IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/1999, Seite 72 f.


RECHT-ECK


Haftung des SHK-Unternehmers: 30 Jahre!

Organisationsverschulden

RA Friedrich-W. Stohlmann

Nach dem bekanntgewordenen Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 1982 zum sog. Organisationsverschulden eines Unternehmers mit der Folge einer 30jährigen Haftung ist diese Rechtsprechung inzwischen von verschiedenen Oberlandesgerichten aufgenommen und umgesetzt worden.

Zur Erinnerung:

Der BGH hat in dem oben genannten Urteil festgestellt, daß der Werkunternehmer, der ein Bauwerk arbeitsteilig herstellen läßt, die organisatorischen Voraussetzungen schaffen muß, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das Bauwerk bei Ablieferung (Abnahme) mangelfrei ist.

Unterläßt der Unternehmer diese Prüfung, so verjähren Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers möglicherweise erst nach 30 Jahren, wenn der Mangel bei richtiger Organisation innerhalb des Unternehmens von den Verantwortlichen entdeckt worden wäre. Die 30jährige Verjährungsfrist folgt aus den gesetzlichen Vorschriften der §§ 638 Abs. 1 Satz 1, 195, 852 BGB, die insoweit auch im Gewährleistungsrecht der VOB/B Anwendung finden.

Wie bekannt, haftet der Unternehmer bei arglistigem Verschweigen eines Mangels 30 Jahre und nicht, wie es die VOB/B im Regelfall vorsieht, nur zwei Jahre (§ 13 Nr. 4 VOB/B), bzw. fünf Jahre gem. § 638 BGB. Der BGH setzt ein Verschulden des Unternehmers im Rahmen seiner Organisation gleich mit einem arglistigen Verschweigen eines Mangels, jedenfalls im Hinblick auf die geltenden Verjährungsfristen.

Wann aber liegt ein solches Organisationsverschulden vor?

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der ihm folgenden Oberlandesgerichte liegt ein arglistiges Verschweigen eines Mangels auch dann vor, wenn bei arbeitsteiliger Ausführung eines Bauwerks bereits während der Bauausführung deutlich sichtbare und wesentliche sowie gehäuft auftretende Mängel, insbesondere, wenn sie nur über kurze Zeit sichtbar sind und dann durch weiterführende Arbeiten verdeckt werden, nicht vom Unternehmer gesichert und dem für die Abnahme zuständigen Organ gemeldet werden. Die Rechtsprechung spricht in diesem Fall von einem dem arglistigen Verschweigen eines Mangels gleichzustellenden Organisationsverschulden, von dem dann ausgegangen werden kann, wenn gravierende Mängel an besonders wichtigen Gewerken oder besonders auffällige Mängel an weniger wichtigen Bauteilen vorliegen oder wenn die Mängel so schnell durch Nachfolgearbeiten überdeckt werden, daß eine effektive Kontrolle vor der "Überdeckung" hätte gewährleistet werden müssen.

Woraus wird die 30jährige Haftung hergeleitet?

Die Arglisthaftung des Unternehmers wird in diesem Fall aus seiner Pflicht hergeleitet, vor Abnahme das Werk zu prüfen und es fehlerfrei abzuliefern. Der Unternehmer muß dann organisatorisch die Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das fertiggestellte Werk bei Ablieferung keinen Fehler aufweist. Stellt dies beispielsweise der SHK-Betrieb nicht sicher, ist der Auftraggeber so zu stellen, als wäre der Mangel dem Unternehmer bei Ablieferung des Werkes bekannt gewesen. Dann gilt die 30jährige Verjährungsfrist mit der Folge, daß dem Auftraggeber Gewährleistungsansprüche noch bis 30 Jahre nach der Abnahme zustehen und er den Unternehmer insoweit in die Haftung für auftretende Mängel nehmen kann.

Welche Anforderung stellt die Rechtsprechung an die Darlegungslast des Auftraggebers bei einem Organisationsverschulden?

Grundsätzlich hat der Auftraggeber die Voraussetzung darzulegen, die zu einer 30jährigen Verjährungsfrist führen. Der Auftraggeber genügt seiner Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, nach denen entweder der Unternehmer selbst oder die von diesem zur Erfüllung seiner Offenbarungspflicht eingesetzten Gehilfen den Mangel erkannt, aber nicht offenbart haben. Möglicherweise reicht schon aus, wenn der Auftraggeber vorträgt, der Unternehmer habe die Überwachung des Herstellungsprozesses nicht oder nicht richtig organisiert, so daß der Mangel deshalb bereits nicht erkannt worden sei. So kann ein gravierender Mangel an besonders wichtigen Gewerken ebenso den Schluß auf eine mangelhafte Organisation von Überwachung und Überprüfung zulassen, wie ein besonders augenfälliger Mangel an weniger wichtigen Bauteilen.

Demgegenüber wird der Unternehmer zu seiner Entlastung vorzutragen haben, wie er seinen Betrieb im einzelnen organisiert hatte, um den - ggf. arbeitsteiligen - Herstellungsprozeß zu überwachen und das Werk vor Ablieferung zu überprüfen. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis notwendig, daß die von den Fachverbänden angebotenen Qualitätsmanagementseminare schon in Hinsicht auf diese Entwicklung der Rechtsprechung von größter Bedeutung sind.

Für welche Mitarbeiter haftet der Unternehmer?

Grundsätzlich wird dem Unternehmer regelmäßig nur die Arglist solcher Mitarbeiter zugerechnet, denen er sich zur Erfüllung seiner Offenbarungspflicht gegenüber dem Besteller bedient. Dies sind in der Regel leitende Mitarbeiter, wie z.B. Bauleiter, Obermonteure, etc., die für den Unternehmer an der Mitwirkung der Erstellung des Werkes und seiner Überwachung tätig sind.

Der Unternehmer entzieht sich dieser Offenbarungspflicht gegenüber dem Auftraggeber nicht dadurch, daß er sich selbst unwissend hält oder sich keiner Gehilfen bei der Pflicht bedient, Mängel zu offenbaren.

Sorgt er bei der Erstellung des Werkes nicht für eine den Umständen nach angemessene Überwachung und Prüfung der Leistung und damit auch nicht dafür, daß er oder seine insoweit eingesetzten Erfüllungsgehilfen etwaige Mängel erkennen können, handelt er bereits deshalb vertragswidrig und haftet nach den Grundsätzen der Arglist 30 Jahre lang. Der Hersteller ist daher in jedem Falle verpflichtet, den Herstellungsprozeß angemessen zu überwachen und für die organisatorischen Voraussetzungen Sorge zu tragen, die diese Überwachung möglich macht.

Resümee:

Es ist daher dringend anzuraten, vor der eigentlichen Abnahme, die in der Regel zusammen mit dem Auftraggeber oder dessen Architekten/Fachingenieur durchgeführt wird, eine sog. Vorabnahme des eigenen Gewerks oder während der Erbringung der Leistung sog. Zwischenabnahmen im Sinne des § 12 VOB/B (Technische Abnahme) durchzuführen.

Nur wer sicherstellt, daß er den gesamten Herstellungsprozeß ständig organisatorisch überwacht hat, um mögliche Fehler auszuschließen, kann sich später auf diese durchgeführte Überwachung berufen, so daß die 30jährige Verjährungsfrist dann nicht durchgreift, weil dem Unternehmer kein Organisationsverschulden vorgeworfen werden kann.

In diesem Zusammenhang ist erneut darauf hinzuweisen, daß der Einzelunternehmer selbstverständlich durch seine Haftung mit dem Privatvermögen weitaus schlechter gestellt ist, als derjenige Unternehmer, der die Form der SHK-GmbH gewählt hat, weil im Regelfalle selbstverständlich nur die SHK-GmbH als Auftragnehmerin dieser 30jährigen Haftung ausgesetzt ist. Daher sollte der Inhaber einer Einzelfirma im SHK-Handwerk immer wieder darüber nachdenken, ob er diese persönliche Haftung mit seinem gesamten Vermögen nicht durch die Gründung einer SHK-GmbH oder einer GmbH & Co. KG minimiert.


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