IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/1999, Seite 82 ff.


KLIMATECHNIK/REGELWERK


Europäische Normung im Bereich Lüftungs-und Klimatechnik

Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Barbara Leyendecker*

Die meisten Normungsvorhaben der Lüftungs- und Klimatechnik entstehen im europäischen Raum; nationale Normen werden Zug um Zug zurückgezogen und durch europäische Normen ersetzt. Der folgende Artikel zeigt eine Übersicht der aktuellen und geplanten Normprojekte in den Bereichen Lüftung von Gebäuden, Luftfilter und Ventilatoren.

Lüftung von Gebäuden

Aktiv arbeiten Vertreter von Unternehmen, Verbänden, Hochschulen und sonstigen Institutionen seit der Gründung 1988 im technischen Komitee (TC) 156 "Lüftung von Gebäuden" des CEN mit. Der Arbeitsauftrag dieses TC umfaßt Normung über Terminologie, Prüfmethoden und Klassifizierung, Dimensionierung und Anpassung von mechanischen oder natürlichen Lüftungssystemen und deren Bestandteile wie Ventilatoren, Rohre, Wärmespeicher. Themenbezogen erarbeiten insgesamt 9 working groups (WG) die verschiedenen Normprojekte.

Die WG 1 legt die Grundlagen für die Normungsarbeit, indem sie mit der Terminologie eine gemeinsame Sprache schafft.

Die natürliche und mechanische Wohnungslüftung ist das Thema der WG 2. In den im Jahr 1998 veröffentlichten Normentwürfen prEN 13141 Teile 1 - 6 und prEN 13142 werden Leistungsprüfungen und -kenngrößen von Bauteilen für die Wohnungslüftung geregelt. Neue Aufgabenfelder für die WG 2 ergeben sich in Zukunft mit Berechnungsverfahren von Luftvolumenströmen in gewerblichen Gebäuden und Berechnungsverfahren der durch die Lüftung verursachten Energieverluste.

Tabelle 1

Neue Filter-
klassen DIN EN 779

Mittlerer Abscheidegrad gegenüber synthetischem Staub in %

Mittlerer Wirkungsgrad gegenüber atmosphärischem Staub in %

Alte Filterklassen DIN 24 185

G1

50<Am <65

-

EU 1

G2

65<Am <80

-

EU 2

G3

80<Am <90

-

EU 3

G4

90<Am

-

EU 4

F5

-

40<Em <60

EU 5

F6

-

60<Em <80

EU 6

F7

-

80<Em <90

EU 7

F8

-

90<Em <95

EU 8

F9

-

95<Em

EU 9

Die WG 3 befaßt sich mit dem Thema Luftleitungen. DIN EN 1505 und DIN EN 1506 (Maße von Luftleitungen mit rechteckigem bzw. rundem Querschnitt) sind im Februar 1998 erschienen. Leider sind die dazugehörenden europäischen Prüfnormen (prEN 1507 und prEN 12237 - Festigkeit und Dichtheit von Luftleitungen) noch nicht abgeschlossen. Somit ist die Frage der Mindestwanddicken noch nicht europäisch geregelt. Dementsprechend gelten Auszüge der deutschen Normen DIN 24145, DIN 24147, DIN 24151, DIN 24190 und DIN 24191 vorläufig weiter.

Sehr aktiv ist die Arbeitsgruppe 4 mit dem Thema Lüftungsbauteile. Eine Reihe von Normen gelten bereits oder befinden sich in einem fortgeschrittenen Stadium. Ein Komplex behandelt die aerodynamische Prüfung von Drossel- und Absperrelementen sowie von Luftdurchlässen. In diese Kategorie fallen die Normen prEN 1751, prEN 12589, prEN 12239, prEN 12238. Zum Thema Leistungsprüfung von Schutzblenden (Endgeräte) sind die Entwürfe DIN EN 13030 und 13181 erschienen. Gerätetechnische Anforderungen zur Messung der Luftgeschwindigkeit in belüfteten Räumen werden in prEN 13182 behandelt. Die Prüfung für die bauliche Klassifizierung von bodenseitig eingebauten Luftverteilungsgeräten in prEN 13264 wurde 1998 vorgestellt.

Die WG 5 "Luftbehandlungsgeräte" hat ein zusammengehörendes Normenpaar herausgegeben. DIN EN 1886 "Zentrale raumlufttechnische Geräte/Mechanische Meßverfahren und Eigenschaften" enthält Anforderungen an das Gerätegehäuse und wird ergänzt durch eine Norm für innenliegende Bauelemente und Baugruppen: prEN 13053 "Nennwerte und Leistungsangaben, Bauelemente und Gruppen". Diesem Regelwerk steht bisher keine deutsche Norm gegenüber; es ist also neu konzipiert.

Die WG 6 versucht, Planungsgrundlagen für die Qualität der Luft in Innenräumen zu schaffen. Allerdings hatte der Normentwurf prEN 1752 auch die zweite Abstimmung in Europa nicht bestanden, so daß die Inhalte dieser Norm nunmehr als CEN-Bericht CR 1752 erscheinen sollen. Ein CEN-Bericht liegt von der Verbindlichkeit her unterhalb einer Norm.

Die siebte Arbeitsgruppe befaßt sich mit der Ausführung von Lüftungssystemen und Fragen der Kühllast. Hier ist noch kein Papier erschienen.

Die WG 8 "Installationen" hat unter Leitung von Herrn Prof. K. Fitzner, TU Berlin, den Normentwurf prEN 12599 "Lüftung von Gebäuden - Prüf- und Meßverfahren für die Übergabe eingebauter raumlufttechnischer Anlagen" vorgestellt. Die Endabstimmung erfolgt zur Zeit, so daß mit der Veröffentlichung in etwa einem Jahr gerechnet werden kann.

Die letzte Arbeitsgruppe des TC 156, die WG 9, beschäftigt sich mit dem Brandschutz. Allerdings ist es zur Zeit sehr fraglich, ob es gelingen wird, die unterschiedlichsten Brandschutzbestimmungen in den europäischen Ländern zu vereinheitlichen.

Normungsfelder in der Technischen Gebäudeausrüstung.

Luftfilternormung

Für die Klima- und Lüftungstechnik ist die Normung von Luftfiltern von herausragender Bedeutung. Das Sekretariat des TC 195 "Luftfilter für die Allgemeine Raumlufttechnik" ist im VDMA bei die Fachgemeinschaft Allgemeine Lufttechnik angesiedelt.

DIN EN 779 "Partikel-Luftfilter für die allgemeine Raumlufttechnik/Bestimmung der Filterleistung" erschien in ihrer ersten Fassung im Jahre 1994 und ersetzte die Filterklassen EU 1 bis EU 9 nach der DIN 24185 durch neue Bezeichnungen G1 bis G4 (Grobstaubfilter) und F5 bis F9 (Feinstaubfilter). Zur Zeit wird diese EN 779 überarbeitet, um das Prüfverfahren den heutigen Erfordernissen anzupassen. In der Tabelle 1 sind die Charakteristika der Filterklassen EU denen der Klassen G bzw. F gegenübergestellt.

1999 wird der neue Entwurf erscheinen; alle beteiligten Kreise haben dann Gelegenheit, Kommentare abzugeben. Realistisch ist es anzunehmen, daß diese Norm im Jahr 2000 endgültig verabschiedet wird.

Im Normprojekt DIN EN 1822 Teile 1 - 5 "Schwebstoffilter (HEPA und ULPA)" werden die HEPA-Filter (High efficiency particulate filters) mit einer mittleren bis hohen Abscheideleistung gegenüber Aerosolen in die Klassen H 10 bis H 14 und die Hochleistungs-Schwebstoffilter ULPA (ultra low penetration air filters) mit einer sehr hohen Abscheideleistung in die Klassen U 15 - U17 eingeteilt. Die Filterklassen zeigt die Tabelle 2.

Tabelle 2

Filterklasse

Integralwert

Lokalwert1)

Abscheidegrad (%)

Durchlaßgrad (%)

Abscheidegrad (%)

Durchlaßgrad (%)

H 10

85

15

-

-

H 11

95

5

-

-

H 12

99,5

0,5

-

-

H 13

99,95

00,5

99,75

0,25

H 14

99,995

0,005

99,975

0,025

U 15

99,9995

0,0005

99,9975

0,0025

U 16

99,99995

0,00005

99,99975

0,00025

U 17

99,999995

0,000005

99,9999

0,0001

1) siehe EN 1822-4

DIN EN 1822 gilt für Filter in der Raumluft- sowie Prozeßlufttechnik. Sie legt ein Verfahren zur Prüfung des Abscheidegrades auf der Basis von Partikelzählverfahren unter Verwendung eines flüssigen Prüfaerosols fest und ermöglicht eine einheitliche Klassifizierung aller Schwebstoffilter nach dem Abscheidegrad.

Bisher sind die Teile 1 - 3 der DIN EN 1822 erschienen (Juli 98). Die Teile 4 und 5 müssen noch das Endabstimmungsverfahren durchlaufen. Mit ihrer Veröffentlichung ist Ende 1999 zu rechnen. Dann wird die deutsche Norm DIN 24184 vollständig zurückgezogen.

Normung von Ventilatoren

Der Schwerpunkt der Ventilatorennormung liegt im internationalen ISO-Bereich (International Standard Organisation). In der ISO-Norm 5801 für die Leistungsmessung auf Prüfständen sind die deutschen Prüfnormen enthalten. Im Entwurfsstadium befindet sich eine Norm, die im wesentlichen dem Geltungsbereich der DIN 24166 entspricht. Das Technische Komitee ISO/TC 117 behandelt zur Zeit vorwiegend Fragen des Schalls.

Auf europäischer Ebene wird auf Anregung der deutschen Delegierten demnächst damit begonnen, eine technisch aktuelle Nachfolgenorm für das VDMA-Einheitsblatt 24169 "Explosionsschutz bei Ventilatoren" zu entwickeln.

Nach wie vor ist das VDMA-Einheitsblatt 24167 "Ventilatoren, Sicherheitsanforderungen" gültig, das eine Grundlage für die Konformitätsbewertung nach der EG-Maschinenrichtlinie und für die CE-Kennzeichnung darstellt. Der VDMA hat über seine Vertreter beantragt, es in eine europäische Norm zu überführen; aber die Mühlen in Brüssel mahlen langsam.


Europäische Normungsgremien

Wer ist beteiligt? Wie kommen die Entscheidungen zustande?

Europäische Normung ist ein schwieriges, kompliziertes und langwieriges Unterfangen, gilt es doch, einen Kompromiß zwischen den unterschiedlichsten nationalen Interessen zu finden.

Das europäische Komitee für Normung (CEN) mit Sitz in Brüssel ist in mehr als dreihundert Technische Komitees (TC) untergliedert, die jeweils fachbezogen Normen erstellen. Die Technischen Komitees sind wiederum in einzelne Untergruppierungen, die sogenannten working groups (WG) aufgeteilt.

Das Spektrum der Normungsaktivitäten ist riesig groß, angefangen von den Dingen des täglichen Bedarfs bis hin zum "Zylinderkerbstift mit Fase".

Dem CEN gehören 18 nationale Normeninstitute an, so auch das DIN. Diese stimmen über die Annahme einer Norm gewichtet ab. Die Summe der einzelnen Stimmengewichte beträgt 96; davon kann Deutschland zehn Punkte in die Waagschale werfen. Eine Norm ist angenommen, wenn 71% der Stimmen mit JA votiert haben.

Einem europäischen Normungsgremium steht in der Regel ein nationaler Spiegelausschuß gegenüber, der sich aus allen "interessierten Kreisen" zusammensetzt. Er begutachtet die fortlaufende europäische Arbeit, bringt über die deutschen Delegierten beim CEN seine Impulse und Vorstellungen ein und berät in seinem Land Einsprüche aufgrund des öffentlichen Einspruchsverfahrens. Am Ende fällt der Spiegelausschuß für die nationale Normungsorganisation die Entscheidung, ob das jeweilige Land den Normenentwurf als Norm akzeptiert.

Wurde eine Norm im CEN angenommen, sind die Mitgliedsländer verpflichtet, diese Technische Regel unverändert zu übernehmen und konkurrierende nationale Normen zurückzuziehen. Den europäischen Ursprung zeigt dann die Bezeichnung "DIN EN xxx". Ein Normentwurf wird mit prEN xxx gekennzeichnet.


*) Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Barbara Leyendecker arbeitet als Technische Referentin in der Fachgemeinschaft Allgemeine Lufttechnik im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA). In der Fachgemeinschaft sind u.a. Hersteller von raumlufttechnischen Geräten, Anlagen und Komponenten Mitglied.


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