IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 10/2000, Seite 48 ff.


SANITÄRTECHNIK


Warmwasserbereitung:

Auswahl und Bewertungskriterien

Dipl.-Ing. oec. Lambert Lucks

Die Wahl der Systemtechnik zur Warmwasserbereitung ist ein wichtiger Punkt bei der Neubauplanung und der Gebäudesanierung. Durch die vom Gesetzgeber ständig höheren Anforderungen an die Wärmedämmung eines Gebäudes und dem sich damit verringernden Heizwärmebedarf gewinnt insbesondere im Einfamilienhaus die Warmwasserbereitung zunehmend an Bedeutung (Bild 1). War die Warmwasserbereitung in früherer Zeit eher ein "Abfallprodukt" der zentralen Heizungsanlage, bestimmt sie heute ggf. sogar die erforderliche Nennwärmeleistung der Heizgeräte. Das ökologische und ökonomische Bewusstsein als auch das Nutzerverhalten und die Komfortansprüche der Verbraucher haben sich darüber hinaus gewandelt, daher kommt der Beratungsfunktion des Planers und Fachhandwerks eine immer größere Bedeutung zu.

Vom Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Nordrhein-Westfalen wurde daher in Zusammenarbeit mit der RWE Energie, der Ruhrgas und dem Institut für wirtschaftliche Oelheizung e.V. die Broschüre "Warmwasserbereitung im Wohnungsbau" herausgegeben, die Interessierten und Fachleuten eine zusammenfassende und informative Übersicht über technische Möglichkeiten bei der Warmwasserbereitung aufzeigen soll. Dabei wurde insbesondere bei den Beurteilungskriterien hinsichtlich des Komforts und der Anwendungsmöglichkeiten darauf geachtet, dass anhand einer Matrix die Entscheidung für ein System transparenter wird und alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden können. Darüber hinaus ist eine Abschätzung des jährlichen Warmwasser- und Energiebedarfs sowie eine Kostenabschätzung möglich. Diese Broschüre soll hier zusammenfassend dargestellt werden.

Bild 1: Anteil der Warmwasserbereitung am Energiebedarf. Energiebedarf für die Warmwasserbereitung 400 Liter HEL p.a. (4 Personen, 59 Liter/Person und 345 Tage, 140 m2 Wohnfläche).

Systeme

Grundsätzlich sind zwei Systeme zu unterscheiden: die dezentrale Warmwasserbereitung in räumlicher Nähe zur Entnahmestelle und die zentrale Warmwasserbereitung mit einer Verteilung. Bei beiden Systemen zeigen sich spezifische Einsatzbereiche, die schon im Planungsstadium berücksichtigt werden sollten. So sind Kleinspeicher in einem Bürokomplex mit einem sehr geringen Warmwasserbedarf oftmals ausreichend und wirtschaftlich, andererseits müssen aber auch Ausstattungsmerkmale bei Wohngebäuden bekannt sein, da eine sogenannte Schwalldusche nicht durch einen Durchlauferhitzer versorgt werden kann ohne Komforteinbußen hinzunehmen.

Der Verbraucher sieht seine Warmwasserversorgung vornehmlich unter dem Komfortaspekt, was sich letztlich auch an der Maßgabe messen lässt, dass nach einer Zapfdauer von ca. 30 Sekunden die gewünschte Warmwassertemperatur verfügbar sein soll. Entscheidet man sich für eine zentrale Lösung, wird daher in aller Regel auch eine Zirkulationsleitung erforderlich sein.

Die nachfolgende Übersicht erleichtert eine Zuordnung der Ausstattungsmerkmale zu den Systemlösungen hinsichtlich der Realisierbarkeit und den Komfortaspekten.

Checkliste: Planung und Montage

Für das Beratungsgespräch mit dem Kunden als auch für die eigene Planung kann anhand einer Checkliste geprüft werden, ob alle relevanten Fragen berücksichtigt wurden. Mit einem Fragenkatalog zur Geräteauswahl, der Aufstellung, der Installation, zum Rohrnetz, den Armaturen, dem Betrieb, der Abrechnung bis hin zur Wartung kann ein Beratungsgespräch auch zur eigenen Sicherheit dokumentiert werden. Gleichfalls bietet diese Dokumentation die Gelegenheit, ggf. technische Zusammenhänge und Erfordernisse dem Kunden zu vermitteln. So kann z.B. neben der verbrauchsabhängigen Abrechnung auch der Zugang und der Montageplatz der Zählereinrichtungen angesprochen werden.

Solche eigentlichen Selbstverständlichkeiten haben in der Vergangenheit wiederholt zu Auseinandersetzungen geführt, bei denen den ausführenden Fachbetrieben vorgeworfen wird, auf besondere Notwendigkeiten nicht hingewiesen zu haben.

NL = (n · p · v · wv)/(3,5 · 5,82) Gleichung 2
v = Anzahl der Zapfenstellen
wv = Zapfenstellen aus Abb. 6
3,5 = durchschnittliche Belegung einer Wohnung
5,82 = Bezugswärmemenge für eine Normalbadewanne

Bestimmung der Leistungskennzahl NL

n

p

v

Wv

n · p · v · wv

1.

5

1,8

1

1,63

15

2.

10

2,75

1

5,82

160

3.

5

3,2

1

8,85

142

 

NL

Summe

317

: (3,5 · 5,82)

= 15,56

Investitions- und Verbrauchskosten

Die exakte Erfassung der Investitionskosten, bzw. ein Vollkostenvergleich nach den VDI-Richtlinien 2067 und 6025 mit den kapital-, verbrauchs- und betriebsgebundenen Kosten kann in einem solchen Kurzverfahren nicht durchgeführt werden. Dennoch ist eine einfache Abschätzung der Kosten im Planungsstadium zweifelsohne hilfreich, da sich zu diesem Zeitpunkt schon der Zusammenhang zwischen Betriebs- und Investitionskosten darstellen lässt.

Die Investitionskosten lassen sich an marktüblichen Preisen und Erfahrungswerten abschätzen, die ggf. später anhand von Angeboten nochmals überprüft werden können, gleiches gilt für die Prognose der Verbrauchs- und Energiekosten. Hierzu ist es erforderlich, im Vorwege den Warmwasser- und Energiebedarf zu bestimmen. Die oben genannte Broschüre bietet hierfür einen übersichtlichen Vordruck, in dem die Planung und Beratung mit dem Kunden unterstützt wird.

Bild 2: Dezentrale Systeme zur Warmwasserbereitung.

Bestimmung des jährlichen Warmwasserbedarfs WW-Bedarf p.a.

Bei jeder Auslegung der Warmwasserversorgung — gemeint ist damit erwärmtes Trinkwasser (TWW) — ist eine Abschätzung des zu erwartenden Warmwasserbedarfs erforderlich. Hierfür bietet sich die VDI-Richtlinie 2067 Blatt 12 "Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen" [1] an. Sie verknüpft Erfahrungswerte des Warmwasserbedarfs mit Ausstattungsmerkmalen der Wohneinheiten und ermöglicht somit eine höhere Planungssicherheit als frühere Verfahren. Die VDI-Richtlinie unterscheidet vier Modelle mit den in Abb. 4 dargestellten Ausstattungsmerkmalen.

Da es sich beim Warmwasserbedarf (WW-Bedarf) um personenbezogene Werte handelt, muss die Anzahl der Bewohner (p) je Wohneinheit (n) berücksichtigt werden. Hierbei ist man besonders in der Planungsphase auf eine Abschätzung angewiesen. Zweifelsohne ist aber eine Abhängigkeit von der Anzahl der Räume je Wohnung und der durchschnittlichen Belegung je Wohneinheit gegeben. Allerdings hat sich die Wohnungsbelegungszahl durch den Trend zum Zwei-Personen-, bzw. Singlehaushalt deutlich reduziert. Dies dokumentiert sich auch an der 1% Gebäude- und Wohnungsstichprobe des statistischen Bundesamtes von 1993.

Der jährliche Warmwasserbedarf (WW-Bedarf p.a.) lässt sich nach Gleichung 1 bestimmen und wird an einem Beispiel für ein Mehrfamilienhaus berechnet.

WW-Bedarf p.a. = (n· p x
WW-Bedarf · d) [Liter p.a.]
Gleichung 1
n = Anzahl der Wohnungen
p = Anzahl der Personen je Wohnung (Abb. 5)
d = Anzahl der Tage mit Warmwassernutzung

WW-Bedarf = Warmwasserbedarf pro Person und Tag nach Abb. 4a

Beispiel zur Berechnung von WW-Bedarf p.a.:
5 Einzimmer-Appartments (je 1 Dusche mit Sparbrause), 10 Dreizimmerwohnungen (je 1 Badewanne 140 Liter), 5 Fünfzimmerwohnungen (je 1 Badewanne 140 Liter, 1 separate Sparbrause, 2 Waschtische).

Für das angeführte Beispiel des Mehrfamilienhauses ergibt sich somit ein jährlicher Warmwasserbedarf von 839 385 Litern. Dies ist auch im Hinblick auf die regional zum Teil sehr unterschiedlichen Kosten für Trink- und Abwasser von Bedeutung, da ggf. die Wasserkosten die Energiekosten deutlich übersteigen können [2].

Bild 3: Zentrale Systeme zur Warmwasserbereitung.

Bestimmung der Leistungskennzahl NL

Analog zur Bestimmung des jährlichen Warmwasserbedarfs lässt sich für eine zentrale Warmwasserbereitung die Leistungskennzahl NL nach DIN 4708 für den Warmwasserspeicher bestimmen [3]. Hierbei wird der Zapfstellenbedarf (Wv) und die Anzahl der Zapfstellen pro Wohnung (v) berücksichtigt. Bei Wohnungen mit Komfortausstattung, in denen eine räumliche Trennung der Sanitärräume vorhanden ist, werden weitere Zapfstellen über den Faktor v berücksichtigt.

Der Warmwasserspeicher muss eine Leistungskennzahl von 16 aufweisen. Hierbei ist zu beachten, dass die herstellerseitig angegebene Warmwasserdauerleistung bei einer gewünschten Wasseraustrittstemperatur auch durch eine entsprechende Kesselleistung gewährleistet ist.

Für Brennwert- und Solaranlagen und bei resultierenden Speichervolumina größer 500 Litern sind ggf. Speicherladesysteme vorteilhaft.

Bild 4: In Anlehnung an die VDI-Richtlinie 2067 Blatt 12 lassen sich 4 Modelle entsprechend der Ausstattungsmerkmale einer Wohnung unterscheiden. Bei den angegebenen Werten handelt es sich um Mittelwerte für den Warmwasserbedarf pro Person und Tag.

Bild 4a: WW-Bedarf = Personenbezogener täglicher Warmwasserbedarf [Liter / (Person Tag)] entsprechend Abbildung 4. Ggf. kann ein zusätzlicher Warmwasserbedarf durch Bidet, Küchenspüle etc. durch einen Zuschlag von 8 Litern / (Person Tag) berücksichtigt werden.

Modell 1: Dusche, Waschtisch

15 - 47

Mittelwert 31

Modell 2: Standardbadewanne, Waschtisch

33 - 56

Mittelwert 44

Modell 3: Große Badewanne, Waschtisch

48 - 71

Mittelwert 59

Modell 4: Badewanne mit Duschmöglichkeit, Waschtisch

22 - 54

Mittelwert 38

n

p

n · p

WW-Bedarf

n · p · WW-Bedarf

Anzahl Tage

WW-Bedarf p.a.

1.

5

1,8

9

31

279

2.

10

2,75

27,5

44

1210

3.

5

3,2

16

59

944

Summe

2433

345

839.385

Energiebedarf der Warmwasserbereitung E

Der theoretische Energiebedarf (Eth) der Warmwasserbereitung lässt sich nach Gleichung 3 bestimmen:

Eth = WW-Bedarf p.a. · T · c [kWh] Gleichung 3
T = Temperaturdifferenz (Warmwassertemp. — Kaltwassertemp.) [K]
c = spezifische Wärmekapazität von Wasser [0,00116 kWh/(kg K)]

WW-Bedarf = zur vereinfachten Handhabung wird der jährliche Warmwasserbedarf in Litern in Kilogramm zugrunde gelegt werden. [kg p.a.]

Für das vorangestellte Beispiel des Mehrfamilienhauses ergibt sich für eine Temperaturerhöhung von 30 K (als Mischtemperatur bezogen auf die Zapfstellen) ein theoretischer Energiebedarf:

WW-Bedarf
p.a.

Temperaturdifferenz = Warmwasser - Kaltwasser

theoretischer Energiebedarf der Warmwasserbereitung

839.385 X (40 - 10) X 0,00116 = 29.211 kWhth p.a.

Der in der Praxis resultierende Energiebedarf () wird vom Wirkungsgrad h der gewählten Technik bestimmt, der als Aufwandszahl A (1/) mit folgender Formel in die Berechnung eingeht:

E = Eth · A [kWh] Gleichung 4
Eth = theoretischer Energiebedarf nach Gleichung 3 [kWh]
A = Aufwandszahl

Bild 5: Durchschnittliche Belegung der Wohnungen in Deutschland, obere Grenzkurve: DIN 4708-2 Ausgabe 10/79, untere Grenzkurve: Statistisches Bundesamt, 1993.

Aufwandszahlen der dezentralen Warmwasserbereitung

Die Bereitstellung als auch die Erwärmung des Warmwassers erfolgt bei dezentralen Lösungen in räumlicher und zeitlicher Nähe (bedarfsgeführt) zur Zapfstelle. Dies ermöglicht in der Regel sehr gute Wirkungsgrade, respektive Aufwandszahlen.

Die Aufwandszahl für elektrische Durchlauferhitzer kann daher mit 1,01 und bei gasbetriebenen Durchlauferhitzern mit 1,10 für eine überschlägige Genauigkeit angenommen werden.

kWhth p.a.

Aufwandszahl

Energiebedarf dezentral p.a.

Durchlauferhitzer elektr.
Durchlauferhitzer Gas

Aufwandszahl

29.211 X 1,01 = 29.503 kWh p.a.

1,01
1,10

Aufwandszahlen der zentralen Warmwasserbereitung

Die Aufwandszahl bzw. der Wirkungsgrad für eine zentrale Warmwasserbereitung ist neben der gewünschten Technik auch sehr stark vom Jahreswarmwasserbedarf und der Leitungslänge der Zirkulation abhängig. Hierbei führt ein hoher Warmwasserbedarf in großen Wohnanlagen zu verhältnismäßig besseren Wirkungsgraden. Eine Möglichkeit zur Abschätzung der Aufwandszahl für Niedertemperatur- oder Brennwerttechnik ist die Berücksichtigung des Gebäudevolumens V (m3) nach den folgenden Formeln:

Niedertemperaturkessel: ANT = 2 — (log V)/4,5 Gleichung 5
Mögliche Werte für ANT: 1,12 bis 1,5 ( = 88% bis 66%)
Brennwertkessel: ABW = 1,96 — (log V)/4,5 Gleichung 6
Mögliche Werte für ABW: 1,11 bis 1,5 ( = 90% bis 66%)

Bild 6: Zapfstellenbedarf wv in kWh.

Für die Beispielberechnung des Wohnhauses mit zwanzig Wohneinheiten wird ein Gebäudevolumen von V = 3.600 m3 angenommen. Die Aufwandszahl für einen Niedertemperaturkessel ergibt sich dann zu:

ANT = 2 — (log 3.600) / 4,5 = 1,21 bzw. = 82,6 %

kWhth p.a.

Aufwandszahl

Energiebedarf p.a. zentral

Niedertemperaturkessel
Brennwertkessel

Aufwandszahl

29.211 X 1,21 = 35.345 kWh p.a.

2 - (log V) / 4,5

1,96 - (log V) / 4,5

Anhand des ermittelten Energiebedarfs der beiden Systeme lassen sich mit aktuellen Preisen für Strom, Gas und Heizöl EL die voraussichtlichen jährlichen Brennstoff- bzw. Energiekosten am Beispiel abschätzen.

Energiekosten
Energiebedarf p.a. - dezentral

DM je kWh Strom

Energiekosten p.a.

Anzahl WE

Kosten je WE

29.503 kWh X 0,23 = 6.768 DM : 20 = 339 DM

Energiebedarf p.a. - zentral

DM je kWhHo Gas

Energiekosten p.a.

Anzahl WE

Kosten je WE

35.345 kWh X 1,109* X 0,052 = 2.038 DM : 20 = 102 DM

Energiebedarf p.a. - zentral

DM je Liter Heizöl EL

Energiekosten p.a.

Anzahl WE

Kosten je WE

35.345 kWh : 10,08 X 0,50 = 1.753 DM : 20 = 88 DM

*) Erdgas: Verhältnis von Brennwert zu Heizwert bzw. 11% (Niedertemperaturkessel können nur den Heizwert nutzbar machen, abgerechnet wird jedoch bezogen auf den Brennwert). Heizöl EL: Bezogen auf den Heizwert hat ein Liter Heizöl einen Energieinhalt von rund 10,08 kWhHu.

Die Broschüre, die sowohl eine Beispielrechnung, Formblätter für die Berechnung und eine Checkliste für Planung und Montage beinhaltet, kann bei den nachfolgend genannten Adressen bestellt werden.

Fachverband
Sanitär-Heizung-Klima
Nordrhein-Westfalen
Grafenberger Allee 59
40237 Düsseldorf
www.fvshk-nrw.de

IWO — Institut für wirtschaftliche Oelheizung e.V.
Süderstraße 73 A
20097 Hamburg
www.iwo.de

RWE Energie Aktiengesellschaft
45117 Essen
www.rweenergie.de

Ruhrgas Aktiengesellschaft
Huttropstraße 60
45138 Essen
www.ruhrgas.de


[1] VDI 2067 Blatt 12, Entwurf November 1998, Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen, Nutzenergiebedarf für die Trinkwassererwärmung

[2] Rudat, K.: Der Nutzenergiebedarf für die Trinkwassererwärmung und der Energiebedarf für die Nutzenübergabe. IKZ-Haustechnik Heft 3/2000, S. 22-33

[3] DIN 4708 — 2, April 1994 Zentrale Wassererwärmungsanlagen, Regeln zur Ermittlung des Wärmebedarfs zur Erwärmung von Trinkwasser in Wohngebäuden.


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