IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 06/2001, Seite 44 ff.
UNTERNEHMENSFÜHRUNG
Eine überlegenswerte Alternative:
Franchising für bestehende Unternehmen und Firmengründer
Unter Franchising versteht man ein partnerschaftlich-kooperativ organisiertes Absatzsystem auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen rechtlich selbstständiger Unternehmer. Es tritt am Markt einheitlich auf und ist durch ein arbeitsteiliges Leistungsprogramm der Systempartner geprägt.
Die Franchise-Wirtschaft findet sich in allen Branchen, angeführt vom Dienstleistungsbereich (47%), Handel (31%) und Handwerk (11%). In Deutschland arbeiten (Stand: 1999) 720 Franchise-Geber mit 34000 angeschlossenen Unternehmen (Netzwerkumsatz rd. 38 Mrd. DM), die insgesamt etwa 330000 Menschen beschäftigen. Von den bekanntesten Systemen seien OBI und McDonald's genannt.
Anlässe für Franchise-Engagements
Einer Entscheidung für Franchising kann
- die Umwandlung von Filialen eines Unternehmens in rechtlich selbstständige Betriebe (oftmals mit dem bisherigen Filialleiter als Inhaber) zu Grunde liegen,
- das Suchen eines Existenzgründers nach einer fachkompetenten dauerhaften Unterstützung (liegt doch die Insolvenzquote von Einzelgründungen allein im ersten Jahr laut Creditreform bei über 20%, während Schätzungen zufolge nur knapp 5% der Franchise-Nehmer aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben - ein Indiz dafür, dass sich Franchise-Gebühren durchaus bezahlt machen) oder
- der Wunsch eines schon bestehenden Unternehmens sein, bereits ausgereifte und erfolgreiche Geschäftskonzepte im eigenen Betrieb zu verwirklichen.
Wir wollen Franchising unter dem Erwartungshorizont der letztgenannten Gruppe besprechen, da die meisten unserer Leser dort angesiedelt sind.
Das Franchise-Paket
Der Franchise-Vertrag legt das vertragliche Geflecht Franchise-Geber (FG) - Franchise-Nehmer (FN) fest, insbesondere
- die dem System zu Grunde liegende Geschäftsidee von den Produkten über Werbung, Raumgestaltung bis hin zur Schulung,
- die Verwirklichung bereits bewährter einheitlicher Arbeitsabläufe und Organisationsstrukturen,
- wettbewerbsbeschränkende Klauseln wie Gebietsschutz (der einen sehr agilen Unternehmer aber auch beschneiden kann), Platzschutz, Untersagung des Vertriebs von Wettbewerbsprodukten, Warenbezugsverpflichtungen, Vorgabe eines Warensortiments, vertragliche/nachvertragliche Wettbewerbsverbote.
Das Franchise-System sorgt für eine größere Effizienz am Markt, bringt Rationalisierungserfolge und entlastet den FN von einer Reihe von Aufgaben durch erfahrenere Profis (Marketingkonzeption, überregionale Werbung usw.).
Der Franchise-Geber
Insbesondere soll ein Franchise-Vertrag die Pflichten des FG im Einzelnen (konkret!) definieren:
- Entwicklung eines multiplizierbaren Geschäftstyps mit deutlichen Wettbewerbsvorteilen;
- Perfektionierung und Standardisierung des betrieblichen Ablaufs;
- Dokumentation des gesamten Know-hows für Betriebsaufbau und Betriebsführung;
- intensive Werbung, Verkaufsförderungsmaßnahmen;
- Erhöhung des Bekanntheitsgrads einer geschützten Marke mit positivem Image;
- umfassende Unterstützung des FN bei Betriebsauf- und umbau;
- qualifizierte Beratung des FN vor Ort;
- Weiterbildung des FN;
- Information des FN u.a. über Marktsituation, Entwicklung des eigenen Produkts;
- Zugriff auf Spezialisten, insbesondere für Betriebswirtschaft, Marketing, EDV, Finanzierung;
- Erarbeitung eines auf das Konzept zugeschnittenen Franchise-Vertrags und von "Spielregeln" zur Gewährleistung einer reibungsarmen, engagierten Kooperation;
- Qualitätsmanagement des Systems, d.h. klare Organisationsstrukturen und -abläufe auf der Grundlage der Normenreihe DIN EN ISO 9000ff.
Diesen Aufgaben hat sich der FG im Interesse des Konzepterfolgs laufend zu stellen. Etwa gebildete Beiräte dienen dem Informationsaustausch zwischen Franchise-Zentrale und Franchise-Nehmern; sie ermöglichen eine aktive Systemgestaltung durch die FN, verlebendigen somit das System. Für seine Leistungen hat der FG Anspruch auf eine Eintrittsgebühr, eine meist aus dem Umsatz erhobene laufende Gebühr und einer Werbeumlage.
Der Franchise-Nehmer
Der FN hat Anspruch auf ein Systemhandbuch mit dem gesamten Franchise-Know-how und das Recht auf
- ein erprobtes System mit positivem Image und Wettbewerbsvorteilen;
- umfassende Betreuung durch den FG;
- umfassende und qualifizierte Beratung durch den FG;
- Aus- und Fortbildung;
- Werbe- und verkaufsfördernde Maßnahmen.
Er hat
- die im Handbuch festgeschriebenen Grundsätze und Merkmale des Systems einzuhalten;
- mit dem Systembetreuer zusammenzuarbeiten und die mit dem FG verabschiedeten Maßnahmen durchzuführen;
- Seminare und Schulungen der Franchise-Zentrale zwecks Fortbildung zu besuchen;
- regionale Werbe- und verkaufsfördernde Maßnahmen durchzuführen und
- die Franchise-Gebühren zu bezahlen.
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Der Vertragsabschluss
Mit dem Vertragsabschluss wird eine langfristige Kooperation besiegelt. Folglich sollte man vorab eine Reihe von Fragen klären:
- Seit wann gibt es das Konzept am Markt?
- Seit wann vergibt das Unternehmen Franchise-Lizenzen in Deutschland?
- Wie viele Franchise-Partner gibt es im System?
- Sind Franchise-Partner schon ausgeschieden und warum?
- Welche Marktbedeutung hat das Franchise-System?
- Werden Betriebe auch in Eigenregie betrieben?
- Welche Ergebnisse erwirtschaften die Eigenbetriebe?
- Werden ein qualifiziertes Ausbildungsprogramm bzw. Trainingsmaßnahmen vom FG angeboten?
- Wurde der Franchise-Vertrag nachweislich vom Deutschen Franchise-Verband geprüft und für akzeptabel befunden?
- Wie ist der Ablauf von der Vertragsunterzeichnung bis zur Eröffnung/Angliederung des eigenen Betriebes (Ausbildung, Betreuung vor der Eröffnung/Angliederung etc.)?
- Ist der FG bei der Standortsuche behilflich? Gibt es ein Standortanforderungsprofil?
- Macht der FG eine Standortanalyse?
- Kann der FG eine Bestätigung der Deutschen Ausgleichsbank vorweisen, nach der einer öffentlichen Förderung nichts im Wege steht?
- Unterstützt Sie der FG bei der Einrichtung und Ausstattung? Gibt es detaillierte Planungsunterlagen?
- Kann der FG die notwendigen Investitionen anhand einer genauen Kostenaufstellung nachweisen?
- Welche Dienstleistungen erbringt die Systemzentrale (Zentraler Einkauf, Marketing, Produktentwicklung usw.)?
- Gibt es ein Systemhandbuch zur Betriebsführung?
- Welche Mitwirkungsmöglichkeiten haben FN innerhalb des Systems?
- Wird Ihnen Gelegenheit gegeben, mit anderen FN des Systems zu sprechen?
- Gibt es Franchise-Betreuer im System?
- Wie hoch sind die laufenden Franchise-Gebühren? Von welcher Bezugsbasis (Brutto- oder Nettoumsatz usw.) werden diese erhoben?
- Ist eine Einstiegsgebühr zu entrichten? Wie hoch ist sie, welche Gegenleistung erhalten Sie dafür?
- Ist ein Werbekostenanteil zu entrichten, und nach welchen Kriterien wird er erhoben?
- Was kann ich als FN verdienen? Wie hoch ist die durchschnittliche Rendite?
- Werden vom FG verlässliche betriebswirtschaftliche Daten nachgewiesen (Wareneinsatz, Personalkosten, Betriebskosten usw.)?
Favorisieren Sie ein Konzept, das sich bereits bewährt hat. Da auch unseriöse Anbieter am Markt sind, sollten Sie prüfen, ob Ihr künftiger Vertragspartner Mitglied des Deutschen Franchise-Verbands ist; dieser verlangt von seinen Mitgliedern die Einhaltung eines Ehrenkodex. Das Betriebssystem des FG sollte seit wenigstens drei bis vier Jahren auf dem Markt (erfolgreich) erprobt sein; auch sollte man auf zumindest drei bis vier bereits erfolgreiche FN verweisen können. Bei jüngeren Systemen sollte man zur Risikobegrenzung Sonderkonditionen aushandeln und Laufzeiten von zunächst noch unter fünf Jahren vereinbaren. Als unseriös gelten FG mit hohen Eintrittsgebühren. Gewarnt sei vor Anbietern, die Sie zeitlich unter Druck setzen wollen. Verhandeln Sie stets unter Zeugen und fertigen Sie nach jedem Gespräch ein vom Zeugen mit unterschriebenes Verhandlungsprotokoll!
Die Vertragslaufzeit sollte bei fünf Jahren liegen (länger erlauben es die Brüsseler Bürokraten nicht) und mit einer Verlängerungsoption für den FN versehen sein.
Folgende Vorabinformationen über das System sollten Sie haben:
- Informationen über das Franchise-Konzept und die finanzielle Lage des FG;
- Informationen über die mit Entscheidungsbefugnis ausgestatteten Personen der Systemzentrale;
- Franchise-Angebot inklusive aller Einzelheiten über das Pilotprojekt, wenn angebracht;
- Rentabilitätsvorausschau;
- Franchise-Vertrag;
- Bankreferenzen;
- detaillierte Angaben über Mitgliedschaften in Handels- und/oder nationalen Franchise-Verbänden;
- detaillierte Angaben über andere Vertriebswege der in Frage kommenden Produkte oder Dienstleistungen;
- Stellung des Systems am Markt (welches sind die drei stärksten Mitbewerber?).
Zumindest zu Beginn der Vertragslaufzeit sollten Sie die derzeitige Rechtsform Ihres Betriebes beibehalten bzw. nur nach Konsultation Ihres Wirtschaftsprüfers/Steuerberaters eine andere Rechtsform für Ihren Betrieb vorsehen.
Ein Beispiel aus dem Heizungs- und Sanitärbereich
Franchise-Konzept: Vertrieb und Planung von Warmwasser-Fußbodenheizungen für den Neubau und Sanierungsobjekte, Rohrnetzsysteme für Heizkörper und Sanitärleitungen.
Gründungsjahr: 1995.
Paket-Inhalt: Werbevorschläge, ausführliches Handbuch, Großkundenakquisition, Gemeinschaftseinkauf, Schulung, Standortanalyse, Gebietsschutz, Buchhaltung, überregionale Werbung, regelmäßige Beratung, Hospitation in einem Franchise-Betrieb.
Gebühren: Einmalig 25000 DM; lfd. Gebühr: 2% vom Umsatz; Werbegebühr: 3% vom Umsatz.
Weitere Informationen
Der Deutsche Franchise-Verband e.V., Paul-Heyse-Str. 33 - 35, 80336 München (Internetadresse: http://www.dfv-franchise.de), der weit über 400 Anbieter vertritt, ist bereit, ernsthaften Interessenten die Anschriften von Franchise-Gebern aus der Branche zukommen zu lassen, insoweit diese Verbandsmitglieder sind, sowie umfangreiches Informationsmaterial (Schutzgebühr 30 DM). Der Verband steht aber auch als Ansprechpartner für Unternehmen zur Verfügung, die sich als Franchise-Geber zu engagieren beabsichtigen.
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