IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/1999, Seite 50 ff.
HEIZUNGSTECHNIK
Förderprogramm "30 Niedrigenergiehäuser in Hessen"
Erfahrungen und Schlußfolgerungen
Werner Eicke-Hennig* · Dr. Bernd Steinmüller* · Joachim Zeller** Teil 1
Die Niedrigenergiebauweise zielt auf eine Reduzierung des Heizwärmebedarfs auf weniger als 70 kWh pro m2 Wohnfläche und Jahr ab und liefert damit einen wichtigen Beitrag zur dringend gebotenen Fortentwicklung der Energieeinsparung in Gebäuden. Im Rahmen der Förderung der Niedrigenergiebauweise hat das Land Hessen bereits 1989 das Programm "30 Niedrigenergiehäuser in Hessen" aufgelegt. Zwischen 1989 und 1993 sind in diesem Programm 29 Gebäude errichtet worden. Über 2 bis 3 Jahre sind sodann Heizenergieverbräuche, Innen- und Außentemperaturen verfolgt und Bewohner befragt worden. Hierbei konnten vielfältige praktische Einsichten gesammelt werden. Diese zweigeteilte Publikation berichtet zusammenfassend über die gewonnenen Erfahrungen, Ergebnisse und Schlußfolgerungen aus dem Förderprogramm. Eine ausführliche Darstellung kann dem Endbericht zum Förderprogramm entnommen werden [1].
1. Förderpolitischer Kontext und Zielsetzung
Die systematische Förderung der Niedrigenergiebauweise erfolgt in Hessen seit nunmehr 10 Jahren und erstreckt sich über mehrere ineinandergreifende Phasen. So wurden zunächst Einzelhäuser, dann Siedlungen, Kommunal- und Sozialbauten erfaßt, um schließlich die Erfahrungen in einem 1997 begonnenen Qualifikationsprogramm für Architekten, Ingenieure und Handwerker weiter zu vermitteln. 1987 wurde in Schrecksbach bei Alsfeld das erste hessische Niedrigenergiehaus errichtet und vom Institut Wohnen und Umwelt mehr als drei Jahre wissenschaftlich begleitet [2]. Der gemessene Heizwärmeverbrauch liegt bei 60 kWh/(m2 · a). Der Erfolg des Gebäudes führte zu dem Förderprogramm "30 Niedrigenergiehäuser in Hessen", das im Januar 1989 vom Hessischen Innenministerium aufgelegt wurde.
Ziel des Förderprogramms war es, über eine größere Gesamtheit unterschiedlich konstruierter Wohngebäude breitere Erfahrungen mit der Niedrigenergiebauweise zu sammeln. Die Anforderungen orientierten sich an der seinerzeit gültigen Wärmeschutzverordnung 1982 und zielten im wesentlichen auf eine Verbesserung des Wärmeschutzes um einen Faktor zwei. Als Anreiz wurde Bauherren, die die entsprechenden Auflagen erfüllten, ein Zuschuß von 10.000 DM gewährt.
Die wissenschaftliche Begleitung wurde durch das Hessische Ministerium für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit über einen Zeitraum von 2 Jahren gefördert und durch das Institut Wohnen und Umwelt GmbH (IWU) durchgeführt. Im Auftrag des IWU wurden Messungen vorgenommen und durch das Ingenieurbüro für Energieberatung, Haustechnik und ökologische Konzepte GbR (ebök) ausgewertet [3]. Die Untersuchung der Luftdichtheit der Gebäude wurde im Auftrag des IWU ebenfalls durch das Ingenieurbüro ebök und die Ingenieurgemeinschaft Bau + Energie GbR Springe Eldagsen vorgenommen [4]. Die sozialwissenschaftliche Evaluation (Auswertung) erfolgte durch das EPSILON Team der Universität Mannheim unter Leitung von Prof. Dr. Bernd Rohrmann [5].
Im Rahmen des Meßprogramms wurden als zentrale Größen der Heizenergieverbrauch, die Außen- und Innenlufttemperaturen sowie der Wasserverbrauch erfaßt. Es ging dabei nicht um die Vermessung eines einzelnen Gebäudes im Detail, sondern um die möglichst kostengünstige Überprüfung der Gebäudegesamtheit in den wesentlichen Parametern.
2. Erfahrungen mit den Gebäudeausführungen
Als besonders effizient für energiesparende Bauweisen haben sich folgende Konstruktionsmerkmale herausgestellt:
- hervorragender Wärmeschutz der Gebäudehülle,
- sorgfältige Ausführung des Wärmeschutzes, Vermeidung von Wärmebrücken,
- kompakte Bauweise,
- hohe Dichtheit der Außenbauteile,
- kontrollierte Lüftung,
- passive Solarenergienutzung,
- flinke Heizungsregelung,
- rationelle Heizwärmeerzeugung,
- einfache Bedienung der Heiz- und Lüftungsanlage.
Diesen Merkmalen sollte daher auch bei der Gebäudeausführung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Bild 1: Mittlere k-Werte von 29 hessischen Niedrigenergiehäusern.
2.1 Geförderte Gebäude
Die geförderten Niedrigenergiehäuser wurden nach der alten Wärmeschutzverordnung 1982 geplant. Nachzuweisen war als Obergrenze die Einhaltung des halben km, max-Wertes der Wärmeschutzverordnung. Vorgaben für die konstruktive Umsetzung wurden nicht gemacht. Von 30 geplanten Gebäuden wurden 29 errichtet und zwar 25 Einfamilienhäuser, 2 Zweifamilienhäuser, 1 Reihenhaus sowie eine Wohneinheit in einem Mehrfamilienhaus.
23 Gebäude wurden dabei in Massivbauweise, 5 in Holz- und 1 Gebäude in Holzfachwerk-Lehmbauweise mit zusätzlicher Wärmedämmung errichtet.
Die Flächen/Volumenverhältnisse A/V lagen zwischen 0,34 m-1 und 1,04 m-1 mit einer starken Häufung zwischen 0,7 m-1 und 0,8 m-1. Diese Werte sind durch den hohen Anteil an freistehenden Einfamilienhäusern zu erklären. Im verdichteten Flachbau werden für das Außenwand-Volumen-Verhältnis Werte möglichst geringer als 0,3 m-1 angestrebt. Nach der seinerzeit gültigen Wärmeschutzverordnung wären maximale mittlere k-Werte zwischen 0,61 - 0,94 W/(m2 · K) zulässig gewesen. Entsprechend der Zielsetzung des Förderprogramms wurden jedoch mittlere k-Werte zwischen 0,26 und 0,45 W/(m2 · K) realisiert, d.h. der mittlere k-Wert wurde in der Regel mehr als halbiert (Bild 1).
Tabelle 1: Charakterisierung der Niedrigenergiehäuser
Bauteil | k-Wert (W/(m2 · K)) | Typische Ausführung |
Außenwand | 0,17 - 0,37 | Massivbauweise mit 8 - 15 cm Dämmung im Wärmedämmverbundsystem |
Dach | 0,14 - 0,30 | Sparrendach mit 18 - 24 cm Zwischen-/Untersparrendämmung |
Kellerdecke | 0,15 - 0,55 | 6 cm PU-Platten als Trittschalldämmung, 12 cm Polystyrol unter oder auf Kellerdecke |
Fenster | 1,50 - 1,80 | Holz- oder PVC-Rahmen mit Wärmeschutzverglasung 1,1 - 1,3 W/(m2 · K) |
2.2 Hochwirksame Wärmedämmung - Hauptmerkmal der Niedrigenergiebauweise
Zur Verringerung der Wärmeverluste über Wärmebrücken wurden hochdämmende Außenbauteile eingesetzt. Die Konstruktionen sind in [1] erläutert und teilweise in der vom IWU herausgegebenen "Planungshilfe Niedrigenergiehaus" [6] dokumentiert. Die Charakterisierung der Gebäude ist in Tabelle 1 zusammengefaßt.
Tabelle 2: Verringerung der Wärmebrücken
Wärmebrücke | Maßnahme |
Kellerdecke/Bodenplatte | Gasbetonsteinlage als Auflager für sämtliche EG-Innen-/Außenwände |
Betonkragplatten | ISO-Korb als thermische Trennung |
Balkone | Vorgestellte Balkone (Holzkonstruktionen) |
Fenstereinbindung | 3 cm Überdeckung des Blendrahmens mit Außenwanddämmung |
Sparren | Unter- oder Überdämmlage von 4 - 12 cm Dicke |
Rolladenkästen | verstärkte innere Dämmschicht und Kurbelantrieb |
Einbindende Wände in Dachdämmung | 5 - 10 cm Kopfdämmung der Mauerkronen |
Zur Verringerung von Wärmebrücken wurden Maßnahmen ergriffen, die in Tabelle 2 aufgeführt sind.
Die Erfahrungen zeigen:
- Der Wärmeschutz der Außenbauteile in Verbindung mit der Reduzierung von Wärmebrücken bringt den größten Beitrag zur Verringerung des Heizwärmebedarfs unter die Zielmarke von 70kWh/(m2 · a).
- Größere Dämmschichtdicken werden technisch beherrscht. Nachlässigkeiten bei der handwerklichen Ausführung (schlechter Zuschnitt von Dämmplatten, offene Stöße bei Kerndämmung) sind jedoch durch Schulung und andere Maßnahmen weiter zu reduzieren.
- Gegenüber konventioneller Bauweise nach Wärmeschutzverordnung konnten die Wärmebrücken um ca. 50 - 60% verringert werden. Die Vermeidung von Wärmebrücken gelang jedoch nicht immer und erfordert auch zukünftig besondere Aufmerksamkeit. Eine weitere Reduktion durch sorgfältigere Ausführung und frühzeitige Berücksichtigung bei der Planung ist möglich.
- Bauschäden, die aus den Konstruktionsmerkmalen des Niedrigenergiehauses resultieren, sind bisher nicht aufgetreten (5 - 8jährige Beobachtung). Urteile, wie "die Wände atmen nicht mehr", "Dämmung führt zu Feuchteschäden", "Bewohner ersticken im hochgedämmten Haus" können vor dem Hintergrund der Erfahrungen als Vorurteile bewertet werden.
2.3 Eine dichte Gebäudehülle verbessert die Gebäudequalität
Die grundsätzliche Bedeutung einer dichten Gebäudehülle für den Heizenergieverbrauch ist seit langem bekannt [7]. In gut gedämmten Gebäuden können bei mangelnder Dichtigkeit allein die Leckageverluste die Größenordnung der übrigen Verluste erreichen und das Ziel, ein Niedrigenergiehaus zu errichten, zunichte machen. Des weiteren behindert eine unkontrollierte In- und Exfiltration über die Gebäudehülle jedoch auch die kontrollierte, hygienische Luftführung. Sie führt zu unkontrollierten Druck- und Strömungsverhältnissen und ist einem behaglichen Raumklima in der Regel abträglich. Die Lüftungsverluste durch Leckage liefern dabei, abhängig von der kontrollierten Be- und Entlüftungsart, einen unterschiedlichen Beitrag und fallen bei einer balancierten Zu-/und Abluftanlage besonders ins Gewicht. Als maximale Leckage bei einem Unterdruck von 50 Pa im Drucktest wird von der DIN-V 4108-7 ein Zielwert für n50 von maximal 1 h-1 gefordert, was unter typischen realen Bedingungen einer Leckrate von deutlich unter 0,1 - 0,05 h-1 entspricht.
An 28 der 29 Gebäude wurde die Dichtigkeit der Gebäudehülle durch Drucktest mit dem Blower-Door-Verfahren überprüft sowie die Leckageverteilung im Gebäude ermittelt.
Die Meßergebnisse zeigen, daß die Dichtigkeit der Gebäudehüllen einer großen Schwankungsbreite unterliegt, und nur in wenigen Fällen werden die nun auch von der DIN-V 4108-7 geforderten Zielwerte erreicht. n50-Werte von über 10 h-1 kommen vor, ebenso wie Werte von nahe 1 h-1. Der Durchschnitt über alle Objekte liegt mit 3,9 h-1 einen Faktor 4 über dem Zielwert, wobei der Mittelwert der massiv errichteten Gebäude mit 3 h-1 besser als der in Holzbauweise errichteten Gebäude ist. Durch Nachbesserung der zugänglichen Leckagen konnte eine ca. 20%ige Reduzierung erreicht werden.
Es zeigt sich, daß die zusätzlichen Wärmeverluste durch Leckagen bei sehr undichter Gebäudehülle eine Größe von 40 - 70 kWh/(m2 · a) annehmen und damit in einigen Fällen verhindern können, daß das Ziel des Niedrigenergiehaus-Standards erreicht wird. Wie zu erwarten, fallen die Leckagen bei balancierten Zu-/Abluftanlagen besonders negativ ins Gewicht.
Die Analyse der Undichtigkeiten zeigt:
- Die Techniken und Materialien zur Herstellung einer luftdichteren Gebäudehülle wurden zum damaligen Zeitpunkt noch nicht befriedigend beherrscht.
- Oftmals wurden Teppichklebebänder und aus anderen Anwendungszwecken entlehnte Folien eingesetzt.
- Ein großes Problem liegt in der Beherrschung von Durchdringungen (Balken, Steckdosen, Rohre).
- Besonders auffällig waren die undichten Fenster, bei denen überwiegend zwischen Mauerwerk und Blendrahmen durchlässige Fugen vorlagen und zusätzlich die Flügelrahmen nicht dicht auf den Blendrahmen schlossen.
- Leckagen mit n50 > 10 stellen Extremwerte dar. Hier lagen große Fehlstellen vor, wie Löcher in der Außenwand, Keller und Dach oder sichtbare Risse und Ritzen.
- Ein großes Problem stellten auch die nicht abgestimmten Arbeiten der einzelnen Gewerke dar, die oftmals zu Zerstörungen bereits fertiggestellter Dichtungsebenen führten.
Zur erfolgreichen, dauerhaften Abdichtung haben sich folgende Werkstoffe und Dichtungstechniken bewährt:
- PE-Folien zur großflächigen Dichtung von Holzrahmenkonstruktionen,
- Abklebungen von überlappenden Folien mit doppelseitigem Butylklebeband,
- Einputzen der Folienränder an Wandanschlüssen (mittels Streckmetall),
- Innenputz zur großflächigen Dichtung von Mauerwerk,
- Herunterziehen des Innenputzes bis auf die Betonrohdecke,
- Einsetzen der Steckdosen satt in Gips (Gitterziegel/Lochsteine sind luftführend!),
- Einjustieren von Blend- und Flügelrahmen nach Einbau,
- Dichten von Anschlußfugen mit Silikon (Ortschaum ist oder wird undicht).
Als Schlußfolgerung ergibt sich:
- Handwerker müssen in der gewissenhaften, sachgerechten Durchführung von Dichtungsmaßnahmen besonders geschult werden.
- Aufgabe des Architekten ist es, die beteiligten Gewerke auf das Ziel "dichte Gebäudehülle" zu orientieren. Hierzu ist die Erstellung eines Dichtungskonzeptes erforderlich. Zerstörungen von Dichtungsarbeiten durch Nachfolgegewerke sind zu unterbinden. Dichtungsarbeiten sind vor Einbau von Verkleidungen durch Inaugenscheinnahme oder Test mit Rauchröhrchen abzunehmen.
- n50-Werte zwischen 2 h-1 und 3 h-1 sind erreichbar, wenn Dichtungstechniken bewußt eingesetzt werden. n50-Werte von max. 1 h-1 sind bei gewissenhafter Ausführung möglich. Sie sind unerläßlich, wenn die gewünschte zielgerichtete, hygienische Luftführung im Haus erreicht und der Lüftungswärmebedarf minimiert werden soll.
2.4 Kontrollierte Belüftung für Energieeinsparung, Komfort, Sicherheit und Gesundheit
Die kontrollierte, mechanische Lüftung dient nicht nur der Energieeinsparung und Begrenzung der Lüftungswärmeverluste. Sie weist vielmehr im Vergleich zur unkontrollierten Lüftung durch Fugen und Fenster eine ganze Reihe weiterer gewichtiger Vorteile auf, die dem Komfort, der Sicherheit und Gesundheit der Bewohner zugute kommen:
- Garantie eines dauerhaften hygienischen Luftwechsels bei niedrigen Lüftungswärmeverlusten,
- Fenster können geschlossen bleiben, müssen es aber nicht,
- Lufterneuerung auch nachts und bei Abwesenheit der Bewohner,
- keine Geruchsausbreitung von Küche und WC,
- Vorbeugung von Feuchte- und Schimmelschäden,
- Beitrag zum "allergiefreien Haus".
Für die Wohnungslüftungsanlagen existierten zum damaligen Zeitpunkt in Deutschland noch wenig Erfahrungen. In den 29 Gebäuden wurden daher 17 Abluftanlagen und 12 Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung zur mechanischen Belüftung installiert und evaluiert (ausgewertet).
Für einen effizienten Betrieb darf der von der Lüftungsanlage geförderte Luftvolumenstrom nicht zu hoch angesetzt werden. Als Dimensionierung kann für den Wohnungsbau ein Auslegevolumenstrom (Zuluft) von 30 m3 Frischluft pro Stunde und pro Person angesetzt werden (DIN 1946-6). Der Abluftvolumenstrom kann für Küchen auf 60 m3/h, für Bäder, Hauswirtschaftsräume etc. mit 40 m3/h und für WC, Vorratsräume mit 20 m3/h angegeben werden. Die Anlagendimensionierung ist nach dem größeren der beiden Werte vorzusehen. Völlig falsch wäre wegen des dauerhaften Luftaustausches die Dimensionierung nach einschlägigen Luftwechselzahlen (0,3 und 1 h-1 in der Novelle der Wärmeschutzverordnung). In [8] wird belegt, daß bei entsprechender Gesamtkonzeption und Ausführung ein mittlerer Anlagenluftwechsel von unter 0,3h -1 für eine hervorragende Innenluftqualität ausreichend ist. Dies stimmt mit den hier gemachten Erfahrungen überein. Die vorgefundenen mechanischen Luftwechselraten liegen zwischen 0,3 und 0,45 h-1 und gewährleisten in der Regel eine sehr gute Innenluftqualität.
Neben den zahlreichen Vorteilen wurden verschiedene "Kinderkrankheiten" und Mängel registriert und in einer Prüfliste festgehalten. Die wesentlichen erkennbaren Mängel waren:
- einzelne Zimmer oder Gebäudeteile ohne Abluftleistung,
- zu hoher Stromverbrauch,
- Strömungsgeräusche,
- mangelnde Wirkung integrierter Dunstabzugshauben,
- keine Wartung von Rohrnetz, Filter und Ventilatoren durch die Bewohner,
- mangelnde Luftdichtigkeit.
Die mangelnde Luftdichtigkeit der Gebäudehülle führt nicht nur zu den bereits erwähnten zusätzlichen Lüftungswärmeverlusten, sondern beeinträchtigt darüber hinaus die Effektivität der Luftführung. So wird in undichten Gebäuden besonders in der Zuluftzone die Raumlüftung in vielen Fällen wetterabhängig. Im Mittel betrug der Anteil der Außenluftdurchlässe am planmäßigen Zuluftvolumenstrom nur 1/3, die unkontrollierte Infiltration durch Undichtigkeiten dagegen 2/3. Luftdichtigkeit ist mithin eine entscheidende Voraussetzung für eine effektive mechanische Belüftung.
Aus den gemessenen Leckageraten und den Fördermengen der Lüftungsanlagen konnten die resultierenden Lüftungswärmeverluste ermittelt werden [9]. Die Ergebnisse der Analyse sind in Bild 2 dargestellt. Der obere Balkenteil repräsentiert den durch Undichtigkeiten verursachten Anteil, während der untere Balkenteil die Lüftungswärmeverluste der Anlagen widerspiegelt.
Bild 2: Berechnete Lüftungswärmeverluste (Anlagen und Leckagen) pro mē mechanisch belüfteter Fläche in 30 hessischen Niedrigenergiehäusern.
Geordnet nach Anlagentypen: Nr. 24-30 feuchtgesteuerte Abluftanlagen, Nr. 1-23 drehzahlvariable Abluftanlagen, Nr. 4-22 Zu-/Abluftanlagen mit WRG, Nr. 13 und 20 Luftheizungen. Achtung: Die Numerierung entspricht nicht den Gebäude-Ordnungszahlen dieses Berichts.
Wie Bild 2 zeigt, betragen die Wärmeverluste für reine Abluftanlagen 18 bis 45 kWh/(m2 · a). Sie können für Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung auf 8 bis 12 kWh/(m2 · a) gesenkt werden. Bild 2 läßt erkennen, daß nur auf dem Wege der kontrollierten Lüftung mit zusätzlicher Abdichtung der Gebäudehülle die gewünschten Einspareffekte erreicht werden können.
Für die Beurteilung der Energieeffizienz ist das Verhältnis zwischen eingesetzter Antriebsenergie, Strom und zurückgewonnener Wärmeenergie entscheidend. Die Novelle der Wärmeschutzverordnung 1995 fordert ein Verhältnis von 1 : 5. Die Untersuchung zeigte, daß zwar 70% der Abluftanlagen und 38% der Wärmerückgewinnungsanlagen die Anforderungen erfüllen, daß jedoch die Energieeffizienz der Lüfter in der Regel mehr als verdoppelt werden könnte.
Als Folgerung ergibt sich:
- Soll mit der angekündigten Novelle der Wärmeschutzverordnung im Jahr 2000 die Niedrigenergiebauweise zum Standard werden, muß die kontrollierte Wohnraumlüftung von den beteiligten Gewerken beherrscht werden.
- Eine Einführung der kontrollierten Wohnungslüftung kann nicht im Selbstlauf gelingen, da es sich um ein System handelt, dessen Komponenten Gebäudehülle, Lüftungsgerät, Regelung und Kanalnetz durch gute Planung und sorgfältigen Einbau aufeinander abzustimmen sind.
- Notwendig sind eine Intensivierung der Aus- und Weiterbildung, um Architekten, Planer, Handwerker in die Technik und ihre Rahmenbedingungen einzuführen.
- Komponentenhersteller müssen ihre Produkte teilweise noch verbessern und verbilligen sowie bessere Planungsunterlagen bereitstellen.
In Verbindung mit den in [9] dokumentierten Mängeln kann gesagt werden, daß für einen erfolgreichen Einsatz der Wärmerückgewinnung im Wohnungsbau insbesondere eine dichtere Gebäudehülle, eine gute Planung von Anlage und Rohrnetz, ein sorgfältiger Einbau, stromsparendere Ventilatoren, stromsparender Betrieb der Anlagen sowie die gewissenhafte Wartung durch die Bewohner notwendig sind.
2.5 Energieerzeugung
Als Heizungsanlagen kamen überwiegend Warmwasser-Zentralheizungen zum Einsatz. Die Energieträger sind bis auf zwei Ausnahmen Erd- und Flüssiggas. Betriebserfahrungen liegen nicht vor, da die Anlagen nicht von der Förderrichtlinie erfaßt wurden. Es ist davon auszugehen, daß der Stromverbrauch von Umwälzpumpen und sonstigen Hilfsgeräten in der Größenordnung der in Heidenheim [10] erhobenen und gemessenen Werte liegt, da auf Stromeinsparungen in der Regel nicht geachtet wurde. Generell muß es zukünftig Ziel sein, den Hilfsstromverbrauch von Heizungsanlagen deutlich zu senken. (Fortsetzung folgt)
*) Werner Eicke-Hennig, Dr. Bernd Steinmüller, Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt
**) Joachim Zeller, Ingenieurbüro ebök, Tübingen
L i t e r a t u r :
[ 1] Eicke-Hennig, W.; Jäkel, M.; Zeller, J.: Endbericht zum Förderprogramm, 30 Niedrigenergiehäuser in Hessen. Darmstadt, 1997.
[ 2] Hinz, E.; Feist, W.: Forschungs- und Demonstrationsgebäude, Niedrigenergiehaus Schrecksbach. IWU, Darmstadt, 1992.
[ 3] Interner Endbericht Messungen 30 NEH Hessen. ebök, Tübingen, 1997.
[ 4] Ing.-Gesellschaft Bau + Energie; ebök: Bericht über die Durchführung von 29 Drucktests in hessischen NEH. Unveröffentlicht. Darmstadt, 1990 - 1994.
[ 5] IWU (Hrsg.); Rohrmann, B.: Sozialwissenschaftliche Evaluation hessischer NEH. Darmstadt, 1995.
[ 6] Eicke-Hennig, W.; Wagner-Kaul, A; IWU (Hrsg.): Planungshilfe Niedrigenergiehaus. Darmstadt, 1995.
[ 7] Raisch, E.: Luftdurchlässigkeit von Baustoffen und Baukonstruktionsteilen. Gesundheits-Ingenieur.
[ 8] Feist, W.: Passivhausbericht Nr. 10 - Luftqualität im Passivhaus. IWU, Darmstadt, 1995.
[ 9] IWU, ebök, Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit (Hrsg.); Johannes, W.; et al: Meßtechnische Überprüfung und Dokumentation von Wohnungslüftungsanlagen in hessischen NEH.
[10] Fraunhofer Institut für Bauphysik; IBP: Niedrigenergiehäuser Heidenheim. Abschlußbericht, Stuttgart 1994.
[Zurück] [Übersicht] [www.ikz.de]