IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/1998, Seite 56 f.
Preßwerkzeuge in der Installationstechnik
Einsatz - Auswahl - Pflege
Dipl.-Wirt.-Ing. John Oliver Raap*
Die Verbindungstechnik "Pressen" wird zunehmend in der Sanitär- und Heizungsinstallationstechnik, für die Verbindung von Kupfer-, Edelstahl- sowie einiger Kunststoff-Rohrleitungssysteme, eingesetzt. Es wird viel über die Vor- und Nachteile der einzelnen Installationssysteme und die eingesetzten Materialien berichtet, wenig jedoch über die Preßwerkzeuge, die diese Verbindungstechnik überhaupt ermöglichen.
Bei der Installation von Preßsystemen gewinnt der Handwerker einen Zeitvorteil gegenüber der Verbindungstechnik mittels Löten. Innerhalb weniger Sekunden ist eine Verbindung erstellt. Zusätzlich überzeugen das unkomplizierte Handling und die sichere Verarbeitung der Preßsysteme.
Auswahl der Preßwerkzeuge
Die Preßwerkzeuge lassen sich in zwei Kategorien einteilen: netzabhängige und -unabhängige (Akku) Preßwerkzeuge.
Akkubetriebene Preßwerkzeuge garantieren vor allem bei kleineren Rohrdimensionen oder in engen Mauerdurchbrüchen einen flexiblen Einsatz. Mit der schmalen und kurzen Bauform der Maschinen läßt sich eine Verbindung auch unter engen Platzverhältnissen durchführen.
Demgegenüber stehen netzabhängige 230-Volt Preßwerkzeuge.
HC-Akku-Presse 12 bis 22 mm (DN 10 bis DN 20) im Einsatz. |
Bei den zur Zeit am Markt angebotenen Preßwerkzeugen können je nach Anbieter und Maschinentyp die Rohrdurchmesser 12-22, 12-54 oder 12-108 mm (DN 10 bis DN 100) verarbeitet werden. Der Installateur ist also gut beraten, wenn er sich vor dem Kauf überlegt, welche Rohrdimensionen verpreßt werden sollen.
80% der Anwendungen lassen sich mit einer kleinen und leichten Akkupresse abdecken. Der Preßbereich von 12 bis 22 mm (DN 10 bis DN 20) ermöglicht es, auf schwere Wechsel-Preßbacken zu verzichten. Für die unterschiedlichen Rohrdurchmesser werden kleine Wechsel-Preßeinsätze verwendet.
Mit den meisten netzabhängigen Werkzeugen können die Rohrdurchmesser 12 bis 54 mm (DN 10 bis DN 50) verarbeitet werden, einige ermöglichen sogar das Verbinden von Rohrleitungssystemen mit einem Durchmesser von bis zu 108 mm (DN 100).
Stromabhängiges Preßwerkzeug. |
Systembindung der Werkzeuge
Nicht jedes Preßwerkzeug kann automatisch für alle Preßsysteme verwendet werden. Die benötigten Preßgeometrien und -kräfte für die auf dem Markt erhältlichen Systeme sind zu unterschiedlich. Bei der Auswahl eines Preßsystems ist deshalb darauf zu achten, ein vom Systemanbieter zugelassenes Werkzeug zu verwenden. Dies umfaßt auch die Wahl der Preßbacken und -einsätze. Nur dann kann der Installateur davon ausgehen, ein wirklich sicheres System zu verarbeiten. Zudem garantiert ihm die Gewährleistungsvereinbarung des System- und Werkzeuganbieters Schutz im Schadensfall. Für den Installateur bedeutet dies, daß für jedes verwendete Preßsystem ein entsprechendes Preßwerkzeug mit -backen angeschafft werden muß. Ein Zustand, der viele Installateure aufgrund der hohen Investitionen verunsichert.
In diesem Zusammenhang ist eine vorbildliche Herstellererklärung der Unternehmen Geberit, Mannesmann und Viega anzuführen. Die Preßwerkzeuge sind so konstruiert, daß die Preßkraft für alle Preßsysteme dieser Hersteller ausreicht und sämtliche Preßbacken (unabhängig vom Werkzeug) aufgenommen werden können.
Der weitergehende Ansatz, daß Systemanbieter sich auf eine "genormte" Preßverbindung einigen, ist kaum zu erwarten.
Sichere Verpressung durch moderne Maschinentechnik
In Deutschland sind täglich tausende Preßwerkzeuge im Einsatz. Für die Güte einer Preßverbindung sind die richtige Preßkraft und -kontur maßgebend. Grund genug, einmal die Betriebssicherheit der Werkzeuge zu betrachten.
Die Preßkraft wird über den Arbeitskolben des Werkzeugs und die Hebelwirkung der Preßbacken in die Verbindung eingeleitet. Somit sind sowohl Preßwerkzeug als auch -backen und -konturen für eine optimale Verbindung verantwortlich. Daraus resultieren hohe Anforderungen an die Konstruktion und Bauteile eines Preßwerkzeugs.
Beispielsweise arbeitet der Werkzeughersteller Holger Clasen, Hamburg, mit einer Hochdruck-Hydraulik. Für eine Verbindung stehen ca. 60 kN Preßkraft zur Verfügung. Dies entspricht in etwa dem Gewicht von sieben Kleinwagen. Ein Überströmventil in der Hydraulikeinheit gewährleistet den geforderten konstanten Preßdruck. Der Vorteil einer Hydraulikkonstruktion liegt genau in diesem Bauteil. Im Gegensatz zu elektrisch-mechanischen Preßwerkzeugen (Spindelbetrieb) hat eine Hydraulik nahezu keinen Verschleiß. Mit einem unbemerkten Abfallen der Preßkraft durch Verschleiß mechanischer Kupplungen ist daher nicht zu rechnen.
In Verbindung mit einem eingebauten "Zwangsablauf" der Maschine wird die Systemsicherheit maximiert. Der Installateur kann das Werkzeug erst von der Verbindung lösen, wenn das Überdruckventil schaltet, also die erforderliche Preßkraft erreicht wurde. Ein vorzeitiges Beenden des Preßvorganges wird somit unterbunden.
Prinzipskizze Hydraulik mit Überströmventil. |
"Warten" Sie - aber nicht bis zu einer Reparatur
Der Baustelleneinsatz setzt die Werkzeuge einem rauhen Arbeitsklima aus. Luftfeuchtigkeit, Temperaturschwankungen und Baustaub wirken auf Gehäuse, Motor, Pumpen und andere mechanische Bauteile ein. Eine sinnvolle Aktion zur Verbesserung der Systemsicherheit ist daher die jährliche Wartung der Preßmaschinen. Hierbei wird die Preßkraft überprüft, Verschleißteile gewechselt und alle Bauteile einer gründlichen Reinigung und Inspektion unterzogen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Installationsbetrieb schützt sich vor unerwartetem Maschinenausfall, verlängert die Maschinenlebensdauer und erhöht die Systemsicherheit. Die durchschnittlichen Wartungskosten von etwa 0,025 Pfennig pro Preßstelle dürften es dem Installateur wert sein, sich vor einer undichten Verpressung aufgrund unzureichender Preßkraft zu schützen. Der Maschinenservice wird innerhalb von wenigen Werktagen durchgeführt. Sollte der Installateur nicht auf sein Werkzeug verzichten können, wird auch ein Service-vor-Ort oder eine Überbrückungsmaschine angeboten.
Tips zur Werkzeugpflege
Preßwerkzeuge müssen gepflegt werden. Nachfolgend einige Anwendertips, die sich aus den bisherigen Erfahrungen ergeben haben:
- Im rauhen und hektischen Alltag kann es vorkommen, daß sich unbemerkt ein Stein oder ein anderer fester Gegenstand zwischen den Preßbacken festsetzt. Dies kann zu einer schadhaften Verbindung führen. Deshalb ist vom Installateur darauf zu achten, daß nach dem Preßvorgang die Preßbacken geschlossen sind. Der "Blick" auf die Preßbacken ist eine einfache und schnelle Qualitätskontrolle einer Verbindung.
- Damit sich die Preßbacken einwandfrei schließen und ein optimales Ergebnis erzielt wird, sollte die Preßgeometrie regelmäßig kontrolliert und gereinigt werden. Baustaub, Abrieb der Formstücke oder andere Verschmutzungen sind zu entfernen. Hierbei ist zu beachten, daß die Preßgeometrie absolut blank und glatt ist. Für das Auspolieren eignen sich gut ein Reinigungsvlies oder feine Stahlwolle.
- Alle beweglichen Maschinenteile sind ebenfalls routinemäßig zu überprüfen und bei Bedarf wieder gangbar zu machen. Die Reibung durch Ablagerungen kann die Preßkraft über 10% senken. Als Schmiermittel eignen sich Graphit- oder Silikonsprays.
Mit diesen einfachen, "oberflächlichen" Maßnahmen kann aktiver Einfluß auf Qualität und Lebensdauer der Installationsarbeiten genommen werden.
* Dipl.-Wirt.-Ing. John Oliver Raap, Diplomant der Holger Clasen GmbH + Co. KG, Hamburg
B i l d e r : Holger Clasen GmbH + Co. KG, Hamburg
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