IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 07/2001, Seite 86 ff.
Die Wärmeerzeugung gestern, heute und morgen
Ein Streifzug durch die Geschichte
Steht die Heizungstechnik vor einem Umbruch? Der Niedertemperaturkessel - noch vor wenigen Jahren Standard - scheint aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Denn Gas-Brennwertgeräte beherrschen den Markt. Sie nutzen bis auf einen geringen Teil der im Brennwert steckenden Energie für Heizzwecke. Damit ist, so sieht es aus, das Ende der technischen Entwicklung bei Brennwertgeräten erreicht. Oder gibt es Heizkessel, die noch mehr können als nur Wärme erzeugen? Wie sieht die Beheizungsstruktur in fünf oder zehn Jahren aus? Die IKZ-HAUSTECHNIK ist dieser Frage nachgegangen. Folgen Sie einer Zeitreise durch die vergangenen Jahrhunderte über die Gegenwart bis in die Zukunft.
1910: In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts war der Koks-Kleinkessel das Maß aller (Heizungs-) Dinge. (Bild Buderus) |
Gestern
Im Mittelalter wurde mit Holz und Torf geheizt. Damals verhalf das offene Feuer zu etwas Behaglichkeit in dem Raum, in dem das Feuer entfacht wurde. Alle anderen Zimmer blieben kalt. Selbst zu Anfang des 20. Jahrhunderts beherrschte der einfache Kohleofen das Geschehen. Mühselig musste man das Brenngut aus dem Keller heranschaffen. Dennoch war man glücklich, einen Ofen zu besitzen. Zwar gab es zu dieser Zeit schon Zentralheizungen, doch sie waren nur begüterten Menschen vorbehalten.
Der wirtschaftliche Aufschwung in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bescherte den Menschen Wohlstand. Es war Geld vorhanden und so konnte die Zentralheizung ihren Siegeszug in der westlichen Welt antreten. Im Vergleich zu heutigen Wärmeerzeugern boten die damaligen Kessel nur einen bescheidenen Komfort. Aber immerhin: Die Wohnungen wurden warm und warmes Brauchwasser war auch da.
Die eigentliche "Revolution" kam mit den Niedertemperaturkesseln und der außentemperaturgeführten Regelung in den 70er-Jahren. Die Ölkrise brachte einen großen technischen Fortschritt. Die Ingenieure der Kesselhersteller entwickelten Wärmeerzeuger, die ihre Kesseltemperatur der Witterung anpassten. Zudem bekamen sie eine besonders dicke Wärmedämmung, um die Oberflächenverluste möglichst gering zu halten.
Nur wenige Jahre später "revolutionierten" die ersten Brennwertgeräte die erste "Revolution". Sie überboten die "klassischen" Niedertemperaturkessel noch einmal. Was man vor 20 oder 25 Jahren nicht erwartet hatte, findet sich heute in jeder technischen Beschreibung und Werbeaussage: Wirkungsgrade von über 100%. Nahezu die gesamte Energie - der Brennwert - wird zu Heizzwecken genutzt. Lediglich rund 2% sind verloren. Blickt man dagegen auf die Regelung und die mögliche Stromeinsparung beim Betrieb des Brennwertgerätes, so lässt sich der Schluss ziehen: Brennwertgeräte sind zwar (verbrennungstechnisch) ausgereift, aber in anderen Dingen noch lange nicht ausgereizt. Lesen Sie mehr dazu auf Seite 94. In Bezug auf die Verbrennungstechnik ist also das technisch Machbare erreicht. Folglich stellt das Brennwertgerät die Entwicklungsspitze aller Verbrennungstechniken dar. Offensichtlich.
Vor 1965: Der Guss-Wechselbrandkessel mit hoch liegendem Warmwasserspeicher. (Bild: Buderus) |
Heute und morgen
Wenn von Brennwertgeräten die Rede ist, verbindet man meist damit den Brennstoff Erdgas. Das ist durchaus nachzuvollziehen. Schließlich haben sich Gas-Brennwertgeräte in Deutschland durchgesetzt und verbuchen einen hohen Marktanteil. Es gibt aber auch Brennwertgeräte, die als Energieträger Heizöl EL verbrennen. Sicher ist der Marktanteil so gering, dass es schwer fällt, ihn in Prozent auszudrücken. Dennoch messen Experten den Öl-Brennwertkesseln ein hohes Wachstumspotenzial zu. Bei der Kondensation werden zwei Philosophien unterschieden. Die einen Geräte kondensieren die Abgase im Brennraum, die anderen in der Abgasleitung. In einer kommenden Ausgabe der IKZ-HAUSTECHNIK wird die Wärmeerzeugung mit Öl-Brennwertkesseln einen Schwerpunkt bilden und besonders auf Technik und Marktdaten eingehen.
1967: Der Combi-Geyser war 1967 das erste wandhängende Heizgerät, das Heizungs- und Warmwasserbetrieb vereinte. (Bild Vaillant) |
Mit jedem Kubikmeter Erdgas und jedem Liter Heizöl EL werden 2% der Energie über die Abgasanlage eines Brennwertkessels in die Umwelt entlassen. Die Abgastemperatur ist nur geringfügig wärmer als die Rücklauftemperatur des Heizsystems. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten lässt sich die Abwärme nicht ins Heizungsnetz einspeisen. Dennoch gibt es eine Möglichkeit, den Brennstoff Gas "doppelt" zu nutzen: Mit Hilfe beispielsweise eines Stirlingmotors. Mit ihm lässt sich elektrischer Strom erzeugen. Die bei der Verbrennung frei werdende Wärmeenergie treibt den Generator an, während die Abgase anschließend über einen konventionellen Wärmetauscher geleitet und so zu Heizzwecken genutzt werden. Eingebaut wird der bereits im Jahre 1816 entwickelte Heißluftmotor in ein Gas-Brennwertgerät. Erste Prototypen haben bereits ihren Betrieb aufgenommen. Sie können ab Seite 104 dazu mehr lesen.
Etwa Ende 1970: Die erste Revolution: Ein Ölniedertemperaturkessel mit tief liegendem Warmwasserspeicher. (Bild: Viessmann) |
In die gleiche Kategorie fällt das Blockheizkraftwerk (BHKW). Auch das BHKW gewinnt aus Erdgas oder Diesel Wärme und Strom. Nur sind die Prioritäten der Energieerzeugung anders. Ein Blockheizkraftwerk hat die Aufgabe, Strom zu gewinnen, während die heißen Abgase in einem nachgeschalteten Wärmeübertrager zu Heizzwecken Verwendung finden.
1982: Die zweite Revolution: Das erste in Deutschland DVGW-zugelassene Gas-Brennwertgerät, hier noch mit nachgeschaltetem Wärmetauscher. (Bild Benraad) |
Einen ganz anderen Weg beschreitet die Brennstoffzelle. Obwohl das Wirkprinzip seit 1839 bekannt ist, konnte sie sich weltweit bisher nicht durchsetzen. Die Brennstoffzelle erzeugt Strom und Wärme, kann aber mit den üblichen Brennstoffen Erdgas und Heizöl - zunächst - nichts anfangen. Sie benötigt reinen Wasserstoff und reinen Sauerstoff als Energieträger. Durch die kontrollierte chemische Reaktion der beiden Produkte entsteht elektrischer Strom und Heizwärme. Was aber hat der Heizungsbauer mit Wasserstoff zu tun? Scheint das Brennstoffzellenheizgerät also eher etwas für eine Berufsgruppe zu sein, die sich mit Wasserstoff auskennt? Die Frage lässt sich mit "nein" beantworten. Denn Erdgas und Heizöl bestehen aus Kohlenwasserstoffen, also aus einer chemischen Verbindung zwischen Kohlenstoff und Wasserstoff. Wenn beide Bestandteile voneinander getrennt werden, lassen sich der Wasserstoff und der Luftsauerstoff der Brennstoffzelle zuführen. Ein sogenannter Reformer übernimmt diese Aufgabe. Auf Seite 106 wird auf die Wirkungsweise und die Chancen für das Heizungsbauerhandwerk näher eingegangen.
Um 2000: Neben den wandhängenden Gas-Brennwertgeräten gibt es auch bodenstehende, wie hier z.B. mit modulierendem Matrix-Strahlungsbrenner. (Bild: Viessmann) |
Über die Arbeitsweise einer Wärmepumpe wird wahrscheinlich jeder Heizungsfachmann informiert sein. Bei der sogenannten Diffusionsabsorptionswärmepumpe (DAWP) mögen die Dinge anders liegen. Die DAWP nutzt wie jede andere Wärmepumpe die nahe Umwelt als Wärmequelle. Rippenrohr-Wärmetauscher fangen die Sonnenenergie ein und führen sie der DAWP zu. Sie wiederum bringt die Energie auf ein Temperaturniveau, das zu Heizzwecken genutzt werden kann. Der große Unterschied zu einer klassischen Wärmepumpe liegt darin, dass die DAWP ohne mechanische Pumpe oder Kompressor auskommt. Dadurch arbeitet sie sehr leise. Das Geheimnis über die Wirkungsweise und Leistungsbereiche lüftet der Artikel auf Seite 112.
2001: Ein konventionelles Gas-Brennwertgerät (rechts) mit Stirlingmotor (links), der Strom für den eigenen Bedarf erzeugt. (Bild: Benraad) |
Die hier vorgestellten Projekte spiegeln nur einen Teil der Entwicklungen wider, an denen die Industrie arbeitet. Folglich handelt es sich hier keineswegs um einen allumfassenden Überblick, dennoch aber um einen sehr breiten Querschnitt. Etliche Unternehmen forschen und entwickeln an den gleichen oder ähnlichen Techniken, ohne voneinander zu wissen. Parallelentwicklungen - wie bei Gas-Brennwertkesseln - werden so unvermeidlich sein.
2001: Die DAWP (Diffusions-Absorptions-Wärmepumpe) holt praktisch geräuschlos und ohne drehende Teile Wärme über Rippenrohr-Wärmetauscher von der Sonne und stellt sie zu Heizzwecken zur Verfügung. (Bild: Buderus) |
2001: Die Brennstoffzelle benötigt für den Betrieb Wasserstoff, den sie aus Erdgas gewinnt. Bei der Umsetzung mit Sauerstoff erzeugt die Brennstoffzelle Strom und Wärme für den Hausgebrauch. (Bild Vaillant) |
Schlussfolgerung
Wie man sieht, ist mit den Gas-Brennwertgeräten das Ende der technischen Entwicklung noch lange nicht erreicht. Die Industrie hält Vielversprechendes für das Heizungsbauerhandwerk bereit. Auch wenn heute noch nicht alle Entwicklungen den Stand der Serienreife erreicht haben, so wird doch eines deutlich: Der Kunde von morgen wird eine sehr anspruchsvolle Technik ins Haus bekommen. Es ist nur eine Frage der Zeit.
Heizgeräte werden Strom und Wärme erzeugen, Wärmepumpen werden ohne Kompressor auskommen. Dies sind Felder, mit denen sich in der heutigen Zeit nur wenige - meist Ingenieure aus Forschung und Entwicklung - auskennen. Doch das wird sich in naher Zukunft ändern (müssen). Der Heizungsbauer wird Wärmeerzeuger installieren, die im Vergleich zu den Geräten von heute einen Quantensprung bedeuten. Letztendlich waren auch die Schritte vom Holzfeuer zum Kohleofen und vom Kohleofen zum wandhängenden Gas-Brennwertgerät Quantensprünge.
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