IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 23/2000, Seite 44 ff.
HEIZUNGSTECHNIK
Heizkesselaustausch - Ist eine Schornsteinsanierung erforderlich?
Dipl.-Ing. (FH) Ernst A. Lohmann*
Dieser Beitrag soll aufzeigen, welche Maßnahmen zur Anpassung der Abgasanlage bei einem Heizkesseltausch heute nötig und möglich sind. Dabei sollen planerische Aspekte genauso wie Baurechts- und Ausführungsbestimmungen beleuchtet werden.
Unter einer Schornsteinsanierung versteht man häufig Veränderungsarbeiten an einem Schornstein. Es sollte jedoch unterschieden werden, ob ein durch Abgase und Witterungseinflüsse beschädigter Schornstein wieder in seinen ursprünglichen Zustand bezüglich Dichtheit, Standfestigkeit und sicherer Benutzbarkeit gebracht werden soll oder ob der Schornstein für eine neue Funktion modifiziert oder gar neu errichtet werden muss. Unter diesem Gesichtspunkt können vier Fälle unterschieden werden:
Sanierung: Wiederherrichten (Ausbessern) eines beschädigten Schornsteins. Beispiel: Sanierung eines beschädigten Schornsteinkopfes.
Querschnittsanpassung: Ein durch den Einbau eines neuen Wärmeerzeugers zu großer Schornsteinquerschnitt wird auf die neue Kesselleistung angepasst.
Modifikation: Veränderung der bisherigen Bauart des alten Schornsteins, z.B. Bau eines Luft-Abgas-Systems durch Einzug eines geeigneten Innenrohres aus Edelstahl.
Neubau eines Schornsteins bzw. Abgasanlage: Wenn der alte Schornstein nicht mehr geeignet ist und auch nicht auf den neuen Bedarf angepasst werden kann.
Die Notwendigkeit für Anpassungsmaßnahmen an Schornsteinen bei einem Heizkesseltausch wird Jahr für Jahr sehr eindrucksvoll durch die Erhebungen des Schornsteinfegerhandwerks belegt. So wurde für das Jahr 1999 ermittelt, dass über 1 Mio. Mängel (betriebs- und brandsicherheitstechnischer Art) an Feuerstätten, Schornsteinen, Abgasleitungen und Verbindungsstücke vorhanden waren. Davon entfielen 488.000 Mängel auf neu gebaute und 424.100 Mängel auf wesentlich geänderte Feuerungsanlagen [1].
Sanierung, Querschnittsanpassung oder neues Konzept für die Abgasanlage?
Bestehende Schornsteine erfüllen meist nicht die Anforderungen, die durch Niedertemperatur- und Brennwertkessel entstehen. Schäden an Schornsteinen sind deshalb möglich. Im Falle eines Kesselaustausches muss deshalb beurteilt werden, ob mit einer Sanierung oder mit einer Modifikation die Eignung des Schornsteins wieder hergestellt werden kann.
Ein zu großer Schornsteinquerschnitt führt zu schlechter Funktion und zu Durchfeuchtungen. Eine Sanierung im klassischen Sinn ist heute keine geeignete Maßnahme mehr, um einen Schornstein an eine neue moderne Heizungsanlage anzupassen. Der Einbau von Einsatzrohren, z.B. aus Edelstahl hat sich daher durchgesetzt.
Tabelle 1: Anforderungen an Abgassysteme |
Die Heizungsanlage bestimmt die Abgasanlage
Je moderner die Heizungsanlage, umso mehr muss die Abgasanlage auf die Feuerungsanlage abgestimmt werden (Tabelle 1). Während früher ein Schornstein sehr einfach mit Hilfe von Formeln oder Tabellen für Unterdruck ausgelegt wurde, ist dies heute im Allgemeinen nicht mehr möglich.
Natürlich hat es zur Anpassung an die neuen Heiztechniken auch neue Entwicklungen in der Abgastechnik gegeben. Heute gibt es Materialien, die schnell auf wechselnde Feuerungsverhältnisse reagieren. Dieser Tatsache trägt man heute Rechnung, indem man zunächst von Abgasanlagen spricht und diese in Schornsteine und Abgasleitungen einteilt.
Wenn nun ein neuer Heizkessel gegen einen alten ausgetauscht wird, ist dies im Allgemeinen mit einer Modifikation der Abgasanlage verbunden, z.B. durch Einbau einer geeigneten neuen Innenschale [2] - Beispiel Bild 1. Hierzu ist es unabdingbar, dass vor dem Heizkesseltausch die Feuerungsart sowie die technischen Daten des Wärmeerzeugers zur Verfügung stehen. Damit kann die vorhandene Abgasanlage überprüft und ggf. neu konzipiert werden.
Bild 1: Typische Innenschale zur Querschnittsverminderung von Abgasleitungen für moderne Wärmeerzeuger. |
Schornstein oder Abgasleitung?
Die nationalen Anforderungen an die Ausführung der Abgasanlagen sind vorgegeben durch die jeweiligen Feuerungsverordnungen der Bundesländer sowie die neue Norm E-DIN 18160-1 "Abgasanlagen - Teil 1: Planung und Ausführung" (Entwurf) [4]. Die Feuerungsverordnungen schreiben insbesondere vor, welche Aufstell- und Brandschutzanforderungen erfüllt werden müssen. Die Abgasanlagen werden dabei neuerdings in Schornsteine und Abgasleitungen eingeteilt. Nicht nur bei Gasfeuerungen, sondern auch bei Ölfeuerungen werden jetzt andere Anforderungen an Abgasanlagen gestellt als an Schornsteine für feste Brennstoffe.
Die DIN 18 160 wurde u.a. in Hinblick auf die Verwendung der künftig nach europäischen Normen zertifizierten Bauprodukte erweitert und neu gefasst. Aber auch andere bisher über Zulassungen und Gutachten zu beurteilende Anlagen wie Luft-Abgas-System werden nun in dieser Neufassung behandelt.
Bei einem Heizkesseltausch ist daher in Zukunft zu überprüfen, ob durch den Einbau eines neuen Heizkessels die Bedingungen der neuen DIN 18 160-1 und damit auch die Produktanforderungen nach europäischen Normen erfüllt sind.
Angebot und Ausführung von Abgasanlagen
Wenn eine neue Heizungsanlage gebaut oder eine vorhandene Anlage modernisiert werden soll, wird je nach Größe des Objektes der Heizungsbauer direkt oder über eine Ausschreibung des Fachplaners dem Betreiber ein Angebot unterbreiten. In jedem Fall muss der Heizungsbauer die Funktion der gesamten Feuerungsanlage gewährleisten. Er ist daher verpflichtet, auch die Abgasabführung in Verbindung mit seiner Feuerungsanlage zu beurteilen. Mit den modernen Abgassystemen und Partnern aus Produktion und Handel ergibt sich ein abgerundetes Bild für die Kompetenz zur Ausführung moderner Heizungsanlagen. Wer sonst könnte einen besseren Gesamtüberblick über die geplante Ausführung der neuen oder zu modernisierenden Anlage haben?
Die Notwendigkeit einer Abstimmung von Wärmeerzeuger und Abgasanlage wird informativ in dem gleichnamigen Merkblatt des VdZ (Vereinigung der deutschen Zentralheizungswirtschaft) in Zusammenarbeit mit dem ZIV (Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks) beschrieben [5]. Darüber hinaus hat der BDH (Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie) ein Informationsblatt mit Hinweisen zur Planung und Ausführung von Abgasanlagen für moderne Wärmeerzeuger [6] sowie eine Information über Kennwerte zur Bemessung von Abgasanlagen veröffentlicht [7].
Schon seit Jahren sind die Planung und Ausführung von Abgasanlagen fester Bestandteil im Leistungsumfang der Heizungsbauer. Die meisten der für die Schornsteinanpassung an moderne Wärmeerzeuger erforderlichen Produkte werden durch den Heizungsgroßhandel zur Verfügung gestellt. Die führenden Hersteller von Abgasanlagenbauteilen, z.B. von ein- und doppelwandigen Abgasanlagenkomponenten aus Edelstahl, schulen ihre Partner für den richtigen Einsatz der Produkte ebenso wie zu dem notwendigen Wissen der Fachnormen und spezifischen Bauvorschriften. Ein Beispiel für die gute fachliche Kommunikation sind die Fachlichen Merkblätter [8].
Bild 2 : Schornsteinquerschnittsverminderung bei zu großem Querschnitt des alten Schornsteins oder anderer Funktionsanforderungen (z.B. Einbau eines Brennwertkessels zum Austausch gegen einen Standardkessel). | |
Montage von Abgasanlagen im Altbau
Da üblicherweise ein neuer Heizkessel einen höheren Wirkungsgrad aufweist, ist damit die Abgastemperatur erheblich niedriger. Im Falle einer zusätzlichen Baumaßnahme zur Verringerung der Energiekosten, z.B. Wärmedämmung des Gebäudes, wird die Wärmeleistung weiter reduziert und die abzuführende Abgasmenge verringert. Dies ist bei der Überprüfung des Schornsteins bzw. der Querschnittsbemessung zu berücksichtigen.
Schornsteinquerschnittsverminderung
Soll gar die Kondensationswärme des Abgases mit Hilfe eines Brennwertkessels genutzt werden, ist eine Schornsteinanpassung oder gar der Einbau einer neuen Abgasanlage erforderlich (Bild 2). Es ist also folgende Vorgehensweise zu empfehlen:
- Erstellen des Konzeptes für die Verbesserung der Heizungsanlage,
- Auswahl eines neuen Wärmeerzeugers (z.B. Niedertemperatur-, Tieftemperaturheizkessel, Brennwertkessel),
- Festlegung der Art der Abgasabführung (z.B. Unter- oder Überdruck, Gleich- oder Gegenstrom, raumluftabhängig oder raumluftunabhängig),
- Feststellen der technischen Betriebsdaten des Heizkessels für die Bemessung der Abgasanlage,
- Überprüfung des vorhandenen Schornsteins und ggf. Bemessung der neuen Abgasanlage,
- Entscheidung, ob die bestehende Abgasanlage an den neuen Heizkessel angepasst werden kann oder eine neue Abgasanlage erforderlich ist,
- Auswahl des Abgassystems für die Anpassung oder einen Neubau,
- Abstimmung mit dem zuständigen Bezirksschornsteinfegermeister,
- Einbau des Abgassystems,
- Abnahme durch den Bezirksschornsteinfegermeister.
Wohin mit dem Kondensat?
Durch die Nutzung der Kondensationswärme bei Brennwertfeuerstätten bildet sich Kondensat, das säurebildende Oxide enthält. Sie führen zu pH-Werten unterhalb der Grenzwerte der üblichen kommunalen Entwässerungssatzungen. Das Arbeitsblatt ATV-M 251 der Abwassertechnischen Vereinigung E.V. [5] zeigt den aktuellen Erkenntnisstand auf und beschreibt die technischen Regeln, die allgemeine Anerkennung gefunden haben. Es richtet sich an Planer, Fachbetriebe, Betreiber von Abwasseranlagen und Überwachungsbehörden.
Für die Einleitungsbedingungen von Kondensat aus Gas-Brennwertfeuerstätten in öffentliche Abwasseranlagen ist entscheidend, wie viel Kondensat anfällt und mit welcher Menge häuslichen Abwassers es gemischt wird (Tabelle 2). Als Richtwert für die Zustimmung zum Einleiten von unbehandelten Kondensaten in die öffentliche Kanalisation gilt eine Menge für das anfallende Abwasser im jährlichen Mittel von mindestens das 25fache Volumen der zu erwartenden Kondensatmenge.
Kondensate aus Ölfeuerstätten sind immer zu neutralisieren. Die Neutralisation erfolgt entweder über eine in der Feuerstätte integrierte Neutralisationseinrichtung oder über eine in die Abgasanlage integrierte Neutralisationsbox (Bild 3).
Bild 3: Neutralisationsbox zum Einbau in eine Abgasanlage bei notwendiger Neutralisation gem. den Anforderungen durch die jeweiligen kommunalen Entwässerungssatzungen. |
Sicherheit für die Anlagenbetreiber
Wie oben erwähnt, werden durch das Schornsteinfegerhandwerk jährlich eine große Anzahl Feuerungsanlagen mit Mängeln festgestellt. Im Interesse der Sicherheit für den Betreiber, aber auch zur Energieeinsparung sowie zum Umweltschutz ist eine sachkundige Planung und Ausführung der Abgasanlagen erforderlich. Wenn auch nicht immer eine Schornsteinsanierung notwendig ist, so ist bei einem Heizkesseltausch immer eine Überprüfung der Eignung der Abgasanlage für die neue Feuerungsanlage notwendig. Der Heizungsbauer muss daher diese Überprüfung nach Kenntnis des neu einzubauenden Heizkessels entweder selbst durchführen oder eine Schornsteinfachfirma einbeziehen. Beide sollten in jedem Fall auch eine Abstimmung mit dem zuständigen Bezirksschornsteinfegermeister durchführen, der die Eignung und Funktionsfähigkeit bescheinigen muss.
*) Dipl.-Ing. (FH) Ernst A. Lohmann, Selkirk Schornsteintechnik GmbH
B i l d e r: Selkirk, Waldbröl
L i t e r a t u r :
[1] Erhebungen des Schornsteinfegerhandwerks für 1999 des Bundesverbandes des Schornsteinfegerhandwerks - Zentralinnungsverband (ZIV), Tel. 0 22 41/34 07-0.
[2] Muster für einen Einführungserlass. Bauaufsichtliche Richtlinien für Querschnittsverminderungen an Hausschornsteinen, Fassung September 1988.
[3] DIN EN 1443: Abgasanlagen - Allgemeine Anforderungen. Ausgabe April 1999.
[4] E-DIN 18160-1: Abgasanlagen - Planung und Ausführung. Entwurf Juli 2000.
[5] VDZ/ZIV-Merkblatt: Abstimmung Wärmeerzeuger - Abgasanlage. (Tel. VDZ: 02 11/4 54 93 13)
[6] BDH-Informationsblatt Nr. 5: Abgasanlagen für moderne Wärmeerzeuger - Hinweise für Planung und Ausführung. (Tel. BDH: 0 22 03/9 35 93-0)
[7] BDH-Informationsblatt Nr. 12: "Kennwerte zur Bemessung von Abgasanlagen"
[8] Fachliche Merkblätter: Kaufmann im Haustechnik-Fachgroßhandel.
Band 3: Heizung - Lüftung - Klima. (Deutscher Großhandelsverband Haustechnik e.V., Tel. 02 28/36 20 51)
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