IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/1999, Seite 40 ff.
SANITÄR-/HEIZUNGSTECHNIK
Solare Heizungsunterstützung
Regenerative Systeme im Überblick
Dipl.-Ing. Christian Neumann, Dipl.-Ing. Rainer Schüle *
Solaranlagen sind mittlerweile technisch ausgereift und können bereits "von der Stange" für jede Anwendung gekauft werden. Meistens werden sie heute noch für die Warmwasserbereitung zum Duschen und Waschen eingesetzt. Immer mehr etablieren sich jedoch auch Anlagen zur Unterstützung der Raumheizung. Alle Prüfinstitute, das Öko-Institut Freiburg und auch Stiftung Warentest bescheinigen den gängigen Anlagen durchweg gute Noten. Trotzdem lassen sich die Hersteller immer wieder Neuentwicklungen einfallen und verbessern einzelne Komponenten der Anlagen oder entwickeln neuartige Solarsysteme.
Bei der Weiterentwicklung der Solarkollektoren haben vor allem neue Absorber-Beschichtungen von sich reden gemacht. Um effizient Sonnenlicht in Wärme umwandeln zu können, muß der Absorber eines Kollektors einerseits möglichst viel kurzwelliges Sonnenlicht aufnehmen (absorbieren) und darf andererseits nur so wenig wie möglich langwellige Infrarotstrahlung abgeben (emittieren). Dementsprechend sollte ein guter Kollektor einen hohen Absorptions- und einen niedrigen Emissionskoeffizienten haben.
Bild 1: Flachkollektor (Quelle: Thermische Solaranlaagen, Marktübersicht, (c) Öko-Institut 1997) |
Das erreicht man mit sogenannten selektiven Schichten. Die bisher üblichen Beschichtungen bestanden bislang fast ausschließlich aus Schwarzchrom auf Nickel. Diese Beschichtungen werden galvanisch hergestellt und erreichen Absorptionskoeffizienten bis zu 96% und Emissionskoeffizienten von 8% bis 12%. Seit etwa drei Jahren etablieren sich mehr und mehr Beschichtungen, die nicht galvanisch hergestellt, sondern im Hochvakuum aufgedampft oder gesputtert, d.h. mit einem elektrischen Feld aufgebracht werden.
Neben Aluminiumnitrid und Metallkarbid ist insbesondere die sogenannte TiNOX-Schicht (Titanoxidnitrid) bekannt geworden. Diese Schichten erreichen sehr gute Emissionskoeffizienten um 5% und können damit vor allem bei hohen Betriebstemperaturen deutlich höhere Leistungen erzielen.
Neben einer größeren Leistungsfähigkeit haben die neuen Schichten auch eine bessere Öko-Bilanz. Während bei der Produktion von galvanischen Schichten mit toxischen Stoffen umgegangen werden muß, kann das TiNOX-Material als ungefährlich eingestuft werden. Zudem benötigen die im Vakuum hergestellten Schichten nur einen Bruchteil der Herstellungsenergie von galvanischen Schichten. Nur die Hälfte bis ein Zehntel der Energie muß für ihre Herstellung eingesetzt werden.
Bild 2: Vakuumröhrenkollektor direkt durchströmt. (Quelle: Thermische Solaranlagen, Marktübersicht, (c) Öko-Institut 1997) |
Bauarten
Solaranlagen werden heute meist mit Flachkollektoren ausgestattet. Die Kollektoren haben die Form flacher Kästen mit Sicherheitsglas-Abdeckungen. Sie werden auf die Dachhaut aufgelegt oder in die Ziegelfläche integriert. Flachkollektoren haben einen Marktanteil von über 80%.
Daneben gibt es die teureren, aber auch effizienteren Vakuumröhrenkollektoren. Die luftleeren Glasröhren sind mit direkt durchflossenen Absorbern oder mit sogenannten Heat-Pipes ausgestattet, welche die eingefangene Sonnenwärme an Sammelrohre abgeben (Bilder 1 bis 3).
Bild 3: Vakuumröhrenkollektor (Heat-Pipe). (Quelle: Thermische Solaranlagen, Marktübersicht, (c) Öko-Institut 1997) |
Neuartige Kollektoren
Aber auch Kollektoren mit völlig neuen Bauformen erobern den Markt. Neu sind z.B. Vakuumröhrenkollektoren, die in ihrem Aufbau einer doppelwandigen Thermoskanne gleichen. Während die äußere Glasröhre transparent ist, trägt die innere eine selektive Beschichtung. Der Zwischenraum ist evakuiert. Diese "Thermoskanne" ist entweder direkt mit Wärmeträgerflüssigkeit gefüllt oder es werden Kupferrohre mit einer zylindrischen Halterung eingeschoben, welche die Wärme abführen (Bilder 4 bis 6). Hinter den Röhren sind rinnenförmige Reflektoren angebracht (sogenannte compound parabolic concentrators oder CPC-Reflektoren). Sie sorgen dafür, daß der zylindrische Absorber (die innere Glasröhre) rundum beschienen wird.
Bild 4: CPC-Vakuumkollektor (Innenröhre befüllt). (Quelle: AMK-Soltec) |
Bild 5: CPC-Vakuumkollektor (Innenröhre trocken). (Quelle: AMK-Soltec) |
Derartige Kollektoren erreichen zwar nicht die hohen Wirkungsgrade der üblichen Vakuumröhren, sind jedoch wesentlich kostengünstiger. Im Preis-Leistungs-Verhältnis liegen sie daher deutlich besser, wenn auch nicht so günstig wie die einfachen Flachkollektoren. Insgesamt sind sie jedoch eine interessante Alternative und eine Bereicherung für den Kollektormarkt.
Bild 6: Neuartiger CPC-Röhrenkollektor. (Quelle: Paradigma Ritter GmbH) |
Speicherentwicklung
Große Anstrengungen unternehmen derzeit einige Hersteller bei der Entwicklung von neuen Speichern. Meist geht es dabei darum, die für Solarspeicher so wichtige Temperaturschichtung zu optimieren. Beim Be- und Entladen eines Solarspeichers darf es keine Verwirbelungen geben, damit der obere Bereitschaftsteil immer möglichst heiß und der untere Speicherteil immer möglichst kalt bleibt.
Ein heißer Bereitschaftsteil vermeidet das Nachheizen und erhöht damit den Wirkungsgrad des Systems. Niedrige Temperaturen im unteren Speicherbereich, in dem sich der solare Wärmeüberträger befindet, sorgen dafür, daß der Kollektor möglichst kühl bleibt. Er hat bei tiefen Betriebstemperaturen die besten Wirkungsgrade. Moderne Speicher laden daher die Solarwärme temperaturorientiert in die Schicht des Speichers in der das solar erwärmte Wasser weder aufsteigt, weil es zu warm ist, noch abfällt, weil es zu kalt ist und vermeiden dadurch jede Verwirbelung.
Bild 7: Solarspeicher "Jenni Solartank" von der Jenni Energietechnik AG. (Quelle: Jenni) |
Für einen möglichst hohen solaren Anteil an der Wärmebereitstellung kommt es jedoch vor allem darauf an, daß die Temperaturschichtung bei der Entladung, d.h. bei der Entnahme von Warmwasser oder Heizwärme nicht zerstört wird. Ist das nicht der Fall, so wird im schlechtesten Fall der Speicher bei jeder Warmwasserzapfung durchmischt. Der Bereitschaftsteil fällt unter Solltemperatur und die Nachheizung muß unnötigerweise anspringen. Um dieses Problem zu lösen, gibt es mittlerweile vielfältige Angebote der Hersteller (Bilder 7 bis 10).
Bild 8: Solarspeicher "Centro" von Wagner & Co. (Quelle: Wagner & Co) |
Bei den Neuentwicklungen handelt es sich fast ausschließlich um Kombispeicher, die gleichzeitig zur Brauchwassererwärmung und als Heizungspuffer dienen. Die Funktion der Speicher ist z.T. in Messungen nachgewiesen. Die jeweiligen Funktionsbeschreibungen und Meßergebnisse können bei den Herstellern angefordert werden. Insgesamt sind die Tests für Solarspeicher jedoch noch nicht soweit standardisiert wie die für Kollektoren. Direkte Vergleiche der Leistungsfähigkeit sind daher schwierig und erfordern einiges an Know-how.
Integrierte Anlagentechnik
Bild 9: Solarspeicher "Optima" von Paradigma. (Quelle: Paradigma) |
Bild 10: Solarspeicher "Stratos integral" von Solvis. (Quelle: Solvis) |
Alle Neuentwicklungen lassen einen Trend erkennen: Die Solartechnik wird nicht nur optimiert, sondern auch immer mehr in die konventionelle Haustechnik integriert. Der Speicher und die Regeltechnik nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Hier laufen alle Leitungen von Kollektor, Heizung und Warmwasserversorgung zusammen. Sie sind damit das Bindeglied zwischen den neuen und den alten Technologien. Die Verbesserung dieser "Wärmezentralen" wird deshalb immer wichtiger sein für die effektive Nutzung der Solarenergie. Die Integration einzelner Komponenten verringert den Installationsaufwand und ermöglicht eine einfache Bedienung der Anlagen. Vormontierte Solarstationen, welche die hydraulischen und sicherheitstechnischen Bauteile (manchmal auch den Regler) enthalten, sind schon weit verbreitet. Bei einigen Entwicklungen werden neuerdings die Solarkomponenten mit den konventionellen Heizungsanlagen zusammengefaßt. Die Firma Solvis Energiesysteme bietet z.B. einen Speicher an, in den ein Gas-Brennwertkessel inklusive Regler integriert ist (Bild 11). Bei dieser Anlage sind alle Funktionen eng verkoppelt. Es wird im System nicht mehr zwischen den konventionellen Teilen einer Heizung und den Teilen der Solaranlage getrennt, auch nicht zwischen Warmwasserbereitung und Heizung. Alle Bauteile bzw. Funktionen sind in einem einzigen Gerät integriert, das alle Aufgaben bewältigt. Die Solartechnik ist somit nicht mehr das exklusive Extra, sondern normaler Bestandteil der Heizungsanlage.
Bild 11: Wärmezentrale "Solvismax" von Solvis. (Quelle: Solvis) |
Solar beheizte Häuser müssen sehr gut wärmegedämmt sein. Denn es macht wenig Sinn mit viel Aufwand Sonnenwärme zu gewinnen, die dann über die Wände und Fenster gleich wieder verlorengeht. Je besser ein Haus gedämmt ist, desto mehr verschiebt sich sein Heizwärmebedarf jedoch auf die kältesten Monate des Jahres. Zu dieser Jahreszeit wird auch die Gewinnung von Sonnenwärme immer schwieriger. Außerdem bleibt ein grundsätzliches Problem auch bei allen Neuentwicklungen bestehen: Heizenergiebedarf besteht überwiegend im Winterhalbjahr, das Solarenergieangebot steht jedoch hauptsächlich im Sommerhalbjahr zur Verfügung. Damit der Winterbedarf gedeckt und auch Schlechtwetterperioden im Sommer überbrückt werden können, muß eine Solaranlage immer auch durch eine konventionelle Heizung unterstützt werden. Eine solare Vollversorgung ist nur möglich, wenn es gelingt, die im Sommer erzeugte Wärme über mehrere Monate für das Winterhalbjahr zu speichern. Dazu sind sehr große Speichertanks erforderlich. Für ein Einfamilienhaus ist ein Fassungsvermögen von mindestens 20.000 bis 30.000 Litern nötig. Diese Speicher sind natürlich sehr kostenintensiv und müssen darüber hinaus aufgrund ihrer Größe als Teil des Hauses mit eingeplant werden. Sie eignen sich praktisch nur für Neubauten und sind aufgrund der Kosten nur wenig attraktiv.
Bild 12: Holzbrenner der Firma Ecotec. (Quelle: Ecotec) |
Regenerative Vollversorgung mit Holzpellets
Eine andere Möglichkeit den Wärmebedarf seines Hauses zu 100% mit regenerativen Energien zu decken, ist die Kombination der Solaranlage mit einem Holzkessel. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, der beim Wachstum genau soviel CO2 bindet, wie bei seiner Verbrennung wieder frei wird. Holz ist daher ein "CO2-neutraler Brennstoff".
Bisher wurden Holzfeuerungen häufig in waldreichen Gebieten eingesetzt, in denen Stückholz oder Holzhackschnitzel leicht verfügbar waren. Außerdem sind übliche Holzfeuerungsanlagen für Einfamilienhäuser schlecht regelbar und haben darüber hinaus einen hohen Bedienungsaufwand.
Eine relativ neue Art von "Energieholz" vermeidet diese Nachteile und findet daher verstärkt Anwendung: Holzpellets. Sie werden durch Pressen aus Holzabfällen, die z.B. in Sägewerken anfallen, hergestellt und haben im Gegensatz zu Stückholz eine gleichmäßige Form und einen homogenen Energieinhalt. Daher ist es möglich, mit ihnen einen automatischen und in seiner Leistung regelbaren Brenner zu betreiben (Bilder 12 u. 13). Holzpelletsbrenner wurden bisher hauptsächlich in Österreich, der Schweiz und Schweden eingesetzt. In der niedrigsten Leistungsstufe können sie bis ca. 2 kW heruntergeregelt werden. Die Brenner werden ähnlich wie Ölheizungen bedient und erinnern nicht an übliche Holzfeuerungen. Die Pellets werden in Säcken geliefert oder noch komfortabler, in einem LKW, der sie über einen Schlauch in das Vorratslager einbläst. Die Lagerung der Pellets braucht etwa dreimal soviel Platz wie ein Öltank des gleichen Energieinhalts (1 kg Pellets hat einen Energieinhalt von etwa 5 kWh, das entspricht etwa 3000 kWh/m3; ein Liter Öl hat den Energiegehalt von rund 10 kWh, das entspricht 10.000 kWh/m3). Ein Einfamilienhaus braucht, um den kompletten Jahresbedarf an Pellets zu speichern, einen Vorratsraum von ca. 5 m3, das entspricht einem Silo mit 1,60 m Durchmesser und einer Höhe von 2,50 m. Der Preis für den alternativen Brennstoff liegt je nach Liefermenge und Länge des Anfahrtsweges bei etwa 5 bis 10 Pf/kWh und ist damit mit Öl oder Gas vergleichbar.
Die Pellets werden mit einer Förderschnecke vom Lager automatisch zum Brenner befördert, der über eine Regelung von Brennstoff- und Luftzufuhr verfügt womit seine Leistung dem jeweiligen Bedarf angepaßt werden kann. Die Zündung erfolgt automatisch.
Bild 13: Holzpellets. (Quelle: Ecotec) |
Besonders in der Kombination mit Solaranlagen macht der Einsatz eines Pellets-Brenners Sinn: Den Wärmebedarf im Sommer und in einem Teil der Übergangszeit deckt die Solaranlage, während der Holzbrenner in den Wintermonaten die Heizenergie bereitstellt. Die Nutzung der direkten Sonnenenergie mit Solarkollektoren und der im Holz "gespeicherten" Sonnenenergie ermöglichen daher eine 100%ige Vollversorgung über das ganze Jahr durch die Sonne.
In der Marktübersicht "Thermische Solaranlagen" des Öko-Instituts Freiburg wurden die Technik und die Preisangaben von etwa 300 Solarfirmen zu Solarsystemen für die Brauchwasser- und für die Raumheizungsunterstützung ausgewertet. Folgende Richtwerte werden darin für eine Grobplanung empfohlen:
Faustgrößen für Solaranlagen zur Warmwasserbereitung
Kollektor:
1,0 bis 1,3 m2 pro Person bei Flachkollektoren
0,6 bis 0,8 m2 pro Person bei Vakuumröhren
Speicher: 60 bis 80 Liter pro m2 Kollektor
Beispiel:
Ein Haushalt mit 4 Personen installiert eine Solaranlage mit 5 m2 Flachkollektoren und einem 300 Liter Solarspeicher. Er spart dadurch jedes Jahr etwa 210 Liter Heizöl (rund 60% vom bisherigen Verbrauch für die Warmwasserbereitung).
Faustgrößen für Solaranlagen zur Heizungsunterstützung (nur für Häuser mit verbessertem Wärmeschutz empfehlenswert, mind. 20% unter WschVO95 = ca. 80 kWh/(m2a)
Kollektor:
1,0 bis 1,2 m2 pro 10 m2 Wohnfläche bei Flachkollektoren
0,6 bis 0,8 m2 pro 10 m2 Wohnfläche bei Vakuumröhren
Speicher: 50 Liter pro m2 Kollektor und zusätzlich 50 Liter pro Person
Beispiel:
Ein Haushalt mit 4 Personen und einer Wohnfläche von 120 m2 installiert eine Solaranlage mit 12 m2 und einen 800 Liter Solarspeicher. Er spart dadurch jedes Jahr etwa 350 Liter Heizöl (rund 25% vom bisherigen Verbrauch für Heizung und Warmwasserbereitung).
Adressen einiger Pelletlieferanten
Fa. Scharr
Liebknechtstr. 50, 70565 Stuttgart, Tel.: 0711/7868-249, Fax: 0711/7868-366
Fa. Rettenmaier + Söhne
Holzmühle 1, 73494 Rosenberg, Tel.: 07967/152-150, Fax: 07967/152-222
Fa. Prohadi
Klein Dübener Str., 02959 Groß-Düben, Tel.: 035773/70621, Fax: 035773/70621
Trocknungsgenossenschaft
Genschmarer Str. 20, 15328 Golzow, Tel.: 033472/232, Fax: 033472/232
Hersteller von Pelletsbrennern (unvollständige Auswahl)
Ecotec
Mittellösch 12, 88213 Ravensburg, Tel.: 0751/793838, Fax: 0751/794143
HESTIA GmbH
Kappelstr. 12, 86510 Ried b. Mering, Tel.: 08208/1264, Fax: 08208/1514
Compact GesmbH
Koaserbauerstr. 16, 4810 Gmunden (Österreich), Tel.: +43-7612/77577-0, Fax: +43-7612/73760-17
* Dipl.-Ing. Christian Neumann, Dipl.-Ing. Rainer Schüle, Öko-Institut e.V., Freiburg
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