IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 07/2001, Seite 102 ff.
Das stromerzeugende Gas-Brennwertgerät
In den Niederlanden wird zur Zeit an einem modifizierten Gas-Brennwertgerät geforscht. Der Wärmeerzeuger soll nicht nur auf Umwelt schonende Weise Energie für Heizzwecke und Warmwasserbereitung erzeugen, sondern zusätzlich elektrischen Strom für die Eigenversorgung bereit stellen. In wenigen Jahren, so das Ziel, werden die ersten Geräte unter der Bezeichnung "MikroKraftWärmeKopplung" auf den deutschen Markt kommen.
Brennwerttechnik voller Energie
Warum den Wärme- und Elektrizitätsbedarf eines Hauses nicht größtenteils in einem Gerät erzeugen? Diese Grundsatzfrage stellt sich seit 1997 das Konsortium ENATEC, eine Entwicklungsgesellschaft, die aus drei Unternehmen besteht: dem holländischen Energieversorger ENECO, der ATAG Verwarming BV (Hersteller von Gas-Brennwertgeräten) und dem ECN, einem Institut für zukunftsweisende Energielösungen in den Niederlanden. Die Antwort auf diese Frage heißt Mikro-Wärmekraftkopplungsgerät. Das System beruht auf der Technologie des Gas-Brennwertgerätes HR 5000 von ATAG und der so genannten Freikolben-Stirlingmaschine als Stromerzeuger (Bild). Ab Jahresende 2003 sollen die Systeme von ATAG vertrieben werden.
Bild 1: Das Mikro-Wärmekraftkopplungs-System (µWKK). Links oben ist waagerecht der Stirling-Generator mit Brennereinheit zu sehen. Rechts hinten ist der Wärmeaustauscher aus rostfreiem Edelstahl der Serie HR 5000 zu erkennen. Der Warmwasserspeicher ist noch nicht integriert. Das hier gezeigte Gerät liefert "nur" bis zu 350 W elektrische Energie, das spätere Seriengerät bis zu 1000 W. |
Arbeitsweise des Mikro-Wärmekraftkopplungs-Systems
Das Mikro-Wärmekraftkopplungsgerät (µWKK) besteht aus den zwei Komponenten Gas-Brennwertgerät mit integriertem Warmwasserspeicher (110 Liter Inhalt) und Stirlingmotor (über die Arbeitsweise s. separaten Kasten). Die Regelung des Gerätes ist wärmegeführt, d.h. das Gerät startet, sobald Wärme im Gebäude benötigt wird. In diesem Fall geht zunächst der Stirlingmotor in Betrieb. Seine Abwärme wird über den Edelstahl-Wärmeaustauscher gelenkt und so zur Heiz- und Warmwasserbereitung genutzt. Wird mehr Wärmeleistung benötigt, schaltet das Gasbrennwertgerät zu. Die gesamte thermische Leistung moduliert dabei je nach Wärmebedarf zwischen 6 und 24 kW. Gleichzeitig erzeugt der Stirlingmotor eine elektrische Leistung von bis zu 1 kW bei 220V/50 Hz. Diese Energie lässt sich bei Bedarf selbst verbrauchen oder in das Elektrizitätsnetz des Energieversorgungsunternehmens einspeisen.
Dem Endverbraucher sollen mit dem Mikro-Wärmekraftkopplungsgerät keine weiteren Wartungskosten im Vergleich zum heutigen Brennwerttechnikgerät entstehen. Die Abmessungen, die Installation und die Geräuschentwicklung sollen sich von einem Gas-Brennwertgerät nicht unterscheiden.
Die Vorteile des Mikro-Wärmekraftkopplungssystems
Der Einsatz des ENATEC-Gerätes hat wesentliche Vorteile für die Umwelt. Vergleicht man die Kombination eines Gas-Brennwertgerätes mit der Stromerzeugung eines konventionellen Kraftwerks mit dem Mikro-Wärmekraftkopplungssystem, ergibt sich eine Reduzierung der CO2-Emission von 15% und NOx um 80%. Zudem wird Erdgas eingespart. Beispiel: Wenn eine Familie im Jahr 2100 m3 Erdgas verbraucht, lässt sich mit einem Mehrbedarf von 240 m3 Erdgas ca. 2300 kWh Elektroenergie erzeugen. Der durchschnittliche Wirkungsgrad der zentralen Elektroenergieerzeugung in einem Kraftwerk betrug 1998 in den Niederlanden 41%. Rückgerechnet würde sich für die zentrale Erzeugung von 2300 kWh Elektroenergie rund 630 m3 Erdgas ergeben.
Auf Basis niederländischer Tarife ergibt sich im Mix der Energiekosten ein Spareffekt von 300 - 500 Gulden pro Jahr je nach Intensität und Betriebsdauer des Gerätes. Der höhere Gasverbrauch wird kompensiert durch die Einsparungen bei der Eigenerzeugung von Elektroenergie.
Die Rückeinspeisung von elektrischer Energie in das Netz von Energieversorgungsunternehmen (EVUs) ist in Deutschland noch nicht flächendeckend geregelt. Doch die Entwickler des Mikro-Wärmekraftkopplungsgerätes sind sich sicher, eine unbürokratische Absicherung mit den EVUs zu finden.
Zukunftsaussichten
Die Vermarktung wird im Anfang über die ATAG Verwarming realisiert. Über Verfügbarkeit und Preisstellung hält man sich jedoch bedeckt. Zwar existieren Pläne für die Einführung Ende 2003, doch Jan de Vries, Geschäftsführer bei ATAG, warnt vor zu schnellen Erwartungen: "Wir befinden uns in der Entwicklungsphase. Doch sind die Marktchancen sehr gut und wir werden die Entwicklung und Produktionsvorbereitung weiter forcieren."
Das Mikro-Wärmekraftkopplungsgerät auf der ISH
Trotz des Entwicklungsstadiums möchte ATAG die Gelegenheit nutzen und ein marktfähiges Modell der MikroWärmeKraftKopplung, bestehend aus Stirling/Wärmeerzeugereinheit und Warmwasserspeicher, einem breiten Publikum zu zeigen. Anlässlich der ISH vom 27. - 31. 3. 2001 in Frankfurt, wird das Modell auf dem Stand der deutschen Tochter ATAG-Benraad zu sehen sein (Halle 8.0, Stand J 36).
Aufbau und Arbeitsweise eines Stirlingmotors
Stirlingmotoren sind Wärmekraftmaschinen, d.h. sie wandeln Wärme in mechanische Energie um. Ein im Motor eingeschlossenes Arbeitsgas - meist Helium - wird dazu erwärmt. Im Heizteil wird Wärme in den Motor gebracht und durch den Arbeitsteil in mechanische Energie umgewandelt. Der Arbeitsteil ist je nach Stirlingmotor anders aufgebaut. In dem hier vorgestellten µWKK des Unternehmens ENATEC handelt es sich um einen Freikolben-Stirling-Generator, dessen mechanische Bewegungen ausschließlich linear ablaufen. Der besseren Verständlichkeit wegen wird hier die Funktion mit einem Schwungrad beschrieben.
Aufbau |
Der Stirlingmotor besteht aus den Teilen:
- Heizzylinder,
- Kühlzylinder,
- Verdrängungskolben,
- Arbeitskolben,
- Pleuelstangen,
- Schwungrad.
Der Heizzylinder erwärmt durch die außen zugeführte Energie das Arbeitsgas (Helium), während der Kühlzylinder die Wärme wieder abgibt. Der Verdrängungskolben hat die Aufgabe, möglichst viel heißes Gas aus dem Heizzylinder zu verdrängen (das ist möglich, weil er nicht an der Innenwand der Zylinder anliegt). Da der Arbeitskolben dicht an der Innenwand des Kühlzylinders anliegt, kann kein Helium entweichen. Die Pleuelstangen verbinden den Arbeits- und Verdrängungskolben mit dem Schwungrad (die Stangen sind am Schwungrad um 90° versetzt). Das Schwungrad dient der Abnahme der erzeugten mechanischen Energie. Die Funktionsweise lässt sich in vier Schritten erklären.
Takt 1 |
Durch die zugeführte Wärme steigt der Druck im Innern des Heizzylinders und das Helium dehnt sich aus. Der Verdrängungskolben bewegt sich wegen seiner Versetzung zum Arbeitskolben um 90° kaum. Deshalb strömt das erwärmte Helium an ihm vorbei in den Kühlzylinder und schiebt den Arbeitskolben nach hinten.
Takt 2 |
Durch die Bewegung des Verdrängungskolbens wird das gerade erwärmte Helium in den Kühlzylinder verdrängt. Dort gibt es Wärme ab, sodass die Temperatur des Heliums sinkt. Der Arbeitskolben bewegt sich dabei kaum.
Takt 3 |
Nahezu das gesamte Helium befindet sich nun im Kühlzylinder. Durch das Schwungrad schiebt sich der Arbeitskolben nach vorn und komprimiert dabei das Helium. Der Verdrängungskolben bewegt sich dabei kaum.
Takt 4 |
Der Arbeitskolben befindet sich nun in seiner innersten Position. Der Verdrängungskolben bewegt sich wieder zurück, wobei er die abgekühlte Luft aus dem Kühlzylinder in den Heizzylinder verdrängt. Dort ist der Kreislauf geschlossen und beginnt von vorn.
Q u e l l e : Käthe-Kollwitz-Gymnasium, 99976 Lengenfeld unterm Stein
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