IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/2000, Seite 56 f.


INTERVIEW


Gebäudetechnik

Heizungsbauer auf neuen Wegen?

Welche Auswirkungen wird die Einstufungsmessung der Schornsteinfeger und insbesondere die neue Energieeinsparverordnung auf die Installation in der Gebäudetechnik haben? Der Referentenentwurf der EnEV 2000 wird z.Zt. noch intensiv diskutiert, doch die Heizungsbauer sollten sich rechtzeitig auf eine veränderte Marktsituation einstellen. Sichtweisen und Auswirkungen auf die Installation der Heizungstechnik oder anderer Komponenten erläuterte der Obermeister der Berliner Innung Hubert Minter dem IKZ-HAUSTECHNIK-Redakteur Volkmar Runte.

IKZ-HAUSTECHNIK: Als Referentenentwurf machte die Energieeinsparverordnung schon im Vorfeld von sich Reden und verunsicherte die gesamte Heizungsbranche, insbesondere wegen der "Bevorzugung" der Stromseite. Sehen Sie die Problematik als unverändert kritisch an?

Minter: Es wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Nach dem derzeitigen Stand ist das Problem Strombevorteilung entschärft. Die Hauptveränderung sehe ich in der Bewertung der Energieeffizienz für die gesamte Gebäudehülle: Das ist der entscheidende Aspekt für die Zukunft. Hier werden sich die Heizungsbauer umstellen müssen und Vorgaben für die Berechnung, die ich im übrigen für viel zu aufwendig und kompliziert halte, umsetzen müssen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Ab wann und für welche Gebäude wird diese Verordnung wirksam werden?

Minter: Wie ich schon ausführte, wird die Anwendung nicht von heute auf Morgen erfolgen, insofern ist die Position des Heizungsbauerhandwerks gar nicht so schlecht. Erstens rechnet niemand vor 2001 mit der Verabschiedung des Entwurfs, und zweitens gilt die Verordnung in erster Linie für den Wohnungsneubau. Bei der zur Zeit schwachen Baukonjunktur kann jeder ermessen wie lange es dauern wird, ehe die Richtlinie volle Anwendung finden wird.

EnEV: Das Problem der Strombevorteilung ist entschärft.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wenn die EnEV korrekt ausgelegt wird, wird dies bedeuten, dass bei jeder wesentlichen Veränderung der Anlage eine Umsetzung der Verordnung ansteht?

Minter: Im Sanierungsbau wird dies sicherlich auch von wesentlicher Bedeutung sein, aber man darf nicht vergessen, dass die Gebäudehülle gesehen werden muss und dies wird vorrangig zu einer Investition in Fenster, in Dämmung und dann erst zu einer Heizungssanierung führen. Hierbei ist vorrangig die Kapitalkostenseite zu berücksichtigen - insbesondere wegen des großen Leerstandes von Wohnungen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wird die Einstufungsmessung der Schornsteinfeger, die eine Umstellung der unter den Grenzwert fallenden Anlagen bis 2004 vorsieht, zu einem Schub in der Heizungsmodernisierung führen?

Minter: Sicherlich gibt es für die Branche gute Chancen in diesem Zeitraum eine Vielzahl von Anlagen umzustellen, aber es wäre ratsam, den Kunden heute schon in einem Informationsgespräch davon zu überzeugen, frühzeitig die Erneuerung anzustreben, um Kostensteigerungen zu unterlaufen und somit zu einer Entzerrung beizutragen. Als Motor für die Branche sehe ich aber weder die EnEV noch die Umstellungsaktion. Wer will denn die Polizei in dieser Angelegenheit spielen und Eigentümer, Anleger, Bauträger und natürlich die öffentlichen Investoren - bei leeren Kassen - dazu zwingen, veraltete Anlagen auf den Stand der Technik zu bringen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wird aufgrund der genannten Investitionsansätze nicht doch die Stromdirektheizung ein willkommener Energielieferant werden?

Minter: Es wird sicherlich Neubaubereiche geben, die hier einen Ansatz sehen, um Bausummen zu senken. Und im weiteren wird die Strommarktliberalisierung, ganz entgegen dem jetzigen politischen Willen, durch Atomstromlieferungen, z.B. aus Frankreich, diese Anwendung nach vorne bringen. Unter dem Ansatz der EnEV sehe ich jedoch in dieser Variante nicht die Lösung. Bei entsprechender Auslegung und Anwendung der neuen Heizkomponenten, auch mit Solarunterstützung, wird die konventionelle Bauweise umweltgerecht sein und zudem Arbeitsplätze im steuerzahlenden Fachhandwerk erhalten. Sicher ist aber auch, dass sich in diesem Bereich andere Gewerke tummeln werden. Das SHK-Handwerk muss hier in die Führungsrolle kommen.

Einstufungsmessung: Eine Entzerrung des Kesselaustausches bis 2004 wäre für alle von Vorteil.

IKZ-HAUSTECHNIK: Beurteilen Sie den deutschen Markt in diesem Sinne wieder einmal als Pioniermarkt in Sachen Umweltschutz?

Minter: Wir sollten in Deutschland nicht so tun, als ob wir die Weltverbesserer wären. Betrachtet man Deutschland aus dem Blickwinkel des im Orbit kreisenden Spacelabs, relativiert sich diese Dimension schlagartig. Es würde uns besser zu Gesicht stehen, wenn wir im Konzert Europa mitspielen, aber nicht immer den Vortänzer abgeben würden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Heißt das, dass alles so bleiben kann wie es ist?

Minter: Das wäre ein absolutes Missverständnis. Der Installateur und Heizungsbauer sollte sich fit machen für die Zukunft, und das heißt: Weiter- und Fortbildung, neue Techniken wie Solar, die Modernität der Materialien, wie Glas, in der Beratung dem Endbenutzer kompetent vermitteln und die neuen Herausforderungen als Chance nutzen - eventuell in Kooperationen mit anderen Gewerken. Eine solche Zukunft könnte heißen Facility Management, wie es in Berlin zur Zeit forciert wird. Wir dürfen kein Segment verschlafen, wie z.B. Energieberatung, denn wir befinden uns in einem Umorientierungsprozess und es sind zahlreiche Kriterien, die diesen Prozess beeinflussen. Eine echte Umsetzung in der Tiefe schätze ich auf einige Jahrzehnte. Als Fachhandwerker muss man daher in die Beratungsoffensive gehen und wissensmäßig zum Apotheker für Heizungs- und Gebäudetechnik werden.

Kompetenz: Als SHK'ler muss man zum Apotheker in Sachen Heizungstechnik werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sollten in dieser veränderten Situation die Verbände Flagge zeigen?

Minter: Zum einen ist klar, die Intensivierung der Aus-, Fort- und Weiterbildung muss fortgesetzt werden, und als zweite Offensive halte ich eine auf den Verbraucher ausgerichtete Werbung für notwendig. In der Vergangenheit haben wir hier zu wenig Engagement gezeigt. Eine Initiative aus Berlin/Brandenburger und vielleicht demnächst auch aus Sicht der anderen Ostverbände, ist der SHK-Renntag, der immerhin 25 000 Interessierte erreicht hat. Wir müssen den Eckring dem Verbraucher näher bringen und Kompetenz vermarkten. Gas ganz sicher, Kanalsanierung, Gebäudepass und Energieberatung sowie das Bad aus einer Hand sind hier weitere Ansätze. Für die Betriebe selbst heißt dies: Marktanalyse und Kalkulation der Investitionen bis ins Detail.


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