IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 15/16/2000, Seite 20 ff.
VERBÄNDE AKTUELL |
Niedersachsen
Landesverbandstag 2000
In der Zeit vom 15. bis 17. Juni dieses Jahres schlug für drei Tage das Herz des niedersächsischen SHK-Fachverbandes im Ammerland. Zum zweiten Mal nach 1983 absolvierten die Mitglieder ihren Landesverbandstag in Bad Zwischenahn. Im Mittelpunkt: Aktuelle Themen wie der Einzelhandel im SHK-Handwerk und innovative Technik wie die Brennstoffzelle.
Mit dem Tagungshotel "Haus am Meer" traf die veranstaltende Innung Ammerland ins Schwarze. Ob Zimmerservice oder 150 Teilnehmer bei der Mitgliederversammlung, Frühstücksbüfett oder der kleine Kreis des Vorstandes, Mittagessen oder mittelgroße Tagungsabschnitte mit ca. 50 Teilnehmern: Tagungsleitung auf der einen Seite und Hotelleitung auf der anderen hatten alles sicher im Griff.
Eine Begegnung der etwas anderen Art mit einem der Oldenburger Schrumpfgermanen. |
Bereits am Donnerstag begann die Verbandstagung mit der Vorstandssitzung und der Aussprache zwischen Obermeister und Vorstand. Anschließend rief der Fachverband zum traditionellen Begrüßungsabend, der mit über 180 Teilnehmern bestens besucht war. Ein Besuch der sich lohnte, denn neben dem leiblichen Wohl kamen auch die Lachmuskeln nicht zu kurz. Für Stimmung sorgten die Oldenburger Schrumpfgermanen, bei deren Darbietungen kein Auge trocken blieb.
Workshops
Ernsthaftere Themen standen wieder ab Freitagmorgen 9.00 Uhr auf dem Programm. Über 150 Teilnehmer konnte Landesinnungsmeister Karl-Fritz Gertjejanßen begrüßen, bevor Betriebswirtschaft und Technik den Tagungsmittelpunkt bildeten.
Themen wie
- "Einzelhandel im SHK-Handwerk - Ausgewählte Kooperationsmodelle"
- "Lüftung im Wohnungsbau - Marktchancen in der Haustechnik"
- "Brennstoffzelle - Energiezentrale in der Haustechnik?" und
- "Klappern gehört zum Handwerk - Werbung für Klein- und Mittelbetriebe"
zeugen vom Fingerspitzengefühl des Veranstalters. Das bewiesen auch die Teilnehmerzahlen, die nicht nur auf den Anmeldebogen überzeugten. So besuchten über 150 Teilnehmer den vormittäglichen Exkurs in die Welt der Einzelhandels-Kooperationsmodelle. Aufgrund des starken Interesses und der begrenzten Zeit mussten die übrigen drei Referate nachmittags zeitgleich in kleineren Gruppen, dafür aber gleich zweimal hintereinander durchgeführt werden. Allesamt bis auf den letzten Platz ausgebucht!
Einzelhandel im SHK-Handwerk
Den Reigen der Referate zu ausgewählten Einzelhandels-Kooperationsmodellen eröffnete Dr. Sabine Dyas (ZVSHK). Das sogenannte Berliner Modell und die Handwerkermarke bildeten die Schwerpunkte des Vortrags. Seit ca. einem Jahr redet man in der Branche vom Berliner Modell. Lt. Dr. Dyas steht das Vorhaben keinesfalls im Abseits. Ein Konzept der Bund-Länder-Kommission leistet Hilfestellung bei der Umsetzung. Infos gebe es u.a. mit einer sogenannten Positivliste der unterstützungswilligen Produzenten, die auch auf den Internetseiten des ZVSHK zu finden sind.
Was sorgte hier bei Dr. Hans-Georg Geißdörfer (l.) und Peter Neteler für Erheiterung? |
Ebenso wie die von Fr. Dr. Dyas erläuterten Konzepte "Berliner Modell" und "Handwerkermarke" setzt lt. Ulrich Gaedke auch die Einkaufsgesellschaft "Mein Bad" auf das Attribut "gemeinsam stark". Dazu bedarf es bei "Mein Bad" einer Einlage als Kommanditist in die Kommanditgesellschaft in Höhe von 2500,- DM. Das Unternehmen bietet dafür seinen Gesellschaftern Unterstützung in allen Einzelhandelsfragen von der Schulung über ERFA-Gruppen bis zur EDV-Beratung. Fragen der Betriebswirtschaft, Finanzdienste und die Lieferantenkonzentration bilden den Kern des Beratungsgeschäfts.
Ganz im Zeichen des professionellen Vertriebs steht dagegen das "Badwelt"-Konzept. Innungsmitglieder können das in Hamm entwickelte System übernehmen, wenn sich mehr als 50 Prozent der Kollegen für die Badwelt aussprechen. Wie Dr. Hans-Georg Geißdörfer, Hauptgeschäftsführer FV SHK Nordrhein-Westfalen, erklärte, ein Konzept von SHK-Fachhandwerkern für SHK-Fachhandwerker das ganz im Sinne des Fachverbandes sei. "Es kann doch nicht wahr sein", so Dr. Geißdörfer, "dass jeden Tag irgend eine neue Kooperations-Sau an den Profis vorbei durch die SHK-Landschaft getrieben wird!" Ein ganzes Feuerwerk von Vorschlägen und Zukunftsvisionen präsentierte der NRW-Verbandschef den niedersächsischen SHK-Unternehmern. Neben der Badwelt, die bis hin zum Produktkatalog (mit Endverbraucherpreisen!) aktiv ist, forderte Dr. Geißdörfer weitere verbandlich gelenkte Kooperationsmodelle z.B. mit anderen Gewerken oder den Energieversorgern.
Freie Plätze gab es bei allen Veranstaltungen nur selten. |
Damit war der denkbar beste Übergang zu Reiner Möhle, Obermeister Innung Osnabrück Stadt, gegeben. Bereits seit 1984 beschäftigt man sich dort intensiv mit allen Möglichkeiten der Verkaufsförderung für die SHK-Fachleute. Wie Dr. Geißdörfer setzt auch Möhle auf das Dreigestirn im professionellen Vertrieb und fordert die intensive Nutzung vorhandener Kapazitäten, z.B. bei den Ausstellungen. Außergewöhnlich sind in diesem Zusammenhang die in Osnabrück initiierten PR- und Werbemaßnahmen. Dazu in einer der folgenden Ausgaben der IKZ-HAUSTECHNIK mehr, wenn die Redaktion das "Osnabrücker Modell" in einem Gespräch mit Reiner Möhle genauer unter die Lupe nimmt.
Brennstoffzelle - Lüftung - Werbung
Brennstoffzelle - Energiezentrale in der Haustechnik
Zukunftsträchtig wie der Einzelhandel präsentierten sich auch die nach dem Mittagessen durchgeführten Workshops.
Für Kai Klinder (Vaillant), der über das Thema "Brennstoffzelle - Energiezentrale in der Haustechnik" referierte, steht die Notwendigkeit der breiten Markteinführung der Brennstoffzelle fest. Ökologisch sinnvoll ist, so Klinder, aus technischen Gründen die Verbindung der Brennstoffzelle mit einem Zusatzwärmeversorger wie beispielsweise einem Brennwertgerät. Bis etwa 2005 erwartet Klinder aus dem eigenen Haus geeignete Gerätetechnik für Einfamilienhäuser und bis 2010 etwa 100 000 Anlagen in Betrieb. Ab 2002 beabsichtigen die Remscheider 400 Anlagen einer "Startserie" zu installieren, die ca. 40000,- DM Investitionskosten je Anlage verursachen.
Lüftung im Wohnungsbau
"Ohne kontrollierte Wohnraumlüftung keine Energieeinsparung!" - diese am Anfang des Workshops stehende Aussage ließ die zu erwartende Energiesparverordnung 2000 erahnen. Erwin Grohmann (Grohmann Lüftungstechnik GmbH) verstand es, mit dem vorgestellten Einrohrlüftungssystem nach DIN 18017 T3 den Bogen zu spannen von der Vormittagsveranstaltung über Brand- und Schallschutz, Hygieneproblem, Energieeinsparverordnung bis hin zu Marktstrategien. Den Teilnehmern wurde deutlich, dass sich hiermit ein lohnendes Geschäftsfeld eröffnet mit dem Hintergrund der resultierenden Notwendigkeiten aus Verordnungsvorgaben.
Klappern gehört zum Handwerk
Werbung für Klein- und Mittelbetriebe
Gute Werbekonzepte und deren Durchführung kosten Geld - häufig viel mehr, als Klein- und Mittelbetriebe dafür ausgeben können oder wollen. Frauke Markwort, Inhaberin der Agentur "Werbetrommel" in Hannover, zeigte in ihrem Vortrag auf, dass gute Werbung für das eigene Unternehmen bereits im Vorfeld jeder gezielten Maßnahme beginnt: Freundliche und höfliche Mitarbeiter, das saubere Hinterlassen einer Arbeitsstelle führen dazu, dass der Betrieb gern weiterempfohlen wird. Bessere, erfolgreichere Werbung ist im Grunde kaum möglich. Aber auch der Beschriftung von Firmenfahrzeugen und der Geschäftsausstattung für den Schriftverkehr sollte häufig mehr Beachtung geschenkt werden, wenn man bedenkt, dass auch dies zur Werbung gehört. Kleine Aktionen, die mit einem geringen finanziellen Aufwand durchgeführt werden können, bringen Unternehmen oft viel mehr Aufmerksamkeit und Erfolg als große, teure Anzeigen in überregionalen Zeitschriften.
Ulrike Müller (l.) und Gudrun Wiegand empfingen die Teilnehmer freundlich im Tagungsbüro. |
Im weiteren Verlauf des Workshops vermittelte Regina Müller, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit im Fachverband, einen Überblick über das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. An verschiedenen Beispielen wurde aufgezeigt, welche Werbeaktionen man auf jeden Fall vermeiden sollte, wenn man den "Erfolg" nicht an der Zahl der Abmahnungen und der Höhe der (angedrohten) Geldstrafe messen will.
Mitgliederversammlung
Nach dem gelungenen abendlichen Festball in der Nachbargemeinde Wiefelstede traf sich die Mitgliederversammlung bereits frühmorgens um 9.00 Uhr zur abschließenden Tagung. Wiederum hatte Karl-Fritz Gertjejanßen das Vergnügen, rund 150 Teilnehmer begrüßen zu können. Grußworte überbrachten Jürgen Hemmerling, Handwerkskammerpräsident Oldenburg, Jan-Dieter Osmers, Bürgermeister Bad Zwischenahn, Jann Lübben, Landrat Ammerland und Gerold Kahle, Kreishandwerksmeister Ammerland.
Die Herren des geschäftsführenden Vorstandes konnten mit diesem Verbandstag zufrieden sein: LIM K.-F. Gertjejanßen, F. Budde, R. Möhle (v.l.). |
Es folgte der Jahresrückblick des Landesinnungsmeisters. Besonderes Augenmerk legte Gertjejanßen auf die Energieanstoßberatung durch die Schornsteinfeger. 528 Anlagen wurden dabei mit dem Ziel überprüft, eine Entzerrung bei der ab 2004 anstehenden Renovierungsflut von Wärmeerzeugern herbeizuführen (siehe auch IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/2000, Seite 73 ff). Enttäuschend sei dabei die Resonanz in der Presse gewesen. Die Aktion dürfe keinesfalls eine Eintagsfliege bleiben, weshalb der Landesverband mit den einschlägigen Ministerien Kontakt aufgenommen habe.
Weitere wichtige Themenschwerpunkte in der verbandlichen Arbeit seien derzeit
- Solarenergie,
- Barrierefreies Wohnen,
- Ausbildungsverordnung,
- Vertriebsweg,
- Handwerksordnung,
- Öffentlichkeitsarbeit.
Gertjejanßen beklagte vor allem die Schwierigkeiten mit den Krankenkassen. Nach wie vor sei eine Abrechnung mit den Kassen für einen SHK-Fachhandwerksbetrieb nur schwer möglich. Um klare Verhältnisse zu schaffen, werde eine bundesweite Einigung mit den Krankenkassen angestrebt.
Welchen Wert der einstimmige Beschluss der ZVSHK-Mitgliederversammlung zur Ausbildungsordnung habe, zeige sich im nächsten Monat. Dann nämlich, so der Landesinnungsmeister stehe die nächste Gesprächsrunde mit den Tarifpartnern zu diesem Thema an. Ergänzend dazu passen die Ausführungen Gertjejanßens zur Handwerksordnung. Speziell die Paragraphen 7 und 8 der HwO beschäftigen den Norddeutschen: "Wenn man nicht sehr vorsichtig mit diesem Thema umgeht, kann das das Ende des Großen Befähigungsnachweises bedeuten."
Kritisch äußerte sich Gertjejanßen auch über die Darstellung von Verband und Innungen in der Öffentlichkeit. "Wir müssen mit neuen Konzepten in die Zukunft gehen und aktiv die Interessen des SHK-Handwerks kommunizieren", forderte der Landesinnungsmeister, bevor er zum geschäftlichen Teil der Mitgliederversammlung kam.
Jahresrechnung und Rechnungsprüfung warfen keinerlei Fragen auf. Einstimmig entlastete daher die Versammlung Vorstand und Geschäftsführung.
Als Referent herzlich willkommen: Dr. Werner Brinker, EWE. |
Diskussionsbedarf bestand allerdings über einen von der Innung Osnabrück Stadt eingebrachten Antrag zur Beitragserhöhung. Speziell die technische Beratungsleistung des Verbandes gelte es durch einen weiteren technischen Referenten zu verbessern sowie kostendeckend z.B. Aktionen wie die Energieanstoßberatung auch zukünftig durchführen zu können, fasste Rainer Möhle die Gründe für den Antrag zusammen. Die durch zahlreiche Wortmeldungen bekundeten Meinungen reichten von "Wir stellen kein Geld für Aktivitäten mit den Schornsteinfegern zur Verfügung" bis "Wir müssen dem Verband die nötigen Mittel für eine aktive Verbandsarbeit zur Verfügung stellen, sonst lachen sich ja die Tarifpartner kaputt".
Weniger spektakulär dann das Abstimmungsergebnis. Lediglich 28 Mitglieder sprachen sich gegen den Antrag aus und befürworteten damit eine Beitragserhöhung von 24 auf 25 Ecklöhne, was je Betrieb 25,- DM ausmacht.
Wie die Entlastung des Vorstandes und der Geschäftsführung so fand auch der Haushaltsplan 2000 die uneingeschränkte Zustimmung der Mitglieder. Nachwahlen zum Ausschuss für Ausbildung und zum Ausschuss für Klempner bildeten den Abschluss des verbandlichen Teils der Versammlung.
Liberalisierung der Energiemärkte
Abschließend referierte Dr. Werner Brinker (EWE) über die Liberalisierung der Energiemärkte. Dr. Brinker beschrieb detailliert den Umbruch in der deutschen Energiewirtschaft und skizzierte die rechtlichen Grundlagen der bisherigen leitungsgebundenen Energiewirtschaft. Ausführlich widmete sich der Referent der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes und erläuterte anschließend die momentanen Auswirkungen des neuen Energiewirtschaftsgesetzes auf die Strom- und Gasbranche. Unsichere Rahmenbedingungen, mit denen sich derzeit die deutsche Stromwirtschaft auseinandersetzen müsse, könnten demnach im Herbst auch durch die Liberalisierung des deutschen Gasmarktes entstehen.
Teils visionär beschrieb Dr. Brinker die Zukunft. So beteilige sich EWE aktiv an der Weiterentwicklung von Informations- und Kommunikations-Systemen, die letztendlich in ein "Intelligentes Haus" münden würden. Per Funk oder Telefon gesteuerte Wärmeerzeuger, Einzelraum-Sensoren, Licht- und Beschattungsanlagen gepaart mit der Zentralverriegelung incl. Alarmanlage für's Haus rücken demnach in greifbare Nähe. Ebenso wie die sekundengenaue Abrechnung der Strommengen eines differenzierten Strompreissystems, bei dem z.B. der Fernsehstrom für die Live-Übertragung eines Endspiels der Fußballweltmeisterschaft nur über exclusive teure Stromkarten bezogen werden kann. Abrechnung, Überwachung und Störungsbeseitigung während der Abwesenheit übernimmt eine Netzleitstelle der EWE in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr, Polizei und dem lokalen Handwerk.
Wie gesagt Visionen, die aber lt. Dr. Brinker unter ganz bestimmten Randbedingungen bereits in zehn Jahren Realität sein könnte.
Im nächsten Jahr heißt es für die niedersächsischen SHK-Profis wieder: "Reif für die Insel", wenn vom 7. bis 9. Juni 2001 die Innung Norderney Gastgeber der Mitgliederversammlung sein wird.
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