IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/1998, Seite 80 ff.



Elektrowerkzeuge unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten

Dipl.-Ing. Hans J. Marzinzik*

Anzeigen über Elektrowerkzeuge und -maschinen finden sich regelmäßig auf den Tischen der Handwerker oder Einkäufer. Ein kurzer Blick über das Angebot und der Preis sticht ins Auge. Die technischen Daten sind nicht so interessant, denn die Maschinen sind ja doch alle gleich (so die weitläufige Meinung). Schnell ist die Entscheidung gefällt und es werden die vermeintlich preisgünstigeren Geräte geordert. Daß der Einkaufspreis alleine nicht maßgebend für die Betriebswirtschaftlichkeit eines Gerätes oder einer Maschine ist, möchte der Autor in dem nachfolgenden Artikel verdeutlichen.

Elektrowerkzeuge vereinfachen viele Arbeitsabläufe, das Arbeiten geht zügiger voran. Schnelleres Arbeiten bedeutet schließlich auch Kostenersparnis. Kostenbewußtsein verlangt aber Qualitätsbewußtsein. Und deshalb ist es unabdingbar, daß man sich ein wenig intensiver mit den Maschinen beschäftigt, bevor man sie kauft. Nicht jeder kennt die Hintergründe von Elektrowerkzeugen im Detail. Das ist auch nicht notwendig, denn dafür gibt es Spezialisten. Die Fachverkäufer oder Außendienstmitarbeiter von Fachhändlern stehen mit Rat und Tat zur Seite, wenn es um die Entscheidung für das richtige Elektrowerkzeug geht. Richtig bedeutet einerseits die richtige Technik für den jeweiligen Anwendungsfall im Betrieb und auf der Baustelle und andererseits die betriebswirtschaftlich richtige Maschine. Vergleichen wir einmal folgendes Beispiel zweier Anzeigen (Bild 1). Auf den ersten Blick sehen sie ziemlich gleich aus. Es handelt sich um elektropneumatische Bohrhämmer, beides Markenfabrikate. Beide können max. 24 mm Löcher bohren, die Einzelschlagenergie, die Drehzahl, die Anzahl der Schläge, die Leistung in Watt und die übrigen technischen Daten sehen sehr ähnlich aus. Der Preisunterschied beträgt 70,- DM.

Maschine 1

Elektropneumatischer Bohrhammer
Bohrerdurchmesser max. 24 mm
Nennaufnahme 600 Watt
Drehzahl 900 Umdrehungen pro Minute
Schlagzahl 4800 Schläge pro Minute
Schlagenergie 2 Joule
Drehmoment 15 Nm
Steuerelektronik
Meißelfunktion
Lieferung im Handwerkerkoffer
Preis 380,- DM

 

Maschine 2

Elektropneumatischer Bohrhammer
Bohrerdurchmesser max. 24 mm
Nennaufnahme 650 Watt
Drehzahl 900 Umdrehungen pro Minute
Schlagzahl 4900 Schläge pro Minute
Schlagenergie 2,2 Joule
Drehmoment 17 Nm
Regelelektronik
Meißelfunktion
Lieferung im Handwerkerkoffer
Preis 450,- DM

Warum nicht das Geld sparen und die preiswertere Maschine kaufen?

Ein Fachmann hätte allerdings beurteilen können, daß die Geräte doch nicht so gleich sind, denn die technischen Angaben beziehen sich immer auf ganz bestimmte Randbedingungen.

So bohrt der auf den ersten Blick teurere Hammer fast doppelt so schnell wie sein Wettbewerber (Begründung siehe Kasten). Ein wichtiger Faktor bei den heutigen Stundenverrechnungssätzen.

Es ist legitim zu argumentieren, daß der Einkaufspreis eines Werkzeuges die Kosten bestimmt. Doch die Anschaffungskosten machen nur einen geringen Teil der Gesamtkosten einer Maschine aus. Die betriebswirtschaftlichen Kosten eines Elektrowerkzeuges setzen sich nämlich aus dem Einkaufspreis, den Kosten für die Bedienungsperson, den Kosten für die Einsatzwerkzeuge, den Service- und den Energiekosten zusammen.

Bild 2: "Contact" - die Neuentwicklung zum intelligenten Bohren in Wänden mit verlegten Leitungen: Sobald das Einsatzwerkzeug auf ein leitendes, geerdetes Material oder auf stromführende Netzleitungen trifft, schaltet die Maschine sofort ab. Zum Beispiel bei Kontakt mit Wasserleitungen, Heizungsrohren, Öl- und Gasleitungen, stromführenden Leitungen.

Beispiel:

Nehmen wir einmal an, daß mit dem Hammer Löcher von 10 mm Durchmesser in Beton gebohrt werden sollen. Es werden SDS Bohrer benötigt; Kosten je Bohrer 10,- DM. Nehmen wir weiter an, daß der Hammer am Tag eine Stunde läuft. Bei fünf Tagen pro Woche und 40 Wochen pro Jahr sind dies 200 Betriebsstunden. Der Hammer wird einmal pro Jahr zur Durchsicht und Reinigung zum Service geschickt. Die Energiekosten sind zwar vernachlässigbar, sollen der Vollständigkeit halber aber berücksichtigt werden.

Dann sieht bei einem angenommenen Stundensatz von 70,- DM die Rechnung für die erste Maschine wie folgt aus:

Einkaufspreis der Maschine
Bedienungsperson (200 h x 70,- DM/h)
Einsatzwerkzeug (100 Bohrer x 10,- DM)
Service
Energie

380,- DM
14.000,- DM
1000,- DM
100,- DM
20,- DM

Summe

15.500,- DM

Die auf den ersten Blick teurere Maschine rechnet sich wie folgt:

Einkaufspreis der Maschine
Bedienungsperson (100 h x 70,- DM/h)
Einsatzwerkzeug (100 Bohrer x 10,- DM)
Service
Energie

450,- DM
7000,- DM
1000,- DM
100,- DM
10,- DM

Summe

8560,- DM

Der höhere Einkaufspreis von 70,- DM hat sich plötzlich in einen betriebswirtschaftlichen Gewinn von fast 7000,- DM gewandelt. Das liegt daran, daß die zweite Maschine über eine elektronische Drehzahlkonstanthaltung verfügt und demzufolge die Arbeit in der Hälfte der Zeit erledigt. Und dieser Kostenunterschied bezieht sich gerade einmal auf eine Maschine in einem Jahr bei einer relativ kurzen Einsatzdauer pro Tag.

Ein weiteres Beispiel:

Schruppschleifen oder Trennen mit einem Winkelschleifer. Die Maschinen haben zwar ähnliche technische Daten. Doch bezieht sich z.B. die Drehzahl immer auf den Leerlaufbetrieb, sofern nicht besonders angegeben. 10.000 Umdrehungen/min sind auf den ersten Blick 10.000 Umdrehungen/min. Aber im Leerlauf kann man nicht schleifen. Also interessiert die Drehzahl im Lastlauf. Und die kann bei dem einen Gerät bei 5000 oder 6000 Umdrehungen/min liegen, bei dem anderen Gerät liegt sie aber konstant bei 10.000 Umdrehungen/min. Das Ergebnis kann man sich sicherlich denken.

Bild 3: Winkelschleifer EW E 11 125 S-Signal Quick, 1100 Watt, Schleifscheibendurchmesser 125 mm, Lastdrehzahl 10000 Umdrehungen pro Minute durch elektronische Drehzahlkonstanthaltung, Wicklungstemperaturüberwachung gegen Durchbrennen des Motors, "Quick" Schleifscheibenschnellwechsel ohne Schlüssel, S-automatic Sicherheitskupplung.

Argumente

Moderne, qualitativ hochwertige Elektrowerkzeuge kosten heute nur noch den Gegenwert von drei bis zehn Arbeitsstunden, also zwischen 200,- DM und 700,- DM. Bei einem Einsatz von 100 Stunden pro Jahr beträgt der Kostenanteil des Einkaufspreises an den Gesamtkosten lediglich 3% bis 5%. Die Überbetonung des Einkaufspreises der Maschine führt also zwangsläufig betriebswirtschaftlich zu negativen Ergebnissen.

Weitere Kostenpotentiale liegen im Zeitaufwand für das Wechseln des Einsatzwerkzeuges. Sie können sich wahrscheinlich vorstellen, wieviel Zeit dafür gebraucht wird, den Bohrfutterschlüssel für ein Bohrfutter oder das Spezialwerkzeug zum Wechseln der Schleifscheibe bei einem Winkelschleifer zu suchen. In der Summe ergibt dies Stunden im Laufe eines Jahres. Auch hier bietet die Elektrowerkzeugindustrie entsprechende Lösungen in Maschinen, bei denen der Wechsel des Zubehörs schlüssellos erfolgen kann.

Bild 4: Akku-Maschine BE AT 112/2 R+L Impuls. Spannung des Akku-Packs 12 Volt, Max. Anziehdrehmoment beim Schrauben 22 Nm, FET-Elektronik zur stufenlosen Veränderung der Drehzahl, auf 9 Stufen einstellbares Drehmoment, Zusatzhandgriff zum sicheren Arbeiten bei hohen Drehmomenten, zuschaltbarer Impulsbetrieb.

Ein weiterer wichtiger Punkt für die Auswahl des kostengünstigsten Gerätes spielen besondere Funktionen, die die Arbeit einfacher machen, in vielen Fällen die Ausführung der Arbeit erst ermöglichen oder negative Begleiterscheinungen vermindern oder sogar verhindern helfen. Als Beispiele seien hier die Impulstechnologie und die neue Contacttechnologie genannt. Elektrowerkzeuge mit Impulstechnologie ermöglichen z.B. das Ein- bzw. Ausdrehen besonders fest sitzender Schrauben, selbst bei beschädigtem Schraubenkopf und das Anbohren ohne Anzukörnen selbst auf Fliesen. Diese Technologie ist inzwischen sogar in Akkugeräten lieferbar.

Die neue Contacttechnologie sorgt dafür, daß die Schlagbohrmaschine oder der Bohrhammer beim Kontakt mit einem geerdeten und leitenden Material automatisch abschaltet. Dadurch wird z.B. das Anbohren einer Wasserleitung verhindert.

Fazit

Die Elektrowerkzeugindustrie bemüht sich nach Kräften, die Ansprüche und Forderungen ihrer Kunden zu erfüllen. Nutzen Sie die Angebote. Lassen Sie sich informieren. Schauen Sie nicht nur auf den Preis, denken Sie betriebswirtschaftlich und wählen Sie die kostengünstigste Maschine für Ihre Bedürfnisse aus.


Die Funktionsweise von elektropneumatischen Bohrhämmern

Bei elektropneumatischen Bohrhämmern wird der Schlag dadurch erzeugt, daß ein sogenannter Schläger in einem Hülsensystem zunächst mit einem Unterdruck angesaugt und dann mittels Überdruck mit großer Wucht auf den eingesetzten Bohrer schlägt. Die Energie dieses Schlages mißt man in Joule. Das Schlagwerk wird vom Elektromotor angetrieben. Und dieser verändert seine Drehzahl unter Belastung. Wenn also der Bohrer tiefer ins Material eindringt vergrößert sich durch das anfallende Bohrmehl der Reibungswiderstand im Loch und die Drehzahl sinkt ab. Ein physikalisch normaler Vorgang. Die Schlagenergie hängt aber im Quadrat mit der Aufprallgeschwindigkeit des Schlägers zusammen, so daß bei einem Aufprallgeschwindigkeitsabfall, bedingt durch den Drehzahlabfall, von nur 10% die Schlagenergie bereits um 19% abfällt. Bei 20% liegt der Abfall bereits bei 36% und bei 30% Abfall bei über 50%. Dies bedeutet, daß der Hammer nur noch halb so stark schlägt. Und die Anzahl der Schläge sinkt natürlich dementsprechend auch. Dadurch steigt die Bohrzeit an. Wie kann man dem nun entgegenwirken? Die Lösung ist eine entsprechende Regelelektronik, die den Drehzahlabfall entweder verkleinert oder im Idealfall sogar verhindert. So ist es keine Hexerei, wenn Leistungsunterschiede von 100% oder mehr bei Elektrowerkzeugen keine Utopie sind, obwohl man dies an den technischen Daten nicht sofort ablesen kann.

 


* Dipl.-Ing. Hans J. Marzinzik, Leiter PR und Marketing Services der Metabowerke GmbH & Co., Nürtingen.


B i l d e r :   Metabowerke GmbH Co., Nürtingen


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