IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/2000, Seite 24 ff
VERBÄNDE AKTUELL |
Bayern
Erdgastagung in Berchtesgaden
Zusammenarbeit zwischen Gasversorgern und SHK-Handwerk
Der Anteil des Erdgases am Primärenergieverbrauch in der Bundesrepublik Deutschland ist von 1% im Jahre 1966 auf nunmehr rund 43% gestiegen. Grundlage dieser Entwicklung ist die Tatsache, dass Erdgas ein Produkt mit Anwendungs- und Umweltvorteilen ist und eine in großen Teilen flächendeckende Versorgung sichergestellt wurde. Hintergründe, Entwicklungen aber auch Perspektiven der Markterschließung wurden am 20. Oktober dieses Jahres in Berchtesgaden auf der "Erdgastagung Bayern" vor 125 Teilnehmern erörtert.
Status
"Grüß Gott" zur Erdgastagung im Kurhaus- und Kongresshaus in Berchtesgaden. Erdgas - Energie auch für KD-Fahrzeuge. |
"Erdgas hat ein fulminantes Wachstum erlebt," führte Dr. Mössner, Geschäftsführer der Bayerngas GmbH, München, zur Eröffnung der Veranstaltung aus.
In seinem Vortrag erläuterte er die Beheizungsstruktur in Deutschland. Dort habe das Erdgas einen Marktanteil von über 43% erreicht. Auf Bayern bezogen allerdings nur einen Anteil von 31,4%. Im Neubaubereich sei aber bereits eine Marktdeckung von 54% zu verzeichnen. Diese Grunddaten zeigten bereits, dass ein gesundes Wachstum möglich sei. Andererseits müssten weiterhin große Investitionen vorgenommen werden, um im Flächenstaat Bayern eine weitere Abdeckung zu erreichen.
Dr. Mössner war es auch, der für ein besonderes Highlight sorgte. Er sagte den SHK-Betrieben zu, dass die ersten 50 von SHK-Fachleuten in Bayern zugelassenen Erdgasfahrzeuge, ein Jahr kostenfreies Bayerngas erhielten. Sicherlich ein Ansatz für eine effiziente Fahrzeugplanung bzw. Kalkulation, denn außerdem gibt es bereits eine bis Ende 2009 festgesetzte ermäßigte Energiesteuer für Erdgas.
LIM Werner Obermeier: "Mit dem Energiespargedanken befinden wir uns am Pulsschlag der Zeit." |
Werner Obermeier, Landesinnungsmeister des Fachverbandes Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Bayern, stellte fest, dass sich die Tagung am Pulsschlag der Zeit befinde, denn es gebe nichts aktuelleres und spannenderes, als den Energiespargedanken voranzutreiben. Jetzt müssten Überlegungen angestellt werden, wie man in Zukunft mit Energie umgehen werde. Obermeier wies auf die aktuelle Energieverteuerung über Ölkonzerne und die Ökosteuer hin. Das SHK-Handwerk stehe vor einer schwierigen Gratwanderung, da das Fachhandwerk bereits ersten Nutzen aus der teueren Primärenergie ziehe. Es wäre daher doppelzüngig, auf die teueren Sprit- und Dieselpreise zu schimpfen. "Hier sind sachlich überzeugende Argumente gefragt."
Ein Dankeschön richtete LIM Obermeier an die Bundesregierung in Berlin, trotz seines sonst mehrfach gegensätzlichen Standpunktes. "Es sind jährlich 400 Mio. DM für die Modernisierung von Heizkesseln in Altbauten vorgesehen. Das lässt für die zuletzt arg gebeutelte SHK-Branche einen kräftigen Investitionsschub erwarten," so Obermeier.
Energiespar-Anstoßberatung durch die Kaminkehrer könne man akzeptieren, nicht aber eine in die Tiefe gehende Erweiterung ihres Betätigungsfeldes (Lesen Sie hierzu auch Editorial der IKZ-HAUSTECHNIK Heft 21/2000, Seite 3).
Erfolg hat auch Namen: v.l.n.r. Dr. Wolfgang Schwarz, Dr. Ulrich Mössner, Dr. Peter Lauffer, Peter Rainer Müller, LIM Werner Obermeier und Dietrich Berthold. Sie wollen durch die Kampagne "Move 2000" die Partnerschaft in Bayern stärken. |
Liberalisierung
"Die Liberalisierung des Erdgasmarktes" war die Thematik, die Dr. Peter Lauffer, Ruhrgas AG, umfassend vorstellte. Unter anderem führte er aus: "Ruhrgas hat wie andere Mitbewerber ihre Konditionen für Durchleitung durch ihre Leitungen in das Internet gestellt. Jeder kann nun leicht die Kosten eines Transports von "liberal" eingekauften Mengen ausrechnen. Wenn der Gaseinkauf billiger erfolgte als bei den "Etablierten", oder wenn vor der Liberalisierung die Margen höher waren als die Transportkosten, können sich durch die Liberalisierung Vorteile für Verbraucher ergeben."
Die Marge des Erdgases, so Lauffer weiter, war durch den bestehenden Substitutionswettbewerb vor der Liberalisierung bereits viel geringer als die Strommarge. Ähnliche Preissenkungen wie beim Strom seien daher ausgeschlossen.
Perspektiven
Referent Dipl. Wirt.-Ing. Peter R. Müller, Geschäftsführer Erdgas Südbayern GmbH, sprach zu dem Thema "Perspektiven für die gemeinsame Markterschließung". "Heute fokussieren wir unsere durch den Bereitschaftsdienst notwendigen Kapazitäten u.a. auf den Betrieb von Leitungen anderer Medien, soweit sie noch nicht durch den Betrieb der eigenen Anlagen belegt sind." Die ESB betreibe heute nicht nur Gas-, sondern auch Wasser- und Ölleitungen, ja sogar Chemieleitungen.
Gas hat in Bayern gute Marktchancen, das bewiesen die 125 Teilnehmer der Veranstaltung. |
Die Installation der Gas-Anlagen übernehmen die Marktpartner. "Die Troika Heizungshandwerk, Geräteindustrie und Gaswirtschaft funktioniert," so Müller.
Die bisherige Partnerschaft könne durch Akquisition und Systemangebot durch Vertragsinstallationsunternehmen ausgebaut werden. Potenzial dazu gebe es ausreichend, denn in den 210 erdgasversorgten Orten gebe es nur einen Penetrationsgrad von 27%. Am Netz der ESB lägen 60000 noch nicht angeschlossene Häuser. Hier liege ein beachtliches Volumen, das die Marktpartner auch durch die Möglichkeit Hausanschlussleitungen zu verlegen abdecken könnten. Mit Partnerfirmen könne auch die Mehrspartentechnologie - Gas/ Wasser sowie Strom/Telekommunikation - beim Hausanschluss genutzt werden. Im System: Hausanschluss + Installation + Zähler + Geräte + Solar + Inspektionspaket.
Unter dem Thema "Marktorientierte Partnerschaft" hoben Dr. Wolfgang Schwarz, Hauptgeschäftsführer FV SHK Bayern, und Dipl.-Betriebswirt Dietrich Berthold, Leiter der Abteilung Marktpartner, Ruhrgas AG, die mittlerweile traditionell gute Zusammenarbeit hervor. Mit der Initiative "Move 2000" so Dr. Schwarz und Berthold, werde in Bayern (sowie Nordrhein-Westfalen) ein Pilotprojekt gestartet, das im nächsten Jahr bundesweit umgesetzt werden soll.
erdgas Partner Team |
Unter dem Motto "Auch eine gute Partnerschaft lässt sich noch verbessern" wird die deutsche Gaswirtschaft ihre bisherige Zusammenarbeit mit dem SHK-Handwerk intensivieren. Stellvertretend für die Gasversorgungs-Unternehmen stellte Dietrich Berthold die neue Initiative "erdgas Partner Team" vor. Offizieller Start in Bayern war die Erdgastagung in Berchtesgaden. |
Gastechnologie
Ausführlich stellte Dr. Heiner Hüppelshäuser, Ruhrgas AG, die Aufgabenstellung "Mit neuer Gastechnologie ins neue Jahrtausend" dar. Er erläuterte die konkreten Vorhaben des erdgasvollversorgten Hauses und beschrieb die Innovation des Systems mit Einzelstrangabsicherung. Erste Erfahrungen seien bei dem Pilotprojekt in Solingen, NRW, gemacht worden. Dort sei erstmals das Mehrschichtverbundrohr zur Anwendung gekommen.
Im Brennerbereich stehe die bereits auf der ISH 1997 vorgestellte SCOTT-Technologie kurz vor der Serien-Markteinführung. Durch diese Innovation werde die Brennertechnik - mit Selbstüberwachung - optimiert.
Brennstoffzelle
Über den "Stand der Entwicklung und die Marktchancen der Brennstoffzelle" berichtete Dr.-Ing. Felix Ziegler, Bay. Zentrum für angewandte Energieforschung e.V., München. Er erklärte die einzelnen Bauarten von Brennstoffzellen, die je nach Energieart im Brennstoffzellen-Stack (Paket) Temperaturen von 80 bis 1000 °C erreichen könnten. In dieser Technologie sieht er gute Marktchancen, allerdings sei die zur Zeit diskutierte Variante wirtschaftlich noch nicht konkurrenzfähig, da man von Preisen je Anlage von 20 - 25000 DM ausgehe. Ab 2001 sollen in Deutschland etwa 300 - 500 Geräte im Feldversuch in Mehrfamilienhäusern getestet werden. Der Markt für diese Technologie im BHKW-Einsatz werde 2010 auf 100000 Einheiten geschätzt.
Intensive Gespräche wurden auch im Ausstellungsbereich geführt. |
Gassicherheit
Der Obmann des DVGW-Fachausschusses Gassicherheit Dipl.-Ing. Fritz Guther, Hausham, referierte zu dem Problem "Überprüfung von innenliegenden Gasleitungen und Maßnahmen zum Schutz vor Manipulationen". Die Gespräche in den entsprechenden Gremien fasste er mit dem Begriff "Restrisiko 10-6" zusammen. Man müsse die Fakten der letzten 20 Jahre betrachten, um die Größenordnungen dieses Problems überhaupt signifikant zu beschreiben. In diesem Zeitraum habe es 800 Vorfälle - bei 17 Mio. Kunden - gegeben, von denen durch Installationsfehler nur 116 Fälle verursacht worden seien. Aktive Maßnahmen nach TRGI 86/96 seien:
- Einbau von Gasströmungswächtern
- Einsatz eines Gaszählers mit Unterbrechung des Gasstromes bei einem unteren und oberen Grenz-Gasvolumenstrom
- Einsatz einer Hauptabsperreinrichtung mit elektrischem Stellorgan und aufgeschalteten Gassensoren
Passive Maßnahmen seien:
- Sichern von Verschraubungen, Einbau von Sicherheitsstopfen und Sicherheitskappen
- Verschließen des Hausanschlussraumes; Einhausung der Gasdruckregler-/Zählereinheit; Anordnung eines Hausanschlusskastens außerhalb des Gebäudes.
Ausstellung
Eine kleine Ausstellung bot den Teilnehmern Gelegenheit, sich an Beispielen ausführlich über die neuesten Entwicklungen im Erdgasmarketing zu informieren. Für Fragen der Kundenberatung und Verkaufsförderung standen den Besuchern Fachleute von Seiten der Gasversorger als auch des Fachverbandes zur Verfügung. Aktuell diskutiert wurde über die Chancen der Erdgasfahrzeuge und deren Förderung durch die Bayerngas GmbH.
Abschluss der Veranstaltung bildete der festliche Abend mit der Serafin Showband und der Kabarett-Einlage der Giesinger Sautreiber.
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