IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 17/2000, Seite 48 ff.


KLEMPNERTECHNIK


Warmdachkonstruktionen

Erfahrungen aus der Praxis

Klaus Siepenkort*

Die Ausführung von Warmdächern oder auch einschaligen Dächern sind in der Klempnertechnik keine Seltenheit mehr. Dieses Konstruktionsprinzip hat viele Vorteile. Es bietet dem Planer größere Freiheiten in der Gestaltung und ermöglicht die Ausführung komplizierter Dachgeometrien. Des Weiteren wird diese Konstruktionsweise hohen Ansprüchen an den Wärmeschutz gerecht und ist durch die geringe Konstruktionshöhe in der Regel preisgünstiger als die zweischalige, hinterlüftete Ausführung. Voraussetzung für die einwandfreie Funktion eines Warmdaches ist eine gewissenhafte Planung und Beachtung der bauphysikalischen Bedingungen.

Da sich die unbelüfteten Warmdachkonstruktionen dadurch auszeichnen, dass ihnen eine Feuchteabfuhr fehlt oder nur bedingt möglich ist, muss jede Art von Feuchtigkeitseintrag vermieden werden. Zum einen ist die Dampfsperrschicht mit äußerster Sorgfalt auszuführen. Zum anderen sind die Bauteile der Warmdachkonstruktion im trockenen Zustand, folglich auch bei trockener Witterung, einzubauen.

Aufgrund des häufig auftretenden Termindrucks erscheint es ausführenden Firmen oft notwendig, auch bei Regen, Schnee und Eis, Warmdachkonstruktionen zu montieren.

Dazu gibt es in den Fachregeln für das Klempnerhandwerk im Merkblatt "Unbelüftete wärmegedämmte Metall-Dächer in Klempnertechnik" unter Punkt 3.1 eine ganz klare Aussage:

"Unbelüftete wärmegedämmte Dächer dürfen bei Witterungsverhältnissen, die sich nachteilig auf die zu erbringenden Leistungen auswirken, nur ausgeführt werden, wenn durch besondere Maßnahmen nachteilige Auswirkungen verhindert werden. Diese sind entsprechend den Gegebenheiten zum Ausführungszeitpunkt mit dem Planer und Auftraggeber zu vereinbaren. Solche Witterungsverhältnisse sind z.B. Nässe, Eis und Schnee".

An nachfolgendem Beispiel aus der Praxis möchte ich diese Problematik verdeutlichen:

Bei der in den Bildern 1 bis 3 gezeigten Dachkonstruktion traten im Bereich der innenliegenden Rinne eines noch nicht fertiggestellten Gebäudes durch Nagellöcher in der Dampfsperre geringe Mengen Wasser aus. Bei einem Ortstermin fand ich eine fachgerecht ausgeführte Kupfer- Stehfalzeindeckung ohne sichtbare Leckagen vor. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Montage der gesamten Dachkonstruktion, einschließlich der Metalleindeckung, im regenreichen November stattgefunden hat. Während dieser Zeit sind große Mengen Niederschlagswasser in die Konstruktion gedrungen. Zudem wurden die auf dem Baustellengelände offen gelagerten Holzbaustoffe nach eigenen Aussagen des ausführenden Klempnerbetriebes "triefend nass" eingebaut.

Nun galt es zu ermitteln, wie man eine Austrocknung herbeiführen kann, und welche Auswirkungen die enthaltenen Wassermengen auf die Unterkonstruktion haben. Zur Beantwortung dieser Fragen, war eine Bewertung jedes einzelnen Bauteils der Dachkonstruktion erforderlich.

Bilder 1 bis 3: Dachkonstruktion

Bewertung der Gesamtkonstruktion

Die Warmdachkonstruktion ist weitgehend korrekt aufgebaut. Jedoch existiert konstruktionsbedingt ein Luftraum (H = 30 mm) zwischen Dämmschicht und Dachschalung. Dieser Luftraum ist für Metalldeckungen aufgrund des hohen Sd-Wertes nicht gewünscht, da sich der für das Ausdiffundieren der Restfeuchte** nötige Dampfdruck hier wieder entspannt. Der Austrocknungsprozess kann durch diesen Umstand zum einen verzögert werden. Zum anderen kann bei hohem Restfeuchtegehalt innerhalb der Konstruktion Tauwasser an der Unterseite der Metalldeckung entstehen. Deshalb ist ein Aufbau als "Dämmpaket" ohne zusätzliche Lufträume anzustreben. Die eingesetzten Werkstoffe entsprechen den Regeln der Technik und wurden in der korrekten Reihenfolge montiert.

Allgemeine Daten:

Gebäudehöhe: ca. 5 m
Dachneigung: 4,5° (Kehlbereich 3,3°)
Sparrenlänge: 6,80 - 8,00 m
Da man aus Kostengründen auf eine Feuchtemessung mit sensiblen elektronischem Gerät verzichtet hat, wurde die in der Konstruktion befindliche Wassermenge mit nachfolgender Berechnung ermittelt. Bewertet wurden nur die Holzbaustoffe, da die anderen Werkstoffe nach Herstellerangaben keine bzw. nur unbedeutende Mengen Wasser aufnehmen. Auch das Restwasser aus Fugen fließt in diese Berechnung nicht ein; als erste Maßnahme wurde die Dampfsperre am tiefsten Punkt der Dachkonstruktion mit einem separaten Ablauf ausgestattet, in den das überschüssige Wasser aus den Fugen nun ablaufen kann.

Berechnung

Wasseranteil bezogen auf Materialdichte:
Sollwert: 30%
Istwert:  50%
Trockengewicht: 0,4 kg/dm3
Trockengewicht / m2: 0,4 kg/dm3
x Schalungsdicke 0,24 dm x 100 = 9,6 kg/m2
Sollwert: Trockengewicht + 30% = 12,50 kg/m2
Istwert: Trockengewicht + 50% = 14,40 kg/m2
Abzuführende Wassermenge (gerundet):
Differenz Istwert ./. Sollwert = 2,00 kg/m2
Wasserdampfdurchlässigkeit der Metalldeckung: ca. 10 g/m2 in 24 Stunden
2000 g/m2 / 10 g/m2 je Tag = 200 Tage

Die Berechnung ergab eine abzuführende Wassermenge von ca. 2 kg/m2 Holzschalung. Bei zugrundegelegten 100 Tagen sommerlicher Witterung pro Jahr wird die Austrocknung ohne Zwangsmaßnahmen mindestens zwei Jahre dauern. Voraussetzung dafür ist, dass kein zusätzlicher Wassereintrag durch Leckagen in der Dachdeckung und/oder durch Wasserdampf aus undichten Stellen bzw. nicht sorgfältig ausgeführten Anschlüssen der Dampfsperrschicht entsteht.

Erfahrungsgemäß ist die Holzkonstruktion durch überhöhten Feuchteanteil ohne Luftzugang - bei einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren - einem Verrottungsprozess unterworfen. Ungeschützte metallische Befestigungselemente können korrodieren. Diese Umstände wirken sich über diesen Zeitraum hinaus nachteilig auf die statischen Werte der Dachkonstruktion aus, wobei Schäden nicht auszuschließen sind.

Bild 4: Der Aufbau

Die hier errechnete Austrocknungszeit von ca. zwei Jahren stellt eine Grenzsituation dar. Aus diesem Grund wurde entschieden, zur Sicherheit durch geeignete Maßnahmen den Trocknungsprozess zu beschleunigen. Erreicht wurde dies durch die Erhöhung der Wasserdampfdurchlässigkeit mittels kleiner Lüftungsöffnungen in der Dachkonstruktion. Diese Lüftungsöffnungen, bestehend aus kleinen abgedeckten Kupferröhrchen (Ø 50 mm), wurden in jedes Sparrenfeld im oberen Bereich (Firstbereich) der Dachkonstruktion montiert. Nach Ablauf von zwei Jahren wird zur letzten Überprüfung an geeigneter Stelle eine Feuchtemessung bzw. Überprüfung der Holzkonstruktion vorgenommen.

Da in diesem Fall ein geschlossenporiger Dämmstoff eingesetzt wurde, der nur geringfügige Mengen Wasser aufnimmt, und folglich auch seine Dämmeigenschaften behält, war der entstandene Schaden verhältnismäßig gering. Die Austrocknung der Konstruktion konnte durch kleinere Maßnahmen herbeigeführt werden.

Bei Verwendung eines wasseraufnehmenden Dämmstoffs, wie z.B. Mineralfaserdämmung, wäre aufgrund der enormen Wassermengen, die eine solche Dämmung speichern kann, eine Dämmfunktion nicht mehr gewährleistet. Eine einfache Maßnahme zur Trocknung, wie zuvor beschrieben, könnte nicht mehr durchgeführt werden. Ein Austausch des Dämmstoffes - einhergehend mit einem wirtschaftlichen Schaden - wäre nun notwendig.


Warmdachaufbau

Dachoberfläche:
Kupferbandmaterial Materialstärke 0,7 mm

Ausführung:
Doppelstehfalzsystem 520 mm Scharenbreite
Wasserdampfdurchlässigkeit: 10g/m2 in 24 Stunden (bei sommerlicher Witterung und 520 mm Scharenbreite)
Sd-Wert: ca. 54 - 61 m*,
Wasseraufnahme: keine

Trennlage:
wasserundurchlässige, diffusionsoffene Unterspannbahn -
Wasserdampfdurchlässigkeit: ca. 1350g/m2 in 24 Stunden. Sd-Wert: ca. 0,02 m,
Wasseraufnahme: unbedeutend

Holzkonstruktion:
Schalung: ungehobelte, besäumte Nadelholzbretter nach DIN 4071 in der Sortierklasse S10, nach DIN 4074 Teil 1 mit Regelbrettern zwischen 80 und 160 mm mit einer Nenndicke von 24 mm im trockenen Zustand (<30%); parallel zur Traufe montiert
Wasseraufnahme: Die Fasersättigungsgrenze liegt bei ca. 60 - 80%. Ein Wasseranteil von mehr als 50%, bezogen auf die Materialdichte, ist auch bei Außenlagerung nicht zu erwarten.

Konterlattung:
Nadelholz 70 x 28, im rechten Winkel zur Traufe, auf die Dämmung montiert
Zwischen Dachschalung und Dämmung befindet sich eine Luftschicht von 28 mm.
Wasseraufnahme: wie Schalung

Wärmedämmung:
Polyurethan Aufsparrendämmung 120 mm Plattenstärke, k-Wert 0,20, Stöße gefalzt, verklebt, ausgeschäumt
Wasseraufnahme: unbedeutend.
Es handelt sich hier um einen Polyurethan Hartschaum. Aufgrund der geschlossenzelligen Struktur ist eine Wasseraufnahme durch Kapillarwirkung nicht möglich.

Dampfsperre:
Bitumenbahn V60 S4 Al 0,1 (Sd-Wert > 100 m)
Wasseraufnahme: keine

Trennlage:
Glasvlies-Bitumendachbahn V13 fein besandet
Wasseraufnahme: keine

* Die Werte für die Wasserdampfdurchlässigkeit und den Sd-Wert wurden vom Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V., München ermittelt.


* Der Autor ist Sachverständiger für das Klempnerhandwerk, Geschäftsführer eines Planungsbüros für Klempnertechnik und Gründer des Branchenforums "www.klempnerhandwerk.de"

** Gemeint sind hier geringe Mengen Wassereintrag, die während der Montage nicht zu vermeiden sind.


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]