IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/2000, Seite 34 ff.
HEIZUNGSTECHNIK
Wartungs- und Überprüfungsbedarf bei modernen Gasfeuerungsanlagen
Prof. Dr.-Ing. Rudolf Rawe* • Dipl.-Ing. Björn Gropengießer*
Dipl.-Ing. Achim Wirth* • Dr. rer. nat. Theo Wember**
Mangels ausreichender Erfahrung wird der Wartungsbedarf moderner Gasfeuerstätten in Deutschland derzeit unterschiedlich beurteilt. Dies führt dazu, dass die Überprüfung durch das Schornsteinfegerhandwerk in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt ist. Während in einigen Bundesländern gar nicht überprüft wird, finden in anderen Bundesländern Überprüfungen in ein- oder zweijährigen Abständen statt.
Vor diesem unbefriedigenden Hintergrund beauftragte der Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks die Fachhochschule Gelsenkirchen mit der Durchführung eines Gutachtens über die Notwendigkeit von wiederkehrenden Überprüfungstätigkeiten an korrekt installierten
- C3-Geräten1 sowohl in konventioneller als auch in Brennwertausführung,
- raumluftabhängigen Brennwertgeräten der Art B2 mit Überdruck-Abgasleitungen im Schacht2,
- raumluftunabhängigen Brennwertgeräten der Art C6 mit Überdruck-Abgasleitungen im Schacht3.
Das Gutachten wurde begleitet von einem Gesprächskreis der deutschen Gaswirtschaft, bestehend aus Vertretern der Verbände, der Gasversorger, der Geräteindustrie sowie des Zentralheizungs- und des Schornsteinfegerhandwerks.
1) C3-Geräte: Gasfeuerstätten, bei der die Verbrennungsluftzuführung und Abgasabführung senkrecht über Dach erfolgt.
2) B2-Geräte: Gasfeuerstätten ohne Strömungssicherung.
3) C6-Geräte: Gasfeuerstätten, die an eine nicht mit der Gasfeuerstätte geprüfte Verbrennungsluftzu- und Abgasabführung angeschlossen ist.
Vorgehensweise
Im Rahmen der Bearbeitung wurden zunächst in der Praxis aufgetretene Schadensfälle analysiert. Dazu wurde ein Prüfstand errichtet, um die Auswirkungen typischer, in der Praxis vorgefundener Schadensfälle auf die Sicherheit des Anlagenbetreibers zu beurteilen.
Die Erkenntnisse belegen, dass eine Gefährdung des Anlagenbetreibers oftmals nur durch ein Zusammentreffen mehrerer Mängel gegeben ist. Um die Wahrscheinlichkeit des Auftretens mehrerer voneinander unabhängiger Störungsfälle zu ermitteln, wurde eine bundesweite repräsentative statistische Erhebung an 31.773 Geräten durchgeführt. Aufgrund der hieraus gewonnenen Erkenntnisse werden abschließend Überprüfungstätigkeiten/-Intervalle empfohlen.
Bild 1: Ablagerungen in Verbindungsstücken aus Aluminium. |
Mangelhafte Anlagen in der Praxis
Die Rückmeldungen aus der Praxis sollten bundesweit das Spektrum möglicher Störungsfälle und zudem Hinweise auf die Ursachen aufzeigen. Sie bilden den Ausgangspunkt für die nachfolgend beschriebenen Laboruntersuchungen. Es wurden bei allen Gerätekategorien festgestellt:
- Abgasaustritte in den Aufstellraum,
- hohe CO-Gehalte im Abgas,
- Undichtigkeiten,
- Korrosionserscheinungen,
- Querschnittsveränderungen im Luft-/Abgasweg.
Die Korrosionen lassen sich in drei Erscheinungsformen unterteilen:
- feste Ausblühungen/Ablagerungen in Verbindungsstücken aus Aluminium bei fehlendem Gefälle zur Feuerstätte (Bild 1). Die Korrosionsprodukte können hierbei den freien Querschnitt um bis zu 30% verringern.
- Korrosionslöcher infolge von riefenförmigem Abtrag des Aluminiums durch Kondensat (Bild 2). Diese Erscheinungsform wird vor allem dann beobachtet, wenn durch Verwendung unterschiedlicher Materialien eine Konzentrationsanreicherung des Kondensats in Fließrichtung möglich ist (Feuerstätte >> Aluminiumleitung >> Kunststoffleitung >> Mündung).
- Perforationen an Aluminium- (Bild 3) und Edelstahlabgasleitungen auf der gesamten Oberfläche, bedingt durch Verunreinigungen (Halogene) in der Verbrennungsluft.
Bild 2: Riefenförmiger Abtrag des Aluminiums. |
Die Ablagerungen infolge von fehlendem Gefälle sowie der Aluminiumabtrag durch Kondensat wurde sowohl bei raumluftabhängigen als auch bei raumluftunabhängigen Brennwertfeuerstätten vermehrt festgestellt. Die Perforationen wurden vereinzelt an raumluftabhängigen Brennwertfeuerstätten vorgefunden.
Laboruntersuchungen
Raumluftabhängige Brennwertfeuerstätten mit Abgasleitung im Schacht
Raumluftabhängige Gasgeräte der Art B2 ohne besondere Dichtigkeit entnehmen die Verbrennungsluft dem Aufstellraum, der über eine Zuluftöffnung mit dem Freien verbunden ist. Die gebläseunterstützte Abgasführung erfolgt über horizontale und vertikale Abgasleitungen, die für Überdruck ausgelegt sind. Außerhalb des Aufstellraumes muss die vertikale Abgasleitung in einem Schacht verlegt werden. Dieser muss hinterlüftet sein, um eventuell austretendes Abgas gefahrlos über Dach abzuführen.
Bild 3: Perforationen an Aluminiumabgasleitung. |
Aufgrund von Undichtigkeiten im Abgasweg kann im Aufstellraum eine Anreicherung der Raumluft mit Abgas stattfinden. Ursachen für derartige Undichtigkeiten sind zum Beispiel:
- Korrosion,
- Alterung von Dichtungen,
- unfachmännische Arbeiten an Abgasleitungen (z.B. durch Heimwerker).
Mit Hilfe von Laboruntersuchungen sollte der Einfluss verschiedener Parameter (Raumgröße, Luftwechsel, Leckagequerschnitt) auf den CO-Gehalt der Raumluft bei unterschiedlichen Randbedingungen aufgezeigt werden. Als Beispiel stellen die folgenden Diagramme den Einfluss des Luftwechsels dar.
Bild 4: Einfluss des Luftwechsels bei einem CO-Gehalt im Abgas von 40 ppm und 5 Pascal Überdruck; Leckagequerschnitt 2,7 cm2 , Raumvolumen 25,7 m3. |
Die Randbedingungen 40 ppm CO-Gehalt im Abgas bei 5 Pascal Überdruck entsprechen den mittleren Betriebszuständen neuer Gasfeuerstätten (Bild 4). In der Praxis können durch Korrosionsprodukte hervorgerufene Querschnittsveränderungen zu erhöhtem Überdruck führen. Das vom Brenner angesaugte, ausgetretene Abgas bewirkt dann eine vermehrte CO Bildung bei der Verbrennung, sodass hoher Überdruck in Verbindung mit hohem CO-Gehalt auftreten kann. Deshalb wurden auch Ergebnisse für Betriebszustände mit 1000 ppm CO im Abgas bei 20 Pa Überdruck dargestellt (Bild 5), die in der Praxis bei älteren Geräten vorgefunden werden.
Raumluftunabhängige Brennwertfeuerstätten
Bild 5: Einfluss des Luftwechsels bei einem CO-Gehalt im Abgas von 1000 ppm und 20 Pascal Überdruck; Leckagequerschnitt 2,7 cm2, Raumvolumen 25,7 m3. |
Raumluftunabhängige Feuerstätten mit konzentrischer Verbrennungsluftzuführung und Abgasleitung im Schacht (Bild 6) entnehmen die Verbrennungsluft über ein geschlossenes System dem Freien. Bei Brennwertfeuerstätten, die über einen längeren Zeitraum nicht im Kondensationsbereich (TAbgas > TTaupunkt) betrieben werden, kann es zum Austrocknen des internen Siphons (Sperrwasser zwischen Abgas und Aufstellraum) kommen. Das im Wärmeerzeuger unter Überdruck stehende Abgas kann dann in den Aufstellraum austreten.
Bild 6: C6-Brennwertgerät mit Abgasleitung mit separatem Siphon. |
Abgasaustritt über den Siphon wurde vermehrt an Brennwertfeuerstätten festgestellt, die in den Sommermonaten ausschließlich der Brauchwasserbereitung dienen. Dies wurde insbesondere bei folgenden Randbedingungen angetroffen:
- Brauchwasserbereitung mit hohen Systemtemperaturen,
- gleichzeitig vorhandene Verschmutzung des Wärmeaustauschers,
- Abgasleitung mit separatem Siphon, in dem das in der Abgasleitung entstehende Kondensat vor dem Eintritt in das Gerät der Art C6 abgeführt wird (Bild 6) oder
- C3-Brennwertgeräte mit kurzen Abgasleitungen, in denen nur wenig Kondensat anfällt (Bild 7).
Das Ausmaß der Taupunktüberschreitung wird entsprechend der Verschmutzung der Wärmetauscherfläche erhöht.
Konventionelle Feuerstätten der Art C3
Bei diesen Geräten (Bild 8) erfolgt die Luft-/Abgasführung über Dach in konzentrischen Doppelrohren, wobei im Innenrohr Abgas gebläseunterstützt abgeführt wird und das äußere Rohr im Gegenstrom dem Gerät Verbrennungsluft zuführt. Abstände der verbrennungsluftumspülten, abgasführenden Teile zu brennbaren Bauteilen sind nicht erforderlich, wenn bei Nennwärmeleistung der Feuerstätte an Bauteilen keine höheren Temperaturen als 85°C auftreten können und dies in der Einbauanleitung der Hersteller angegeben ist.
Bild 7: C3-Brennwertgerät mit kurzer Abgasleitung. |
Undichtigkeiten im Abgasweg können zu örtlichen Oberflächentemperaturen von über 85°C führen (Brandgefahr). Derartige Leckagen können durch Verrutschen abgasführender Teile aufgrund von mechanischen Einwirkungen, Windeinflüssen über Dach und Materialermüdung an Manschetten hervorgerufen werden.
Die experimentelle Ermittlung der Oberflächentemperatur bei
- Verschmutzung des Wärmetauschers,
- Abgasrückstrom
ergab bei den Laboruntersuchungen Oberflächentemperaturen von bis zu 150°C. In der Praxis wurden Oberflächentemperaturen von max. 130°C vorgefunden.
Bild 8: Konventionelle Feuerstätte der Art C3. |
Statistische Erhebung
Um Auskunft über Mängelhäufigkeiten zu erhalten, wurde eine repräsentative Studie durchgeführt. Die Studie beschränkte sich auf fünf Bundesländer, in denen das Schornsteinfegerhandwerk wiederkehrend überprüfend tätig ist und somit Datenmaterial verfügbar ist.
Grundgesamtheit und Stichprobenplan
Die Grundgesamtheit besteht aus der Menge aller wiederkehrend durch das Schornsteinfegerhandwerk im Jahr 1997 geprüften Gasfeuerungsanlagen der betrachteten Gerätekategorien.
Die Mindestanzahl pro Gerätekategorie sollte 1.000 nicht unterschreiten. Damit können Defektwahrscheinlichkeiten im Promillebereich geschätzt werden. Eine im Vorfeld durchgeführte Studie (31 Kehrbezirke) ergab, dass ca. 50% der Brennwertgeräte als C3-Anlage, ca. 40% raumluftunabhängig und ca. 10% raumluftabhängig betrieben werden. Mit den angestrebten 10.000 Brennwertgeräten in der Gesamtstichprobe ergeben sich damit auch in der am schwächsten besetzten Gruppe (raumluftabhängige Brennwertgeräte) mehr als 1.000 Geräte in der Stichprobe. Die Stichprobenziehung erfolgte über die Kehrbezirke, die streng zufällig gezogen wurden.
Bei den aufgeführten fünf Bundesländern (Tabelle 1) wurde proportional ein Stichprobenumfang (bezogen auf Brennwertgeräte) gezogen.
Bild 9: Anzahl geprüfter Geräte pro Kategorie. |
Aufgrund des höheren Marktanteils ergab sich für die Kategorie der C3-Heizwertgeräte zwangsläufig eine höhere Anzahl, sie betrug 21852 Geräte.
Gerätekollektiv
Die Häufigkeitsverteilung der untersuchten Geräte wurde bezüglich folgender Kriterien ausgewertet:
- Anzahl der Geräte pro Kategorie (Bild 9),
- Altersverteilung der Brennwertgeräte (Bild 10),
- Altersverteilung der Heizwertgeräte,
- Anteil Geräte mit Mangel oder Wartungshinweis.
Zusammenfassung aller Gefährdungssituationen
In der Tabelle 2 werden für drei Gerätekategorien alle Gefährdungssituationen aufgeführt. Dies sind sowohl Einzelmängel, als auch Gefährdungssituationen, die erst durch das gleichzeitige Auftreten mehrerer Einzelmängel zum Tragen kommen. Der prozentuale Anteil von kombinierten Gefährdungssituationen wird durch Multiplikation der jeweiligen Einzelmängel bestimmt. Die Gefährdungssituationen sind durchnummeriert und die jeweiligen Anteile mit den dazugehörigen Vertrauensbereichen (= Konf) fett hervorgehoben. Bei der Auswertung der Erfassungsbögen wurden sogenannte Doppelmängel (z.B. Auseinanderrutschen der Luft-/Abgasleitung und gleichzeitig O2-Reduzierung im Ringspalt) nur einem Mängelpunkt zugeordnet. Die aufgeführten Anteile sind also voneinander unabhängig zu betrachten.
Bei den raumluftabhängigen Brennwertfeuerstätten führt nur eine Kombination von mindestens zwei Störungsfällen zu einer Gefährdungssituation, da im Gegensatz zu den raumluftunabhängigen Feuerstätten hier die Lüftung des Aufstellraums einer Anreicherung der Raumluft mit Abgas entgegenwirkt.
Bild 10: Altersverteilung der geprüften Brennwertgeräte-Kategorien in der Reihenfolge raumluftabhängiges Brennwertgerät, raumluftunabhängiges Brennwertgerät und C3-Brennwertgeräte. |
Erforderliche Überprüfungstätigkeiten/Intervalle
Überprüfungsintervalle
Die Ergebnisse der Untersuchungen belegen, dass auch an modernen Gasfeuerstätten Gefährdungspotenziale vorgefunden werden. Dies gilt sowohl für raumluftabhängige als auch für raumluftunabhängige Anlagen. Das dabei ermittelte Gefährdungspotenzial liegt bei 1 - 2%.
Das Gefährdungspotenzial bei Überprüfungsintervallen, die größer als zwei Jahre sind, muss zwangsläufig höher werden. Da entsprechende Daten nicht verfügbar sind, kann jedoch über die konkrete Höhe keine Aussage gemacht werden.
Aufgrund der Altersstruktur der untersuchten raumluftunabhängigen Brennwertfeuerstätten mit sehr wenigen "alten" und vielen "jungen" Geräten ist in Zukunft eher noch mit einer Zunahme des Gefährdungspotenzials zu rechnen. Aus diesen Gründen sollte der in einigen Bundesländern schon bewährte Überprüfungszeitraum von zwei Jahren bei raumluftunabhängigen Geräten generell Anwendung finden.
Tabelle 2: Gefährdungssituationen bei unterschiedlichen Gerätekategorien
Bei den in den betrachteten Ländern jährlich überprüften raumluftabhängigen Brennwertfeuerstätten ist der prozentuale Anteil der Einzelmängel zwar erheblich höher als bei den raumluftunabhängigen. Infolge der Lüftung des Aufstellraums führt jedoch erst eine Kombination von mindestens zwei Störungsfällen zu einer Gefährdungssituation. Da das derart ermittelte Gefährdungspotenzial die gleiche Größenordnung von ca. 1 - 2% wie bei den raumluftunabhängigen aufweist, erscheint auch bei dieser Gerätekategorie eine Überprüfung alle zwei Jahre angemessen.
Überprüfungstätigkeiten
Aufgrund der Erkenntnisse an mangelhaften Anlagen in der Praxis, den in Laboruntersuchungen ermittelten Auswirkungen vorgefundener Störungsfälle hinsichtlich ihrer Gefährdung und den statistischen Erhebungen über Häufigkeiten/Wahrscheinlichkeiten der ermittelten Gefahrenpotenziale, sind folgende Überprüfungstätigkeiten in Abhängigkeit von der Gerätekategorie sinnvoll:
Generell:
- Überprüfen der Abgasleitung auf freien Querschnitt, ggf. Reinigen, um erhöhtem Überdruck in der Abgasleitung vorzubeugen,
- Messung von CO als Indikator für den allgemeinen Gerätezustand und um Gefährdung bei Abgasaustritt zu verhindern.
Raumluftabhängige Brennwertfeuerstätten der Art B2 mit Abgasleitung im Schacht:
- Dichtheitsprüfung der Abgasleitung durch Sichtkontrolle, um Abgas- und Kondensataustritt in den Aufstellraum zu vermeiden,
- Kontrolle der Verbrennungsluftversorgung.
Raumluftunabhängige Brennwertfeuerstätten der Arten C3 und C6 mit Abgasleitung im Schacht:
- Dichtheitsprüfung der Abgasleitung durch Ringspaltmessung (O2), um Abgas- und Kondensataustritt in den Ringspalt zu vermeiden,
- Ermittlung des Grades der Verschmutzung, um einem Austrocknen des Siphons im Sommer entgegenzuwirken.
Konventionelle Feuerstätten der Art C3:
- Ringspaltmessung (O2 und tLuft), um zu hohe Oberflächentemperaturen zu vermeiden.
* Prof. Dr.-Ing. Rudolf Rawe, Dipl.-Ing. Björn Gropengießer, Dipl.-Ing. Achim Wirth, Fachhochschule Gelsenkirchen
* Dr. rer. nat. Theo Wember, Diplom-Statistiker, Waltrop
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