IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/1999, Seite 20 ff.


VERBÄNDE AKTUELL 


Bayern


Interview

Ausbildung nach Fachrichtungen notwendig

Nachdem die Handwerke Gas- und Wasserinstallateur und Zentralheizungs- und Lüftungsbauer zum neuen Handwerk Installateur und Heizungsbauer zusammengelegt wurden, ist auch eine neue Struktur für die Lehrlingsausbildung erforderlich. Der Fachverband SHK Bayern hat hierfür ein Modell entwickelt, das von einer Ausbildung nach Fachrichtungen ab dem dritten Lehrjahr ausgeht. Die IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion führte zu diesem und anderen bildungspolitischen Themen ein Interview mit dem Vorsitzenden der Bildungskommission des Fachverbandes Bayern, Clemens Buchberger.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der Fachverband Bayern hat sich für eine Lehrlingsausbildung nach Fachrichtungen entschieden. Andere Landesinnungsverbände favorisieren eine monostrukturale Ausbildung. Da die beiden Berufe zusammengelegt wurden, läge dies nicht auch für die Lehrlingsausbildung nahe?

Buchberger: Auch wir waren für die Zusammenlegung der beiden Ausbildungsberufe Gas- und Wasserinstallateur und Zentralheizungs- und Lüftungsbauer zu einem Ausbildungsberuf Installateur und Heizungsbauer. Hierüber besteht auch mit den Befürwortern einer monostrukturalen Lehrlingsausbildung Einigkeit. Die unterschiedlichen Auffassungen betreffen also nicht die Frage, ob die beiden Ausbildungsberufe zusammengelegt werden sollen, sondern vielmehr die Frage, wie dies geschehen kann. Hier sind wir allerdings der Auffassung, daß die neue Ausbildungsordnung spätestens ab dem 3. Lehrjahr die Möglichkeit einer Spezialisierung auf die Fachrichtungen Sanitär oder Heizung ermöglichen muß.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Gründe haben Sie hierfür?

Vorsitzender der Bildungskommission des FV BSHK Bayern, Clemens Buchberger.

Buchberger: Zunächst sorgen wir uns um die Qualität der Berufsausbildung. Wir haben unseren Entwurf für eine berufliche Erstausbildung unter der Voraussetzung entwickelt, daß die Qualität der Ausbildung im Betrieb und in der Berufsschule trotz der Zusammenlegung der beiden Ausbildungsberufe möglichst nicht verschlechtert werden sollte. Dieser Grundlinie folgend war der Weg für eine Ausbildung nach Fachrichtungen vorgezeichnet. Wir kamen zu der Auffassung, daß ein nicht unerheblicher Teil der Ausbildungsinhalte, insbesondere was die Fachpraxis angeht, identisch ist.

IKZ-HAUSTECHNIK: Also wäre doch eine komplette Zusammenfassung möglich?

Buchberger: Nein, denn die Probleme liegen nicht so sehr im Bereich der Fachpraxis, sondern vielmehr in der Vermittlung der Fachtheorie. Mit anderen Worten: Die praktischen Tätigkeiten in den Bereichen Sanitär und Heizung haben sich in den letzten Jahren immer mehr angenähert, was z.B. die Verbindungstechniken angeht, während auf der anderen Seite die Anlagentechnik und der hiermit einhergehende theoretische Wissensstand immer komplizierter geworden sind. Auch wir sind der Auffassung, daß die Vermittlung der praktischen Fertigkeiten in den ersten zwei Jahren der Lehrzeit für alle Lehrlinge gleich sein sollte, so daß sie sowohl in den Bereichen Sanitär als auch Heizung einsetzbar sind.

IKZ-HAUSTECHNIK: Aus welchem Grund sollte dies bei der Vermittlung des theoretischen Wissens nicht möglich sein?

Buchberger: Wir müssen doch die jetzige Lehrlingssituation sehen. Wenn wir also realistischerweise davon ausgehen, daß das Gros unserer Lehrlinge von der Hauptschule oder ohne qualifizierenden Abschluß kommt, dann muß darauf geachtet werden, daß keine Überforderung eintritt. Wenn ich aber sehe, daß bereits in den noch getrennten Ausbildungsberufen Gas- und Wasserinstallateur bzw. Zentralheizungs- und Lüftungsbauer der ein oder andere Lehrling gerade im Bereich der Fachtheorie Probleme hat, so ist es wohl nicht möglich, nahezu die doppelte theoretische Wissensmenge zu vermitteln, ohne daß darunter die Ausbildungsqualität leidet. Für dieses Problem sehen wir die Lösung in einer Ausbildung nach Fachrichtungen in den letzten 1½ Jahren der Berufsausbildung. Denn so kann auf einen Bereich, sei es Sanitär oder Heizung, der Schwerpunkt gelegt werden und es kann erwartet werden, daß zumindest für den Bereich der gewählten Fachrichtung ein solides theoretisches Grundwissen vermittelt wird. Wir wollen nicht, daß der Lehrling von allem ein bißchen vermittelt bekommt und unterm Strich, im Detail, dann kaum etwas weiß.

IKZ-HAUSTECHNIK: Das würde allerdings bedeuten, daß die Betriebe überwiegend in den entsprechenden Fachrichtungen ausbilden müßten. Ist es nicht so, daß ohnehin schon die Mehrzahl der Betriebe beide Gewerke anbieten oder zumindest übergreifend arbeitet?

Buchberger: Wir haben letztes Jahr bayernweit eine Umfrage durchgeführt. Demnach ist gut die Hälfte der ausbildenden Betriebe in Bayern in der Lage, sowohl im Bereich Sanitär als auch im Bereich Heizung komplett auszubilden. Der Rest der Betriebe - und das ist immerhin ein gutes Drittel aller Ausbildungsbetriebe - kann z.Z. nur in einem der beiden noch bestehenden Ausbildungsberufe ausbilden, da dies keine Mischbetriebe sind. Eine monostrukturale Ausbildung hätte unseres Erachtens einen großen Qualitätsverlust zur Folge und würde dazu führen, daß ein nicht unerheblicher Teil der jetzt noch ausbildenden Betriebe seine Ausbildungsbereitschaft reduziert bzw. überhaupt nicht mehr ausbildet, da die Anforderungen nicht erfüllt werden könnten. Denn welcher Betrieb schließt schon einen Ausbildungsvertrag ab, der ihn dazu verpflichtet Lehrinhalte zu vermitteln, die er gar nicht vermitteln kann. Und sollte sich ein Betrieb dennoch durchringen, so müßte natürlich mit einer Zunahme der überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen gerechnet werden, die ja gerade die Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln sollen, die der Betrieb nicht vermitteln kann. Ähnlich sähe es natürlich auch im Bereich der schulischen Ausbildung aus.

IKZ-HAUSTECHNIK: Herr Buchberger, wie konkret sieht Ihr Vorschlag aus und wodurch unterscheidet er sich von dem monostrukturalen Alternativentwurf?

Buchberger: Unser nachfolgend abgedruckter Entwurf geht von verschiedenen Voraussetzungen aus. Wir fordern die Wiedereinführung eines Berufsschultages pro Woche und die Reduzierung der überbetrieblichen Maßnahmen auf maximal zehn Wochen pro Lehrzeit. Unter diesen Voraussetzungen sollte eine berufliche Grundbildung im ersten und zweiten Lehrjahr möglich sein, die im Bereich Werkstoffkunde, Fertigungstechnik und insbesondere Rohrleitungen das Basiswissen sowohl aus dem Bereich Sanitär als auch aus dem Bereich Heizung vermittelt. Gegen Ende des zweiten Lehrjahres soll eine Zwischenprüfung stattfinden, die im Gegensatz zur bisherigen Zwischenprüfung einen echten Prüfungscharakter hat. Wir stellen uns vor, daß die Noten der Zwischenprüfung als Teil der Gesamtnote der Gesellenprüfung gewertet werden und somit die Note der Gesellenprüfung beeinflussen können. Ab dem Beginn des dritten Lehrjahres findet eine Aufteilung der Lehrlinge in der Berufsschule nach den Fachrichtungen Sanitär und Heizung statt. In diesen Fachrichtungen wird insbesondere die Anlagentechnik und die damit verbundene Fachtheorie vermittelt. Zielsetzung ist es, daß der "Junggeselle" in einer der beiden Fachrichtungen nicht nur im Bereich der Montagetechnik, sondern auch im Bereich der Anlagentechnik unter Aufsicht selbständig tätig sein kann.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie wollen Sie ein solides berufliches Grundwissen in den ersten beiden Lehrjahren vermitteln, wenn es doch im ersten Lehrjahr das Berufsgrundbildungsjahr in kooperativer Form bzw. das Berufsgrundschuljahr gibt, die ja beide den gesamten Bereich der Metalltechnik abdecken?

Buchberger: In der Grundbildung "Metall" im ersten Lehrjahr wird viel unnötige Lehrzeit in der Berufsschule vergeudet bzw. Wissen erworben, das in unserem Bereich nicht nötig ist. Nach Aussagen von Berufsschullehrern wissen diese oft noch nicht, wie sie die im ersten Schuljahr zur Verfügung stehende Zeit nutzen sollen. Das Argument der Gewerkschaften, daß die Auszubildenden die Möglichkeit haben sollten, im ersten Lehrjahr jederzeit in einen anderen Metallberuf umzusteigen, ist nicht haltbar. In der Praxis wird dies nicht angenommen, es findet kein Wechsel statt. Auf der anderen Seite sind die Lehrlinge zu Beginn der Ausbildung hoch motiviert und wollen praktisch in einem Ausbildungsberuf arbeiten. Demzufolge ist es für sie demotivierend, wenn im ersten Schuljahr in der Berufsschule überwiegend Wissen vermittelt wird, das mit ihrem Ausbildungsberuf nichts oder nur wenig zu tun hat. Deshalb fordern wir den Wegfall des Berufsgrundbildungsjahres in kooperativer Form und eine rein fachliche Beschulung bereits ab dem 1. Schultag.

IKZ-HAUSTECHNIK: Eine solide Fachausbildung wäre aber doch auch mit einer monostrukturalen Ausbildung möglich, die zwar auf niedrigerem Niveau stattfinden würde, aber durch zusätzliche Module, die während der Lehrzeit belegt werden können, gewisse Fachkenntnisse vermittelt werden.

Buchberger: Dies würde u.E. das duale System der beruflichen Ausbildung in Frage stellen. Das duale System bedeutet doch, daß sowohl der Betrieb als auch die Berufsschule für die Ausbildung der Lehrlinge zuständig sind. Bei einem monostrukturalen Ausbildungsgang mit zusätzlichen Modulen wird zunächst nur ein Rumpfwissen vermittelt, das während oder nach der Lehrzeit durch entsprechende modulare Weiterbildungsmaßnahmen ergänzt werden muß. Wer führt solche Maßnahmen durch? Der Betrieb sicherlicht nicht und die Berufsschulen wohl auch nicht. Demzufolge müßte ein Dritter ggf. kommerzieller Partner diese Fortbildungsmaßnahmen durchführen. Die Folge wäre natürlich, daß dadurch wesentliche Mehrkosten entstehen, als wenn das in Modulen vermittelte Wissen bereits in der Lehrzeit vermittelt worden ist.

IKZ-HAUSTECHNIK: Es gibt aber Stimmen die behaupten, daß eine Ausbildung nach Fachrichtungen an Berufsschulen nicht durchführbar wäre.

Buchberger: Dies sehen wir nicht so. Wir können uns hierbei auch auf die Aussage von Berufsschullehrern aus verschiedenen Berufsschulen stützen, die ebenfalls der Auffassung sind, daß eine Ausbildung nach Fachrichtungen ohne weiteres möglich sei. Dies ist ja auch von einer gewissen Logik. Wenn derzeit zwei Lehrberufe - der eine im Bereich Sanitär und der andere im Bereich Heizung - ausgebildet werden können, dann dürfte es doch um so einfacher sein, einen zusammengelegten Beruf zu beschulen, in dem die ersten zwei Jahre komplett identisch sind und sich erst ab dem dritten Lehrjahr eine Aufsplittung in Fachrichtungen ergibt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Befürworter der monostrukturalen Ausbildung behaupten, daß eine breite Grundausbildung dem Gesellen bessere Zukunftsperspektiven eröffnen würde. Als Spezialist hätte er auf dem Arbeitsmarkt weniger Chancen, da er nicht so flexibel einsetzbar sei.

Buchberger: Wenn Sie sich unser Modell betrachten, so sehen Sie, daß in den ersten zwei Lehrjahren durchaus eine breite Ausbildung stattfindet, in der gerade diese Grundbildung vermittelt wird, von der die Befürworter der monostrukturalen Ausbildung immer sprechen. Wir sind im Gegensatz hierzu der Auffassung, daß ein Geselle, der sowohl über eine breite Grundausbildung verfügt als auch über spezielle Kenntnisse aus dem Bereich Sanitär oder Heizung, am Arbeitsmarkt größere Chancen hat.

 

3½ Jahre

Gesellenprüfung

   

Schwerpunkt Sanitär

Schwerpunkt Heizung

Ein Berufsschultag pro Woche

3. und 4. Lehrjahr

- Trinkwasseranlagen
- Gasanlagen
- Wassererwärmungs-
anlagen
- Abgasanlagen
- Abwasser

- Grundlagen der Fachrichtung Heizung

- Feuerungstechnik
- Wärmeerzeuger
- Heizungssysteme
- Heizflächen
- Raumlufttechnik

- Grundlagen der Fachrichtung Sanitär

Nach 2 Jahren

 

Zwischenprüfung
geht als Teil der Gesellenprüfung in die Gesamtnote ein, d. h. Note der Zwischenprüfung wird wichtig für die Gesellenprüfung

Ein Berufsschultag pro Woche

1. und 2. Lehrjahr

Fachliche Grundbildung
- Werkstoffkunde
- Fertigungstechnik
- Elektrotechnik
- Arbeitsschutz
- Physikalische und chemische Grundlagen
- Rohrleitungen und Rohrleitungssysteme an Beispielen von Heizungsanlagen, Trinkwasserleitungsanlagen und Gasanlagen

 


Konzept Einzelhandel

Resolution

Die am 27. Februar 1999 in Tegernsee tagende Obermeisterversammlung des Fachverbandes Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Bayern sieht das von herstellender Industrie, Fachgroßhandel und verarbeitendem Fachhandwerk gemeinsam verabschiedete "Konzept für den Einzelhandel mit Bädern im SHK-Vertriebsweg" als nicht ausreichend an, um

1. die mit einer Ausstellung verbundenen zusätzlichen Kosten des Fachhandwerks adäquat abzudecken,

2. die Aufrechterhaltung des dreistufigen Vertriebsweges auf Dauer zu gewährleisten.

Sie fordert die Marktpartner deshalb zu weiteren Anstrengungen auf, um dem Einzelhandel im Fachhandwerk im Rahmen des dreistufigen Vertriebsweges eine tragfähige Basis zu sichern.

Tegernsee, den 27. Februar 1999

Diese Resolution wurde auf dem Obermeistertag des Fachverbandes SHK Bayern am 26.Februar in Tegernsee ausgearbeitet und einstimmig von 48 Obermeistern (90% Anwesenheit) am 27. Februar 1999 beschlossen.


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