IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/1999, Seite 51 ff.


ELEKTROTECHNIK


Einführung in die Elektronik

Die Diode Teil 9

Ing. Günter E. Wegner

Grundsätzliches über die Diode wurde schon in Teil 4 der IKZ-HAUSTECHNIK-Serie beschrieben. In diesem Teil sollen ergänzend dazu Aufbau, Wirkungsweise und Anwendungsgebiete der Diode aufgezeigt und so das Wissen um dieses elektronische Bauteil vertieft werden.

Die Diode, das sagt schon der Name, ist ein Bauelement mit zwei Anschlüssen (Diode = Zweipol). Ihre Besonderheit liegt darin, daß sie Ventileigenschaften hat. Unter der Bezeichnung "Ventil" versteht der Sanitärtechniker eine mechanische Absperreinrichtung, mit der eine Strömung unterbunden werden kann. Kommt dem Ventil eine Richtwirkung zu, wie z.B. bei einem Rückschlagventil, sperrt es die Strömung in der einen Richtung, während es sie in der anderen durchläßt. So wie ein Rückschlagventil arbeitet auch das elektrische Ventil, die Diode. Beim Anlegen einer Gleichspannung wird je nach Polung der Strom gesperrt oder durchgelassen. So kann man die Diode als elektronischen Schalter einsetzen: Strom gesperrt = Schalter offen - Strom fließt = Schalter geschlossen.

Bild 1: Zur Wirkungsweise der Diode: Je nach Polung der Spannung wird die Sperrschicht unterstützt oder abgebaut - die linke Diode sperrt, die rechte ist leitend.

Verhalten der Diode

Dioden sind Halbleiterbauelemente, die aus Selen, Silizium oder Germanium aufgebaut sind. Sie haben, wie im Bild 1 noch einmal verdeutlicht, einen PN-Übergang. Legt man an diesen eine Gleichspannung so an, daß die N-Schicht positiv und die P-Schicht negativ polarisiert wird, fließt praktisch kein Strom. Ändert man die Polarität der Spannung, baut sich die Sperrschicht ab, es kann Strom fließen - die Diode leitet. Man kann dieses Verhalten der Diode anschaulich in einer Grafik darstellen. In dieser "Diodenkennlinie" genannten Grafik trägt man den durch die Diode fließenden Strom in Abhängigkeit von der Spannung ein. Zu unterscheiden in der Kennlinie ist das Durchlaßgebiet und das Sperrgebiet. Im Durchlaßgebiet steigt der Flußstrom IF mit zunehmender Spannung U steil an, sobald die Schleusen- oder Sperrspannung UD überschritten ist. Es fließt dann schon bei relativ kleinen Spannungen ein großer Strom. Dieser reicht von Milliampere bis zu mehreren hundert Ampere bei Leistungsdioden. Im Sperrgebiet, dem Kennlinienteil in Sperrichtung, fließt nur ein geringer Sperr- oder Rückstrom IR - er bleibt in der Größenordnung von einigen Mikroampere. Bleibt zu erwähnen das Durchbruchsgebiet. Beim Überschreiten einer maximal zulässigen Sperrspannung schlägt gewissermaßen die isolierende Sperrzone des Halbleiters durch, der Strom steigt steil an - die Diode wird zerstört.

Bild 2: Grundsätzliche Kennlinie einer Diode, darunter gezeichnet die Schaltung zur Aufnahme einer Diodenkennlinie.

Bild 3: Wirkungsweise der Gleichrichtung einer Wechselspannung mit der Diode.

Bild 4: Schaltung und Wirkung des Brückengleichrichters.

Gleichrichterfunktion

Zahlreiche elektronische und nicht-elektronische Verbraucher benötigen zum ordnungsgemäßen Betrieb eine Gleichspannung. Unser Stromversorgungsnetz liefert aber Wechsel- bzw. Drehstrom. Somit gilt es, diesen in einen Gleichstrom bzw. in eine Gleichspannung umzuwandeln. Dazu bieten sich Dioden oder Diodenkombinationen an. Die einfachste Gleichrichterschaltung besteht aus der Reihenschaltung einer Diode und einem Lastwiderstand R. Legt man an diese Reihenschaltung eine Wechselspannung, so kommt an der Diodenanode abwechselnd die positive und negative Halbwelle zu liegen. Die Diode wird also laufend umgepolt. Sie ist während der positiven Halbwelle leitend, über den Lastwiderstand R fließt ein Strom, während der negativen Halbwelle dagegen sperrt sie, es fließt kein Strom durch den Widerstand. Das bedeutet, der Strom durch den Last- oder Verbraucherwiderstand fließt immer in der gleichen Richtung. Der so erhaltene "Gleichstrom" ist allerdings sehr wellig und enthält noch einen großen Wechselspannungsanteil, da durch die fehlenden negativen Halbwellen "Strompausen" auftreten. Die Situation läßt sich verbessern, wenn man auch die zweite Halbwelle der Netzwechselspannung nutzbar macht. Das geht mit der sog. Zweiweggleichrichtung. Dazu legt man eine zweite, entgegengesetzt gepolte Diode in den Stromkreis. Die beiden Dioden werden nun abwechselnd leitend, beide Halbwellen lassen einen Strom durch den Verbraucher fließen. Die Wirkung ist so, als wenn die negative Halbwelle nach oben umgeklappt wird. Die Zweiweggleichrichtung erfordert allerdings einen aufwendigen Transformator mit einer speziellen Sekundärwicklung. Die moderne Technologie bevorzugt daher eine Gleichrichteranordnung in einer Brückenschaltung. Sie wird aus vier Diodenstrecken aufgebaut und nutzt ebenfalls beide Halbwellen der Netzspannung. Während einer Halbwelle der Wechselspannung fließt der Strom durch die Dioden V1 und V4 über den Lastwiderstand R (siehe Bild 4), während der zweiten Halbwelle sind die Dioden V2 und V3 leitend. Im Lastwiderstand R hat der Strom jedesmal die gleiche Richtung. Gelegentlich ist es notwendig oder wünschenswert, die Ausgangsspannung einer Gleichrichterschaltung veränderbar zu machen, etwa für die Drehzahlsteuerung eines Gleichstrommotors. Das läßt sich mit steuerbaren elektronischen Bauelementen wie Thyristoren und Triacs über sog. Phasenanschnittsteuerungen realisieren. Solche Schaltungen werden später ausführlich behandelt.

Bild 5: Verschiedene Möglichkeiten der Gleichrichtung von Wechselspannungen; oben: Einweggleichrichtung, Mitte: Brückengleichrichtung, unten: Zweiweggleichrichtung.

Bild 6: Zur Wirkungsweise des Ladekondensators.

Der Ladekondensator

Um welche Art der Gleichrichtung es sich auch handelt, die gelieferte Gleichspannung hat einen für viele Anwendungen immer noch zu hohen Wechselspannungsanteil, eine zu hohe Welligkeit. Eine direkte Speisung elektronischer Schaltungen ist damit kaum möglich. Man kann die Welligkeit durch Anschaltung eines Kondensators großer Kapazität herabsetzen, indem man sozusagen die Täler zwischen zwei Halbwellen ausfüllt. Bild 6 verdeutlicht das. Während des Zeitraumes, in dem die Ausgangsspannung von Null bis auf ihrem Höchstwert ansteigt, lädt sich der Kondensator CL auf. Die Ausgangsspannung des Gleichrichters nimmt danach wieder ab, ohne daß sich die Stromrichtung ändert. Der Kondensator wird daher nicht entladen, seine Ladung wird lediglich geringer. Die folgende Halbwelle gleicht diesen Ladungsverlust sofort wieder aus. Die Welligkeit wird spürbar reduziert und hängt letztlich ab von der Belastung, etwa der zu speisenden Elektronikschaltung. Diese entnimmt dem Gleichrichter auch zwischen den beiden Halbwellen Strom - der Kondensator wird tiefer entladen. Der Kondensator wirkt wie eine Pufferbatterie und liefert jeweils in der Zeit zwischen den Halbwellen Strom. Dabei wird er um so tiefer entladen, je größer der Laststrom ist und es ist einzusehen, daß die verbleibende Restwelligkeit der Gleichspannung mit von der Höhe der Belastung abhängt. Für viele Anwendungen ist die verbleibende Welligkeit auch jetzt noch zu groß. Es werden dann weitere Maßnahmen zur Glättung - zur "Siebung" wie man auch sagt - notwendig. Das geschieht mit Siebglieder, bestehend aus Kondensator und Widerstand oder Drossel. Sie bilden einen frequenzabhängigen Spannungsteiler, d.h. der Wechselspannungsanteil wird zurückgehalten, die Gleichspannung durchgelassen. Für hohe Ansprüche werden elektronische Siebglieder eingesetzt, die gleichzeitig eine Stabilisierung und Regelung der Gleichspannung bewirken.

Bild 7: Gleichrichterschaltung mit Ladekondensator C1 und Siebkette R/C2 zur weiteren Glättung der Gleichspannung (HEA).

Bild 8: Anwendungsbeispiel der Dioden als Entkopplungsglieder.

Bild 9: Anwendungsbeispiel der Diode als Spannungsbegrenzer, hier zum Schutz eines Zeigermeßwerkes.

Weitere Anwendungen

Als Gleichrichter hat die Diode ein breites Anwendungsgebiet. Gleichgerichtet werden nicht nur Netzwechselspannungen, sondern auch Spannungen hoher Frequenz oder Impulse, etwa um Vergleichs- oder Regelspannungen zu gewinnen. Dioden werden auch eingesetzt um Stromkreise gegeneinander zu entkoppeln. Dazu zeigt Bild 8 ein Beispiel. Gezeichnet ist eine Steueranordnung mit zwei Schaltschützen. Diese sollen von drei Schaltern so betätigt werden, daß der Schalter S1 nur das Schütz A, der Schalter S3 nur das Schütz B und der Schalter S2 beide Schütze erregt. In der Schaltung verhindert die Diode D1, daß Schütz B anzieht, wenn S1 geschlossen wird. D2 sperrt, wenn Schalter S3 geschlossen wird. Wird dagegen S2 eingelegt, sind beide Dioden in Durchlaßrichtung geschaltet und beide Schütze ziehen an. Dioden werden auch verwendet, um empfindliche Bauteile oder Meßgeräte vor Überspannungen zu schützen. Dazu wird die verhältnismäßig konstante Spannung ausgenutzt, die über einer in Durchlaßrichtung gepolten Diode liegt. Liegt diese parallel zum zu schützenden Bauteil und steigt die Spannung zu weit an, steigt der Strom durch die Diode ebenfalls und begrenzt den Spannungsanstieg. Solche Begrenzerschaltungen findet man auch bei Wechselspannungen. Sie liegen "antiparallel" zur Wechselspannung; die eine Diode begrenzt die negative, die andere die positive Halbwelle. So wird z.B. ein empfindliches Meßwerk vor Überlastung geschützt. Auch als Leistungsbegrenzer wird die Diode eingesetzt. Das geht nach dem Prinzip der Einweggleichrichtung. Eine Halbwelle wird unterdrückt, so nimmt der Verbraucher bei gleicher Spannung nur die halbe Leistung auf. Wird ein induktiver Verbraucher - Motor, Trafo u.a. - abgeschaltet, entsteht am Schalter ein Funken. Grund dafür ist die Selbstinduktion, die wie beschrieben, in jeder Spulenwicklung bei Strömänderung eine Spannung auftreten läßt. Da sich beim Abschalten der Strom sehr schnell ändert, tritt eine hohe Spannungsspitze auf, die im Stromkreis liegende Bauelemente zerstören kann. Darum wird durch eine parallel liegende Diode die Selbstinduktionsspannung kurzgeschlossen und die Funkenbildung unterdrückt.

Bild 10: Hier schützt die Diode einen Reedkontakt vor Abrißfunken (Kobold).

Bild 11: Prinzipschaltung und Kennlinie einer Zenerdiode.

Die Zenerdiode

Üblicherweise werden Dioden sofort zerstört, wenn die zulässige Sperrspannung nur geringfügig überschritten wird. Man spricht dann vom Kennliniendurchbruch und der Durchbruchsspannung. Grund dafür ist die hohe elektrische Feldstärke, die an der Sperrschicht die Elektronen aus ihrer Bindung reißt und den Sperrstrom lawinenartig ansteigen läßt (Avalanche-Effekt). Diese zunächst nachteilige Erscheinung führte aber zur Entwicklung eines speziellen Diodentyps, der Zenerdiode - kurz Z-Diode - oder Referenzdiode. Sie eignet sich u.a. besonders gut zur Spannungsstabilisierung. Dazu wird die Diode in Sperrichtung betrieben. Durch den steilen Abfall der Kennlinie bleibt die angelegte Spannung auch bei verhältnismäßig großen Stromschwankungen nahezu konstant. Die Z-Diode ist daher auch gut geeignet für die Gewinnung von Vergleichs- oder Referenzspannungen.

Fortsetzung folgt


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