IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/1998, Seite 56 f.
REPORT
Hamburger Facility Management AG
Annähernd 120 mittelständische Betriebe bilden eine bundesweit einzigartige Aktiengesellschaft
Ein in seiner Art einmaliges Unternehmen wird in Hamburg aktiv: die Hamburger Facility Management Aktiengesellschaft (HFM). Hinter diesem Namen verbirgt sich eine Kooperation aus 117 Handwerksbetrieben mit mehr als 18.000 Mitarbeitern. Sie organisieren sich in einer großen Einheit, um gemeinsam den Wachstumsmarkt des Facility Managements zu erobern, der ganzheitlichen Bewirtschaftung von Immobilien.
Der Aufsichtsratsvorsitzende der Aktiengesellschaft, Prof. Dr.-Ing. E.h. Erhard Rittershaus und Peter Meier, Sprecher des Vorstandes, stellten das Unternehmen vor, das mit einem innovativen Konzept auftritt. "Die neue Aktiengesellschaft ist die Antwort des Mittelstandes auf die sich wandelnden Markterfordernisse", so Prof. Rittershaus. Zwänge des europäischen Wettbewerbes, Kostendruck oder auch die Liberalisierung der Energie-Märkte führten zunehmend zur Industrialisierung handwerklicher Leistungen. Nur starke, größere Unternehmen könnten in diesem Umfeld bestehen. Das neue Netzwerk aus vielen Betrieben unterschiedlicher Gewerke, die gemeinsam einen Umsatz von mehr als zwei Milliarden Mark repräsentieren, verfüge über die nötige Kraft.
Vorstandssprecher Peter Meier erläuterte den Aufbau und die Arbeitsweise der HFM: "Idee ist die intelligente Vernetzung von bereits bestehenden Betrieben, wobei deren Eigenständigkeit, Flexibilität und Qualität erhalten bleibt."
Das neue Unternehmen nehme Gemeinschaftsaufgaben im Vertrieb wahr, organisiere die Auftragsabwicklung, koordiniere die an einem Auftrag beteiligten Unternehmen und nutze dabei Synergie-Effekte zum Vorteil der Auftraggeber.
Für das erfolgreiche Agieren am Markt kann die HFM mehrere gute Voraussetzungen vorweisen. "Da ist in erster Linie die Kompetenz unserer Fachbetriebe. Nur wer strenge Qualitätsmaßstäbe erfülle, bekam überhaupt eine Chance, ein Partnerbetrieb zu werden", erläuterte Meier. Zum zweiten kenne man den Hamburger Markt sehr genau. "Es gibt wohl kein Gebäude in der Stadt, in dem nicht irgendein Handwerksbetrieb schon einmal tätig war." Dazu komme die Angebotskonzeption. Meier: "Ein einziger Anruf bei uns erreicht alle Gewerke - wir bieten Komplettlösungen aus einer Hand."
Dieses bisher beispiellose Konzept entstand in Zusammenarbeit des NFE, Norddeutscher Fachverband Elektrotechnik, mit der Innung Heizungs- und Klimatechnik Hamburg, der Innung für Sanitärtechnik Hamburg und der Landesinnung der Gebäudereiniger Hamburg. Die Handwerkskammer Hamburg engagierte sich ebenso wie die Innovationsstiftung der Freien und Hansestadt Hamburg.
Darüber hinaus ist laut Meier die Motivation der beteiligten Firmen sehr hoch, gute Arbeit abzuliefern, denn es wurde viel Geld investiert. Die Partnerbetriebe haben Anteile zwischen 10.000 und 100.000,- DM gezeichnet. Das Grundkapital der Gesellschaft soll durch Ausgabe weiterer Aktien an beteiligte Handwerksbetriebe von z.Z. 1,3 Mio. DM auf insgesamt 4,0 Mio. DM aufgestockt werden. Diese Beteiligungskonstruktion macht für die Partnerunternehmen einen besonderen Reiz aus. Aufträge werden im Innenverhältnis der Aktiengesellschaft nach streng marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten an die einzelnen Betriebe vergeben. Selbst wenn sie dabei einmal leer ausgehen sollten, bleibt so eine zweite Chance, aus dem Unternehmen Kapital zu schlagen - als Mitbesitzer.
Die Spitze der Hamburger Facility Management Aktiengesellschaft. Die Aufsichtsräte stehend von links: Peter Reuter, Präsident des NFE Norddeutscher Fachverband Elektrotechnik, Aufsichtsratsvorsitzender Prof. Dipl.-Ing. E.h. Erhard Rittershaus, Hamburger Bürgermeister und Wirtschaftssenator a.D., Wilfried Sander, Obermeister der Innung für Sanitärtechnik Hamburg. Der Vorstand: Helge Mordhorst-Boos (vorne links) und Peter Meier. |
Für den Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Rittershaus ist es deshalb kein Wunder, daß aus anderen Metropolen schon Anfragen nach diesem Hamburger Modell vorliegen. Rittershaus: "Hier ist schnell zu erkennen, daß nicht allein Arbeitsplätze und Standorte gesichert werden, sondern daß so eine Aktiengesellschaft von ihrer Struktur her auch ein Bollwerk gegen die Schwarzarbeit darstellt."
Facility Management
Arbeitsfeld mit Zukunft
Facility Management (FM) oder auch ganzheitliche Gebäudebewirtschaftung - hinter diesem Begriff steht ein ganzes Paket von Arbeiten und Dienstleistungen, die für die gesamte Existenz einer "Facility" - zu deutsch: eines Bauwerks, einer Anlage oder einer Liegenschaft - notwendig sind.
"Projekt- und technisches Management": Diese Dienstleistungen reichen von der Architektenzeichnung über den Bau, den Betrieb, die Instandhaltung der Bausubstanz und der technischen Anlagen, eventuelle Umbauten und Modernisierungen bis hin zu Abriß und Entsorgung. In allen diesen Dienstleistungen ist das Handwerk entweder sachkundig oder die Handwerksbetriebe verfügen über enge Verbindungen zu entsprechenden Fachleuten wie Architekten und Sonderingenieuren.
"Infrastrukturelles Gebäudemanagement": Gleich welche Firmen sich in einem Haus einmieten - es ist eine Infrastruktur erforderlich, die verschiedene Mieter trotz aller Unterschiede gleichermaßen benötigen: zum Beispiel einen Empfang, eine Telefonzentrale, Reinigungspersonal, einen Hausmeister oder auch Sicherheitsleute.
"Kaufmännisches Gebäudemanagement": Beim Betrieb eines Gebäudes fallen kaufmännische Arbeiten an. Jemand muß das Flächenmanagement betreiben. Die Neuvermietung muß organisiert und die Miteinnahmen müssen abgerechnet werden. Betriebskosten sind zu kalkulieren und zu kassieren, Versicherungen abzuschließen, und nötigenfalls ist auch eine Räumungsklage einzureichen. Diese Angebote sind mieterunabhängig aber auf die Immobilie abgestimmt.
Immer mehr Immobilieneigentümer und Investoren möchten sich aller dieser Aufgaben entledigen. Komplettlösungen aus einer Hand sind gefragt. Daraus resultieren für Auftraggeber diverse Vorteile. Unter anderem werden Gebäude-, Infrastruktur- und Personalfixkosten um insgesamt bis zu 25 Prozent gesenkt, Anlagenlaufzeiten optimiert sowie der Energieverbrauch reduziert und damit auch die Umwelt weniger stark belastet.
Der Markt - Facility Management
Bundesweit wird das Volumen des Marktes für Facility Management auf rund 80 Mrd. DM geschätzt - mit steigender Tendenz. Etwa drei Prozent entfallen auf den Raum Hamburg. Das entspricht rechnerisch einem Marktpotential von 2,4 Mrd. DM. Laut digitalem Stadtplan des Amtes für Geoinformation und Vermessung gibt es in der Hansestadt mehr als 315.000 Gebäude.
Für das Facility Management ist ein beträchtlicher Teil von ihnen interessant. Das Aufgabenspektrum reicht von Verwaltungs- und Bürokomplexen über Mehrfamilien-Wohnhäuser, Sportstätten, Krankenhäuser, Einkaufszentren, Hotels, Seniorenresidenzen, Lagerhäusern und Schulen bis zu Kirchen, den Produktionsstätten der Industrie und dem Flughafen.
Was Hamburg als Arbeitsfeld für eine Facility-Management-Gesellschaft attraktiv macht, ist der überschaubare, kompakte Markt. Hamburg ist ein Ballungszentrum. Die in Frage kommenden Immobilien liegen relativ dicht beieinander. Viele potentielle Kunden sind auf vergleichsweise engem Raum angesiedelt. Dadurch ergeben sich kurze Wege. Das wiederum ist ein Vorteil für einen effektiven Personaleinsatz.
Für die Bearbeitung dieses Marktes verfügt das Handwerk über beste Voraussetzungen. In nahezu jedem Gebäude sind bereits Handwerksfirmen tätig. Das ist ein Vorsprung, sobald der Kunde weitere Arbeiten vergeben will. Diese können über das Netzwerk der Hamburger Facility Management Aktiengesellschaft mit abgedeckt werden.
F o t o : HFM, Hamburg
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