IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 01/02/2001, Seite 40 ff


KLEMPNERTECHNIK


Neue Forschungsergebnisse belegen:

Keine Gefahr für die Umwelt durch Metalldächer

Klaus Siepenkort*

In den letzten Jahren kamen im Zusammenhang mit großflächigen Kupferdächern die Metalle von Dächern und Fassaden als Quelle von Umweltverschmutzung in die Diskussion. Die Folge: In Einzelfällen wurden große metallene Dachflächen von den Genehmigungsbehörden abgelehnt. Aktuelle Forschungsergebnisse zum Abschwemmverhalten unterschiedlicher Baumetalle belegen jedoch, dass es für diese Entscheidungen keine Grundlage mehr gibt.

Das Ausmaß der Umweltbelastung durch Abschwemmungen von Metalldächern und -fassaden wurde in der Literatur unterschiedlich angegeben und führte häufig zu Verunsicherungen seitens der Planer, Bauherren und des Handwerks. Weitere Verwirrungen entstanden zudem durch nicht eindeutige Benutzung von Begriffen wie "Schwermetall", "Korrosion" bzw. "Korrosionsprodukte". Denn mit dem Begriff Schwermetall wird fast immer eine Gefahr für Umwelt und Gesundheit verbunden. Diese generelle Bewertung ist jedoch unbegründet, da die Einteilung in "schwer" (z.B. Gold) oder "leicht" (z.B. Aluminium) rein physikalisch hergeleitet ist. Die Wirkung auf Pflanzen, Tier und Mensch wird damit in keiner Weise beschrieben. Es gibt Schwermetalle wie Quecksilber oder Cadmium, die selbst in geringen Mengen toxisch, also giftig wirken, und es gibt Schwermetalle wie Kupfer oder Zink, die von Organismen essentiell benötigt werden.

Bewitterungsgestell. 45° geneigt, nach Süden ausgerichtet. In den oberen Reihen sind die metallischen Proben angeordnet, die unteren Reihen enthalten Stoffproben.

Die allgemeine Verunsicherung im Umgang mit Metalldächern, vor allem im Hinblick auf die gegenwärtige Umweltdiskussion, und die Einführung neuer Entwässerungskonzepte macht es notwendig, den Genehmigungsbehörden ausreichend gesicherte Informationen für eine differenzierte Bewertung zu liefern.

Neue Konzepte für die Siedlungsentwässerung

Das alte Konzept zur Siedlungsentwässerung befindet sich im Wandel. Immer häufiger wird die Rückhaltung und Versickerung von Regenwasser als Alternative zur konventionellen Ableitung in Kanalsysteme vorgesehen. Beispielsweise hat das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes NRW eine "Initiative Ökologische Wasserwirtschaft" (im Internet unter: www.murl.nrw.de) gegründet, die mit finanziellen Zuwendungen Maßnahmen zur Niederschlagswasserbeseitigung fördert (siehe Kasten).

Die Rückhaltung und Versickerung von Regenwasser entschärfen die wesentlichen Nachteile des traditionellen Ableitungsprinzips, wie zum Beispiel der starke Rückgang der Verdunstung und der Bodenspeicherung oder die Verschiebung des natürlichen Gleichgewichts im Wasserkreislauf. Zur Umsetzung dieses neuen und zukunftweisenden Trends "Pro Umwelt" ist ein ausreichender Schutz des Grundwassers erforderlich.

Von der Abwassertechnischen Vereinigung wird mit dem Merkblatt M 153 eine bundeseinheitliche Regelung zum Umgang mit Regenwasser von bebauten und befestigten Flächen angestrebt [1]. Die Erkenntnisse der ATV besagen, dass Dachflächen in Wohngebieten im Allgemeinen gering belastet sind. Eine Ausnahme bilden unbeschichtete kupfer-, zink- und bleigedeckte Dachflächen, die besonders bei saurem Regen hohe Metallkonzentrationen im ersten Regenabfluss aufweisen können.

Bis zum Vorliegen anerkannter Behandlungsmaßnahmen wird zur ausreichenden Reduzierung dieser Metalle im einzuleitenden Regenwasser ein spezielles Bewertungsverfahren angewendet (Einzelheiten dazu sind dem vorg. Merkblatt zu entnehmen). In diesem Bewertungsverfahren entscheidet sich der Einsatz von Metall oder alternativen Werkstoffen für die Dachdeckung. Kupfer-, zink- und bleigedeckte Dachflächen werden in dem Merkblatt dem Flächentyp F6 mit 35 Punkten* - entspricht starker Belastung - zugeordnet. Bezüglich der Versickerung von Dachablaufwässern von Metalldächern ist folgende Regelung verabschiedet. Sind bei Gebäuden Dachflächen von bis zu 50 m2 mit Metall gedeckt, kann das Dachablaufwasser, auch auf der Basis von länderspezifischen Regelungen, erlaubnisfrei versickert werden. Bei Dächern mit einer Metalleindeckung von > 50 m2 bis 500 m2 sind besondere Maßnahmen wie Versickerungsmulden und für Metalleindeckungen von größer 500 m2 eine Kombination verschiedener Verfahren wie z.B. Absetzbecken mit Versickerungsmulden notwendig.

Bewitterungsstand. Das Regenwasser läuft jeweils über das Modelldach der Größe 100 x 50 cm und wird in einem Auffanggefäß gesammelt.

In diesem Zusammenhang sind Metalldächer in die Diskussion geraten und aufgrund unzureichender Informationen in Einzelfällen abgelehnt worden. Die aktuellen Forschungsergebnisse der EMPA*** bezogen auf das Korrosionsverhalten von Metallen im Bereich der Gebäudehülle erfordern neue Bewertungsgrundlagen zur Einteilung in die jeweilige Belastungsgruppe.

In der Schweiz wurde eine interdisziplinäre Fachgruppe gebildet, die beispielhaft für die Aufklärung und Ermittlung aktueller Daten sorgt. Sie erarbeitet zur Zeit eine Empfehlung zum Thema Metalle für Dächer und Fassaden. Daran beteiligt sind unter anderem der Schweizerische Spenglermeister- und Installateurverband (SSIV) und die EMPA-Akademie. In dieser Empfehlung werden neben technischen und korrosionschemischen Aspekten auch ökologische Gesichtspunkte enthalten sein. Für die Bewertung der Abschwemmraten der Metalle und deren Bedeutung für die Umwelt, sollen die drei heute üblichen Regenwasserableitungsarten

Das erarbeitete Papier soll Entscheidungsträgern als Grundlage dienen und wird etwa Mitte 2001 erscheinen.

Bezogen auf Abschwemmverhalten und Dickenabnahme der repräsentativen Blechwerkstoffe wurden bereits Untersuchungen von der EMPA-Akademie durchgeführt und veröffentlicht. Dabei wurde festgestellt, dass die an der Oberfläche entstehende Schicht von Korrosionsprodukten den Korrosionsvorgang verlangsamt. Rein rechnerisch ergibt sich aus nachstehenden Erkenntnissen eine Nutzungsdauer von Zink- und Kupferdächern von etwa 250 Jahren. Diese Nutzungsdauer ist an historischen Gebäuden bereits erreicht und sogar überschritten worden.

In NRW geförderte Maßnahmen zur Niederschlagswasserbeseitigung

Flächenentsiegelung zur dezentralen Versickerung von Regenwasser
Undurchlässige Flächen werden in versickerungsfähige umgewandelt. Die Flächen sind dazu vom öffentlichen Kanalnetz abzukoppeln, das im Mischsystem entwässert.

Erstellung von Versickerungsanlagen für Niederschlagswasser
Die Flächen sollen vom öffentlichen Kanalnetz abgekoppelt werden, das im Mischsystem entwässert. Bei der Erstellung von Flächen zur Versickerung und bei Niederschlagswasser-Versickerungsanlagen sind die Anforderungen des Rd. Erl. MURL vom 18. 05. 1998 (SMBl. NW. 654) zu beachten. Die Versickerung soll je nach den örtlichen Verhältnissen wie folgt ausgeführt werden: Großflächige Versickerung, Versickerungsbecken, Flächen-, Mulden- oder Rigolenversickerung. Sickerschächte sind nicht förderfähig!

Dachbegrünung
Dachflächen sollen in begrünte Flächen umgewandelt bzw. erstmalig erstellt werden. Mit der Dachbegrünung ist ein Abflussbeiwert von kleiner oder gleich 0,3 zu erzielen.

Regenwassernutzungsanlagen
Regenwassernutzungsanlagen müssen den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen, insbesondere müssen die TVO, AVB Wasser V und DIN 1988 Beachtung finden.

Förderfähig sind Anlagen, die Regenwasser zur häuslichen Verwendung (WC, Waschmaschine) sowie zur Gartenbewässerung bereitstellen. Anlagen, die ausschließlich der Gartenbewässerung dienen, sind nicht förderfähig.

Auf Freibewitterungsständen an unterschiedlichen Standorten (siehe Bilder) wurden von den dort installierten Blechen jeweils nach 1/2, 1, 2 und 4 Jahren Proben entnommen und gesammeltes Niederschlagswasser von Modelldächern labortechnisch untersucht. Es wurde festgestellt, dass bei den für Dach und Fassade verwendeten Metallen Kupfer, Zink und Blei, messbare Abschwemmungen auftraten. Bei Kupfer lagen diese in der Größenordnung von 0,2 µm/a, bei Zink ca. 0,5 µm/a und bei Blei bei 0,6 µm/a. Bei den anderen geprüften Baumetallen wurden vernachlässigbare Abschwemmraten von weniger als 0,01 µm/a bestimmt.

Dies bedeutet, dass man im über die Bleche abgeflossenen Regenwasser mit einer durchschnittlichen Konzentration von 2 mg/l Kupfer, bei Zink von 4 mg/l Zink und bei Blei von 6 mg/l Blei rechnen muss. Es ist zu bemerken, dass die Korrosionsgeschwindigkeit durch die Luftschadstoffe Schwefeldioxid und Ozon beeinflusst wird. Die Verbesserung der Luftqualität - in den letzten 20 Jahren ist die Konzentration an Schwefeldioxid in der Atmosphäre um den Faktor 4 gesunken - führte zu deutlich geringeren Metallabträgen.

Fazit: Immer häufiger wird die Rückhaltung und Versickerung von Regenwasser als Alternative zur konventionellen Ableitung in Kanalsysteme vorgesehen. Damit geplante Metalldächer nicht von den Genehmigungsbehörden abgelehnt werden, sind die Entscheidungsträger über die gewonnenen Erkenntnisse, Daten, Alternativen und Lösungsmöglichkeiten rechtzeitig zu informieren und zu beraten - denn aus ökologischen Gesichtspunkten besteht in der Regel keine Grundlage Metalldächer und Metallfassaden generell abzulehnen!

L i t e r a t u r :

[1] Merkblatt der Abwassertechnischen Vereinigung ATV-DVWK-M 153 "Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser", Februar 2000

[2] "Metalldächer und -fassaden: Umweltbelastung durch Korrosionsprodukte?" von Dr. Markus Faller (Sonderdruck aus "Die Gebäudehülle", EMPA-Akademie, Dübendorf, Schweiz)

Pressekonferenz des SSIV, Basel 26. 01. 2000


*  Klaus Siepenkort, Sachverständiger für das Klempnerhandwerk, Geschäftsführer eines Planungsbüros für Klempnertechnik und Gründer des Internet-Branchenforums www.klempnerhandwerk.de


**  Belastungsskala: 1-15 Punkte - geringe Belastung -, 16 - 30 Punkte - mittlere Belastung -, 31-45 Punkte - starke Belastung


***  Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, Überlandstraße 129, CH-8600 Dübendorf


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