IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/1998, Seite 76 ff.
Fester Halt im "Schweizer Käse"
Sichere Befestigung in Problembaustoffen
Dipl.-Ing. Kay-Uwe Müller*
In den 50er Jahren waren sie bei den Handwerkern noch gang und gäbe, wenn es etwas an die Wand zu schrauben galt: Holzklötzchen, mit Gips verspachtelt, oder Blechhülsen, gefüllt mit Hanf. Mit der Einführung des (Nylon) Kunststoff-Spreizdübels veränderte sich diese Situation. Er ermöglichte ein problemloses und schnelles Befestigen in allen gängigen Baustoffen wie Beton, Ziegel oder Kalksandstein. Doch mit der Entwicklung neuer, spezialisierter Baustoffe ergaben sich auch neue Anforderungen an die Dübeltechnik. Für Leichtbaustoffe, wie sie seit den 60er Jahren zunehmend verwendet werden, sind Spreizdübel nur bedingt geeignet.
Es sind vor allem die zur besseren Wärmedämmung mit Hohlkammern versehenen Steine und die mit Gipskarton verkleideten Hohlwände, die dem "klassischen" Spreizdübel Probleme bereiten.
Inzwischen gibt es eine breite Palette von Befestigungselementen. In vielen Fällen genügen Spreizdübel auch heute noch den Anforderungen. Doch wenn schwere Lasten zu befestigen sind und/oder Korrosions- oder Brandschutz zu beachten ist, sind spezielle Befestigungssysteme gefordert.
Universelle Dübel wie der fischer Universaldübel FU finden auch in Lochbausteinen oder in Hohlräumen hinter Wandverkleidungen noch ausreichend Halt, weil sie die Eigenschaft besitzen, sich in Hohlräumen zu verknoten oder auszuspreizen. |
Auf den Baustoff kommt es an
Entscheidend für die richtige Dübelauswahl ist der Untergrund, an dem ein Bauteil befestigt werden soll. Denn das Tragverhalten der Dübel (und damit deren sichere Verankerung) ist vom Baustoff abhängig. Zu den wichtigsten Baustoffen zählen:
l Beton ist in nahezu allen Gebäuden zu finden: im Kellerbereich, in Wänden und Decken, in Garagen sowie bei Schalungs- und Plattenbauweise. Je nach Anwendung und Druckfestigkeit des Betons kommen Nylondübel oder Stahlanker zum Einsatz.
l Mauerwerk ist ein Verbundwerkstoff aus Steinen und Mörtel. Es werden vier Gruppen von Mauerwerksstoffen unterschieden:
=> Vollsteine mit dichtem Gefüge wie z.B. Vollziegel und Kalksandvollsteine eignen sich sehr gut für die Befestigung von Dübeln, da sie überwiegend keine Hohlräume haben und sehr druckfest sind.
=> Lochbaustoffe mit dichtem Gefüge wie z.B. Langlochziegel oder Kalksandlochsteine sind meist aus den gleichen druckfesten Materialien wie die Vollsteine hergestellt, jedoch mit Hohlräumen versehen. Wenn größere Lasten an solchen Baustoffen sicher halten sollen, eignen sich Dübel, die Hohlräume entweder überbrücken (Rahmendübel) oder ausfüllen (Injectionsbefestigungen).
=> Vollsteine mit porigem Gefüge wie z.B. Porenbeton haben meist eine geringe Druckfestigkeit und sehr viele Poren.
=> Lochbaustoffe mit porigem Gefüge weisen meist eine geringe Druckfestigkeit, bedingt durch Hohlräume und Poren, auf. Es handelt sich entweder um Leichthohllochziegel oder um Leichtbetonhohlblocksteine. Bei diesen Baustoffen ist besonders sorgfältig der richtige Dübel zu wählen. Eine Möglichkeit sind Dübel mit langen Spreizelementen oder formschlüssig wirkende Netzanker.
l Platten und Tafeln sind dünnwandige Baustoffe, die außerdem häufig eine geringe Druckfestigkeit aufweisen, z.B. Gipskartonplatten, Gipsfaserplatten, Spanplatten, Hartfaserplatten und Sperrholz. Hier sind Dübel zu wählen, die die Kräfte formschlüssig einleiten, das heißt, meistens direkt an der Plattenrückseite.
Im Innenausbau werden oft leichte Wände (z.B. Rigips-Ständerwerk) eingezogen. Hier erreicht man eine stabile Befestigung nur mit Dübeln, die sich hinter der Wand im Hohlraum aufspreizen, querlegen oder auseinanderklappen. Praktisch sind für diese Zwecke Feder-Klappdübel und Hohlraum-Metalldübel, die zudem sehr belastbar sind. |
Bohrverfahren
Vom Baustoff hängt auch die Wahl des richtigen Bohrverfahrens ab. Leicht kann das Bohrloch ausbrechen oder zu groß geraten. Lochsteine, Baustoffe mit geringer Festigkeit und Porenbeton dürfen deshalb nur im Drehgang (ohne Schlag) gebohrt werden. Gerade bei Hohllochziegeln besteht sonst die Gefahr, daß die Stege im Baustein zerstört werden und der Dübel später kaum noch Halt findet.
Abhängig von Baustoff, Last und Montageart kann aus der Vielzahl verfügbarer Anker und Dübel der geeignete ausgewählt werden. Es werden fünf Befestigungsarten unterschieden:
l Allgemeine Befestigungen
Spreizdübel galten lange Zeit als die Standarddübel. In festen Baustoffen wie Beton, Vollziegel und Kalksandstein sorgen sie auch heute noch für optimalen Halt. Leichte Baustoffe wie Porenbeton und vor allem die zur besseren Wärmedämmung mit Hohlkammern versehenen Steine sowie mit Gipskarton oder Spanplatten verkleidete Wände bereiten dem Spreizdübel jedoch Probleme. Deshalb gibt es mittlerweile die verschiedensten Spezialausführungen, die sich im Inneren der Kammern oder direkt hinter der Wandverkleidung auseinanderspreizen und so durch Formschluß verankert werden. Universelle Dübel entwickeln ihre größten Haltekräfte zwar in Vollbaustoffen, doch finden diese Dübel auch in Lochbausteinen oder in Hohlräumen hinter Wandverkleidungen noch ausreichend Halt, weil sie die Eigenschaft besitzen, sich in Hohlräumen zu verknoten oder auszuspreizen.
l Hohlraumbefestigungen . . .
kommen zum Einsatz, wenn sich herausstellt, daß man es mit einer abgehängten Decke oder mit einer Gipskartonwand zu tun hat. Klapp- oder Kippdübel z.B. finden hinter den Bauplatten genug Halt, um auch gewichtige Gegenstände sicher zu tragen.
Die Profilösung für sicheren Halt in Lochsteinen sind Injectionsverankerungen. Solche Systeme bestehen aus einer Ankerhülse mit Netz und einem Zweikomponenten-Polyestermörtel. Nach der Aushärtung sind der Baustoff, das Befestigungselement (Schraube, Gewindebolzen usw.) und der Polyestermörtel formschlüssig verankert. |
Zum Befestigen eines Lüfters unter einer abgehängten Decke z.B., eignet sich besonders der Federklappdübel. Hierbei muß der Hohlraum je nach Dübelgröße eine Mindesttiefe haben (vorher einen dünnen Stab durchstecken und Maße vergleichen), denn der Kipp-Balken des Federklappdübels muß erst vollständig durch das Bohrloch geschoben werden, bevor er im Hohlraum in seine Ankerposition umkippt und selbständig verriegelt. Klapp- oder Kippdübel gibt es mit Gewindestange oder Haken.
l Rahmenbefestigungen
Extralange Rahmendübel eignen sich zur Befestigung von besonders dicken Bauteilen wie Kanthölzern oder Metallprofilen. Sie haben einen verlängerten Schaft, um nichttragende Schichten zu überbrücken.
l Injectionsbefestigungen
Sie bieten sich an, wenn schwere Gegenstände an "problematischen" Baustoffen montiert werden müssen. Spätestens dann, wenn der Bohrer nur im "Stakkato" vorankommt, wird klar: Hier handelt es sich um einen Lochbaustoff mit Hohlkammern. Das Mauerwerk hat Löcher wie ein Schweizer Käse. Da gibt es für den gewöhnlichen Dübel "kein Halten" mehr.
Bei Injectionsbefestigungen wird ein Verfestigungsmittel in den Lochbaustein gefüllt. Die Schraube oder der Gewindebolzen werden praktisch einbetoniert.
Zum Befestigen von schweren Lasten in Beton sind metallene Schwerlastbefestigungen eine sichere Lösung. |
Nach dem Bohren wird zunächst die Ankerhülse mit Netz in das Bohrloch geschoben und anschließend mit dem Mörtel ausgepreßt. Das Netz verhindert dabei, daß der Mörtel im Hohlraum verläuft. Jetzt kann der Anker in die Ankerhülse gedrückt werden, wobei diese bewirkt, daß der Anker im Bohrloch zentriert wird.
l Schwerlastbefestigungen
Bei Konstruktionen für eine Fassade oder einen Wintergarten, für die Befestigung von Geländern, Treppen oder Toren müssen die Dübel besonderen Belastungen standhalten. In solchen "schweren Fällen" hat Nylon als typisches Dübelmaterial nur noch untergeordnete Bedeutung. Metalldübel oder chemische Reaktionsanker mit hohen Leistungswerten sind hier gefragt. Schwerlastbefestigungen werden aus Stahl mit zusätzlichem Korrosionsschutz (verzinkt) oder aus nichtrostendem Stahl gefertigt. Sie sind vorwiegend für den Einsatz in Beton geeignet, nur bedingt für Mauerwerk.
Fazit
Im Rahmen dieses Fachbeitrages konnte nur auf eine begrenzte Anzahl der im Handel erhältlichen Befestigungselemente eingegangen werden. Es sollte aber deutlich werden, daß es für jeden Baustoff und für jede Montagesituation ein geeignetes Befestigungssystem gibt. Für spezielle Anwendungsfälle in denen hohe Korrosionsbeständigkeit und/oder bauaufsichtlich zugelassene Systeme verlangt werden, empfiehlt sich die Rücksprache mit den technischen Beratern der Hersteller von Befestigungssystemen.
Zugelassene Qualität
Bei der Wahl des passenden Dübels ist auch entscheidend, ob für bestimmte Anwendungen bauaufsichtlich zugelassene Dübel verwendet werden müssen. Ob das der Fall ist, hängt nicht davon ab, ob ein Montageteil an der Decke, an der Wand oder am Boden befestigt werden muß. Vielmehr kommt es darauf an, ob bei einem möglichen Versagen der Befestigung eine "Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder die Gesundheit und das Leben anderer" besteht. In einer bauaufsichtlichen Zulassung wird unter anderem bestimmt, welche Last ein Dübel oder Anker unter bestimmten Voraussetzungen trägt. Praktisch ist eine solche Zulassung eine "Versicherung" für den Handwerker.
Optimal auf den Baustoff Porenbeton abgestimmt ist der Gasbetondübel "GB", von Fischer. In Verbindung mit der dazugehörigen Sicherheitsschraube ist dieses System bauaufsichtlich zugelassen; z.B. für die Befestigung von Fassaden- und Dachkonstruktionen aus Holz und Metall, untergehängten Decken, Fenstern, Kabeltrassen usw. |
In vielen Bereichen, so bei der Befestigung von Fassadenkonstruktionen, abgehängten Decken, für die Befestigung von Balkon- oder Treppengeländern, schweren Markisen und allen Arten von Schwerlastverankerungen wird die Verwendung zugelassener Dübel gefordert. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Bauauftrag an öffentlichen oder privaten Gebäuden ausgeführt wird. Kommt es zu einem Unfall, bei dem das Versagen von Befestigungselementen eine Rolle spielt, muß der Handwerker für den entstandenen Schaden haften, wenn sich herausstellt, daß er keine bauaufsichtlich zugelassenen Befestigungen verwendet hat, obwohl zum Montagezeitpunkt für den Anforderungsfall eine Zulassung existierte. Die üblichen Gewährleistungsfristen gelten in solchen Fällen nicht.
Bauaufsichtliche Zulassungen erteilt das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBT) in Berlin. Erst wenn nach umfangreichen Testreihen keine Zweifel mehr über die angegebenen Eigenschaften bestehen, wird eine Zulassung erteilt.
* Dipl.-Ing. Kay-Uwe Müller, Referent Public Relations der Artur Fischer GmbH & Co. KG, Waldachtal
B i l d e r : Anton Fischer GmbH & Co. KG, Waldachtal
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