IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 01/02/2001, Seite 52 f
UNTERNEHMENSFÜHRUNG
Jahresabschluss-Analyse
Beispiel aus dem Handwerk Sanitär - Heizung - Klima (SHK)
Dipl.-Kaufm. Paul Ellinghorst Teil 1
Das Jahr 2000 ist zu Ende gegangen. Nach einer möglichst baldigen Erstellung des Jahresabschlusses gilt es, diesen auszuwerten. Mit der Dokumentation des Jahresabschlusses - insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns - ist es aber allein nicht getan, eine betriebswirtschaftliche Untersuchung und Auswertung muss sich anschließen. In einer vierteiligen Serie soll die Bedeutung und praktische Durchführung einer Jahresabschlussanalyse vorgestellt werden.
Sinn und Zweck einer Jahresabschlussanalyse ergeben sich aus dem Informationsbedürfnis vornehmlich der Inhaber und Gläubiger über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens. Nach einer erforderlichen Aufbereitung des Jahresabschlusses werden die Methoden einer Bilanzauswertung vorgestellt.
1. Bedeutung der Bilanzauswertung
Jahresabschlüsse (Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen) sind das zahlenmäßige Spiegelbild der finanziellen und wirtschaftlichen Situation einer Unternehmung. Sie sind ein unentbehrliches Instrument der Unternehmensführung. Bei systematischer Auswertung der Rechnungslegung werden nicht nur Vergangenheit und Gegenwart eines Unternehmens sichtbar, sondern es können auch Aussagen über die zu erwartende zukünftige Entwicklung eines Unternehmens getroffen werden.
Eine detaillierte Untersuchung zur Erkennung möglicher Risiken im
- Vermögens- und Kapitalbereich
- Finanzierungs- und Liquiditätsbereich
- Erfolgs- und Rentabilitätsbereich
erstreckt sich auf folgende Fragen:
Im Vermögensbereich:
- auf das Anlagevermögen (Struktur-, Verwertungsrisiken?)
- auf das Umlaufvermögen (Struktur- und Liquidierbarkeitsrisiken?)
Im Kapitalbereich:
- auf die Eigenkapitalbasis (existiert ausreichend Eigenkapital zur Deckung des unternehmerischen Risikos?)
- auf das Fremdkapital (Zusammensetzung des Fremdkapitals in kurz- und langfristig?)
Im Finanzierungsbereich:
- auf die Anlagendeckung (ist das Anlagevermögen langfristig finanziert?)
- auf die Finanzierung des Umlaufvermögens (ist das kurzfristige Deckungsverhältnis in Ordnung?)
Im Liquiditätsbereich:
- besteht die jederzeitige Zahlungsfähigkeit?
Im Erfolgsbereich:
- Risiken in der Kostenstruktur (insbesondere Material- und Personalaufwandsquote?)
Im Rentabilitätsbereich:
- wird ein angemessener Gewinn erzielt? (Umsatz-, Eigenkapital-, Gesamtkapitalrentabilität)
2. Interessenten für eine Bilanzauswertung
Als wichtigste Interessenten einer Bilanzauswertung sind zu nennen:
- der oder die Inhaber bzw. Geschäftsführer von Unternehmen, die an den Hauptquellen eines Gewinnes bzw. Verlustes interessiert sind.
- Kreditgeber (Banken und Lieferanten), die sich an der Rückzahlungsfähigkeit von Krediten orientieren.
- (Potenzielle) Gesellschafter interessieren sich in erster Linie an der Eigenkapitalrendite.
3. Methoden und Ziele der Bilanzauswertung
3.1 Bilanzaufbereitung
Eine aussagefähige und fundierte Bilanzauswertung kann nur anhand einer gut gegliederten und aufbereiteten Bilanz vorgenommen werden. Die Bilanzpositionen werden zu bestimmten Gruppen verdichtet.
Die Vermögensseite wird gruppenweise nach Liquiditätsgesichtspunkten in Anlage- und Umlaufvermögen, die Kapitalseite nach Herkunft und Fristigkeit des Kapitals in Eigenkapital, langfristigem und kurzfristigem Fremdkapital gegliedert. Die Bilanzstrukturen werden deutlich sichtbar, wenn man die Bilanzsumme als Basis (= 100%) bildet.
3.2 Einzelanalyse
Sie setzt eine detaillierte Bilanzstruktur voraus, da die Ergebnisse einer Abrechnungsperiode isoliert untersucht werden. Eine Einzelanalyse ist die einfachste Form der Bilanzauswertung, die lediglich die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt (Stichtag) dokumentiert.
3.3 Zeit- und Periodenvergleich
Entwicklungstendenzen werden im Zeitvergleich erkennbar, wenn man mehrere Jahresabschlüsse desselben Unternehmens einander gegenüberstellt. Aus dem sich abzeichnenden Trend wird dann versucht, Schlüsse auf die zukünftige Unternehmensentwicklung zu ziehen. Eine gewisse Gefahr, hinsichtlich der Aussagefähigkeit ist allerdings darin zu sehen, dass "Schlendrian mit Schlendrian" verglichen werden kann.
Eine weitere wichtige Voraussetzung für den Zeitvergleich ist darin zu sehen, ob die Bewertung der verschiedenen Perioden nach denselben Grundsätzen erfolgt.
Zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit von Unternehmen verlangen Kreditinstitute die Vorlage von i.d.R. drei Jahresabschlüssen. Darüber hinaus bieten Banken ihren Kunden die Möglichkeit, kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr die Jahresabschlüsse analysieren zu lassen.
3.4 Betriebs- oder Branchenvergleich
Beim Branchenvergleich werden die Kennziffern mit den Werten anderer vergleichbarer Betriebe der Branche verglichen. Die Aussagefähigkeit und die Möglichkeit der Erkennung von Schwachstellen ist hierbei größer als beim Zeitvergleich. Allerdings sind auch solche Betriebsvergleiche nicht unproblematisch, weil Unterschiede in der Betriebsgröße, beim Fertigungs- und Absatzprogramm, der Rechtsform, beim Standort, der Kundenstruktur usw. gegeben sein können.
3.5 Externe und interne Bilanzauswertung
Dem externen Analytiker (Außenstehender) stehen meist nur die Jahresabschlüsse zur Verfügung. Die Analyse stellt sich schwieriger dar, da Genaues über stille Reserven, Kreditlinien, Auftragsbestände u.v.a.m. nicht bekannt sind.
Dem internen Analytiker (z.B. Geschäftsführer) steht dagegen das gesamte, begleitende Zahlenmaterial zur Verfügung, sodass eine fundierte Auswertung erfolgen kann.
Zusammenfassend sind als Ziel der Auswertung zu sehen:
- Aufspüren von Rationalisierungsmöglichkeiten im kaufmännischen, organisatorischen und technischen Bereich
- Hinweise über gezielte Kostensenkungsmaßnahmen zu erhalten
- Risiken verdeutlichen, um betriebspolitische Entscheidungen zu erleichtern.
Neben einer Schwachstellenanalyse benötigen auch "Schwarze Zahlen einen roten Faden!". Im Übrigen lässt sich gegenüber Banken erfolgreicher argumentieren (z.B. bei Kreditverhandlungen), wenn man weiß, was in der Bilanz steht.
(Fortsetzung folgt)
[Zurück] [Übersicht] [www.ikz.de]