IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/1999, Seite 218 ff.
INTERVIEW
Ausblicke
Für Fritz W. Pahl, Chef bei Bette in Delbrück, ging zum Jahreswechsel 1998/99 ein ereignisreiches Jahr zu Ende. Erstens wurde der SHK-Manager bei der letzten DSI-Sitzung zum Sprecher der Industrievereinigung gewählt, zweitens machte Bette mit Lieferschwierigkeiten von sich reden. Über Hintergründe, Gegenmaßnahmen und Zukunftsausrichtungen sprach Fritz W. Pahl mit der IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion.
Blick in das neue Bette-Logistikzentrum: Auf 10.000 m2 kann zukünftig auch Standardware lagermäßig geführt werden. Ein modernes, individuelles Transportsystem befördert die Produkte zu den individuellen Kommissionierungsplätzen. |
IKZ-HAUSTECHNIK: Herr Pahl, in den letzten Monaten hört man über die Lieferfähigkeit von Bette negative Stimmen - was sehr ungewöhnlich für Ihr Unternehmen ist. Was ist passiert und wo lagen die Gründe?
Pahl: Das ist vorbei, die Umstellungsprobleme sind beseitigt. Zum Hintergrund: In den letzten Jahren haben wir eine Vielzahl neuer Bade- und Duschwannen entwickelt und in den Markt eingeführt. Da wir in den letzten 25 Jahren lediglich ein Modell aus der Produktion genommen haben, fertigen wir heute mehr als 200 verschiedene Bade- und Duschwannen, eine Vielfalt, die für den Werkstoff Stahl/Email höchst ungewöhnlich ist.
Unsere Produktion war bisher dezentral organisiert. Unter der Verantwortung unseres Produktionsleiters wurde die Arbeitsvorbereitung vor Ort direkt von den Vorarbeitern bzw. Meistern durchgeführt. Die dazu notwendigen Informationen stellte der Zentralrechner zur Verfügung. Im übrigen funktionierte alles sehr gut "auf Zuruf". Die einzelnen Mitarbeiter hatten direkten Kontakt miteinander. Mit der Ausweitung des Programms nahm allerdings die Fehlerquote zu, so daß Rückstände und Fehllieferungen nicht zu vermeiden waren.
IKZ-HAUSTECHNIK: Und wie wollten Sie diese "Zustände" wieder in den Griff bekommen?
Pahl: Wir haben uns nie vom Mengendenken treiben lassen und sehen auch in Zukunft unsere Stärke darin, weitere auf spezifische Bedürfnisse ausgerichtete Bade- und Duschwannen zu entwickeln. Unsere Programmvielfalt wird also weiter in einem Maße zunehmen, das auf Dauer "händisch" nicht zu beherrschen ist. Deshalb haben wir vor einiger Zeit ein zentrales Produktionssteuerungs- und Controllingsystem eingeführt. Datenbankgestützte BDI- und PPS-Systeme wurden entwickelt. Dabei hatten wir die Fehlerquote in Hard- und Software unterschätzt. Mit der uns eigenen Ungeduld haben wir parallel zu diesen ohnehin anspruchsvollen Aufgaben ein neues Logistikzentrum gebaut und in Betrieb genommen. Das war wohl zuviel auf einmal.
"Seit Ende des letzten Jahres läuft unsere Produktion wieder rund. Entscheidend ist für uns jetzt, verlorengegangenes Vertrauen beim Handel und Handwerk zurückzugewinnen." Fritz W. Pahl |
IKZ-HAUSTECHNIK: Wieviel haben Sie für diese Maßnahmen investiert?
Pahl: Bette hat in den Jahren 1997 und 1998 30 Mio. DM investiert, um durch Flexibilität, Vielfalt und Qualität die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Doch zunächst haben wir durch unsere Schwierigkeiten unsere Partner im Handel und Handwerk enttäuscht. Wir haben einiges an Sympathie eingebüßt. Wir bedauern die Entwicklung sehr, weil wir unsere Unabhängigkeit als mittelständisches, inhabergeführtes Familienunternehmen erhalten wollen. Dies gelingt nur, wenn wir unsere Kunden als unsere Arbeitgeber von unserer Leistungsfähigkeit dauerhaft überzeugen. Genau daran arbeiten wir derzeit intensiv.
IKZ-HAUSTECHNIK: Hat sich das Tagesgeschäft bei Bette denn inzwischen wieder normalisiert?
Pahl: Seit Ende letzten Jahres läuft unsere Produktion wieder "rund". Die neuen EDV-Systeme arbeiten stabil und zuverlässig, unser Logistikzentrum ermöglicht die sinnvolle Ausweitung unseres Programmes. Mit Zuversicht sind wir daher in das Jahr 1999 gestartet. Wir werden in diesem Jahr etwa 14 Mio. DM in die Entwicklung neuer Produkte, die Steigerung der Flexibilität, der Qualität und des Lieferservices investieren. Entscheidend ist für uns jetzt, verlorengegangenes Vertrauen beim Handel und Handwerk zurückzugewinnen. Dies wird uns sicher gelingen, da Produktion und Logistik inzwischen besser laufen als vor den Investitionen. Wir haben unser Ziel voll erreicht.
IKZ-HAUSTECHNIK: Sie sind vor kurzem zum DSI-Vorsitzenden gewählt worden. Wie sehen Sie diese Position?
Pahl: Ja, auf der letzten DSI-Sitzung haben mich die Mitglieder zum Sprecher und die Herren Dr. Michel Brosset, Villeroy & Boch und Otto Schinle, Hansgrohe, zu stellvertretenden Sprechern gewählt. In der DSI haben sich Entscheidungsträger führender Firmen der deutschen Sanitärindustrie zu einem regelmäßigen Gedankenaustausch zusammengefunden. Wir verstehen uns nicht als Gründungsmitglieder eines Industrieverbandes. Im Gegenteil, wir sehen unsere Branche auf der Industrieseite zur Zeit optimal organisiert durch die einzelnen Fachverbände, in denen produktspezifische Branchenthemen diskutiert und mit Handel und Handwerk abgestimmt werden. Natürlich schwebt die DSI nicht in einem quasi "luftleeren" Raum. Unsere Mitgliedsfirmen sind aktiv in die Fachverbände eingebunden. Eine Meinungsäußerung der DSI wird aufgrund der Bedeutung der in ihr vertretenen Firmen in der Regel auf aufmerksame Zuhörer stoßen. Wir wollen und werden einiges bewegen. Aber lassen Sie mich noch einmal festhalten: Die DSI ist nicht die Interessenvertretung oder das Sprachrohr der Industrie. Ihr Sprecher vertritt "nur" die Meinung der DSI-Firmen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sehen Sie denn die Diskussionen um den klassischen Vertriebsweg?
Pahl: Der Vertriebsweg wird durch den Wettbewerb entschieden, deshalb müssen wir die Wettbewerbsfähigkeit unseres dreistufigen Vertriebsweges nach besten Kräften stärken. Dieses schaffen wir m.E. nicht durch die Kreation immer neuer Fördermodelle, sondern schlicht und einfach dadurch, daß jeder in unserem Dreierbund seine Pflicht tut und jede Stufe sich von der anderen in die Pflicht nehmen läßt. Bei unserem Dialog zwischen den Stufen müssen wir weniger über Fördermodelle, sondern vielmehr darüber streiten, wie wir unsere Produkte von der Herstellung kostengünstiger, zuverlässiger, schneller und problemloser zum Verwender, unserem gemeinsamen Kunden, in das Badezimmer bringen. Wir müssen Synergien nutzen, Doppelarbeit ausschließen und alle Kostensenkungspotentiale nutzen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Und das gilt auch für Ihr Unternehmen?
Pahl: Ich persönlich werde für die Funktionstüchtigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des dreistufigen Vertriebsweges kämpfen und dies durchaus mit sehr viel Egoismus. Denn die vielfältigen Produkte meines Unternehmens - hochwertige Bade- und Duschwannen aus Stahl/Email und anspruchsvolle Echtglasduschabtrennungen - können nicht über Baumärkte verkauft werden. Exklusive Stahlwannen werden nicht "unter dem Arm" nach Hause getragen. Sie benötigen Beratung beim Verkauf, fachgerechte Begleitung und sachgerechte Montage, von der Herstellung bis zur Verwendung im Badezimmer. Und genau dies können nur Handwerk, Handel und Industrie gemeinsam leisten.
IKZ-HAUSTECHNIK: Damit steht ja auch Ihre Meinung zu den in letzter Zeit wie Pilze aus dem Boden schießenden Einzelhandelsmodellen fest.
Pahl: Ich will hier nicht die verschiedenen Einzelhandelsmodelle beurteilen. Ich kenne die Schwierigkeiten der aktiv Einzelhandel betreibenden Installateure, die eine kostenintensive Ausstellung unterhalten. Sie stehen im Wettbewerb zu den "Trittbrettfahrern", die ohne diese Kosten jedes sorgfältig ausgearbeitete Angebot unterbieten können. Doch Trittbrettfahrer gibt es auch innerhalb der Industrie - manche Firmen verzichten auf Entwicklungsarbeit und leben mehr oder weniger ausschließlich von der Kopie erfolgreicher Produkte -, auf der Ebene des Großhandels - die Rucksackgroßhändler - und auf der Ebene des Handwerks - wie eben beschrieben.
"Bei unserem Dialog zwischen den Stufen müssen wir weniger über Fördermodelle, sondern vielmehr darüber streiten, wie wir unsere Produkte von der Herstellung kostengünstiger, zuverlässiger, schneller und problemloser zum Verwender, unserem gemeinsamen Kunden, in das Badezimmer bringen. Wir müssen Synergien nutzen, Doppelarbeit ausschließen und alle Kostensenkungspotentiale nutzen." Fritz W. Pahl |
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Lösungsvorschläge hätten Sie hier?
Pahl: Wir können diesem Problem ein Stück Rechnung tragen, indem wir bei der Preisgestaltung von der Industrie gegenüber dem Großhandel und vom Großhandel gegenüber dem Handwerk die Funktionserfüllung unserer Kunden berücksichtigen. Unsere Branche benötigt zusätzliche Einzelhandelsaktivitäten, um das Wachstum der Baumärkte nicht nur zu stoppen, sondern um Marktanteile zurückzugewinnen. Bei der Bewertung der verschiedenen "Fördermodelle" muß berücksichtigt werden, daß der Einzelhandel eine unternehmerische Tätigkeit darstellt, die - mit Risiken verbunden - letztendlich vom Markt honoriert werden muß. Jede Förderung ist daher eine Subvention, und Subventionen haben noch nie erfolgreiche Unternehmer hervorgebracht. Dennoch glaube ich, daß wir zum jetzigen Zeitpunkt den Einzelhandel unserer Branche fördern müssen, quasi als eine Art Anschubhilfe. Ich wünsche mir aber auch, daß wir die Erfahrungen, Erfolge und Mißerfolge offener miteinander austauschen. Über das "Hammer Modell" etwa erhalte ich unterschiedliche Informationen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was halten Sie denn von der Politik der Exklusivmodelle?
Pahl: Jeder Lieferant, auch der einzelhandeltreibende Installateur, wünscht sich ein Stück Exklusivität, um der Härte des Wettbewerbs ausweichen zu können. Ein erfolgreicher Einzelhändler unserer Region Ostwestfalen etwa vertreibt fast ausschließlich "Eigenprodukte". Nach meinem Kenntnisstand bezieht er diese überwiegend direkt von Herstellern. Er arbeitet so erfolgreich am Markt, daß er Aufträge von Kunden, die bei der Renovierung ihres Badezimmers auf einer Bette Wanne bestehen, ablehnt. Unsere Branche ist allerdings überfordert, wenn sie für alle einzelhandeltreibenden Installateure unterschiedliche Exklusivmodelle bereitstellen sollte. Sie ist aber auch überfordert, wenn der Einzelhandel auf Dauer durch Großhandel und Industrie subventioniert werden muß. Wir benötigen noch mehr Unternehmer, die in der Lage sind, mit den hervorragenden Produkten unserer Branche erfolg- und ertragreich Einzelhandel zu betreiben.
IKZ-HAUSTECHNIK: Abschließend noch eine Frage zur Gemeinschaftswerbung. Woran ist sie gescheitert?
Pahl: Es gibt nur wenige Themen, über die so intensiv und kontrovers gestritten wird wie über Erfolg oder Mißerfolg von Werbeaktivitäten. Dies gilt in besonderer Weise für jede Gemeinschaftswerbung, die auf Dauer nur Bestand haben kann, wenn jeder Beitragszahler für sich persönlich Vorteile sieht. Genau darin liegt das Problem. Für mich liegt der Erfolg der bisherigen Gemeinschaftswerbung darin, daß das Badezimmer viel stärker in den Mittelpunkt des Wohnens gerückt wurde. Wir mußten mit dieser Gemeinschaftsaktion unseren Marktanteil am Budget der Familien erhöhen gegen den Autotrend und die Reiselust. Dies ist zweifellos ein Stück gelungen. Die Gemeinschaftswerbung ist m.E. für 1999 an der Frage der Finanzierung gescheitert. Die Industrie sah sich in der Rolle des alleinigen Zahlmeisters und dies hat sie nicht akzeptiert. Für 1998 war die Gemeinschaftswerbung noch einmal "gerettet" worden, weil die Mitglieder der DG-Haustechnik 1 Mio. DM zum Gesamtetat beigetragen hatten. Ich bin aber überzeugt, daß die Gemeinschaftswerbung erneut gestartet wird, wenn wir zu einem Konsens zwischen Handwerk, Handel und Industrie über die Lastenverteilung in puncto Beitragszahlung kommen werden.
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