IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/2000, Seite 87 f.
Ausbildung
Man muss können was man tut
Die Diskussion um zukünftige Ausbildungsformalitäten im SHK-Handwerk geht in die entscheidende Runde. So wie bisher wird die Ausbildungsstruktur nicht bleiben können, das ganze Haus "SHK-Handwerk" wird man aber auch nicht zerstören, um aus den Trümmern eine neue Leitlinie zu entwickeln. Von "ganzheitlicher Ausbildung", "Modulen" oder "Schwerpunkten" ist derzeit die Rede. Bruno Schliefke, SHK-Landesinnungsmeister im Freistaat Sachsen und Mitglied des ZVSHK-Vorstandes, erörterte gegenüber der IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion den Standpunkt der ostdeutschen SHK-Verbände.
IKZ-HAUSTECHNIK: Die Gestaltung der Ausbildung im SHK-Handwerk zieht sich in die Länge. Was macht den Prozess so schwierig?
Schliefke: Eine so umfangreiche Aufgabe nimmt naturgemäß eine Menge Zeit in Anspruch. Mit den Festlegungen zur Meisterprüfung ist der erste Schritt in die richtige Richtung vollzogen. Ausbildungsstätten und Prüfungsausschüsse müssen sich jetzt mit der veränderten Situation auseinandersetzen und die neuen Gegebenheiten und damit Möglichkeiten aufgreifen und umsetzen. Alles weitere gilt es nunmehr zügig zu einem tragfähigen Abschluss zu bringen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was meinen Sie genau mit neuen Möglichkeiten?
Schliefke: In der Vergangenheit wurden im Rahmen der Meisterprüfung überwiegend technisch/fachliche Fragestellungen behandelt. Diese Vorgehensweise wird den Ansprüchen der heutigen Zeit nicht mehr in vollem Umfang gerecht. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Praxis ist für einen Handwerksmeister nach wie vor ein sehr wichtiger Kenntnisbestandteil. Allerdings haben sich die zu behandelnden Fragestellungen im Laufe der Zeit gewandelt. Was wir zukünftig brauchen sind Handwerksunternehmer!
Bruno Schliefke, SHK-Landesinnungsmeister Sachsen |
IKZ-HAUSTECHNIK: Gibt es die nicht auch schon heute?
Schliefke: Natürlich. Nur leider hat die Ausbildung im betriebswirtschaftlich/rechtlichen Bereich in der Vergangenheit einige Lücken aufgewiesen. Mit den neuen Vorgaben zur Meisterprüfung kann dieses Vakuum geschlossen werden. Den Jungmeistern wird der Start in die Selbstständigkeit erleichtert, wenn z.B. Themenbereiche wie Steuer- und Baurecht, Marketing, Vergabewesen und kooperative technische Lösungsansätze bis hin zur integrierten Gebäudetechnik und Facility Management vermittelt werden.
IKZ-HAUSTECHNIK: Das hört sich nach einem neuen Beruf an...
Schliefke: Kein "neuer" - ein "anderer" Beruf, der sich durch eine veränderte Qualität von den bisherigen Strukturen unterscheidet. Dabei ist nicht der "Brief" an der Wand das Maß aller Dinge sondern die Umsetzung in der Praxis. Was die SHK-Branche bei der vorliegenden Betriebsstruktur braucht sind weniger die Spezialisten als vielmehr die Allrounder. Allrounder, für die nicht das Rohr an der Wand sondern unternehmerisches Denken entscheidend ist. Und ganz wichtig: Man muss es dürfen! Die Zeiten, in denen ein Heizungsbauer für die Verlegung von einem Meter Gasleitung arbeits- und versicherungstechnisches Glatteis betrat, müssen endgültig vorbei sein.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie steht es um die Ausbildung zum Gesellen?
Schliefke: Die in Münster von der Mitgliederversammlung des ZVSHK gefassten Beschlüsse zeichnen deutlich den Weg vor. Eine gewisse Kernkompetenz gilt es in der Grundausbildung zu vermitteln. Wahlpflichtbausteine ergänzen anschließend die Ausbildung um die gewünschten Bereiche.
Schliefke: "Nicht der Brief an der Wand ist das Maß, sondern die Umsetzung in der Praxis." |
IKZ-HAUSTECHNIK: Gibt es dabei keine Zuordnungsprobleme?
Schliefke: Wir stehen erst am Anfang. Nachdem sich die ZVSHK-Mitglieder auf eine Vorgehensweise geeinigt haben, gilt es jetzt eine tragfähige Einigung mit den Tarifpartnern zu erzielen und die Ausbildung mit Inhalten zu füllen. Dabei stehen Fragen der Zuordnung, z.B. das Themengebiet "Alternative Energien" betreffend, im Blickfeld. Bildlich gesprochen besteht die Gefahr, dass wir uns zwar mit jedem einzelnen Heizkörper befassen, dabei aber die gesamte Heizungsanlage vergessen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was bedeutet das konkret?
Schliefke: An der Neugestaltung der Ausbildung im SHK-Bereich sind neben dem Handwerk auch die Politik, Schulen, Gewerkschaften und andere Institutionen beteiligt. Wir brauchen den Schulterschluss um eine qualitativ hochwertige, zukunftsorientierte und international anerkannte Ausbildung des SHK-Handwerks in einem angemessenen Zeitrahmen realisieren zu können.
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Chancen und Risiken sind mit der Neugestaltung des SHK-Berufs verbunden?
Schliefke: Risiken nicht mehr als bisher. Die sich bietenden Chancen liegen vor allem in der Vielfältigkeit. Die Zeit regionaler "Schutzzonen" ist vorbei. Es werden viele Tätigkeiten legalisiert - man darf was man tut. Das schafft Sicherheit für Kunden und Betriebe. Nicht zuletzt erweitert eine breit angelegte Ausbildung das Spielfeld, schafft Raum für Spezialisten und bietet eine gute Basis zur Integration von Aufstiegsmöglichkeiten. Denn bei allem Willen zur Umgestaltung darf man eines nicht vergessen: Wir sollten ein Ausbildungskonzept schaffen, das zu den Menschen passt - nicht Menschen die zu einem Ausbildungskonzept passen.
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