IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 1/1999, Seite 38 f.


REPORT


Hygiene-Symposium in Fulda

Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V.* diskutiert mit Hygieneexperten

Mehr als 80 Teilnehmer - vornehmlich aus Hygieneinstituten, Gesundheitsämtern, Kommunen und aus den Reihen der Wasserversorger - folgten am 21. Oktober 1998 einer Einladung der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. zum "fbr-Fachsymposium Hygiene" in Fulda um über hygienische Aspekte der Regenwassernutzung im häuslichen Bereich zu diskutieren.

Teilnehmer des fbr-Hygienesymposiums in Fulda.

Hygieneexperten sprachen sich einstimmig für die Regenwassernutzung in Gebäuden aus

Dr. Holländer von der Landesuntersuchungsanstalt für Chemie, Hygiene und Veterinärmedizin aus Bremen faßte in seinen Ausführungen die bisher veröffentlichten mikrobiologischen Untersuchungsergebnisse diverser Projekte aus dem gesamten Bundesgebiet zusammen. Aus den Ergebnissen gehe eindeutig hervor, daß die Zisternenwasserqualität generell zwar keine Trinkwasserqualität besitze, innerhalb von Gebäuden aber dennoch bestens zur Toilettenspülung und zum Waschen der Wäsche geeignet sei. Daß die für manchen Kritiker vielleicht überraschend positiven Untersuchungsergebnisse - welche übrigens auf weit mehr als 1000 Beprobungen basieren - nicht zufällig sind, unterlegte Dr. Holländer ferner mit Untersuchungsergebnissen zum Verhalten von pathogenen Mikroorganismen (z.B. Salmonellen) im Zisternenwasser.

Da Salmonellen bisher nicht im Zisternenwasser nachgewiesen wurden, mußten sie für die Untersuchungen zuvor künstlich in einen Speicher eingebracht und darüber hinaus mit Nährstoffen versorgt werden. Die Versuchsergebnisse zeigten, daß sich Salmonellen selbst bei Lagertemperaturen von 37°C nicht vermehren konnten, sondern je nach Ausbildung des Biofilms, der Temperatur und anderer Faktoren in dem Speicher unterschiedlich schnell absterben. Da der Biofilm, welcher sich nach längerem Betrieb stets an den Wandungen einer Zisterne ausbildet, scheinbar das Absterben der künstlich eingebrachten Krankheitserreger beschleunigt, empfahl Holländer, Zisternen erst dann zu reinigen, wenn Bewuchs und Ablagerungen zu technischen Störungen führen könnten.

Prof. Dr. Schoenen vom Hygieneinstitut der Universität Bonn referierte über "Hygienische Auswirkungen der Betriebswassernutzung auf die vorhandene Trinkwasserversorgung" und machte dabei deutlich, daß auf Trinkwasser zum Trinken, für die Zubereitung von Speisen, zum Reinigen von Geschirr, Bestecken und anderen Gegenständen der Küche sowie zur Körperpflege - Waschen, Baden, Duschen, Zähneputzen - in keinem Fall verzichtet werden könne. Während Trinkwasserqualität zum Toilettenspülen, zur Gartenbewässerung, Reinigung von befestigten Flächen außerhalb des Hauses, im Hof und Garten sowie zum Autowaschen - soweit dieses die Ortssatzung erlaubt - nicht notwendig erscheint.

Die wohl höchste Gefährdung sieht Dr. Schoenen in einer unzulässigen Querverbindung zum Trinkwassernetz. Eine diesbezügliche technische Überprüfung der Regenwasseranlage sowie der Schutz vor Rückstau aus der Kanalisation sei deshalb unabdingbar und technisch einfach zu gewährleisten.

Zur hygienischen Auswirkung der Betriebswassernutzung auf die vorhandene Trinkwasserversorgung wird aus dem Lager der Wasserversorger oft das Argument der Stagnation in den Versorgungsleitungen entgegengehalten, was zu einer Verschlechterung der Trinkwasserqualität (Verkeimung) führen könne. Dazu erklärte der Wasserexperte, daß diese Behauptung bisher weder be- noch widerlegt sei, da nicht feststehe, wie hoch diese Auswirkung überhaupt sei. Momentan sehe er allerdings keine generelle Gefahr, die auf den Verbrauchsrückgang infolge der Regenwassernutzung abgeleitet werden könne.

Prof. Dr. Lücke vom Fachbereich Haushalt und Ernährung der Fachhochschule Fulda unternahm den Versuch einer "Risikobewertung der Betriebswassernutzung aus Regenwasseranlagen" indem er sich methodisch an international anerkannte Verfahren der Risikobewertung aus dem Lebensmittelbereich anlehnte. Hierbei ist es wichtig, daß mögliche Gefahren beschrieben und die Belastungen der Verbraucher bewertet werden. Über bekannte Dosis-Wirkungs-Beziehungen läßt sich dann das Risiko charakterisieren und quantifizieren, was er am Beispiel einer Wahrscheinlichkeitsbetrachtung einer Infektion mit "E. coli" durch Aerosolbildung bei der Toilettenspülung darstellte.

Mehrere Milliarden Bakterien fäkalen Ursprungs träfen in der Toilettenschüssel mit dem Spülwasser aus der Regenwasserzisterne zusammen, welches mit maximal 10.000 "E. coli" pro Liter belastet sei. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein einziges Bakterium beim Spülvorgang (mit Trinkwasser) in Mundhöhe gelange, wird in der Literatur in der Größenordnung von etwa 1 zu 100-Millionen angegeben und ist somit weitaus geringer, als einen Volltreffer im Lotto zu erzielen. Daraus abgeleitet, werden spezielle Maßnahmen zur Desinfektion von WC und Badezimmer im häuslichen Bereich nicht für notwendig gehalten. Die Möglichkeit, daß ein "E. coli" aus der Regenwasserzisterne beim Spülvorgang in Mundhöhe gelangt ist demzufolge noch unwahrscheinlicher und kann deshalb nahezu ausgeschlossen werden.

Der Hygieneexperte Dr. Lücke bestätigte ferner, daß die bewußt mit verschmutztem Zisternenwasser gewaschene Wäsche nach dem Trocknen nicht stärker mikrobiell belastet sei, als Wäsche, die mit Trinkwasser gewaschen wird. Eine Belastung des Nutzers sehe er am ehesten da, wo Zisternenwasser bei der Gartenbewässerung fein versprüht und als Aerosol eingeatmet werden könnte.

Zusammenfassend stellte Dr. Lücke an mehreren Beispielrechnungen fest, daß das hygienische Risiko der Regenwassernutzung - DIN gerecht gebauter Anlagen jeweils vorausgesetzt - vernachlässigbar gering sei.

Diese Einschätzung wurde anschließend auch von Frau Dr. Sacré vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg geteilt, die die "Betriebswassernutzung (Dachablaufwasser) aus Sicht einer Gesundheitsbehörde" darstellte. Sie empfahl allerdings die Nutzung des Zisternenwassers im häuslichen Bereich vorerst noch auf die Toilettenspülung zu beschränken. Eine Notwendigkeit, Betriebswassernutzungsanlagen regelmäßig durch die Gesundheitsbehörde in Form von Wasseruntersuchungen überwachen zu lassen, wurde von Frau Dr. Sacré nicht gefordert, eine technische Abnahme sei allerdings unabdingbar.

Unter der Leitung von Prof. Dr. Dott, Direktor des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der RWTH-Aachen, fand eine insgesamt sachliche Podiumsdiskussion statt, die streng auf den Bereich der Nutzung im privaten Haushalt ausgerichtet war und die im Punkt Wäschewaschen kontrovers verlief.

Nicht jede Wäsche - so die Einschätzungen von Dr. Schoenen und Dr. Sacré könne völlig bedenkenlos mit Zisternenwasser gewaschen werden. Dieser Bewertung wurde allerdings von Dr. Lücke und Dr. Holländer widersprochen. Das von Dr. Schoenen zitierte Beispiel eines unzureichend getrockneten Geschirrhandtuchs, welches in der Küche mit Lebensmitteln in Berührung kommen könnte, wurde von Dr. Holländer heftig kritisiert. Die Gefahr, die beispielsweise von einem mit Salmonellen belasteten Hähnchen aus der Tiefkühltruhe ausgehe, welches üblicherweise in der Küche zubereitet wird und dadurch ebenfalls mit anderen Lebensmitteln in Kontakt kommen könnte, sei schließlich um einige Größenordnungen höher als das Risiko, das von einem unzureichend getrockneten Geschirrhandtuch ausgehe. Derartige Vergleiche wurden von den Kritikern allerdings nicht akzeptiert. Der Diskussionsleiter plädierte in diesem Zusammenhang dafür, bei den Beispielen nicht mit Fehlern zu argumentieren, die überall gemacht werden, (gemeint war die sorglose Zubereitung von salmonellenbelastetem Geflügel) sondern zu versuchen Fehler im Bereich der Regenwassernutzung zu vermeiden.

Konsens bestand allerdings unter den anwesenden Hygieneexperten darin, daß

Noch ungeklärt blieb vorerst die Frage, ob nach der technischen Anlagenabnahme zukünftig weitere Kontrollen erfolgen und wie diese ggf. aussehen sollten. Während ein Mitarbeiter eines Wasserversorgers vorschlug, Regenwasseranlagen alle sechs Jahre zusammen mit den Intervallen, in denen die Wasserzähler ausgetauscht werden, vom Wasserversorger technisch überprüfen zu lassen, wurde von anderer Seite davor gewarnt, die nun nicht mehr als notwendig erachteten hygienisch / mikrobiologischen Untersuchungen durch technische abzulösen. Bei Kontrollen im Rahmen der Zähleraustauschaktionen könnten Querverbindungen vorübergehend vom Betreiber beseitigt und anschließend wieder eingebaut werden, so Dr. Wack vom Umweltbüro Schotten. Er forderte deshalb eine nicht mehr manipulierbare Technik.

Allen Anlagenbauern und -betreibern sollte zukünftig bewußt sein, daß jede Querverbindung zwischen dem Betriebs- und Trinkwassernetz unzulässig ist und ggf. strafrechtliche Konsequenzen sowohl für den Verursacher als auch für den Anlagenbetreiber haben kann.


* Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V.
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