IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 3/2000, Seite 34 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Heiztechnik für Niedrigenergiehäuser

Holzvergaser-Heizkessel und Solaranlage

Dipl.-Ing. Jan Sibbertsen*

Eigentlich passen Niedrigenergiehäuser und Holzheizungen gut zusammen. Einerseits die gut gedämmten Häuser, die nur wenig Energie für die Raumbeheizung benötigen, andererseits die Holzheizung, die ihren Brennstoff u.a. aus heimischen Wäldern bezieht, für Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen sorgt und wenig CO2-Emissionen verursacht. In der Praxis ist die Holzheizung auf dem Niedrigenergiehaussektor aber auch heute noch ein Exot.

Hierfür gibt es mehrere Gründe:

Moderne Holzvergaser-Heizkessel und eine darauf abgestimmte Anlagentechnik kompensieren heute diese Nachteile, so dass die Holzheizung im Niedrigenergiehaus eine gute Alternative zu Öl- oder Gasheizungen darstellt.

Holzvergaser-Heizkessel

Im Gegensatz zum herkömmlichen Holzkessel arbeiten moderne Holzvergaser-Heizkessel nach dem Prinzip des unteren Abbrandes (siehe Bild 1). Der Verbrennungsvorgang läuft bei diesem Verfahren von unten nach oben ab. Holz verbrennt abhängig von der Temperatur in mehreren Stufen (Trocknung, Pyrolyse, Verbrennung). Dabei sind die einzelnen Stufen voneinander getrennt. Im oberen Teil des Füllraums, wo die Temperatur nur wenig über der Vorlauftemperatur des Kessels liegt, wird das Holz getrocknet. Im mittleren Teil findet bei Temperaturen um 300°C die Vorvergasung des Brennholzes statt. Kurz über dem Glutbett sind dann bei Temperaturen von ca. 600°C alle flüchtigen Bestandteile des Holzes in Gas übergeführt. Nur etwa 15% des Holzes bleiben als Holzkohle zurück. Diese Holzkohle liefert die Energie für den Vergasungsvorgang.

Bild 1: Holzvergaser-Heizkessel nach dem Prinzip des unteren Abbrandes.

Durch das Gebläse wird der Füllraum unter Überdruck gesetzt. Dadurch wird das Holzgas durch das Glutbett in den unter dem Füllraum liegenden Brenner gedrückt. Beim Durchgang durch die Glutschicht wird das Gas auf Zündtemperatur vorgeheizt. Eine Turboscheibe versetzt das Holzgas im Brenner in starke Rotation, so dass es sich gut mit der dort zugeführten Sekundärluft vermischt und in der Brennkammer schadstoffarm verbrennt.

Das im Füllraum gelagerte Holz rutscht von oben nach, so dass über dem Glutbett immer eine ausreichende Menge Holz bereitsteht. Der Füllraum des Vergaserkessels ist so bemessen, dass mit einer Füllung Buchenholz eine Brenndauer von etwa 3 Stunden erreicht werden kann. Das Nachlegen von Holz ist dabei jederzeit möglich.

Das Brennholz

Als Brennstoff in Holzvergaser-Heizkesseln kann im Prinzip jede Holzsorte eingesetzt werden. Wichtiger als die Holzsorte ist für den Einsatz im Vergaserkessel die Beschaffenheit des Brennholzes. Zum Einsatz kommen darf nur naturbelassenes, trockenes und stückiges Holz. Späne, Sägemehl und Holzstaub sind nicht für die Verbrennung in Vergaserkesseln geeignet.

Die Stückgröße sollte minimal 5 cm betragen. Die maximale Länge wird durch die Füllraumtiefe begrenzt. Üblich sind Längen von 33 bis 50 cm.

Die Holzfeuchte sollte zwischen 18 und 25% liegen. Dieses wird erreicht, indem das Holz 2 Jahre lang an einem gut belüfteten Ort getrocknet wird. Sowohl zu trockenes als auch zu feuchtes Holz führen zu erhöhten Emissionen und zu geringerer Leistung. Damit das Holz optimal trocknet und sich gut vergasen lässt, muss es mindestens einmal gespalten sein.

Die Holzheizungsanlage

An die Heizungsanlage werden bei dem Einsatz moderner Holzvergaser-Heizkessel besondere Anforderungen gestellt. Damit dieser schadstoffarm und wirtschaftlich arbeitet, muss er seine Leistung jederzeit abgeben können. Im Gegensatz zu Öl- oder Gaskessel kann ein Holzvergaser-Heizkessel während des Abbrandes nicht einfach abgeschaltet werden. Wird nämlich die Verbrennungsluftzufuhr unterbrochen, schwelt das Holz im Füllraum weiter, denn es enthält ca. 42% gebundenen Sauerstoff. Selbst bei sehr gut abgedichteten Kesseln reicht dieser Sauerstoffvorrat aus, um den Schwelvorgang über Stunden aufrecht zu erhalten. Die entstehenden Schwelgase enthalten sehr hohe Konzentrationen an Kohlenmonoxid, unverbrannten Kohlenwasserstoffen und Holzsäuren, die den Kessel, den Kamin und nicht zuletzt die Umwelt erheblich belasten. Schwelphasen müssen daher so weit wie möglich vermieden werden.

Bild 2: Fließschema: Heizkessel mit Pufferspeicher.

Die Anpassung der Kesselleistung kann also nicht durch Ein- und Ausschalten des Brenners erfolgen, sondern die Heizungsanlage muss immer für ausreichende Wärmeabnahme sorgen. Die am weitesten verbreitete Lösung ist der Einsatz eines Pufferspeichers. Der Gesetzgeber schreibt für Holzvergaser-Heizkessel mit einer Leistung von mehr als 15 kW einen Speicher von mindestens 25 Liter pro Kilowatt Kesselleistung vor. In der Praxis hat sich jedoch herausgestellt, dass ein Speichervolumen von 40 bis 75 Liter pro kW Kesselleistung günstiger für den Betrieb der Anlage ist.

Auslegung von Kessel und Pufferspeicher

Für die Auslegung von Feststoffkesseln allgemein gibt die DIN EN 303-5 in Anhang B eine Vorgehensweise vor, die hier grob umrissen werden soll: Da Holzvergaser-Heizkessel nicht wie Öl- oder Gaskessel 24 Stunden am Tag mit voller Leistung brennen können, kann für die Auslegung nicht die Nennwärmeleistung des Kessels herangezogen werden, sondern die Nutzwärmemenge, die pro Kesselfüllung erreicht wird.

Als erster Schritt muss der Norm-Wärmebedarf des Gebäudes inklusive des Brauchwasser-Energiebedarfs ermittelt werden. Mit dem Betreiber der Heizungsanlage ist zu beraten, wie oft er bereit ist, den Kessel am Tag neu zu befüllen. Üblicherweise geht man von 3 bis 4 Kesselfüllungen pro Tag unter Auslegungsbedingungen aus. Je weniger Füllungen pro Tag gewünscht werden, desto komfortabler aber auch teurer und größer wird eine Holzheizungsanlage.

Ebenfalls abgeklärt werden muss, welche Brennholzsorte der Betreiber einsetzen möchte. Die Holzsorte hat entscheidenden Einfluss auf die Nutzwärmemenge, die pro Kesselfüllung abgegeben wird. Aus dem Norm-Wärmebedarf des Gebäudes und der Anzahl der Nachlegevorgänge ergibt sich dann die minimal zu erreichende Nutzwärmeabgabe pro Kesselfüllung. Unter Berücksichtigung des eingesetzten Brennholzes ist danach der Kessel auszuwählen.

Tabelle 1

Nutzwärmeinhalt/Kesseltyp

HV 15

HV 24

HV 35

HV 50

Nennleistung Holz

kW

14,9

25

35

50

Nutzwärmeinhalt Buche

kWh

77,4

105,2

143,8

200

Nutzwärmeinhalt Fichte

kWh

55,6

75,6

103,4

143,5

Nutzwärmeinhalt Bretter

kWh

38,7

52,6

71,9

100

Beispielrechnung: Für die Berechnung wird von einem 4-Personen-Haushalt in einem Niedrigenergiehaus mit einem Heizwärmebedarf von 10 kW ausgegangen. Die 4 Personen sollen pro Tag 200 Liter Wasser mit einer Temperatur von 45°C verbrauchen. Im Auslegungsfall werden also 248,1 kWh pro Tag verbraucht. Bei drei Füllungen am Tag ergibt sich eine Nutzwärmeabgabe pro Kesselfüllung von 82,7 kWh.

Je nach Brennstoffart ergeben sich völlig unterschiedliche Auslegungsergebnisse (siehe Tabelle 1). Wird rein Buchenholz eingesetzt, kann mit geringen Komforteinbußen im Auslegungsfall noch der Kesseltyp HV 15 ausreichend sein. Wird Mischholz eingesetzt, ist auf jeden Fall der HV 24 vorzusehen. Bei der Verwendung von Brett- oder Abfallholz sollte auf den HV 35 zurückgegriffen werden.

Das für die Kessel notwendige Puffervolumen errechnet sich dann nach folgender Formel:

Dabei bedeuten:

VSP Speichervolumen

CH Nutzwärmeinhalt einer Kesselfüllung

H Normwärmebedarf einschl. Brauchwasser

min minimale Wärmeleistung des Kessels

fB Brenndauer Korrekturfaktor (hier immer 1)

Die sich für die oben genannten Kessel ergebenden Puffervolumina sind in Tabelle 2 ersichtlich. Sie liegen je nach eingesetzter Holzart zwischen 30 und 65 Liter pro kW Kesselleistung. In der Praxis hat sich gezeigt, dass Puffervolumina unter 40 Liter/kW Kesselleistung nicht ausreichend sind und zu erheblichen Problemen beim Betrieb der Anlage führen können. Durch den Pufferspeicher werden Holzheizungsanlagen im Winterbetrieb sehr komfortabel. Komforteinbußen gibt es dagegen im Sommerbetrieb und in der Übergangszeit, in der die Heizungsanlage hauptsächlich Brauchwasser erwärmen muss. Durch den Pufferspeicher ist es zwar möglich, den Brauchwasserbedarf für eine Woche mit ein bis zwei Kesselfüllungen zu decken. Der Arbeitsaufwand für die Kesselreinigung und für das Anheizen ist aber durch die geringe Laufzeit des Kessels sehr hoch. Eine andere Lösung für die Brauchwasserbereitung ist hier wünschenswert.

Tabelle 2

Holzart/Kesseltyp

HV 15

HV 24

HV 35

HV 50

Nennleistung Holz

kW

14,9

25

35

50

Minimale Leistung

kW

14,9

18

28

40

Puffervolumen bei Buche

1

993

1388

1990

2838

Puffervolumen bei Fichte

1

714

998

1431

2036

Puffervolumen bei Brettern

1

497

694

995

1419

Lösung für mehr Komfort

Die Kombination eines Holzvergaser-Heizkessels mit einer Solaranlage ist eine solche Lösung. Im Sommer kann eine richtig ausgelegte Solaranlage den Brauchwasserbedarf fast zu 100% decken, so dass die Schwächen der Holzanlage hier kaum zum Tragen kommen. Im Winter hingegen, wenn die Solaranlage ihre Schwächen hat, arbeitet die Holzanlage optimal. In der Übergangszeit kann der Deckungsbeitrag der Solaranlage die Betriebszeit des Holzkessels erheblich reduzieren. Dies erhöht den Komfort und spart Brennstoff.

Besonders interessant ist diese Kombination, da beide Systeme für einen optimalen Betrieb große Speichervolumina benötigen. Da das Speichersystem von beiden Anlagen genutzt werden kann, sind die Zusatzinvestitionen für eine Solarergänzung zu einer Holzheizungsanlage relativ gering. Es werden im Idealfall nur noch die Kollektoren und die Solarstation nebst Rohrleitungen gebraucht.

Bild 3: Holzheizungsanlage mit solarer Brauchwasserbereitung.

Bild 3 zeigt eine Holzheizungsanlage mit solarer Brauchwasserbereitung. Eine solche Ausführung eignet sich zum Nachrüsten einer bestehenden Holzanlage gut, da an der Anlagenhydraulik und der Steuerung keine Änderungen vorzunehmen sind. Es muss lediglich der Brauchwasserbereiter ausgetauscht und die Kollektoren installiert werden. Solche Anlagen kommen mit ca. 6 m2 Kollektorfläche aus.

Bild 4: Holzheizungsanlage mit solarer Heizungsunterstützung.

Bild 4 zeigt eine Holzheizungsanlage mit solarer Heizungsunterstützung. Die Solaranlage arbeitet auf einem Schichtladungsspeicher, der auch von dem Holzkessel bedient wird. Im Sommerbetrieb steht der Schichtladungsspeicher und je nach Schaltung auch der weitere Pufferspeicher vollständig der Solaranlage zur Verfügung, sodass große Mengen an Energie gespeichert werden können. Mit solchen Speichern kann der Brauchwasserbedarf im Sommer fast zu 100% von der Solaranlage gedeckt werden, da auch mehrere sonnenlose Tage von dem großen Speicher überbrückt werden können.

Im Winter und gerade auch in der Übergangszeit kann die Solaranlage durch den Schichtladungsspeicher auch noch einen erheblichen Deckungsbeitrag leisten. Bei Niedrigenergiehäusern kann die Solaranlage den Wärmebedarf bis weit in den Herbst alleine abdecken. Hierdurch wird ein erheblicher Komfortgewinn erzielt. Diese Anlagen werden in der Regel mit mehr als 12 m2 Kollektorfläche ausgerüstet.

Kosten

Holzheizungsanlagen sind von den Investitionskosten teurer als vergleichbare Öl- oder Gasheizungsanlagen. Schon der im Vergleich große Raumbedarf wirkt sich negativ auf die Investitionskosten aus. Dieses macht sich besonders im Vergleich mit Gasheizungen bemerkbar. Bei dem Vergleich mit einer Ölheizung kann der Raumbedarf für das Tanklager mit dem für die Pufferspeicher gleichgesetzt werden. Hinzu kommen noch die Investitionskosten für den Pufferspeicher und die aufwendigere Verrohrung, sodass Holzheizungsanlagen zwischen 25% und 50% teurer sind als vergleichbare Öl- oder Gasheizungen.

Auf der Habenseite befinden sich aber die Brennstoffkosten. Holz ist in vielen Regionen im Übermaß vorhanden und steht zu günstigen Preisen zur Verfügung. Hier ist nicht nur Waldholz gemeint, sondern auch unbehandeltes Abfallholz aus holzverarbeitenden Betrieben und der Industrie. Bei Holzpreisen unter 50 DM pro Festmeter haben sich die Mehrkosten der Holzheizungsanlage häufig nach fünf bis sechs Jahren amortisiert.

Fazit

Moderne Holzheizungsanlagen mit ausreichend großem Pufferspeicher sind auch im Niedrigenergiehaus eine echte Alternative zu Öl- oder Gasheizungen. Im Winter und in der Übergangszeit bieten diese Anlagen einen guten Heizkomfort und sind auch für Berufstätige geeignet, die nicht den ganzen Tag im Haus sind. Im Sommerbetrieb muss man beim Heizkomfort Abstriche machen. Hier bietet sich eine Kombination der Holzheizung mit einer heizungsunterstützenden Solaranlage an.


*) Dipl.-Ing. Jan Sibbertsen, Entwicklungsabteilung der Paul Künzel GmbH & Co, Pinneberg


B i l d e r : Paul Künzel GmbH & Co, Pinneberg


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