IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/1999, Seite 56 ff.


KLIMATECHNIK


Umweltschutz und Kostensenkung durch Wärmerückgewinnung

Herbert Schartmann*

Die wirtschaftlich sinnvollen Möglichkeiten zur Reduktion des Energieeinsatzes müssen genutzt werden. Bei raumlufttechnischen Anlagen sind deshalb die Luftvolumenströme auf das erforderliche Maß zu begrenzen und die Luftwiderstände der Einbauelemente zu senken. Die Höhe des Energiebedarfes für die Luftaufheizung im Winter und -abkühlung im Sommer läßt sich drastisch durch den Einsatz von Wärmegewinnungssystemen einschränken.

Die technische Gebäudeausrüstung verbraucht einen sehr hohen Anteil der Gesamtenergie. Es wird deshalb ständig nach Lösungen gesucht, wie der Energiebedarf gesenkt werden kann. Die Fachleute des Bereiches "Heizung, Lüftung, Klima" haben die Aufgabe, bei Neuinstallationen und in bestehenden Anlagen für Energiesparmaßnahmen zu werben. Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde für Ventilatoren und Kältemaschinen und jede eingesparte Heizöl- oder Gasmenge dient dem Umweltschutz, senkt die Betriebskosten und ist volkswirtschaftlich sinnvoll. Die Höhe der Investitionen für Energierückgewinnung und das Maß ihrer Effektivität muß unter Berücksichtigung der jährlichen Betriebsstunden in einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ermittelt werden.

Bild 1: Zustandsänderung der Luft im h,x-Diagramm einer Wärmerückgewinnung im Winterbetrieb bei Rückwärmzahl F = 0,5.

Wirtschaftlichkeit

Als Bewertungsmaßstab für die Wärmerückgewinnung (WRG) bei lüftungstechnischen Anlagen dient das Verhältnis der Aufwärmung der Außenluft durch Wärmeentzug aus der Abluft zur maximal anstehenden Temperaturdifferenz zwischen Abluft und Außenluft; dieser Wert wird als Rückwärmzahl F bezeichnet (Bild 1).

mit Temperaturen

- Abluft = 11
- Außenlufteintritt = 21
- nach WRG = 22

F = 1 läge dann vor, wenn in einem unendlich großen Wärmeaustauscher die Abluft so abgekühlt würde, daß die Außenluft auf die Ablufttemperatur erwärmt würde. Mit steigender Rückwärmzahl F steigen die Investitionskosten und auch die Energiekosten zur Überwindung der Luftwiderstände. Die Wirtschaftlichkeit ist dann gegeben, wenn die Mehraufwendungen für Betrieb und Investition durch Einsparungen an Betriebskosten (Energie) in angemessener Zeit amortisiert werden.

Kreislaufverbundsystem

Zur Aufwärmung der Außenluft im Winter bzw. Abkühlung im Sommer wird die Differenz des Wärmeinhaltes zwischen Fortluft und Außenluft nutzbar gemacht. Hierzu wird je ein Wärmeaustauscher aus Kupferrohren mit Aluminiumlamellen im Außenluft- und Abluftstrom installiert. Den Wärmetransport übernimmt ein Zwischenmedium aus Wasser und Frostschutzmittel. Eine Pumpe im Rohrsystem, Membranausdehnungsgefäß und Sicherheitsventil komplettieren die Installation.

Bild 2: Wärmeaustauscher in verschiedenen Abluftanlagen bilden mit einem Austauscher in der Außenluft ein WRG-Kreislaufverbundsystem.

Der große Vorteil des Kreislaufverbundsystems liegt darin, daß die Wärmeaustauscher in der Außenluft und das Abluftgerät an ganz unterschiedlichen Stellen im Gebäude untergebracht sein können. Das verbindende Rohrsystem macht dies möglich. Ein weiterer Vorteil des Systems sind die Möglichkeiten der Kombinationen mehrerer Abluftaustauscher auf ein Zuluftgerät, Abb. 2. Das System empfiehlt sich auch im Krankenhauseinsatz, da eine Übertragung kontaminierter Abluft in die Außenluft unmöglich ist. Der Platzbedarf ist vergleichsweise gering und so eignet sich dieses System sehr gut für den nachträglichen Einbau in bestehenden Anlagen.

Je nach Anzahl der eingebauten Rohrreihen und der Luftgeschwindigkeit im Wärmeaustauscher kann die Rückwärmzahl bis zu F = 0,9 im Gegenstrombetrieb erreichen. Im Hinblick auf die zusätzliche Ventilatorleistung und die Investitionskosten liegt das Optimum der Wirtschaftlichkeit im allgemeinen bei Rückwärmzahlen von 0,4 bis 0,5.

Bild 3: WRG-Kreislaufverbundsystem mit Regelventil in Klimaanlage.

Im Heizbetrieb muß die Regelung bei entsprechend hohen Außentemperaturen die Leistung der Energierückgewinnungsanlage reduzieren, damit die Lufttemperatur hinter dem Außenlufterwärmer die geforderte Zulufttemperatur nicht überschreitet. Hierzu kann mittels Bypassleitung und Dreiwegeventil der Wasserumlauf im Abluftkühler reduziert werden (Bild 3). Die Regelung erfolgt durch einen Temperaturfühler, der über einen Regler mit ansteigenden Außentemperaturen in Sequenz die Regelventile Lufterwärmer - Energierückgewinnungsanlage - Luftkühler steuert. Die Folge der Ventilregelung und Pumpenschaltung in Abhängigkeit der Außenlufttemperaturen zeigt das Diagramm in Bild 4. Der Außenlufttemperaturbereich zwischen WRG-Ventil Auf und Zu ist nur gering, ebenso die Betriebsstundenzahl. Da die Umwälzpumpe den Ventilwiderstand überwinden muß und dies wiederum die Energieeinsparung reduziert, kann bei Anlagen mit niedriger Rückwärmzahl auf das Regelventil verzichtet werden.

Bild 4: Folge der Ventilregelung in Abhängigkeit der Außentemperatur.

Im Sommer entlastet das Kreislaufverbundsystem die Kälteanlage. Wenn die Ablufttemperatur einige Grade unter der Außenlufttemperatur liegt, ist der Kühlbetrieb möglich. Kalte Abluft kühlt warme Außenluft.

Zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit wird die Umwälzpumpe in den Zeiten abgeschaltet, in denen Energie nicht übertragen werden kann oder nicht übertragen werden soll.

Bild 5: Raumlufttechnisches Zentralgerät für Zu- und Abluft mit Platten-Wärmeaustauscher.

Platten-Wärmeaustauscher

Ein sehr einfaches Prinzip zur Energierückgewinnung stellen die Plattenaustauscher dar. Glatte oder profilierte Platten sind so miteinander verbunden, daß zwei Luftströme unterschiedlicher Temperatur durch die Wärmetauscherplatten getrennt Wärme übertragen können. Ein RLT-Zentralgerät zeigt Bild 5. Da die Luftströme sich kreuzen, werden derartige Apparate auch als Kreuzstrom-Wärmeaustauscher bezeichnet. Das Material ist meistens Aluminium, und für Sonderfälle stehen beschichtete Wärmeaustauscher, Glas und Kunststoffe zur Verfügung.

Die Wärmerückgewinnung im Sommer- und Winterbetrieb wird durch ein Klappensystem geregelt. Sollte bei bestimmten Betriebsbedingungen die Abluft so stark abgekühlt und entfeuchtet werden, daß es zu Eisbildung im Wärmeaustauscher kommt, kann durch Bypassschaltung eine rasche Abtauung sichergestellt werden.

Bild 6: Gerätebauteil für RLT-Zentralgerät mit Rotationswärmerückgewinner und Bypassklappen in Außen- und Fortluft.

Rotationswärmeaustauscher

Eine luftdurchlässige Speichermasse in Wabenstruktur wird als rotierende Wärmeaustauschermasse eingesetzt (Bild 6). Im Winterbetrieb durchströmt die warme Abluft den Rotor, die Wabenstruktur erwärmt sich. Durch Drehung des Wärmeaustauschers gelangt die erwärmte Wabenstruktur in den kalten Außenluftstrom und gibt die Wärme wieder ab. Die übertragbare Leistung ist einerseits abhängig von den Abmessungen und von der Drehzahl des Rotors. Wie bei den anderen Energierückgewinnungssystemen ist hier im Sommerbetrieb ebenfalls die Kühlung der warmen Außenluft durch die kalte Abluft möglich.

Bei entsprechender Behandlung der Oberflächenstruktur der rotierenden Masse kann aus dem Wärmeregenerator ein Sorptionsregenerator werden. Dies bedeutet, daß zusätzlich zur Wärme auch Luftfeuchte von der einen zur anderen Seite übertragen werden kann. Vorteile des Systems sind die niedrigen Luftwiderstände und die gute Regelbarkeit. Ein gewisser Nachteil entsteht durch die Leckagequote. Die Trennstelle zwischen Außenluft und Abluft kann naturgemäß nicht luftdicht sein. Bei der Positionierung der beiden Ventilatoren ist auf die Überströmung zu achten, zumal dann, wenn hohe hygienische Anforderungen erfüllt werden müssen.

Bild 6 zeigt einen Rotationswärmeaustauscher mit zusätzlichen Bypassklappen. Das dargestellte Gerätebauteil ist Teil einer Klimaanlage mit drehzahlgeregelten Ventilatoren. Bei reduzierter Übertragungsleistung bzw. bei Rotor-Stillstand sind die Bypassklappen geöffnet. Der Energiebedarf der Ventilatormotoren sinkt und die Wirtschaftlichkeit steigt.

Bild 7: Prinzipbild des Wärmerohres.

Wärmerohre

Sogenannte Wärmerohre bestehen aus Bündel vakuumdicht verschlossener Lamellenrohre, die eine Kapillarstruktur auf der Innenseite und eine Arbeitsflüssigkeit im Rohr haben (Bild 7). Diese Flüssigkeit wird an der warmen Hälfte des Rohres verdampft (die Luft wird gekühlt) und gibt die aufgenommene Wärme durch Kondensation an der kalten Rohrseite ab (diese Luft wird erwärmt). Eine geringe Neigung des Rohres zum warmen Ende hin unterstützt den Rückfluß des Kondensates (Arbeitsflüssigkeit) durch Schwerkraft und verstärkt den Wärmeaustauscheffekt. Die voneinander unabhängigen Einzelrohre werden den Anforderungen entsprechend zu einem Wärmeaustauscher zusammengefaßt. Eine Trennwand in der Mitte schottet den Abluftstrom vom Außenluftstrom ab. Durch Änderung des Neigungswinkels kann die Leistung einer derartigen Wärmerückgewinnung geregelt werden (Bild 8). Ist im Sommerbetrieb die Außenlufttemperatur höher als die Ablufttemperatur, kann die Wirkungsweise des Wärmerohres durch Kippung geändert werden. Kalte Abluft kühlt warme Außenluft. Wärmerohre in stehender Anordnung sind nur im Heizbetrieb wirksam. Deren Regelung muß dann wiederum über eine Bypassschaltung erfolgen.

Bild 8: Gerätebauteil eines RLT-Zentralgerätes für Zu- und Abluft mit Wärmerohr für Kippregelung.

Zusammenfassung

Platten-Wärmeaustauscher, Rotations-Wärmeaustauscher und Wärmerohre sind vom Prinzip her sehr unterschiedliche Wärmeübertrager, benötigen aber alle Außenluft und Abluft an gleicher Stelle. Das gänzlich andere System stellt das Kreislaufverbundsystem dar, bei dem die einzelnen Anlageteile an beliebiger Stelle im Gebäude plaziert sein können. Das System eignet sich auch besonders gut für die Nachrüstung in bestehenden Anlagen.

Die Wärmerückgewinnungssysteme minimieren einerseits in der kalten Jahreszeit den Bedarf an Heizenergie, andererseits im Sommer die Betriebszeit und die maximale Leistung der Kältemaschine. Die Technische Gebäudeausrüstung kann durch derartige Anlagenelemente einen weiteren Beitrag zur CO2-Reduktion leisten.


* Herbert Schartmann, Geschäftsführer der ROX Lufttechnik GmbH, Weitefeld


B i l d e r :   ROX Lufttechnik GmbH, Weitefeld


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]