinstallation von Sanitär- und Heizungsleitungen im F90-Installationsschacht nach DIN 4102 Teil 4. |
Bild 2: Mischinstallation von Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsleitungen im F90-Installationsschacht nach DIN 4102 Teil 4 mit Trennsteg zur Lüftungsleitung. |
F90-Installationsschacht nach DIN 4102 Teil 4
Die brandschutztechnisch optimale und kostengünstigste Lösung ist der F90-Installationsschacht nach DIN 4102 Teil 4 [1]. Decken und Wände sind in F90-Qualität ausgeführt, wobei der Deckenverguss eine Dicke von mindestens 200 mm aufweisen muss. Besonders vorteilhaft ist, dass
- brennbare und nicht brennbare Sanitär- und Heizungsrohrleitungen bis 160 mm Durchmesser und Dämmungen in beliebiger Kombination und beliebig geringem Abstand zueinander angeordnet werden können;
- brennbare Rohrleitungen bis zum Durchmesser 160 mm ohne weitere R90-Abschottung durch die F90-Decken und F90-Wände geführt werden dürfen;
- Luftschallprobleme über die Decken gegenüber fremdem Bereich ausgeschlossen sind.
Bild 1 zeigt den F90-Installationsschacht nach DIN 4102 Teil 4 mit Sanitär- und Heizungsleitungen. Die Bilder 2 bis 4 unterscheiden sich durch unterschiedliche Verlegung der Lüftungsleitung bzw. unterschiedliche Lüftungssysteme. Im Bild 2 ist die Lüftungsleitung bis 200 mm Durchmesser durch einen Trennsteg abgetrennt verlegt worden. Die Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsleitungen werden in den Durchführungsbereichen mit nicht brennbaren, körperschalldämmenden Brandschutz-Dämm-Manschetten ummantelt. Die verbleibenden, in der Regel geringen Zwischenräume müssen mit Mörtel dicht verschlossen werden. Im Bild 3 wird auf den Trennsteg verzichtet, sodass für die Lüftungsleitung in den F90-Decken und für den Ventilator in der F90-Wand K90-Abschottungen erforderlich werden.
Bild 3: Mischinstallation von Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsleitungen im F90-Installationsschacht nach DIN 4102 Teil 4. |
Die Bilder 4a und 4b zeigen brandschutztechnisch autarke, zugelassene Lüftungssysteme. Dabei müssen nur die F90-Wand (Bild 4a) oder der Eintritt in das Lüftungssystem durch K90-Absperrvorrichtung nach DIN 18017 (Bild 4b) gesichert werden.
Bilder 4a und 4b: Mischinstallationen von Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsleitungen im F90-Installationsschacht nach DIN 4102 Teil 4 mit Lüftungssystem nach DIN 18017 S. |
F90-Deckenabschottung
Diese Lösung erfordert nur einen F90-Verguss in (in der Regel) Deckendicke, durch den die Rohrdurchführungen körperschallentkoppelt hindurchgeführt werden. Dabei sind für nicht brennbare Sanitär- und Heizungsrohrleitungen bis einschließlich 160 mm und für brennbare Sanitär- und Heizungsrohrleitungen bis einschließlich 32 mm Durchmesser nicht brennbare, körperschalldämmende Ummantelungen und für brennbare Rohrleitungen mit einem Durchmesser größer als 32 mm R90-Abschottungen zu verwenden. Statt brennbarer Rohrleitungen mit einem Durchmesser größer 32 mm wird aus Sicherheitsaspekten allerdings die Verwendung nicht brennbarer Rohrleitungen empfohlen. Für die Schachtwanddurchführungen können für alle Rohrleitungen ohne Einschränkungen auch brennbare, körperschalldämmende Ummantelungen (Dämmungen) benutzt werden.
Bild 5: Mischinstallation von Sanitär- und Heizungsleitungen mit F90-Deckenabschottung. |
Bild 5 zeigt wie Bild 1 wiederum nur die Installation von Sanitär- und Heizungsleitungen. Die zusätzliche Lüftungsleitung (bis 200 mm Durchmesser) im Bild 6 muss in den Decken entsprechend Bild 3 mit K90-Absperrvorrichtungen versehen werden. Bild 7 zeigt die Installation mit einem autarken, zugelassenem Lüftungssystem. Abschottung und Körperschallentkoppelung erfolgen analog Bild 4b.
Bild 6: Mischinstallation von Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsleitungen mit F90-Deckenabschottung. |
Nachteilig bei dieser Installation mit F90-Deckenabschottung ist, dass
- nach MLAR [4] der Deckenverguss nur 80 mm Dicke (mit Lüftungsleitung 100 mm gemäß Zulassung) haben muss, sodass zu prüfen ist, ob die Luftschalldämmung der Decke an dieser Stelle ausreicht
- die Schachtwände keinen brandschutztechnischen Anforderungen unterliegen und somit beliebig ausgeführt werden können. Die Luftschalldämmung - auch wenn es sich hier in der Regel "nur" um den sogenannten eigenen Bereich handelt - ist deshalb grundsätzlich zu prüfen.
- die Abstände zwischen den Rohrleitungen und zwischen den Dämmungen im Deckendurchführungsbereich nach der MLAR [4] einzuhalten sind. Diese nur empirisch festgelegten Abstandsforderungen werden zwar zwischenzeitlich durch zahlreiche Prüfzeugnisse und Zulassungen ergänzt. Planer und Verarbeiter sollten jedoch immer bedenken, dass die Dämmdicken und die Montage der vorgeschriebenen, weiterführenden Dämmungen gewisse Abstände erfordern. So genannte "Null-Abstand-Verlegungen" führen zu Zwickeln und Hohlräumen, die an der Baustelle mit Mörtel nicht sicher, das heißt, nicht feuer- und rauchdicht verschlossen werden können.
Bild 7: Mischinstallation von Sanitär- und Heizungsleitungen mit Lüftungssystem nach DIN 18017 S und F90-Deckenabschottung. |
F90-Installationsschacht ohne Deckenverguss
Diese Schachtkonstruktion erfordert gemäß MLAR [4] eine mindestens 80 mm dicke F90-Wand. Durch diese Wand sind die Rohrleitungen mit ihren Dämmungen oder R90-Abschottungen körperschallentkoppelt zu führen. Für nicht brennbare Sanitär- und Heizungsrohrleitungen bis einschließlich 160 mm und brennbare Sanitär- und Heizungsrohrleitungen bis einschließlich 32 mm Durchmesser genügt dazu eine nicht brennbare, körperschalldämmende Ummantelung. Für brennbare Rohre größer als 32 mm ist wiederum eine körperschalldämmende R90-Abschottung erforderlich. Allerdings wird auch hier aus Sicherheitsgründen empfohlen, statt einer brennbaren Rohrleitung eine nicht brennbare Rohrleitung zu verwenden.
Bild 8: Mischinstallation von Sanitär- und Heizungsleitungen im F90-Installationsschacht ohne Deckenverguss. |
Bild 8 zeigt die Mischinstallation von Sanitär- und Heizungsleitungen. In den Bildern 9a und 9b ist die zusätzliche Lüftungsleitung (bis 200 mm Durchmesser) entweder am Ventilator in bereits beschriebener Weise (analog zu Bild 4a) oder am Eintritt in den Hauptstrang des Lüftungssystems (analog zu Bild 4b) mit K90-Absperrvorrichtungen nach DIN 18017 brandschutztechnisch zu sichern. Das im Bild 10 verwendete autarke L90-Lüftungssystem, das einen Durchmesser der Lüftungsleitung bis 350 mm erlaubt, erfordert eine K90-Absperrvorrichtung am Ventilator nach DIN 4102 Teil 6.
Bilder 9a und 9b: Mischinstallation von Sanitär- und Heizungsleitungen mit Lüftungssystem nach DIN 18017 S im F90-Installationsschacht ohne Deckenverguss. |
Nachteilig bei dieser Schachtkonstruktion ist, dass
- es keine Deckenabschottung gibt, sodass grundsätzlich die Gefahr unzureichender Luftschalldämmung über die Decke zum fremden Bereich besteht
- die Abstände zwischen den Rohrleitungen bzw. zwischen den Dämmungen im Schachtwanddurchführungsbereich nach der MLAR [4] einzuhalten sind oder den Zulassungen und Prüfzeugnissen der Hersteller der R90-Abschottungen und körperschallentkoppelnden Brandschutzdämmungen zu entnehmen sind. Sinngemäß gilt hier das bereits zur F90-Deckenabschottung Gesagte. Zu beachten ist natürlich, dass die Abstandregelungen nur für die Wanddurchdringungen der Rohrleitungen gültig sind.
Bild 10: Mischinstallation von Sanitär- und Heizungsleitungen mit L90-Lüftungssystem im F90-Installationsschacht ohne Deckenverguss. |
Sonderfälle
Wie eingangs erwähnt, gibt es zahlreiche Installationsvarianten, Sonderfälle und Ausnahmen. Im speziellen Einzelfall sind immer die gesetzlichen Regelungen, die anerkannten Regeln der Technik und insbesondere die MLAR [4], die MLüAR [5] oder Prüfzeugnisse und Zulassungen zu beachten. Eine solche Ausnahme bzw. einen solchen Sonderfall zeigt Bild 11. In diesem Schacht dürfen beispielsweise nur nicht brennbare Rohrleitungen (Sanitär- und Heizungsleitungen bis 160 mm, Lüftungsleitungen bis 200 mm) und nicht brennbare Dämmungen verwendet werden.
Bild 11: Installation von nicht brennbaren Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsleitungen mit nicht brennbaren Dämmungen in einem F90-Installationsschacht nach DIN 4102 Teil 4. |
Zusammenfassung
Bei Verwendung des F90-Installationsschachtes nach DIN 4102 Teil 4 vereinfachen sich - wie gezeigt wurde - die Installationen drastisch und kostengünstig, weil Verlegefehler ausgeschlossen und die Schachtabmessungen minimiert werden können. In den Bildern 1 bis 11 sind Beispiele angegeben, welche Brandschutz-Dämm-Manschetten für die F90-Decken- und F90-Wanddurchführungen von Sanitär- und Heizungsrohrleitungen sowie für Lüftungsleitungen (teilweise in Verbindung mit K90-Absperrvorrichtungen) verwendet werden können. Es handelt sich dabei um nicht brennbare, körperschalldämmende Produkte des Hauses Missel:
- MSA 4-BSM für Abwasserleitungen und Formteile bis einschließlich 160 mm Durchmesser. Bild 12 zeigt einige BSM-Formteile in einem Deckenverguss.
- BSM-K R90-Abschottung für Abwasserleitungen aus Kunststoff DN 40 bis 150.
- BSM-S für nicht brennbare Sanitär- und Heizungsleitungen bis 160 mm Durchmesser bzw. brennbare Sanitär- und Heizungsleitungen bis einschließlich 32 mm Durchmesser.
BSM-L für Lüftungsleitungen aus verzinktem Stahlblech bis 200 mm Durchmesser.
Bild 12: Formstücke (Abzweige, Bögen, Verbinder u.ä.) für gusseiserne Abwassersysteme mit schnell und einfach zu montierenden nicht brennbaren, körperschalldämmenden Formteilen im Deckenverguss. |
Bild 13: Kombinierte Brandschutz- und Körperschall-Dämm-Manschette BSM-S (a) für Sanitär- und Heizungsrohrleitungen, Siederohre, Feuerlöschleitungen usw., aus Stahl und Kupfer bis 160 mm Außendurchmesser und für Kunststoff- und Verbundrohre bis 32 mm Außendurchmesser; Baulängen 250 mm und 400 mm. Die kombinierte Brandschutz- und Körperschall-Dämm-Manschette MSA4-BSM (b) für nicht brennbare Rohrleitungen aus Gusseisen und Stahl von DN 40 bis DN 150 gibt es auch für alle in der sanitärtechnischen Praxis vorkommenden Formstücke wie Abzweige, Bögen und Verbinder (c). Die kombinierte Brandschutz- und Körperschall-Dämm-Manschette BSM-L (d) gibt es für nicht brennbare Lüftungsleitungen bis Nennweite 200 mm, Baulänge 400. |
Bild 14: Kombinierte Brandschutz- und Körperschall-Dämm-Manschette BSM-K mit R90-Zulassung für Kunststoff-Abwasserleitungen bis DN 150, Baulänge 300 mm, Dämmschichtdicke 9 mm.Bild 15: Misselsystem Abwasser: Reißfeste und gepolsterte Körperschalldämmung für Kunststoff-Abwasserleitungen MSA9 und gusseiserne Abwasserleitungen MSA4 - Dämmschläuche (a und b), Formteile (c) und körperschallentkoppelte Befestigungen (d). |
Bild 16: Misselon-Robust: Reißfeste thermische Dämmung 6 mm bis 38 mm mit Anti-Körperschall-Ausrüstung (a); Misselfix-Garant: Reißfester 4 mm-Dämmschlauch mit Faser-Polsterlage und Anti-Körperschall-Ausrüstung (b). |
Man benötigt - wie auch bei einigen anderen Lösungen und entgegen der landläufigen Meinung - für diese Produkte keine R90-Zulassung. Sie sind im Sinne der Baubestimmungen und nach DIN 4102 Teil 6 und Teil 11 völlig gleichwertig zu Mörtelvergüssen und anderen Mineralfaser-Dämmungen. Außerdem sind in den Bildern 1 bis 10 Beispiele angegeben, welche körperschallentkoppelnden Dämmungen für die Decken- und Wanddurchführungen verwendet werden können, an die keine brandschutztechnischen Anforderungen gestellt werden. Auch hier handelt es sich um Missel-Produkte (siehe Bilder 15 und 16).
Internetinformationen: |
*) Hans-Joachim Mai, Beratender Ingenieur und Sachverständiger, Referent der Missel-Seminarreihen für Haustechnik und Bauphysik
**) Dr. Bernd Hanel, Leiter Forschung und Entwicklung der Missel GmbH & Co., Stuttgart.
B i l d e r : Missel GmbH & Co., Stuttgart
L i t e r a t u r :
[1] VDI 3819 Blatt 1 E 11/2000: Brandschutz in der Gebäudetechnik. Gesetze, Verordnungen, Technische Regeln.
[2] DIN 4102 Teil 4: Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen. Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile. Ausgabe März 1994
[3] Mayr, J.: Installationsschächte und Kanäle. Fachgerechte Ausführung, Praxisbeispiele. Seminarunterlagen der FeuerTRUTZ GmbH zu "Brandschutz in der Haustechnik", München 24. Juni 1999
[4] Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen (Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie MLAR), Fassung März 2000. DIBT-Mitteilungen Nr. 6, Dezember 2000
[5] Bauaufsichtliche Richtlinie über die brandschutztechnischen Anforderungen an Lüftungsanlagen (MLüAR). Fassung 1984 (Neufassung im Entwurf )
[6] Hanel, B.; Mai, H.-J.: Kombinierte Brandschutz- und Körperschalldämmungen für brennbare und nicht brennbare Ver- und Entsorgungsleitungen. Heizungsjournal, Dez. 1999, S. 486 - 489
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