IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 18/1999, Seite 39 ff.
SANITÄRTECHNIK
Barrierefreie Hotelbäder
Eine Investition in die Zukunft
Trotz einer leichten Erholung der Konjunktur auch im Bereich der Hotellerie bleiben in deutschen Hotels Nacht für Nacht eine Million Betten leer, was einer Kapazitätsauslastung von lediglich 32,2% entspricht. Mehr und mehr rückt daher ein bisher eher vernachlässigter Kundenkreis in den Mittelpunkt des Interesses: die Senioren. Diese - im wahrsten Sinne des Wortes - "goldene" Generation stellt mit einem durchschnittlichen Nettoeinkommen, das pro Kopf mit 1768 DM um fast 500 Mark höher liegt als das der unter 45jährigen, ein nicht zu unterschätzendes Marktpotential dar, das zunehmend entdeckt wird.
Steigende Reiselust bei Senioren
Die Vorstellung vom antriebslosen, abhängigen und inaktiven älteren Menschen hat ausgedient. Senioren von heute sind vielmehr vitale, aktive Mitglieder der Gesellschaft und wollen sich auch als solche verstanden wissen. Sie erwarten Respekt und Integration.
Schon jetzt werden 40% aller Reisen von sogenannten "best agern" unternommen, die die 50 hinter sich gelassen haben. Die Reiseintensität dieser Gruppe wächst dreimal so schnell wie die der übrigen Bundesbürger. Eine Prognose des Instituts für Freizeitwirtschaft aus dem letzten Jahr besagt, daß die Zahl ihrer Reisen von 1995-2005 um 34% zunehmen wird, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung in diesem Zeitraum nur um ca. 9% steigen wird.
Die Stützgriffe dienen über ihre eigentliche Funktion hinaus auch als Handtuch- oder Papierrollenhalter und verfügen zusätzlich über eine Polsterung. |
Individualität ist Trumpf
Der Reisemarkt für reifere Urlauber wird über einen längeren Zeitraum zu einem wichtigen (Wachstums-)Markt, da das Potential der mittleren Jahrgänge bereits ausgeschöpft ist und die Zahl der Jugendlichen bis zur Jahrtausendwende um 20% zurückgehen wird.
Ohne Zweifel stellen die mobilen, "jungen" Alten auch andere Ansprüche an die Ausstattung des Gästebades in Hotels. Abgesehen davon, daß diese Erbengeneration auch über ein höheres Einkommen und Vermögen verfügt, ist ihre Erwartung an Komfort, Extras und Service höher als die jüngerer Reisender. Dies ist allerdings nicht mit einer Forderung nach übertriebenem Luxus gleichzusetzen, sondern mit einem sehr individuellen Anspruch des persönlichen Wohlbefindens.
Gerade ältere Menschen sehen den Urlaub nicht als Erholung, sondern als Erlebnis an und möchten ihre Mobilität, Eigenständigkeit und Aktivität nicht dadurch eingeschränkt wissen, daß ihnen mit zu hohen Duschkanten und fehlenden Sitzgelegenheiten oder Haltegriffen "Barrieren" in den Weg gelegt werden, die im Privatbad oft schon beseitigt wurden.
Fest montierte Klappsitze laden zum Ausruhen ein: Eine Wohltat für Kreislaufschwache oder Menschen mit Einschränkungen des Bewegungsapparates. |
Fit trotz kleiner Handicaps
Auch wenn die Alten von heute wesentlich fitter und aktiver sind als eine Generation zuvor, kann nicht geleugnet werden, daß sie mit fortschreitendem Alter vermehrt mit zumindest kleineren Handicaps zu kämpfen haben.
Dies belegt die Zahl von 6,6 Millionen Deutschen, die sich mit einer anerkannten Schwerbehinderung von mindestens 50% arrangieren müssen. Über 75% dieser Betroffenen sind älter als 55 Jahre. Das bedeutet allerdings nicht, daß diese rund 5 Millionen ihre Reiselust zügeln, wenn die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, um sich auch im Urlaub mindestens genauso wohl wie zu Hause zu fühlen. Da die "Behinderungen" von den Folgen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung bis zur Beeinträchtigung des Bewegungsapparates reichen, sind die Anforderungen an das Gästebad sehr unterschiedlich.
Sicherheit im Bad und damit Komfort erzeugende Produkte werden von der Industrie seit langem bereitgestellt und ständig weiterentwickelt. Daß dies nicht zu Lasten der Ästhetik geht, wird durch moderne Farb- und Formgebung heutiger barrierefreier Badausstattungen, die zudem mit anderen Badserien kombiniert werden können, eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Der ergonomisch geformte Brausehalter läßt sich sowohl durch Ziehen als auch durch Drücken stufenlos verstellen und ist von beiden Seiten gleichermaßen gut zu bedienen. |
Sicher und komfortabel duschen
Die Bandbreite der seniorengerechten Ausstattung von Hotelbädern reicht von ebenerdigen, schwellenlosen Duschen über Stützgriffe und in Stangensysteme eingebettete Sitze bis hin zu bedienungsfreundlichen Brausehaltern. Im Duschbereich ist es besonders für Menschen mit Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates und für diejenigen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind - und daher zusätzlich einen vergrößerten "Aktionsradius" benötigen - wichtig, daß keine Niveauunterschiede zwischen Boden und Dusche vorliegen. Außerdem muß jederzeit die Möglichkeit des Abstützens oder Festhaltens gegeben sein.
Dies wird durch ein besonders flexibles Stangensystem, das gleichzeitig als Handlauf dient und in das zusätzlich ein Sitz eingehängt werden kann, sichergestellt. Ein solcher herausnehmbarer Sitz eignet sich gut für kreislaufschwache Menschen, kommt aber auch Paaren zugute, bei denen nur einer der Partner eine Sitzgelegenheit in der Dusche benötigt.
Darüber hinaus ist ein ergonomischer, höhenverstellbarer Brausehalter besonders praktisch, der sich wahlweise durch Ziehen oder Drücken in der Höhe verstellen läßt und von beiden Seiten gleichermaßen gut zu bedienen ist. Für Links- oder Rechtshänder ist dies ebenso von Vorteil wie für Gäste mit eingeschränkter Motorik. Ein Feststellen des Brausehalters ist nicht erforderlich, da er nach dem Loslassen automatisch in der gewünschten Stellung verbleibt. Der Brausehalter wird über die Brausestange mit dem Stangensystem verbunden. Vor der endgültigen Montage ist die Brausestange frei positionierbar.
In das variable Stangensystem mit integrierter Brausestange - das gleichzeitig auch als Handlauf dient - kann zusätzlich ein Sitz eingehängt werden. |
Stabile Stützgriffe
Eine weitere multifunktionale Idee stellen Stützgriffe neben Waschtischen oder Toilette dar, die in verschiedenen Ausladungen erhältlich sind. Unterschiedliche Ausführungen dienen über ihre eigentliche Funktion hinaus auch als Handtuch- oder Papierrollenhalter bzw. verfügen über eine Polsterung. Senioren, die sich beim Aufstehen abstützen müssen, wird nicht zuletzt durch den stabilen Stahlkern-Nylon-Griff ein sicherer Halt im Naßbereich garantiert. Zusätzlichen Komfort bieten an der Wand montierte Klappsitze, standfeste Hocker sowie Kippspiegel, mit deren Hilfe man sich auch im Sitzen schminken oder frisieren kann.
Natürlich bieten barrierefreie Gästebäder nicht nur Vorteile für Senioren, sondern tragen auch den Bedürfnissen verschiedener anderer Zielgruppen Rechnung. Das reicht vom Großelternpaar, das mit dem Enkel verreist, über Behinderte bis zu Familien mit kleinen Kindern, die alle wegen des erhöhten Benutzerkomforts vom Programm "Barrierefreies Wohnen" profitieren können.
B i l d e r : HEWI Heinrich Wilke GmbH, Bad Arolsen
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