IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/2000, Seite 21 ff.


VERBÄNDE AKTUELL 


Bayern


50. Verbandstag - Tradition und Umbruch

Treffen in der Kurstadt Bad Reichenhall   Teil 1

Bad Reichenhall, Kurstadt am südöstlichen Zipfel Bayerns gelegen, war in diesem Jahr am 25. und 26. Mai Treffpunkt zum 50. Verbandstag der SHK-Innungsmitglieder des Fachverbandes Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Bayern. Ein breit gefächertes Programm bot den bis zu 250 Teilnehmern reichlich Fachinformation für Gespräche und Meinungsaustausch. Ein informatives und gesellschaftliches Rahmenprogramm ergänzte die Fachveranstaltungen und bot Entspannung bei Ausflügen in der Umgebung sowie beim Festabend im Saal König Maximilian II. im Alten Kurhaus.

Betriebswirtschaftliche Tagung

Zu Beginn der Veranstaltung begrüßte Ernst Sauer, als Vorsitzender der Kommission Betriebswirtschaft die Teilnehmer und informierte über den Jahresbericht der Kommission. Im Festsaal König Maximilian II. sprach anschließend als Referent der Tagung Dipl.-Wirt. Ing. Johannes Scherer, Ossenkopp & Scherer, Schweinfurt. Er überzeugte zahlreiche Teilnehmer mit dem Thema "Halten Sie sich die Affen vom Hals! — Wie man lernt, sich weniger aufzuhalsen". Scherer, Kommunikationsberater und -trainer, erläuterte vier Möglichkeiten, wie man mit einem Berg Arbeit fertig wird. Kernsätze wie: "Konzentrieren Sie sich auf die Aufgaben, die Sie Ihren Zielen näher bringen", wurden mit Leben, das heißt mit Hinweisen auf mögliche "Zeiträuber" belegt. Das Weglassen, Wegschieben, Weggeben und Wegarbeiten sind die Gratmesser für ein gutes Management. "Schon Goethe sagte: Gegenüber der Fähigkeit die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen, ist alles andere im Leben ein Kinderspiel", so die Schlussbemerkung des Referenten.

Aus- und Fortbildung

Hauptthema der am Nachmittag durchgeführten Sitzung der Kommission für Aus- und Fortbildung war das AVO-Strukturmodell. Clemens Buchberger, Vorsitzender der Kommission, ließ noch einmal die Veränderungen in der Handwerksordnung Revue passieren und erläuterte die Zusammenhänge zwischen der Angleichung der Meisterprüfungsordnung und der Ausbildungsordnung. Das seinerzeit in Münster von der ZV-Mitgliederversammlung verabschiedete Kompromissmodell mit Wahlpflichtbausteinen (sechs Wahlbausteine, davon drei Pflicht), solle nun möglichst zügig aus der Grauzone geführt werden. Das Problem: Die Ausbildungsverordnungen sind im Konsens mit den Sozialpartnern zu entwickeln. Hier müsse daher eine Übereinkunft mit der Industriegewerkschaft-Metall erfolgen. Diesen Faden nahm Referent Manfred Klöpfer auf und führte aus, dass man sich erst am Anfang einer Abstimmungsapparatur befinde. Sondierungsgespräche seien zwar erfolgt, jedoch sei nicht ersichtlich, welche Lösung dabei erarbeitet werde.

Tagungsstätte des 50. Verbandstages war das Alte Kurhaus in Bad Reichenhall.

Klöpfer stellte den Teilnehmern das zur Zeit diskutierte und vom ZdH entwickelte AVO-Strukturmodell (siehe Bild) vor und erläuterte die Zusammenhänge für die neue (mögliche) Ausbildungsverordnung. Aber: Stand sei, dass sich dieses Modell voraussichtlich nicht durchsetzen lasse. Eines der Probleme, die beseitigt werden müssten, sei die Vielfalt (27 Wahlmöglichkeiten) und die daraus resultierende Situation für den Berufsschulunterricht. Außerdem gebe es Bestrebungen die Kernqualifikation mit 146 Wochen zu reduzieren und die Bausteine 1 und 2 zu erweitern. Denkbar sei, die Ausbildungsberufe nach Handlungsfeldern zu strukturieren. Dies würde der bayerischen Variante entsprechen, wenn die Handlungsfelder Sanitär und Heizung heißen würden.

Diese Ausführungen konnten die anwesenden Handwerksunternehmer natürlich nicht zufriedenstellen und so wurde eine sehr angeregte Diskussion bezüglich der Umsetzung als Paketlösung etc. geführt. Nach Meinung der Teilnehmer habe man zwei Jahre verschenkt und sei keinen Millimeter weiter. Von Seiten der Prüfungsausschussmitglieder könne diese Situation so nicht mitgetragen werden, man benötige Handlungsrichtlinien, denn die Basis sei verunsichert.

Die Kommission Aus- und Fortbildung hatte die schwierige Aufgabe den Teilnehmern zu vermitteln, dass die Umsetzung der von der ZV-Mitgliederversammlung beschlossenen Ausbildung nach Wahlpflichtbausteinen noch auf sich warten lasse. Möglicherweise sei, aufgrund der Konsenspflicht mit den Sozialpartnern, dieses Modell so nicht abstimmungsfähig.

Damenseminar

Mit einer besonderen Seite des betrieblichen Alltags setzten sich die Damen der Fachbetriebe auseinander. Kommunikationstrainer Thomas Lorber verdeutlichte die Situation "Das Telefon — die Visitenkarte des Betriebes". In seinem Vortrag erörterte er zahlreiche Beispiele und Gesprächsfloskeln, um das Telefonat mit dem Kunden auch unter Stressbedingungen auf einem angemessenen, wenn möglich freundlichen und entspannten Niveau zu halten. Mit dem Untertitel "Klima, aber wie" machte er deutlich wie am Telefon eine entsprechende Atmosphäre herzustellen ist und wie man ein Gespräch positiv abschließt.

Kundgebung

Starkes Interesse fand die zentrale Veranstaltung im König Maximilian Saal, zu der auch Repräsentanten aus Politik und anderen Fachverbänden gekommen waren. Über 250 Teilnehmer verliehen der Veranstaltung den nötigen festlichen Rahmen zur 50. Kundgebung des Fachverbandes SHK Bayern.

Landesinnungsmeister Werner Obermeier eröffnete die Veranstaltung und begrüßte die Anwesenden. Ausdrücklich stellte er die Verbundenheit in der SHK-Branche heraus, in die er insbesondere die Spengler, Kachelofen- und Luftheizungsbauer sowie die Behälter- und Apparatebauer mit einbezog. Obermeier sah in der sich aufwärts entwickelnden Konjunktur den Silberstreif am Horizont, den auch die rückläufigen Arbeitslosenzahlen dokumentierten. Trotz der viel diskutierten Änderungen in der Ausbildung, appellierte er an die Unternehmer, nicht in der Ausbildungsbereitschaft nachzulassen.

Bis auf den letzten Platz war während der Rede Obermeiers zu Beginn der Kundgebung der König Maximilian II. Saal gefüllt.

Der Fachverband habe eine Rundfunkwerbung mit einem Etat von einer halben Million Mark aktiviert. Die Botschaft: "Der Fachmann wartet und installiert, damit nichts passiert". Obermeier bedankte sich für die Unterstützung durch Fachgroßhandel sowie Öl- und Gaswirtschaft. Er hoffe dass die Saat aufgehe, denn dann habe die Berufsorganisation für eine gute Ernte der Unternehmen gesorgt. Der Werbespruch stehe auch als Botschaft gegen Schwarzarbeit und Baumarkt, denn dort heiße es anzugreifen und meisterliche Kompetenz zu beweisen.

Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Schwarz bezog in seiner Rede die Teilnehmer der Kundgebung quasi als Veranstalter mit ein und bat um eine Werbung für die nächste Verbandsveranstaltung durch die "Mund-zu-Mund-Propaganda" bei den Kollegen. Schwarz, der die Veränderungen des Verbandstages mit straff, überschneidungsfrei, informativ und attraktiv kennzeichnete, will diesen Weg weiter gehen. "Viele haben mir gesagt, es soll sich einiges ändern. Jetzt kann ich Ihnen antworten, dann müssen Sie es mich auch machen lassen," war sein Hinweis für die Zukunft. Schwarz hoffe darauf, dass die bisher "eingefleischten" Verbandsbesucher die eingeleiteten Neuerungen auch begrüßen und annehmen würden.

Die Preisträger des Diplomarbeitenwettbewerbs Dipl.-Ing. (FH) Joachim Grimmer (1. Preis), Dipl.-Ing (FH) Andreas Hellwich (2. Preis) und Dipl.-Ing. (FH) Stefan Hitl (3. Preis), wurden durch LIM Obermeier, OM Schwender, ZV Präsident Heidemann und HGF Dr. Schwarz (v.l.) ausgezeichnet.

HGF Schwarz ging auch auf die solide Stellung der Mitgliedsbetriebe des Fachverbandes SHK Bayern ein, die er mit ca. 5000 bezifferte. Mit etwa 50 000 Beschäftigten in 60 Innungen organisiert, konnte im vergangenen Jahr ein Umsatz von 9,6 Mrd. DM erreicht werden. Eine Umfrage in den Betrieben zeige für dieses Jahr einen positiven Trend und somit sei mit einer Besserung zu rechnen. Diese Entwicklung dürfe nicht durch die Bundespolitik behindert werden, denn es stünden allein in bayerischen Betrieben mit Meisterqualifikation 10000 Ausbildungsplätze auf dem Spiel.

Erfreulich sei die Situation bei der Kampagne "Solar — na klar!", die nun Tritt gefasst habe und 1000 bayerische Betriebe (17%) an der Aktion teilnehmen würden. Den Bürgerinnen und Bürgern werde nun "die Sonne vom Dach in die Häuser" gebracht. Dieses Betätigungsfeld sei "New Economy" im besten Sinne, und daher könne er den gesamten Gewerken des SHK-Bereichs nur empfehlen, sich dieses Konzept zu Eigen zu machen. Eindringlich forderte Schwarz die Handwerksunternehmer auf, die seit einiger Zeit unter dem Label "Handwerkermarke" im Großhandel vertriebenen Produkte namhafter Hersteller zu bestellen. Jetzt müssen wir die Marktpartner aus Fachgroßhandel und die vertriebswegtreuen Hersteller unterstützen. Diese Chance zur Sicherung des Vertriebswegs müsse man nutzen, denn es könne die letzte sein.

Festredner Dr. Beutelmeyer sieht in der aktiven Rolle die Chance Markt zu machen und als Vorbild für Zukunftsstrategien nicht die USA, sondern Schweden.

Darüber hinaus erläuterte er an einigen Beispielen, dass sich Innungsmitgliedschaft rechne und resümierte: In der Gemeinschaft liegt die Zukunft!

Als Präsident des ZVSHK richtete Heinz-Dieter Heidemann einige Grußworte an die Teilnehmer und Gäste der Veranstaltung. Er führte aus: "Wir, als die Verbände für Wasser, Wärme, Luft, stehen am unmittelbarsten den Bedürfnissen der Menschen gegenüber. Fachgerechte Installation wird auch im nächsten Jahrtausend unverzichtbare Voraussetzung für eine moderne Haus- und Gebäudetechnik sein. Mit unseren umfangreichen Qualifizierungen in Richtung Fachbetrieb für Haus- und Gebäudetechnik erweitern und stärken wir unser Profil im Markt. Stimmen dann noch die politischen Rahmenbedingungen — die notwendige Entlastung kleiner und mittlerer Unternehmen, die Förderung moderner Haustechnik durch staatliche Anreize — dann sind die Aussichten für das SHK-Handwerk in der Tat positiv."

Wandel

Festredner der Kundgebung war der Österreicher Dr. Werner Beutelmeyer, Market- und Marktforschungsgesellschaft mbH, aus Linz. Beutelmeyer sprach nicht aus SHK-fachlich gewichteter Sicht zum Thema "Zukunft ist Abenteuer". "Dass früher alles anders, übersichtlicher, berechenbarer und stabiler war", könnte jedem Zuhörer nachvollziehbar sein. Doch Veränderung ist angezeigt, denn der Festredner sieht in der gesellschaftlichen Entwicklung einen Trend hin zu starker Individualisierung und Unberechenbarkeit. Autor Habermas habe den Begriff der "Neuen Unübersichtlichkeit" dazu geprägt. Jetzt gehe es darum die gesellschaftlichen Strukturen auszuloten und grundlegende Mechanismen zu erkennen. "Der Trend steht immer häufiger Pate für Modeerscheinungen und für kurzfristige in’s und out’s," stellte Beutelmeyer fest.

Zahlreiche Aussteller hatten auch interessante Informationen über Produkte im SHK-Bereich für die Fachteilnehmer zu bieten.

"Demografischer Wandel kommt auf leisen Sohlen und ist beobachtbar, allerdings erweisen sich Stimmungen (z.B. Hoffnung und Ängste der Bevölkerung) und diese tragen ebenfalls zum gesellschaftlichen Wandel bei," als schwer abwägbar, so der Festredner. Die Bevölkerungsstatistik erfahre beachtliche Verschiebungen, die Haushalte würden kleiner, die Alterspyramide liege schief und die Familie definiere sich neu. Dazu passe die Formel: "Graumeliert und fit". Im Bereich des Wertewandels orientierten sich die Europäer gerne an den USA — Zukunft tanken — mit ihren Trends Popkorn & Co., doch nicht die USA, sondern Schweden sei die fortschrittlichste Nation. Nicht Nordamerika, sondern Nordeuropa bildeten die Speerspitze der kulturellen Entwicklung.

Sein Fazit: "Zukunft bleibt Abenteuer. Weder die Vorstellung vom Chaos, noch die Annahme einer präzisen Berechenbarkeit helfen bei der Betrachtung des gesellschaftlichen Wandels und bei der Erarbeitung eines Zukunftsentwurfs entscheidend weiter. Doch zwischen beiden Standpunkten besteht erheblicher Spielraum, ein Gestaltungsspielraum für die Zukunft. Nicht zuletzt ist Aktivität der Werkstoff der Zukunft, nach dem Motto: Wer nicht’s tut, tut das Falsche." So müsse der SHK’ler sein Gespür ausrichten und sich fragen: Sind wir Mieflieferant oder riecht unsere Branche nach Zukunft.

Glück auf, hieß es für diese 39 "Salzwerkler" bei der Bahnfahrt in das Solebergwerk in Berchtesgaden, zum informativen und gesellschaftlichen Abendausklang beim "Diner Sole". Insgesamt nahmen über 120 Gäste dieses "Highlight" wahr.

Seitenblick

Natürlich hatte dieser 50. Verbandstag nicht nur Festreden und Fachinformationen parat. Ein Umbruch in Richtung Information in den einzelnen Gewerkebereichen sowie die gemeinsamen Sitzungen ergänzten sich durch kulturelle Events, wie der Besuch im Salzbergwerk in Berchtesgaden. Bei sonnigem Wetter konnten sich die Verbandsgäste außerdem in den erholsamen Anlagen des Kurparks von den Informationsrunden des Fachprogramms entspannen und neue Kräfte sammeln.

Und Trend war: Fachtagungen wurden mit bis zu 120 Teilnehmern gut besucht. Allerdings gab es auch Veranstaltungen, die unter 20 Teilnehmer aufwiesen. Waren es in Spitzenzeiten der Verbandstage noch bis zu 650 Teilnehmer gewesen, konnten auf dem Jubiläumsfest nur knapp 40% dieser Besucherzahl verzeichnet werden. Und ein weiterer Trend könnte sein: mehr Events, kurze knappe Fachinformationen mit viel Erlebnis und Emotionscharakter.

Ein Punkt sollte nicht unerwähnt bleiben, der unter den Teilnehmern diskutiert wurde: Es sollten keine vollen Arbeitstage verbraucht werden, sondern, wenn möglich, Wochenenden (ab 2002 wird der Verbandstag lt. Mitgliederbeschluss am Fr./Sa. stattfinden) oder der kurze Einstieg für einen Tag, mit den wichtigen Informationen für den Unternehmer.

An dieser Stelle würde sich der Fachverband SHK Bayern über eine Rückmeldung bzw. Anregung oder auch Kritik freuen, wie Dr. Schwarz schon in seinen Grußworten ausführte. Denn auch in Bad Reichenhall konnte man wieder feststellen: Gemeinsamkeit macht stark!


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