IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/1999, Seite 62


RECHT-ECK


Arglistige Täuschung

Anfechtung wegen unterlassener Aufklärung über den Umfang der Verbindlichkeiten einer GmbH

Dr. Norbert Vogelsang

Erkennt der Erwerber eines Unternehmens bzw. von Gesellschaftsanteilen eines Unternehmens nach Abschluß des Kaufvertrages, daß das Unternehmen keine Überlebenschance haben wird, stellt sich für ihn die Frage, wie er den Kaufvertrag rückabwickeln kann, wenn für diesen Fall keine speziellen Vertragsklauseln vereinbart worden sind.

Der BGH hat in diesem Zusammenhang mit Urteil vom 04.03.1998 (veröffentlicht in NJW-RR 1998, S. 1406) entschieden, daß der Verkäufer verpflichtet ist, den Käufer ungefragt über solche Umstände aufzuklären, von denen er weiß oder wissen muß, daß sie für den Käufer von wesentlicher Bedeutung sind, etwa weil sie den Vertragszweck vereiteln können. Bei finanziell angespannter Lage einer GmbH müsse er sämtliche Verbindlichkeiten offenlegen, insbesondere wenn diese erst in ihrer Gesamtheit die Konkursreife der GmbH begründen.

Im vorliegenden Fall hatte ein Gesellschafter-Geschäftsführer seinen 1/3-Gesellschaftsanteil an einer konkursreifen GmbH an einen rechtskundigen Käufer zu einem Kaufpreis von 17.000 DM veräußert, der sich zudem verpflichtet hatte, eine Tilgungsverpflichtung für ein Darlehen in Höhe von 86.000 DM zu übernehmen sowie den Verkäufer aus der Haftung für eine Bankbürgschaft über 462.000 DM freizustellen. Der Verkäufer war in der Gesellschaft für die Buchhaltung und die Geldangelegenheiten zuständig und kannte die wirtschaftliche Situation. Die Frage des Käufers im Notartermin, ob neben den Bankverbindlichkeiten weitere Verbindlichkeiten bestünden, hatte der Kläger unter Hinweis auf einige kleinere Verbindlichkeiten verneint. Nachdem der Käufer von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erfahren hatte (unbezahlte Warenrechnungen, Rückstände bei Löhnen, Sozialabgaben und Steuern) focht er den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an.

Der BGH hat die Voraussetzungen für die Anfechtung bejaht und darauf abgestellt, daß angesichts der dem Verkäufer bekannten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft (Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit) der Vertragszweck, nämlich die Fortführung einer werbenden Gesellschaft unter Beteiligung des Käufers, offensichtlich ernsthaft gefährdet, wenn nicht sogar von vornherein vereitelt worden sei. Der Verkäufer sei unabhängig von der Rechtskundigkeit des Käufers verpflichtet gewesen, diesen über solche Umstände aufzuklären, die nur ihm bekannt sind und von denen er weiß oder wissen muß, daß sie für den Käufer von wesentlicher Bedeutung sind.


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