IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/2000, Seite 32 ff.
SANITÄR-/HEIZUNGSTECHNIK
Ein (fast) perfekter Wechsel ...
... vom harten zum halbharten Kupfer-Installationsrohr vollzieht sich in einer strategisch geplanten Operation der Hersteller auf dem deutschen Markt.Die jüngste deutsche Installationsgeschichte
Sprachen wir noch im April 1999 von einer "runden Sache" sowie von der Hof- und Marktfähigkeit der halbharten Kupferrohre in der Bundesrepublik, so sind wir zum jetzigen Zeitpunkt einen ganzen Schritt weiter. Ab 1. April 2000 stellen in einem gemeinschaftlichen Kraftakt die Produzenten von Kupferrohren die Produktionsanlagen wie auch die Lager des Großhandels vom ziehharten auf das halbharte Kupferrohr um. Ohne dass dies dem Sanitär- oder Heizungshandwerker richtig bewusst wird. Das Ziel ist klar: In naher Zukunft wird es kein ziehhartes Kupferrohr mehr geben. Die Zeit für die deutsche Sonderlösung in der Hausinstallation ist endgültig ausgelaufen.
Die Weichen wurden durch die "Öffentliche Bekanntmachung über Anforderungen und Prüfungen für halbharte Rohre aus Kupfer... im Kurzverfahren" in den DVGW Nachrichten Nr. 4 vom Dezember 1998 gestellt. Somit wurde nach langem und zähem Ringen in den Gremien des DVGW dem internationalen Wettbewerb der Kupferrohrhersteller auf deutschem Boden Tür und Tor weit geöffnet. Zugunsten letztendlich des Handwerks und der Endverbraucher. Obwohl noch bis März 1999 Änderungsmöglichkeiten bestanden, wurden diese nicht genutzt.
Das Kaltbiegen von halbharten Kupferrohren ist auch in der Dimension 28 x 1,5 mm Außendurchmesser noch möglich. Aber Achtung: Nicht alle bisher im Markt angebotenen Biegegeräte sind für das Biegen halbharter Rohre geeignet. |
"Mit Veröffentlichung des Anhangs 4 zum DVGW-Arbeitsblatt GW 392 wird der Fachöffentlichkeit Gelegenheit gegeben, entsprechende Einwände zu den genannten Anforderungen und Prüfungen dem DVGW innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntmachung mitzuteilen", so hieß es damals offiziell. Doch mit der Nutzung dieser Einspruchsmöglichkeit rechnete bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung niemand mehr ernsthaft. So die Tatsachen. Denn bereits die ISH Frankfurt vom 23. bis 27. März 1999 machte die durch diese Entscheidung ausgelösten Trends mehr als deutlich. Kupferrohrhersteller wie MKM Hettstedt, WOESTE, boliden, outokumpu, KME und Wieland-Werke präsentierten dem deutschen Fachpublikum das, was sie zum Teil seit Jahren für unsere europäischen Nachbarn produzierten bzw. langfristig in Erwartung dieser Tendenz entwickelt hatten: halbharte Kupferrohre mit normalen bzw. auch reduzierten Wandstärken. Wer, wenn nicht derjenige, der von der Durchsetzung eines Produktes am Markt überzeugt ist, unterwirft sich solchen technischen Aufwands und investiert derart hohe Summen in solche Entwicklungen?
So waren bereits zum damaligen Zeitpunkt die Meinungen der ausstellenden Kupferrohrhersteller nicht weiter verwunderlich und liefen gleichsam in eine Richtung: Halbharte Kupferrohre werden sich, wie bereits seit Jahrzehnten bei unseren europäischen Nachbarn, langfristig am Markt durchsetzen und die ziehharten Kupferrohre zunehmend verdrängen. Darauf stellen sich die Hersteller ohne Ausnahmen bereits ein.
Beim Verpressen können handelsübliche Pressverbinder für Kupfer-Installationsrohre ohne Einschränkungen zum Einsatz gebracht werden. |
Vorteile für den Verarbeiter
Warum ist eigentlich diese halbharte Version (R250 = Mindestzugfestigkeit 250 N/mm2) des inzwischen seit mehr als 100 Jahren eingesetzten Kupferrohres so interessant für den Sanitärhandwerker auf der Baustelle?
Unsere englischen, französischen, belgischen und anderen europäischen Kollegen könnten diese Frage ohne Umschweife beantworten. Basierend auf jahrzehntelangen praktischen und dabei erfolgreichen Erfahrungen. Halbharte Kupferrohre vereinen die positiven Eigenschaften ziehharter (R290) sowie weichgeglühter (R220) Kupferrohre:
- Sie lassen sich ohne vorheriges Ausglühen expandieren und aushalsen.
- Sie sind "kalt" biegbar. Ohne größeren Kraftaufwand und ohne die befürchteten Wellen im Innenrohr sowie Kreuzanrisse am Außenradius.
Achtung: Nicht alle bisher im Markt angebotenen Biegegeräte sind für das Biegen halbharter Rohre geeignet. Achten Sie bitte auf die Angaben der Werkzeughersteller!
- Sie sind nicht so schlag- und druckempfindlich wie weichgeglühte Kupferrohre.
- Sie sind nicht so starr wie ziehharte Kupferrohre - Differenzen in der Fluchtlinie der gesetzten Rohrschellen oder zu den Wanddurchbrüchen lassen sich leichter ausgleichen.
- Beim Verpressen können die bereits handelsüblichen Pressverbinder für Kupfer-Installationsrohre der Systemanbieter MANNESMANN, Viega bzw. SANHA KAIMER ohne Einschränkungen zum Einsatz gebracht werden.
- Die Anbringung der Rohrbefestigungsschellen erfolgt nach den selben Grundsätzen wie bei ziehharten Installationsrohren.
Summa summarum viele positive Argumente für den Verarbeiter und den praktischen Einsatz halbharter Kupferrohre.
Auch das Herstellen einer Muffe mittels Kupferrohrexpanders ist bei halbharten Kupferrohren ohne vorheriges Ausglühen möglich. |
Und doch gibt es ein paar kleine Einschränkungen
Die halbharten Kupferrohre erfordern bei Transport und Lagerung mehr Vorsicht und Feingefühl als ziehharte Rohre aus Kupfer - ähnlich der weichen Rohrvariante, da sie empfindlicher auf Schläge, Stöße und Oberflächenkratzer reagieren:
- Beim Be- und Entladen mit Kran sollten daher Flachgurte benutzt werden.
- Die Rohre oder Rohrbündel sollten nicht geworfen werden und ein vorsichtiges Ablegen der Rohre stattfinden.
- Beim Ablegen sollte darauf geachtet werden, dass sie nicht auf Steinen oder scharfen Kanten aufliegen - aus diesem Grund sind Kanthölzer als Auflage zu benutzen.
- Durch Transport und Verarbeitung können die Rohrkanten deformiert werden. Hier ist der Einsatz eines Kalibrierdorns für weiches Kupferrohr bzw. eines Kupferrohrexpanders, auch "Muffenzange" genannt, zum Kalibrieren möglich.
Weitere Informationen:Deutsches Kupfer-Institut e.V. (DKI) Zentralverband Sanitär Heizung Klima Wieland-Werke AG Woeste ,Yorkshire‘ GmbH MKM Mansfelder Kupfer und Messing GmbH KM Europa Metal AG SHK-Ansprechpartner: Heinrich Rausch |
Stellungnahme
Markteinführung von halbharten Kupferrohren
Forderung der Handwerksorganisation
Seit mehr als 40 Jahren werden in einigen europäischen Nachbarländern wie z.B. Großbritannien, Belgien, Holland und Österreich die qualitativ höherwertigen Kupferrohre im Festigkeitszustand halbhart R 250, anstatt der bei uns üblichen harten Kupferrohre R 290 verarbeitet. Neben den Verarbeitungsvorteilen beim Kaltbiegen, Aufmuffen, Aushalsen und problemlosem Nachrichten von Armaturenanschlüssen - ohne Wärmebehandlung - hat die Innenrohroberfläche einen geringeren Gesamtkohlenstoffgehalt, im Vergleich zu den harten Rohren.
Deshalb bestand seit langem die Forderung der Handwerksorganisation an die Kupferrohrhersteller, diese höherwertigen, halbharten Kupferrohre auch den deutschen Verarbeitern anzubieten.
Mit der Herausgabe der europäischen DIN EN 1057, die die seit Jahrzehnten in Deutschland geltende DIN 1786 ersetzt, wurden zum ersten Mal auch halbharte Kupferrohre in das technische Regelwerk aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Forderung des Handwerks an die Hersteller verstärkt, auch in dem DVGW Arbeitsblatt GW 392 die halbharten Kupferrohrqualitäten aufzunehmen, damit diese Rohre ein DVGW-Prüfzeichen erhalten können.
Ende 1997 wurden die Anforderungen an halbharte Rohre in das DVGW-Arbeitsblatt GW 392 Anhang 4 übernommen.
Anlässlich der ISH Messe in Frankfurt 1999 gaben die Hersteller KME, Wieland, MKM und Woeste Yorkshire im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt, dass sie ab sofort halbharte Kupferrohre am deutschen Markt anbieten.
Da die halbharten Kupferrohre alle positiven Eigenschaften ziehharter und weichgeglühter Kupferrohre vereinen, wurde zwischen Fachhandwerk und Herstellern vereinbart, ab dem fiktiven Termin 1. April 2000 im deutschen Markt neben den weichen Ringrohren nur noch halbharte Kupferrohre anzubieten und die harten Rohre vom Markt zu nehmen.
Ohne einen Mehrpreis werden den Verarbeitern die qualitativ höherwertigen Kupferrohre mit all den zusätzlichen Vorteilen bei der Verarbeitung angeboten.
Bei weitem überwiegen die Vorteile dieser Kupferrohre, die notwendigen Umstellungen, die bei Transport und Lagerung zur, bzw. auf der Baustelle beachtet werden müssen.
Die halbharten Kupferrohre können mit all den bekannten Verarbeitungstechniken die nach dem DVGW-Arbeitsblatt GW 2 zulässig sind in den Anwendungsbereichen der Trinkwasser-, Gas- und Heizungsinstallation verwendet werden.
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