IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 1/2000, Seite 26 ff.


SANITÄR-/HEIZUNGSTECHNIK


Baulicher Schallschutz fängt bei der Planung an

Teil 1: Anforderung an die Architektenplanung

Dipl.-Ing. Manfred Lippe*

Es ist unumstritten, dass unzureichender Schallschutz bei haustechnischen Anlagen häufig ein Grund von Auseinandersetzungen zwischen Bauherrn und Handwerksbetrieb ist. Denn mangelhafter Schallschutz kann direkt nach Fertigstellung des Gebäudes auch ohne technisches Messgerät bemerkt werden. In vielen Fällen trifft die erste Mängelrüge jedoch nicht den Mangelverursacher, sondern den Handwerker aus dem Gewerk, dessen Geräusche man wahrnimmt. Ein Nachweis der Unschuld ist in vielen Fällen schwierig und führt daher oft zu einem Vergleich aufgrund einer unmöglichen Sanierungsmöglichkeit oder extrem hoher Sanierungskosten.

Was kann passiert sein?

- Der Architekt hat bei der Planung einen ungünstigen Grundriss gewählt, der bei Ausführung der Installationsarbeiten gemäß Planung unweigerlich zu schalltechnischen Problemen durch Körper- oder Luftschallübertragung führen muss. Die Beanstandung landet beim Fachinstallationsbetrieb, denn dieser meldet in der Regel aus verschiedenen Gründen keine Bedenken an.

 Tipp: Führen Sie keine Arbeiten aus, bevor Sie die Randbedingungen geprüft haben.

- Der Architekt hat bei der Materialauswahl der Installationswände einen Werkstoff mit zu geringer flächenbezogener Masse gewählt. Der haustechnische Fachplaner beachtet den Werkstoff der bauseitig bereits vorhandenen Installationswand und deren flächenbezogenen Masse nicht und schreibt ein Vorwandsystem aus, welches er - weil er es gut kennt - immer ausschreibt. Der Installateur prüft die flächenbezogene Masse der Installationswand nicht und führt die Arbeiten gemäß Ausschreibung aus. In diesem Fall addieren sich die Fehler. Bedenken hat der Installateur aus Gutgläubigkeit, bezogen auf die Ausschreibung, nicht angemeldet. Die Beanstandung landet beim Installationsbetrieb, denn die Geräusche aus dessen Gewerk sind zu hören, obwohl jeweils ein folgenschwerer Fehler beim Architekten und danach beim Fachplaner gemacht wurden.

 Tipp: Prüfen Sie die Ausschreibung, denn häufig wird aus Gewohnheit ein Produkt ausgeschrieben, welches mit den bauseitigen Bedingungen nicht zusammenpaßt.

- Im nächsten Fall hat der Architekt einen optimalen Grundriss gewählt und die flächenbezogene Masse der Installationswand beträgt 220 kg/m2. Der haustechnische Planer hat die flächenbezogene Masse der Installationswand beachtet und aufgrund der vereinbarten Schallschutzklasse, z.B. für den erhöhten Schallschutz, ein geeignetes Vorwandsystem auf Basis von schalltechnischen Eignungsnachweisen des Herstellers ausgewählt und ausgeschrieben. Der SHK-Fachbetrieb hat eine einwandfreie Montage des Vorwandsystems durchgeführt. Bei der Leitungsverlegung wurde jedoch die Körperschallentkopplung der Abwasserleitung bei der Durchführung durch die Decke vergessen. Beim Verschluss des Deckendurchbruchs wurde das Rohr deshalb fest einbetoniert. Die Beanstandung landet in diesem Fall gerechtfertigt beim Fachinstallationsbetrieb, denn dieser ist für die Körperschallentkopplung der Durchführung verantwortlich, nicht der Maurer.

 Tipp: Schulen, trainieren und überwachen Sie Ihre Monteure, die Investition lohnt sich und spart Ihnen unkalkulierbare Folgekosten.

- Im nächsten Beispiel wurde die Körperschallentkopplung der Abflussleitung im Deckenbereich fachgerecht montiert. Danach stellte der Maurer den Deckendurchbruch her und beschädigt dabei die Körperschallentkopplung, z.B. durch unsachgemäße Behandlung. Auch diese Beanstandung landet beim SHK-Fachbetrieb, denn die Abwassergeräusche sind hörbar. Niemand würde auf die Idee kommen das Problem dem Maurer anzulasten, denn dessen Mörtel macht keine Geräusche und stört auch nicht. Die Beweisführung ist bei einem fertigen Gebäude sehr schwierig. Es kommt letztlich ein Vergleich heraus, der die Zahlung einer Entschädigungssumme zur Folge haben kann.

 Tipp: Wählen Sie geeignete Produkte aus und trainieren Ihre Mitarbeiter in der Anwendung. Prüfen Sie auch die Folgegewerke.

Die Beispiele lassen sich in allen Kombinationsvarianten weiter fortsetzen. Ein Schuldiger ist sehr schnell gefunden - "dieses Geräusch höre ich, der ist schuld" - doch ist er wirklich der Verursacher?

Bild 1: Schutzziele der DIN 4109.

Warum reagieren die Hausbewohner sensibler auf Installationsgeräusche?

In den letzten Jahren haben Streitigkeiten, aufgrund von unzureichendem Schallschutz im Haustechnikbereich deutlich zugenommen. Die Gründe sind vielfältig:

Bild 2: Wahl eines geeigneten Grundrisses.

Warum werden Installationsgeräusche stärker wahrgenommen?

Vor einigen Jahren waren Grundgeräuschpegel von 25 bis 30 dB(A) innerhalb des Gebäudes durchaus üblich, z.B. bei Einscheibenverglasung und relativ undichten Fenstern. Heute verfügen die Gebäude meist über Mehrscheibenverglasung oder auch schalldichte Fenster. Der Grundschallpegel ist dadurch auf ca. 20 dB(A) abgesunken. Das Problem ist, dass dieser Effekt von vielen am Bau Beteiligten noch nicht in bauliche Konzeptionen hinsichtlich des Schallverhaltens von haustechnischen Anlagen und Installationen umgesetzt wurde. Aus Gewohnheit wird so weiter gebaut wie bisher.

Bild 3: Schalltechnische Optimierung der Grundrisse.

Alle am Bau Beteiligten, wie Architekt, haustechnischer Planer, Fachinstallationsbetrieb und die Komponentenhersteller müssen sich dieser neuen Herausforderung stellen, denn die Normung / Regelwerke haben oder werden sich kurzfristig anpassen, die Juristen haben diesen Schritt in Form des Verbraucherschutzes mit höheren Komfortansprüchen bereits vollzogen. Auch die Industrie bietet schalltechnisch optimierte Produkte an - jedoch aufgrund des höheren Herstellungsaufwandes für das Produkt und der notwendigen schalltechnischen Prüfungen zu höheren Preisen.

Und hier beginnt das Karussell sich zu drehen, denn

Gegenmaßnahmen

Um Rechtsstreitigkeiten entgegenzuwirken muss die zu erbringende Leistung bereits bei der Planung und Angebotserstellung klar definiert und beschrieben werden. Hinweis: Die Beispielszahlen entsprechen der DIN 4109 und dem neuen Entwurf der DIN 4109 Teil 10 (E).

Der Auftraggeber muss sich nun entscheiden, was im Werkvertrag vereinbart wird. Dadurch kommt eine privatrechtliche Vereinbarung zustande. Spätere Interpretationen und gerichtliche Auseinandersetzungen über die Höhe der "mittleren Art und Güte / Stand der Technik" können durch diese Verfahren vermieden werden.

Zwischenabnahmen und die Bild-Dokumentation (Fotos) von Installationen vor dem Baufortschritt durch andere Gewerke, z.B. bei der Körperschallentkopplung vor dem Verguss der Deckendurchführungen, können, falls es doch einmal zu einem Baumangel kommen sollte, hilfreich sein.

Anforderung an die Architektenplanung

Die Architektenplanung muss die Grundlagen der schalltechnisch optimierten Grundrisse erfüllen. Bilder 1 - 3 zeigen die wichtigsten Punkte auf: Die Grundrissplanung sollte so gestaltet sein, dass keine Installationsgegenstände oder Rohrleitungen an Wohnungstrennwänden angeordnet werden. Denn die Übertragung von Körperschallgeräuschen zum schutzbedürftigen Raum der darunter liegenden fremden Wohnung B (Bild 1) muss vermieden werden. Das Gleiche gilt zur Vermeidung der Übertragung zum schutzbedürftigen Raum der fremden daneben liegenden Wohnung (Bild 2). Noch bessere Werte lassen sich mit zwischenliegenden Räumen (Bild 3) erreichen. Diese Anordnung des Grundrisses ist etwas "fehlertoleranter" als die Darstellung in den Bildern 1 und 2.

Bild 4: In der Praxis übliche Installationswände.

Optimal ist die Anordnung von Installationsbereichen Küche / Bad / Abstellkammer oder Gäste WC übereinander, wie in Bild 3 gezeigt. Eine versetzte Anordnung, wie in modernen Gebäuden mit Hanglage durchaus üblich, sollte vermieden werden. Ist dies nicht zu umgehen, dann müssen besondere Maßnahmen zur Optimierung der schalltechnischen Eigenschaften des Gebäudes und der haustechnischen Anlagen / Installationen getroffen werden, z.B. durch gemauerte Vorsatzschalen vor Leitungsschlitzen in schutzbedürftigen Räumen oder ganze Vorsatzschalen aus Trockenbaukonstruktionen auf der Rückseite von Installationswänden. In diesen besonderen Fällen empfiehlt es sich, einen Akustiker zu Rate zu ziehen.

Ein wesentlicher Baustein bei der Architektenplanung ist die Auswahl der Installationswand. Entsprechend DIN 4109 soll die Installationswand mit einer flächenbezogenen Masse von > 220 kg/m2 ausgelegt werden, z.B. Kalksandsteinmauerwerk 11,5 cm stark (Rohdichteklasse 1,8), beidseitig mit 10 mm verputzt. Die Darstellungen in den Bildern 4 - 6 zeigen die in der Praxis üblichen Installationswände, die Rohdichteklassen zur Ermittlung der flächenbezogenen Massen und die dazugehörigen erforderlichen Wandstärken.

Bild 5: Ermittlung der Wanddicke einer Installationswand mit 220 kg/m2 flächenbezogener Masse.

Montagewände aus Metall- oder Holzständern mit beidseitiger doppelter Beplankung (2 x 12,5 mm) und innenliegender Mineralwolledämpfung von 50 mm Dicke eignen sich gut als Installationswände. Den schalltechnischen Nachweis für das mindest-Luftschalldämmaß R’w > 45 dB geben die Trockenwandanbieter in den technischen Unterlagen an. Wenn dieser Nachweis vorhanden ist, können diese Wände als Installationswand eingesetzt werden. Die aktuellen Prüfzeugnisse verschiedener Hersteller zeigen, dass mit der vorhandenen Meinung, nur Masse bringt gute Schallschutzwerte, aufgeräumt werden muss. Montagewände aus Metall- oder Holzständern haben den Vorteil, dass sie den Schalldruck besser kompensieren können und eingeleiteter Körperschall nicht über eine massive Ankopplung auf die angrenzenden Bauteile übertragen wird.

Bild 6: Ermittlung der Wanddicke einer Installationswand mit 180/150 kg/m2 flächenbezogener Masse.

Besondere Sorgfalt ist bei der Verwendung von "leichten biegesteifen massiven Wänden" mit einer flächenbezogenen Masse < 220 kg/m2 geboten. Es können nur Vorwandsysteme oder Installationssysteme mit einem schalltechnischen Eignungsnachweis vor diesen Wänden montiert werden. Die Reduzierung der flächenbezogenen Masse von 220 kg/m2 auf 180 kg/m2 erhöht den Schallpegel z.B. einer Vorwandinstallation um ca. 3 dB(A) im schutzbedürftigen Raum. Daran kann man erkennen, wie wichtig es ist, die tatsächlichen flächenbezogenen Massen der Installationswand vor der Systemauswahl zu kennen. Erst dann kann das richtige Vorwandsystem im Nass- oder Trockenbau festgelegt werden.

(Fortsetzung folgt.)


*)  Dipl.-Ing. Manfred Lippe, Consultant, 47809 Krefeld


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