IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/2000, Seite 62 ff.


REPORT


Mini-Blockheizkraftwerk

Pilotprojekt in Gummersbach

Die Übergabe des neuen Mini-BHKWs in Gummersbach konnte zu keinem günstigeren Zeitpunkt erfolgen, denn die politische Diskussion um Energiepreise und Ökosteuer ist in vollem Gang. Dass aber auch zukunftsweisende Technologien heute schon Anwendung finden, ermöglichte eine Kooperation der Rhenag mit der Gasgesellschaft Aggertal (GAG) in Gummersbach-Bernberg. Dort leistet das Klein-BHKW im Keller einer Mehrfamilienhausanlage Energiedienste in Sachen Strom und Wärme.

Günter Schibbe, Geschäftsführer der GAG, stellte das Projekt "Mini BHKW" in Gummersbach der Fachöffentlichkeit vor. Ein Jahr Probebetrieb sollen "harte" Fakten für die Bewertung der innovativen Anlage liefern.

Insgesamt sollen demnächst bis zu 32 Wohnungen von dieser Anlage im Grundlastbereich auf der Heizungs- und Stromseite profitieren, so Günter Schibbe, Geschäftsführer der GAG. Dass diese Anlage zu Testzwecken überhaupt den Praxisbetrieb aufnehmen konnte, verdankt die "ecopower"-Anlage dem Sponsoring der Rhenag, Rheinische Energie Aktiengesellschaft, Köln und der Gasgesellschaft Aggertal mbH, Gummersbach. Weiterhin unterstützten das Referenzobjekt in Gummersbach-Bernberg die Firma Valentin Energie und Umwelttechnik, Mainz und die Stromversorgung Aggertal GmbH, Gummersbach. Die Gesamtinvestition beträgt für Modul-, Installations- und Betriebskosten ca. 30.000 Mark.

Im Versorgungsgebiet der GAG konnte ein geeignetes Gebäude über die dortige Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH gefunden werden. Zwei Mehrfamilienhausblöcke werden in der Bernberger Weidenstraße über eine Kesselanlage versorgt, die einen jährlichen Erdgasverbrauch von 600 MWh für Heizung und Warmwasser aufweist. Über einen mindestens einjährigen Betrieb beabsichtigt die GAG eine objektive Beurteilung der Gerätetechnik erzielen zu können, so Jürgen Clement, Projektleiter der GAG. Die Anlage selbst ist stromgeführt und wird durch ein BUS-System von der Servicestelle der GAG überwacht. Hightech bietet dieses Gerät aufgrund seines modulierenden Betriebs, der über eine Leistungsbreite von 2,0 bis 4,7 kW elektrische und 6,0 bis 12,5 kW thermische Leistung verfügt.

Josef Raschke, Vertreter der Fa. Valentin, erläuterte das neue Konzept des stromgeführten modulierenden Betriebs der BHKW-Anlage. Bereits 75 Anlagen sollen nach seinen Aussagen in der Bundesrepublik in Betrieb sein, die bis zu 4,7 kW elektrische und 12,5 kW thermische Leistung erzeugen.

Anlageneinbindung

Das BHKW* ist über 3/4"- Anschlussleitungen mit dem Vor- und Rücklaufverteiler der Zentralheizung verbunden. Bei der im kommenden Jahr anstehenden Kesselhaussanierung soll das Volumen des Warmwasserspeichers von z.Z. 500 auf 1000 Liter vergrößert werden. Somit wird eine effizientere Pufferspeicherung der Abwärme des Klein-BHKWs möglich sein. Zur Abdeckung des gesamten Heizwärmebedarfs sind noch zwei atmosphärische Gaskessel mit je 104 kW Leistung installiert.

Die Besonderheit dieser "ecopower"-Anlage ist seine modulierende Regelung. Sie führt die Anlage über Impulse in Drehzahlbereiche zwischen 1700 und 3600 U/min. Diese Pilotanlage kann somit den Strom- und Wärmebedarf den Erfordernissen besser anpassen.

 

Über einen Elektronik-Chip wird die Leistungsaufnahme des Stromnetzes kontrolliert und regelt in etwa 30 Sekunden Intervallen die Drehzahl des BHKWs nach dem jeweiligen Bedarf. Strom- und Lastspitzen können über diese Anlage nicht abgedeckt werden. Lichtanlagen in Garagen, Treppenhäusern sowie Schwimmbädern und Bürogebäuden sind die möglichen Grundlastlieferanten. Bei diesen Bedingungen ist ein wirksamer Einsatz der Anlage bei hohen Jahresbetriebsstunden zu erzielen.

In puncto Ökonomie und Ökologie ermöglicht die Kraft-Wärme-Kopplung in BHKWs praktikable Wege - nicht nur für große Versorgungseinheiten. Diese BHKWs eignen sich besonders für Gebäude mit einem gleichzeitigen Grundlastanteil von Wärme und Strom. Geeignete Objekte findet man sicherlich im Bereich der Hotels, Pensionen, Metzgereien, Tankstellen mit Waschanlagen, Sportzentren, Krankenhäusern, Wohnsiedlungen und Industrieanlagen. Das Klein-BHKW benötigt eine Stellfläche von etwa drei Quadratmetern.

Die Herstellerfirma gewährt für die Referenzanlage - mit speziell entwickeltem Einzylinder-Viertakt-Gasmotor des US-amerikanischen Herstellers Marathon - eine verlängerte Garantie von fünf Jahren (entspricht einer Betriebszeit von 40.000 Stunden). Als Vergleich: Ein Pkw-Motor ist dafür ausgelegt, eine Fahrleistung von ca. 4000 Stunden zu erreichen. Das entspricht einer Gesamtkilometerleistung von etwa 200.000. Die im Verhältnis hohe Laufleistung des BHKWs beruht auf dem kontinuierlichen Betrieb unter möglichst gleichbleibender Belastung.

Ein "Kellerkind" der besonderen Art: Strom und Wärme liefert diese Mini-BHKW-Anlage in Gummersbach-Bernberg. Service und Überwachung der Anlage erfolgen über eine BUS-Schnittstelle, die in der Zentrale der GAG aufläuft. Die Vorort Beurteilung erfolgt mittels Laptop. Die Referenzanlage wurde in den Hausanschlussraum - Elektrohauptverteilung - eingebaut und mit Gas-, Heizung-, Strom- sowie Zu- und Abluftanlagen und Kondenswasserablauf angeschlossen.

Die im Motor und im Abgas entwickelte Abwärme wird nicht wie bei PKW ungenutzt in die Umwelt geblasen, sondern in großen Teilen über Wärmetauscher nutzbringend dem Heizsystem zugeführt. Die gekoppelte Wirkweise für Strom und Wärme ermöglicht einen Nutzungsgrad der Primärenergie Erdgas von max. 90%. Die bei der Verbrennung entstehenden Abgase werden über einen 3-Wege-Katalysator mit Lambdasonde geleitet.


*BHKW - Licht und Wärme

BHKW ist die Abkürzung für Block-Heiz-Kraft-Werk, für eine Maschine, die gleichzeitig in einem Aggregat (Block) Heizwärme (Heiz) und Strom (Kraft-Werk) erzeugen kann.

Diese Aggregate sind mit einem Automotor der einen Generator antreibt zu vergleichen. Das BHKW erzeugt Strom und gleichzeitig wird die Motorwärme und das Abgas genutzt, um zu heizen, bzw. Warmwasser zu bereiten. Die Stromerzeugungs- und Heizmaschinen werden üblicherweise mit Energie aus Erdgas angetrieben um somit die Umwelt nicht unnötig zu belasten.


BHKWs in Deutschland

Blockheizkraftwerke erreichen bereits einen Marktanteil von fast zehn Prozent. Über 60 kleinere und mittlere Unternehmen bieten in Deutschland BHKWs an, jedoch nur zwei im Bereich Mini-BHKWs. 80 Prozent aller BHKW-Anlagen werden ganz oder teilweise mit Erdgas betrieben.

Ausnahmen bei der Mineralöl- und Strombesteuerung machen Klein-Blockheizkraftwerke besonders attraktiv. Bei einer Analyse der Stromerzeugungskosten im deutschen Kraftwerkspark zeigte sich eindeutig, dass langfristig BHKW nicht nur wegen der ökologischen sondern auch aufgrund der ökonomischen Vorteile hohe Marktanteile erreichen werden. Die "Stromrichtlinie" der Europäischen Union empfiehlt den Mitgliedstaaten ausdrücklich, die Kraft-Wärme-Kopplung (und damit die BHKW-Technik) zu bevorzugen. Auch der 1997 von der Bundesregierung herausgegebene Bericht zur CO2-Reduktion fordert den Ausbau der BHKW-Technologie und deren Einsatz.

Quelle: Blickpunkt Erdgas


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