IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/1998, Seite 102 ff.
REPORT
Die kontrollierte Wohnungslüftung setzt sich durch
Mit ABB verbindet man zunächst die Stichworte "weltweiter Großkonzern" und "elektrische Schaltanlagen". Daß das Tochterunternehmen ABB Fläkt Produkte GmbH aber ein sehr bekannter Hersteller von Ventilatoren, Kastengeräte und Zubehör ist, weiß fast nur die Lüftungsbranche. Ein wichtiger Geschäftszweig sind die Komponenten zur kontrollierten Wohnungslüftung.
Marktpotentiale
Obschon seit 25 Jahren auf dem Markt der kontrollierten Wohnungslüftung aktiv, forciert erst seit zwei Jahren das im nordhessischen Butzbach ansässige Unternehmen ABB Fläkt Produkte GmbH massiv seine geschäftlichen Anstrengungen in diesem Segment. Nicht ohne Grund: Geschäftsführer Peter Fenkl rechnet damit, daß als Folge der Einführung der noch in Arbeit befindlichen Energiesparverordnung 2000 eine kontinuierliche Absatzsteigerung verbunden ist. Heute werden etwa 1% aller neugeschaffenen bzw. renovierten Wohnungen mit einer Anlage zur kontrollierten Lüftung ausgerüstet. Dies entspricht bei 410.000 Wohnungen je Jahr rund 4000 Anlagen. "Zukünftig", so schätzt Fenkl, "steigt der Absatz jährlich um 25 bis 30%". Zahlen, die ein wachsendes Interesse der Bevölkerung an Lüftungsanlagen erkennen lassen. Und ABB Fläkt möchte diesen Trend mitgestalten.
Prinzipdarstellung eines reinen Entlüftungssystems, Produktname "SIROC". Durch selbstregelnde Öffnungen in Fenstern, Türen oder Mauerwerk strömt Zuluft nach. |
Als Vollsortimenter bietet ABB Fläkt ein breites Programm zur Wohnungslüftung an: reine Abluftgeräte, Be- und Entlüftungsgeräte mit Kreuzstromwärmetauscher (zur Wärmerückgewinnung), Frischlufteinlässe, Zuluft- und Abluftventile, Luftmengenbegrenzer, Schalldämpfer, Regelkomponenten und Lüftungsrohre. Nun läßt sich der notwendige Luftaustausch in einem Gebäude bzw. Raum auf zweierlei Arten gewährleisten. Entweder mit einer zentralen/dezentralen Abluftanlage und definierter Nachströmöffnung über Ventile in der Außenhülle oder - und hierauf legt ABB seinen Schwerpunkt - mit einem Zentralgerät mit Wärmerückgewinnung, also mit zentraler Ansaugöffnung und mit einem Kanalnetz, das die Frischluft zu den Ausblasöffnungen in den einzelnen Räumen führt. Die Abluftventile sitzen in beiden Fällen in solchen Räumen, in denen Gerüche oder Dämpfe entstehen, beispielsweise in Küche, im Bad und WC.
Ziel einer jeden Anlage zur kontrollierten Be- und Entlüftung ist es, den Lüftungswärmeverlust auf einem bestimmten Niveau zu halten, die Konzentration an Luftinhaltsstoffen zu begrenzen und die Luftfeuchtigkeit bei rund 50% r.F. zu halten. Insofern geht es um den Gesundheitsschutz der Bewohner und um die Erhaltung der Bausubstanz; Schadstoffe, vor allem Feuchtigkeit, soll abgeführt werden mit dem Nebeneffekt, daß Energie aus der Abluft zurückgewonnen wird. Bevor ein Wärmetauscher in ein kombiniertes Be-/Entlüftungsgerät eingebaut wird, muß er ein bestimmtes Mindestwirkungsgradverhältnis erfüllen, so schreibt es die Wärmeschutzverordnung von 1995 vor. Für ein Teil elektrische Energie, das für Hilfsaggregate wie z.B. Ventilatoren aufgewendet wird, müssen über den Wärmetauscher mindestens fünf Teile Wärme zurückgewonnen werden.
Be- und Entlüftungssystem mit Wärmerückgewinnung, Produktname "AKOR": Die Außenluft wird zentral angesaugt und über den Kreuzstromwärmetauscher vorerwärmt. |
Geschäftsführer Fenkl gegenüber der IKZ-HAUSTECHNIK: "Wir gehen davon aus, daß sich zukünftig die Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung im Ein- und Zweifamilienhaus durchsetzen wird." Im Mietwohnungsbau läge die Situation anders, denn dort werden üblicherweise nicht die besten verfügbaren Produkte eingesetzt. Und somit wird es für reine Abluftanlagen mit Zuluftventilen einen Markt geben. Rolf Waldschmidt, Vertriebsleiter für den Geschäftsbereich Wohnungslüftung, macht in diesem Zusammenhang auf zwei Problemfelder aufmerksam: "Zum einen wird durch die Nachströmöffnung in der Außenwand der Schallschutz unterbrochen, zum anderen wandert der Taupunkt nach innen." Der zuletzt genannte Gesichtspunkt kann bei ungünstigen Betriebsverhältnissen dazu führen, daß Kondensat in der Mauerdurchführung entsteht und in den Raum gelangt. In solchen Fällen läßt sich die Ursache (die Entstehung von Kondensat) meist nicht beseitigen. In der Regel bleibt nur die unter hohem Aufwand erzielbare Ableitung des Kondensats nach draußen.
Die Partner von ABB
ABB spricht die Sanitär- und Heizungsinstallateure an. Die Handwerker werden ausgiebig in Planung und Ausführung geschult, damit sie den Endkunden fach- und sachgerecht beraten und bedienen können. Immerhin erfolgt der Vertrieb aller Komponenten einer Anlage zur kontrollierten Wohnungslüftung über den klassischen und damit dreistufigen Vertriebsweg, also über den SHK-Großhändler.
Peter Fenkl, Geschäftsführer der ABB Fläkt Produkte GmbH. |
"Die Wertschöpfung für den SHK-Betrieb wird in den kommenden Jahren geringer ausfallen." Da ist sich Fenkl sicher. Denn durch die geringere Heizlast der Gebäude wird der Umsatz des Heizungsbaubetriebes unweigerlich sinken: Die Heizkessel und Heizkörper werden in ihren Leistungen kleiner bemessen werden als heute. Damit einher geht die Verringerung der Rohrdimensionen mit Absperr- und Regelventilen. "Insofern stellt die kontrollierte Wohnungslüftung einen Zweig dar, in dem sich der Heizungsbauer profilieren und von dem er profitieren kann", so Vertriebsleiter Waldschmidt.
Wird ein Gebäude mit einer Be- und Entlüftungsanlage ausgerüstet, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob sich die Aufgabe der Anlage ausschließlich auf die Be- und Entlüftung beschränkt oder ob sie nicht gleich die gesamte Heizlast decken kann. Waldschmidt sieht dies als problematisch an: "Solch eine Anlage", so Waldschmidt, "verteuert sich sehr. Auch muß das Gebäude sehr dicht gebaut sein und die tatsächlichen k-Werte müssen mit den geplanten übereinstimmen. Abweichungen hiervon haben zur Folge, daß ein höherer Wärmebedarf mitunter nicht über eine Luftheizung gedeckt werden kann. Eine Pumpenwarmwasserheizung wird mit veränderten Bedingungen eher fertig." ABB teilt die vorherrschende Meinung der Heizungsbranche, daß die Pumpenwarmwasserheizung das wichtigste Beheizungssystem in Neubauten bleiben wird. Gleichwohl sind Veränderungen und Verbesserungen notwendig, während die Lüftung als separates Gewerk hinzukommt.
Rolf Waldschmidt, Vertriebsleiter des Geschäftsbereiches Wohnungslüftungssysteme. |
Marktgefahren
Alle Lüftungsanlagen mit Zentralgerät sind mit einem Nacherhitzer ausgestattet, um die Zuluft bei niedrigen Außentemperaturen aufzuwärmen. 2/3 aller Nacherhitzer arbeiten auf Elektrobasis, die das Elektrogewerk ebenso anschließen muß wie die Regeleinheiten und zwei Ventilatoren. Das vorherige Aufstellen des Gerätes inklusive der Verlegung des Rohrnetzes mit Düsen ist auch für einen Elektroinstallateur keine schwierige Arbeit. Viel wichtiger noch: Der Umsatz je Auftrag wird um einiges erhöht. Die Elektrobranche hat dies erkannt und gewinnt nun Punkt um Punkt im Spiel um Marktanteile. "Dies sind die Hauptgründe", so Fenkl, "warum das Elektrohandwerk in die Domäne des Heizungs- und Lüftungsbauers eindringt und komplette Anlagen zur kontrollierten Wohnungslüftung errichtet." Und deshalb muß sich der SHK-Handwerksbetrieb Marktanteile sichern, solange der Markt wächst.
ABB und ABB Fläkt - Zahlen und Fakten
ABB Deutschland wurde im Jahre 1900 in Mannheim gegründet, beschäftigt sich seit etwa 1908 mit Lüftungskomponenten und ist Europas erster Hersteller raumlufttechnischer Geräte. Auf diesem Geschäftsfeld ist ABB mit der Tochtergesellschaft ABB Fläkt Produkte GmbH seit 1960 im Stammsitz Butzbach auf dem deutschen Markt vertreten. Der Umsatz des Unternehmens ABB Fläkt im Bereich der Lüftungskomponenten liegt bei rund 700 Mio. $ weltweit (rund 1,2 Mrd. DM). Hierunter fallen Kastengeräte, Ventilatoren und alle Komponenten zur Wohnungslüftung; die Produktionsstätten liegen in verschiedenen europäischen Ländern. Für die Produkte zur Wohnungslüftung unterhält ABB zur Zeit zwei Zentrallager, eines in Frankreich, eines in Schweden. Von dort kommen sie in die Regale deutscher SHK-Großhändler.
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