IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 06/2001, Seite 56 ff.


REPORT


Minutengenau auf dem Bau

Zeitvorgaben bei Hochhaussanierung durch vorgefertigte Elemente und Einsatz von Presstechnik eingehalten

Im Hochhaus auf dem Tulpenfeld profitieren heute unter anderem die Mitarbeiter der Telekom-Regulierungsbehörde von der umfassenden Gebäudesanierung, den die Allianz-Versicherungsgruppe als neue Eigentümerin dem ehemaligen Regierungskomplex angedeihen ließ.

Die Planung und Kalkulation einzelner Arbeitsschritte, in der Industrie gang und gäbe, hat im Handwerk mitunter noch Seltenheitswert. Dass sich diese Vorarbeit jedoch lohnen kann, macht ein Beispiel aus Bonn deutlich. Bei der aufwändigen Grundrenovierung des ehemaligen Regierungsviertels wurden nämlich nicht nur die Arbeitsabläufe detailliert geplant, sondern über Vergleichrechnungen auch sämtliche Materialien und Verarbeitungstechniken einer genauen Überprüfung unterzogen. Mit dem Ergebnis, dass im Bereich der Heizungs- sowie der einfachen Klima- und Lüftungsinstallationen beispielsweise keine einzige Rohrverbindung mehr gelötet, sondern generell die Pressverbindungstechnik ausgeschrieben wurde.

Als vorteilhaft erwies sich bei der Sanierung der standardisierte Grundriss der Bürogebäude, da so beispielsweise sämtliche Steigleitungen zentimetergenau platziert werden konnten. Die spätere Anbindung der vorkonfektionierten Einheiten wurde dadurch wesentlich erleichtert.

Dass Zeit auch auf dem Bau bares Geld bedeutet, ist eine Binsenweisheit. Die bewahrheitet sich aber umso mehr, wenn - wie derzeit in der Ex-Bundeshauptstadt am Rhein - potenzielle Investoren und Nutzer für die großen, frei gewordenen Bundesimmobilien nicht gerade Schlange stehen und bei einem erfolgreichen Vertragsabschluss möglichst schon gestern die passenden Rahmenbedingungen für die neue Nutzung geschaffen sein müssen.

Mit Gebläse-Konvektoren sowie sämtlichen Verrohrungen komplett vorkonfektioniert wurden die Einheiten einbaufertig an der Baustelle angeliefert.

Die zur Oberhausener Babcock Borsig AG gehörende Unternehmensgruppe Krantz-TKT (Niederlassung West, Köln) hat diese Quadratur des Kreises jetzt (fast) gelöst. Binnen zwölf Monaten wurden im ehemaligen Regierungsviertel rund um das "Tulpenfeld" knapp fünfzig Büroetagen mit mehr als 60000 m2 Grundfläche in zehn verschiedenen Gebäuden entkernt und unter anderem mit komplett neuer Heizungs-, Lüftungs- und Kältetechnik sowie Mess- und Regeltechnik und Elektroinstallationen ausgestattet. Ein schwieriges Projekt, für dessen Realisierung sämtliche Register der Planung, Konfektionierung und Zusammenarbeit aller Gewerke gezogen werden mussten, um der bei Fristüberschreitung drohenden Konventionalstrafe in Millionenhöhe zu entgehen.

Planung bis ins letzte Detail: In der Vormontage wurden selbst die Fittings für die weiterführende Verrohrung schon aufgepresst, um auch diesen Arbeitsgang auf der Baustelle einzusparen.

Haustechnik der 60er-Jahre

Der bauliche Charme der 60er-Jahre und die dazu passende Haustechnik, beispielsweise mit frei liegenden Rohrleitungen oder ausgesprochen üppig dimensionierten Rippenrohrheizkörpern ohne Thermostatventile - so stellte sich für Projektleiter Harry Krause das Szenario dar, als er zur Bestandsaufnahme in das 18-stöckige Hochhaus auf dem Tulpenfeld - eines der zehn zu sanierenden Gebäude - kam.

Pro Etage waren hier allein für Heizung und Lüftung jeweils 54 Gebläse-Konvektoren, für die Anbindung von Vor- und Rücklauf, Kühlung und Kondensat jeweils rund 700 Meter Kupferrohr sowie zusätzlich vier zentrale Verteilungsstationen zu installieren. Und das alles in einem Zeitkorridor, der für die Feininstallation einschließlich Druckprobe und Dämmung des Rohrnetzes nur zwei Tage Luft ließ - nicht pro Raum, sondern für die gesamten 1200 m2 einer Etage!

Einmal Maß nehmen und dann wie am Fließband eine Heizungsanbindung nach der anderen erstellen - die Pressverbindungstechnik konnte bei dem Bonner Sanierungsprojekt in Bezug auf Verarbeitungsgeschwindigkeit und Verarbeitungssicherheit alle wesentlichen Vorteile ausspielen.

Den Ansatz zur Lösung dieser anspruchsvollen Aufgabe lieferte letztlich der standardisierte Grundriss des Gebäudes und seiner Geschossaufteilung, der zu einer in dieser Komplexität wohl seltenen Vorfertigung kompletter Installationseinheiten führte. In enger Zusammenarbeit mit der Firma Hilti, Fan-Coil-Lieferant Frane und Rohrsystem-Hersteller Viega entstanden passgenaue Fertigkonsolen, die in fast schon industrieller Serienfertigung bereits bei Hilti unter anderem mit Konvektoren, Elektroinstallationen, Lüftungsgittern und Kabelträgersystemen ausgestattet wurden. Die Anlieferung erfolgte derart vorbereitet nach Etagen kommissioniert und just-in-time auf die Baustelle am "Allianz-Platz". Terminlich exakt abgestimmt fertigten Fachinstallateure vor Ort parallel die passenden Rohrabschnitte, sodass mit der Montage der Fertigkonsolen vor den Fensternischen sofort die Rohrinstallation erfolgen konnte. Das Prozedere verlangte den Logistikabteilungen sämtlicher beteiligter Unternehmen Höchstleistungen ab, da gleichzeitig die Lagerhaltung aus Kostengründen so gering wie möglich gehalten wurde und man in der Kette vom Hersteller über den Fachgroßhandel Neugard (Troisdorf) bis zum Weiter- bzw. Endverarbeiter nur die Mengengerüste abforderte, die auch unmittelbar verarbeitet wurden.

Elegant nach dem Einbau in der Fensternische verschwunden und durch die vorgesteckte Abdeckplatte dennoch leicht zu warten: die vorinstallierten Einheiten nach dem Einbau.

Presstechnik zahlte sich aus

Für Projektleiter Krause und Bauleiter Roberto Olivieri stellt in der Rückschau die von derart vielen Parametern beeinflusste Einbauphase eine der kritischsten in der gesamten Abwicklung dar, denn "der vom Projektsteuerer aufgestellte Terminplan war hier so eng gesteckt, dass er statt Tages- nur noch Stundenvorgaben enthielt, um die nachfolgenden Gewerke nicht zu behindern." Grund genug, die Rohrverbindungen mittels Presstechnik ("profipress" von Viega) zu erstellen, weil - so Krause - "trotz der etwas höheren Kosten der Zeitgewinn fast unbezahlbar war. Wenn allein in dem 18-geschossigen Hochhaus rund 7000 T-Stücke verarbeitet werden müssen, bedeutet ein Zeitgewinn von beispielsweise nur einer Minute pro Fitting eine Einsparung von fast 120 Mann-Stunden! Hochgerechnet auf die gesamten zehn Gebäude ein Kostenblock, der die höheren Einstandspreise schnell relativiert."

Projektleiter Harry Krause kann sich heute entspannen, denn durch die weitgehende Vorfertigung gelang es bei der Sanierung des ehemaligen Regierungsviertels, die extrem eng gesteckten Zeitvorgaben einzuhalten.

Hinzu kommt, wie sich bei den Druckproben zeigte, ein zusätzliches Plus an Sicherheit. Denn jede Pressverbindung erwies sich dabei als tatsächlich dicht, aufwändige und den Arbeitsfortschritt blockierende Nacharbeiten konnten vermieden werden.

Auf rund 40 Prozent schätzt Harry Krause die Zeitersparnis, die sich aus dem Zusammenspiel von der Vorinstallation der Baugruppen und der schnellen Verbindungstechnik ergeben hat - und dafür sorgte, dass Krantz-TKT das gesamte Millionen-Projekt im wahrsten Sinne des Wortes auf die Minute genau abwickeln konnte.

Internetinformationen:
http://www.viega.de


B i l d e r :   Viega, Attendorn


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