IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/1998, Seite 46 ff.


SANITÄR/HEIZUNGSTECHNIK


Asbest am Arbeitsplatz

Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten erfordern ein sachkundiges, verantwortliches bzw. unterwiesenes Personal

Manfred Campe

Asbest ist inzwischen als Gefahrstoff eingestuft worden, und daher können sich im Einzelfall rechtliche Konsequenzen ergeben, die für den betroffenen Fachhandwerker, unabhängig von den Gesundheitsgefahren, teuer werden können. Für das Fachhandwerk gilt es, einerseits diese Produkte zu identifizieren und andererseits sachgerecht damit umzugehen.

1. Asbest in Haushaltsgeräten

Großes Interesse haben in den vergangenen Jahren die mit Asbest ausgerüsteten Gebäude wie zum Beispiel der Palast der Republik in Berlin oder das Funkhaus der Deutschen Welle in Köln und die damit verbundenen Sanierungskosten gefunden. Für diese Objekte haben sich Unternehmen spezialisiert, die mit sachkundigem Personal, ohne Gefährdung der Umwelt, die Sanierung durchführen bzw. den Gefahrstoff Asbest sachgerecht entsorgen.

Mit Ausnahme der Elektro-Speicherheizgeräte ist das Problem der asbesthaltigen Materialien in Haushaltsgeräten weniger bekannt. Nicht nur die Asbestfassade oder die asbesthaltige Deckenverkleidung in Gebäuden stellen das Fachhandwerk vor ein Problem. Asbesthaltige Dichtungen zum Beispiel im Heizungsbau, an älteren Waschmaschinen oder in alten Klimaanlagen müssen vom Fachhandwerk erkannt werden. Viele Elektrogeräte, die in den 70er Jahren und davor verkauft wurden, haben jetzt nach mehr als 20 Jahren das Ende ihres technischen Lebensalters erreicht und müssen jetzt sachgerecht entsorgt werden.

2. Mögliche Gesundheitsgefahren

Aufgrund der feinfaserigen Struktur, verbunden mit der Eigenschaft sich bei mechanischer Beanspruchung in Längsrichtung zu feinsten Fasern aufzuspalten, ist eine Gesundheitsgefährdung beim Einatmen dieses lungengängigen Feinstaubes gegeben. Zwei biologische Wirkungen sind nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu unterscheiden, und zwar:

Es kann dabei auch zu einer Kombination beider Effekte kommen.

Bereits 1936 wurde die Asbeststaub-Lungenerkrankung als Berufskrankheit anerkannt. Die Asbestose ist eine Lungenfibrose, die beim Einatmen von Asbestfeinstaub entstehen kann (ähnlich der Staublunge bei Bergleuten). Die Krankheitssymptome treten ca. 10 Jahre nach Beginn der Exposition auf. Oft werden die Krankheitssymptome erst später erkannt und erreichen dabei aufgrund einst eingeatmeter hoher Staubkonzentrationen einen bemerkenswert hohen Grad. Ein weiteres Krankheitsbild ist der Lungenkrebs in Verbindung mit Asbeststaub-Lungenerkrankungen. Die mittlere Latentzeit für die Erkrankung an Lungenkrebs nach Asbestfeinstaubexposition am Arbeitsplatz bis zur Diagnose liegt bei ca. 25 Jahren.

Bild 1: Gefährdungspotential Lungenkrebs durch Inhalation von Asbestfasern - Vergleich zwischen Raucher und Nichtraucher.

Das Lungenkrebsrisiko wird gesteigert, wenn neben der Inhalation (Einatmung) von Asbestfasern auch noch Zigarettenrauch hinzukommt. Bild 1 zeigt die Kombinationseffekte bei erheblicher Asbestfaserstaubeinwirkung in Isolierberufen zwischen Rauchern und Nichtrauchern. Der Raucher hat gegenüber dem Nichtraucher, ohne Asbesteinwirkung, ein ca. 10fach höheres Gefährdungspotential. Bei Asbesteinwirkung steigert sich das Lungenkrebs-Todesfallrisiko des Rauchers auf annähernd das 50fache.

Eine seltenere Krebsform ist das bösartige durch Asbest verursachte Mesotheliom des Rippen- und Bauchfells. Selbst bei geringer Konzentration oder auch bei zeitlich eng begrenzter Exposition von Asbestfasern kommt das Mesotheliom (Krebszelle) häufig vor. Von der Diagnose bis zum Tod vergeht oft kaum ein halbes Jahr, wobei die Patienten oft unter hohen Qualen und Schmerzen sterben. Die Latentzeit beträgt 20 bis 30 Jahre und kann teilweise sogar bis 60 Jahre betragen.

3. Rechtsgrundlage

3.1 Änderung der Gefahrstoffverordnung

Aktuell ergibt sich folgender Sachverhalt:

- Am 15. Juni 1991 ist die dritte Verordnung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung vom 5. Juni 1991 (BGBL.IS.1218) in Kraft getreten. Sie sieht im Anhang II Nr. 1.2.2, Abs. 3, Gefahrstoffverordnung erstmalig verbindliche Anforderungen an die Sachkunde beim Umgang mit Asbest vor.

- Gleichzeitig wird im § 45, Abs. 17, klargestellt, daß Personen längstens bis zum 1. Oktober 1992 sachkundig gelten, wenn sie vor dem 15. Juni 1991 Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an asbesthaltigen Produkten durchgeführt haben und mindestens über eine 2jährige Praxis verfügen.

Diese Vorschriften finden beim Ab- und Ausbau oder der Reparatur von asbesthaltigen Elektro-Speicherheizgeräten uneingeschränkt Anwendung und betreffen gleichermaßen asbesthaltige Dichtungen wie zum Beispiel in Umwälzpumpen oder auch Heizkesseln.

In der Konsequenz heißt dies für den Fachhandwerker, daß er nach dem 1. Oktober 1992 an asbesthaltigen Geräten nur noch arbeiten darf, wenn er die erfolgreiche Teilnahme an einem behördlich anerkannten Sachkundelehrgang nachweisen kann. Sachkunde kann nach den technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 519, Ausgabe März 1995, gemäß Anlage 3, 4 oder 5 erworben werden.

3.2 Sachkundelehrgänge

(a) Der Lehrgang zum Erwerb der Sachkunde gemäß Anlage 3 dient zum Erwerb der Sachkunde für ASI-Arbeiten an allen asbesthaltigen Gefahrstoffen einschließlich Asbestzementprodukten. Dieser Lehrgang beinhaltet 32 Lehreinheiten à 45 Minuten zuzüglich der Prüfung. Die theoretische Prüfung ist schriftlich vor einem Vertreter der zuständigen Behörde abzulegen.

(b) Der Lehrgang gemäß Anlage 4 TRGS 519 dient zum Erwerb der Sachkunde für ASI-Arbeiten an Asbestzementprodukten bzw. ASI-Arbeiten geringen Umfangs. Dieser Lehrgang dauert 15 Lehreinheiten à 45 Minuten zuzüglich der Prüfung. Auch nach diesem Lehrgang ist eine theoretische Prüfung vor einem Vertreter der zuständigen Behörde abzulegen.

(c) In Anlage 5 der TRGS 519 ist ein Kurzlehrgang zum Erwerb der Sachkunde für Instandhaltungsarbeiten mit geringer Exposition der Arbeitnehmer aufgeführt. Dieser Kurzlehrgang beinhaltet 5 Lehreinheiten à 45 Minuten und wird von sachverständigen Personen abgehalten.

Diese Kurzlehrgänge sind zum Erwerb der Sachkunde nur ausreichend für Arbeitsabläufe bei Instandhaltungsarbeiten für die Nachweise im Sinne Nr. 2.8 und 2.10 gemäß TRGS 519 vorliegen, wonach 15.000 Fasern pro m3 unterschritten werden. Dem Lehrgangsträger müssen diese Nachweise einschließlich der zugehörigen Arbeitsanweisungen vorliegen. Die Tätigkeit muß im Lehrgangstitel eindeutig benannt sein. Dem Teilnehmer wird eine Teilnahmebestätigung ausgestellt, es erfolgt keine theoretische Prüfung.

Verschiedene Institutionen wie zum Beispiel Handwerkskammern oder auch Hersteller von Elektro-Speicherheizgeräten haben in den vergangenen Jahren bereits entsprechende Lehrgänge angeboten.

4. Beispiel Elektro-Speicherheizgeräte

Wichtige Informationen im Umgang mit asbesthaltigen Speicherheizgeräten sind in dem Merkblatt "Asbest in Elektro-Speicherheizgeräten", Ausgabe Juli 1993, zusammengetragen. Dieses Merkblatt wurde erstellt von dem Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. - ZVEI -, dem Zentralverband der Deutschen Elektrohandwerke e.V. - ZVEH - unter Federführung der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke e.V. - VDEW -.

4.1 Merkblatt "Verwendung von Asbest in älteren Speicherheizgeräten"

Die überwiegende Zahl der vor 1977 hergestellten Elektro-Speicherheizgeräte enthält asbesthaltige Bauteile. Hierbei handelt es sich um Bauteile, in denen Asbest in schwachgebundener Form vorliegt. In der Mehrzahl der Geräte befindet sich Asbest in der Wärmedämmung des Speicherkernunterbaus und wird dort teilweise vom Luftstrom berührt. Asbest kann auch als Dichtungsstreifen an der Bypassklappe im Luftaustritt verwendet worden sein.

Bei einigen Fabrikaten sind auch Platten seitlich und oberhalb des Speicherkerns asbesthaltig. Diese werden, wie auch die folgenden asbesthaltigen Bauteile, in der Regel nicht vom Luftstrom berührt. Die Dämmstoffhülsen für die Steuerpatrone des Aufladereglers wurde teilweise bis 1984 in asbesthaltiger Ausführung verwendet, bei wenigen Gerätetypen auch Dämmscheiben am Ventilatorgehäuse. Diese Bauteile befinden sich jedoch im abgeteilten elektrischen Schaltraum und sind bei der Betrachtung einer möglichen Gesundheitsgefährdung von untergeordneter Bedeutung.

4.1.1 Erkennen asbesthaltiger Speicherheizgeräte

Ob ein Speicherheizgerät asbesthaltige Bauteile enthält und welche Bauteile betroffen sind, kann beim jeweiligen Gerätehersteller oder bei den Energieversorgungsunternehmen erfragt werden. In Zweifelsfällen, wenn keine eindeutigen Angaben vorliegen, muß bei Geräten, die vor 1977 gebaut wurden, sicherheitshalber von einer Asbesthaltigkeit ausgegangen werden.

4.1.2 Raumbelastung durch den Betrieb von älteren Speicherheizgeräten

An vielen Geräten verschiedener Fabrikate wurden Raumluftmessungen durchgeführt. Aufgrund dieser Meßergebnisse kann die Aussage getroffen werden, daß bedenkliche Belastungen der Raumluft während des Betriebs von asbesthaltigen Speicherheizgeräten in der Regel nicht gegeben sind. Ein sofortiger Austausch ist daher nur in Ausnahmefällen erforderlich. Im Interesse eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes empfiehlt es sich jedoch, mittelfristig alle Asbestfeinstaubquellen aus Innenräumen zu entfernen.

Speicherheizgeräte mit asbesthaltigen Bauteilen sind meist älter als 20 Jahre. Sie nähern sich dem Ende ihrer technischen Benutzungsdauer. Die Modernisierung ist somit ohnehin empfehlenswert.

Bild 2: Bewertung der Dringlichkeit des Austausches von asbesthaltigen Elektro-Speicherheizgeräten durch Sachkundige.

4.1.3 Beurteilung der Dringlichkeit des Austausches von Speicherheizgeräten

Die Dringlichkeit des Austausches von Elektro-Speicherheizgeräten kann mit dem Formblatt "Bewertung der Dringlichkeit des Austausches von asbesthaltigen Elektro-Speicherheizgeräten" (Bild 2) beurteilt werden.

Grundsätzlich sollten an asbesthaltigen Speicherheizgeräten erforderliche Reparaturen nicht mehr durchgeführt werden, wenn dabei mit Asbestfaserfreisetzung zu rechnen ist. Die Angaben der Gerätehersteller über die asbesthaltigen Bauteile sind zu beachten.

Zur Bewertung der Dringlichkeit des Geräteaustausches ist die Durchführung von Raumluftmessungen in der Regel nicht erforderlich. Bei Gebäuden besonderer Nutzung - wie Kindergärten, Schulen oder Jugendhäusern - kann es jedoch sinnvoll sein, derartige Messungen zur Entscheidungsfindung mit heranzuziehen, insbesondere, wenn eine größere Anzahl von Geräten vorhanden ist.

4.1.4 Demontage der Geräte

Aus Gewichtsgründen war es üblich, Speicherheizgeräte zum Abtransport zu zerlegen und in einzelnen Teilen zu entfernen. Bei asbesthaltigen Speicherheizgeräten ist dieses übliche zerlegen zumeist nicht möglich, ohne Asbestfasern freizusetzen. Grundsätzlich muß daher der Ausbau asbesthaltiger Speicherheizgeräte unter Beachtung entsprechender Schutzmaßnahmen erfolgen.

Nach dem notwendigen Entsorgungsaufwand lassen sich die Geräte wie folgt einteilen:

Gerätegruppe 1

Hierbei handelt es sich um Geräte, die keinerlei asbesthaltige Materialien enthalten.

Gerätegruppe 2

Hierbei handelt es sich um Geräte, deren asbesthaltige Kleinteile (im abgeteilten elektrischen Schaltraum) im Hinblick auf eine mögliche Asbestfaserfreisetzung von untergeordneter Bedeutung sind.

Gerätegruppe 3

Hierbei handelt es sich um Geräte, deren Gewicht bei der Herausnahme von Kernsteinen nicht ohne Freisetzung von Asbestfasern verringert werden kann.

Die Gerätegruppen können beim jeweiligen Hersteller oder bei den Energieversorgungsunternehmen erfragt werden.

4.1.5 Ausbau der Geräte

Gerätegruppe 1

Diese Geräte können, wenn nötig, ohne besondere Rücksichtnahme zum einfacheren Transport zerlegt werden.

Gerätegruppe 2

Bei diesen Geräten können, wenn nötig, die Kernsteine zur Gewichtsverringerung ohne besondere Schutzmaßnahmen herausgenommen werden. Voraussetzung ist, daß der elektrische Schaltraum dabei geschlossen bleibt. Vor der Entsorgung der Geräte ist das asbesthaltige Bauteil unter Beachtung der entsprechenden Schutzmaßnahmen gemäß TRGS 519 auszubauen und ordnungsgemäß zu entsorgen.

Gerätegruppe 3

Grundsätzlich sollen diese Geräte, soweit möglich, am Aufstellungsort nicht geöffnet werden, sondern als Ganzes ausgebaut und aus dem Gebäude transportiert werden. Zu beachten ist, daß diese Arbeiten von einem Sachkundigen überwacht werden und auch die notwendigen Betriebsmittel gemäß TRGS 519 zur Verfügung stehen.

4.1.6 Reparaturen und Wartung

Geräte der Gerätegruppe 1 können uneingeschränkt repariert werden. An Geräten der Gerätegruppe 2 und 3 dürfen im Bereich asbesthaltiger Teile keine Reparaturen durchgeführt werden. Insbesondere sind Wartungs- und Reinigungsarbeiten an asbesthaltigen Teilen im Luftstrom nicht zulässig.

4.1.7 Leitung und Beaufsichtigung der Arbeiten, Anzeigepflicht

In der TRGS 519 ist festgelegt, daß Arbeiten an asbesthaltigen Geräten nur unter Aufsicht eines Sachkundigen erfolgen dürfen. Alle Mitarbeiter, die sich mit dem Ausbau der asbesthaltigen Geräte beschäftigen, müssen im Rahmen einer Betriebsanweisung und Unterweisung auf mögliche Gefahren durch Asbest sowie die erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln hingewiesen werden.

Dem für den Sitz des sanierenden Betriebes zuständigen Gewerbeaufsichtsamtes und der zuständigen Berufsgenossenschaft ist mit einer einmaligen Anzeige die beabsichtigte Durchführung wiederholt gleichartiger Sanierungsarbeiten im geringen Umfang anzuzeigen. Es empfiehlt sich, vor Beginn der Arbeiten beim Gewerbeaufsichtsamt die örtlich geltenden Bestimmungen zu erfragen.

4.1.8 Geräteentsorgung

Die Ablagerung von Geräten auf Deponien stellt, wegen der damit verbundenen Verschwendung von Deponievolumen und aufgrund des Verwertungsgebotes des Abfallgesetzes, keine sinnvolle Entsorgungsmethode dar. Statt dessen sollte eine Demontage der Geräte in zentralen Recyclinganlagen erfolgen. Dort werden verwertbare und nicht verwertbare Stoffe getrennt. Die anfallenden asbesthaltigen Abfälle sollten entsprechend dem LAGA-Merkblatt "Entsorgung asbesthaltiger Abfälle" behandelt und abgelagert werden (LAGA = Länderarbeitsgemeinschaft Abfall).

5. Arbeitsmedizinische Vorsorgemaßnahmen

Für Arbeitnehmer, die bei ihren Tätigkeiten Kontakt mit Asbest haben, ergibt sich die Pflicht der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung gemäß VBG 100.

Bereits vor Beginn der Beschäftigung ist eine Untersuchung durch einen ermächtigten Arzt notwendig, die nicht länger als 12 Wochen zurückliegen darf. Der Arbeitgeber hat der Berufsgenossenschaft spätestens bis zum 30. Juni des folgenden Jahres über jeden Versicherten, der bei seiner Tätigkeit einer Einwirkung krebserzeugender Arbeitsstoffe ausgesetzt ist, Mitteilung, insbesondere über Art, Beginn und Ende der Einwirkung sowie über Durchführung der medizinischen Vorsorge, zu machen. Die Mitteilung ist nicht erforderlich, sofern ein Versicherter weniger als 6 Monate einer Einwirkung krebserzeugender Arbeitsstoffe ausgesetzt war.

Erste Nachuntersuchungen und weitere Nachuntersuchungen sind in einem Zeitraum von 12 bis 36 Monaten notwendig. Der Unternehmer hat den ermächtigten Arzt zu verpflichten, für den Versicherten eine Gesundheitsakte zu führen und diese bis zum Ablauf des Jahres aufzubewahren, in welchem der Versicherte 75 Jahre geworden ist oder geworden wäre. Diese Gesundheitsakte ist der Berufsgenossenschaft zu übergeben, wenn der ermächtigte Arzt sie nicht selbst aufbewahren kann. Das gleiche gilt, wenn der Versicherte bei seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen die Aufbewahrung der Unterlagen bei der Berufsgenossenschaft ausdrücklich wünscht.

Nach Ausscheiden aus dem Unternehmen, in dem die Asbesteinwirkung stattgefunden hat, veranlaßt die Berufsgenossenschaft weitere nachgehende Untersuchungen. Diese nachgehenden Untersuchungen sind spätestens nach 60 Monaten notwendig.

Wenn Ermittlungen nach § 18 der Gefahrstoffverordnung ergeben haben, daß die Asbestfaserkonzentration am Arbeitsplatz unter 15.000 Fasern pro m3 liegt, kann von der arbeitsmedizinischen Vorsorge abgesehen werden. Ist am Arbeitsplatz mit einer erhöhten Aufnahme von Asbestfasern über die Atmungsorgane zu rechnen, müssen vom Arbeitgeber geeignete Atemschutzgeräte zur Verfügung gestellt werden, die vom Arbeitnehmer zu tragen sind. Der Arbeitnehmer muß sich hinsichtlich der Eignung auf das Tragen von Atemschutzgeräten untersuchen lassen. Auch hier sind, je nach Alter der Person und Gewicht des Atemschutzgerätes Nachuntersuchungen notwendig zwischen 12 und 36 Monaten.

Checkliste: Notwendige Unterlagen für die unternehmensbezogene Anzeige beim Gewerbeaufsichtsamt

  • Annahmeerklärung der Annahmestelle (Deponie)
  • Transportgenehmigung nach Abfallgesetz (soweit gefordert)
  • Sachkundenachweis des Aufsichtführenden
  • Nachweis über arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen gemäß VBG 100
    Beschränkt sich die vorgesehene Tätigkeit auf den Ausbau ungeöffneter Geräte, sind nur Vorsorgeuntersuchungen hinsichtlich des Tragens von Atemschutz notwendig.
  • Arbeitsplan
  • Betriebsanweisung
  • Nachweis über die Unterweisung der betroffenen Arbeitnehmer
  • Nachweis über die sicherheitstechnische Ausstattung (z.B. K1-Staubsauger)

6. Aufgaben des Arbeitgebers

Sofern bei den auszuübenden Tätigkeiten der Umgang mit Asbest gegeben ist, muß der Arbeitgeber der zuständigen Behörde (in der Regel Gewerbeaufsichtsamt) unverzüglich, d.h. spätestens 14 Tage vor Aufnahme der Arbeiten, den Umgang mit asbesthaltigen Gefahrstoffen anzeigen. In dieser Anzeige sind mindestens zu beschreiben:

Da die Anzeige bei der zuständigen Behörde gebührenpflichtig ist (ca. 100 DM) und ein abschlägiger Bescheid, z.B. durch unvollständige Unterlagen, eine zweite Gebühr nach sich zieht, empfiehlt es sich, die Anzeige gemäß der nachfolgenden Checkliste vorher zu überprüfen, damit auch alle notwendigen Unterlagen rechtzeitig eingereicht werden.

7. Betriebsanweisung und Unterweisung

Gemäß der TRGS 519 ist vom Arbeitgeber eine Betriebsanweisung zu erstellen, in der die beim Umgang mit Gefahrstoffen auftretenden Gefahren für Mensch und Umwelt sowie die erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln festgelegt werden. Ebenso ist dabei auf die sachgerechte Entsorgung entstehender gefährlicher Abfälle hinzuweisen. Die Betriebsanweisung ist in verständlicher Form und in der Sprache der Beschäftigten abzufassen.

Arbeitnehmer, die beim Umgang mit asbesthaltigen Gefahrstoffen beschäftigt werden, müssen anhand der Betriebsanweisung über die auftretenden Gefahren sowie Schutzmaßnahmen unterwiesen werden. Gebärfähige Arbeitnehmerinnen sind zusätzlich über die für werdende Mütter möglichen Gefahren und Beschäftigungsbeschränkungen zu unterrichten. Die Unterweisungen müssen vor der Beschäftigung und danach mindestens einmal jährlich mündlich und arbeitsplatzbezogen erfolgen. Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung sind schriftlich festzuhalten und von dem Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.

Sofern ein Arbeitsplan nach Nr. 5.3 der TRGS 519 erforderlich ist, so ist dieser in der Betriebsanweisung zu berücksichtigen und die Unterweisung darauf abzustimmen. Der Arbeitsplan muß die Maßnahmen vorsehen, die für den Schutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz erforderlich sind. Dazu gehören insbesondere eine Beschreibung des Arbeitsablaufes, der Baustelleneinrichtung und der Arbeitsdurchführung. Daraus ergibt sich die Konsequenz, daß vor Beginn der Arbeiten eine sachkundige Person den Arbeitsplatz besichtigt hat.

8. Rechtliche Grundlagen im Umgang mit asbesthaltigen Produkten

Zu beachten sind im wesentlichen die Reichsversicherungsordnung, das Chemikaliengesetz, die Gefahrstoffverordnung, die technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 519 sowie diverse Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft.

Aus der Gefahrstoffverordnung sind für den Fachhandwerker folgende Paragraphen von besonderer Bedeutung:

§ 16 GefStoffV - Ermittlungspflicht

Der Arbeitgeber hat sich zu vergewissern, ob sich Mitarbeiter im Hinblick auf den vorgesehenen Umgang mit einem Gefahrstoff beschäftigen. Bevor der Arbeitgeber Arbeitnehmer beim Umgang mit Gefahrstoffen beschäftigt, hat er zur Feststellung der erforderlichen Maßnahmen die mit dem Umgang verbundenen Gefahren zu ermitteln und zu beurteilen.

§ 17 GefStoffV - Allgemeine Schutzpflicht

In diesem Paragraph wird festgelegt, daß beim Umgang mit Gefahrstoffen die zum Schutz des menschlichen Lebens, der menschlichen Gesundheit und der Umwelt erforderliche Maßnahmen nach den allgemeinen und besonderen Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihrer Anhänge und den für ihn geltenden Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften zu treffen sind.

§ 18 GefStoffV - Überwachungspflicht

Wenn das Auftreten eines gefährlichen Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz wie z.B. Asbest nicht sicher auszuschließen ist, so ist die Arbeitsplatzkonzentration von Asbestfasern zu ermitteln, ggf. sind Messungen durchzuführen.

§ 20/21 GefStoffV - Unterweisungspflicht gegenüber Arbeitnehmern

Mitarbeiter, die mit Instandhaltungs-, Sanierungs- und Entsorgungsarbeiten von asbesthaltigen Produkten betraut werden, müssen gemäß Gefahrstoffverordnung mindestens einmal jährlich unterwiesen werden; dabei muß die aufsichtführende Person sachkundig sein. Grundlage der Unterweisung ist die Betriebsanweisung in Verbindung mit dem Arbeitsplan.

9. Aktuelle Rechtsprechung/ Mietrecht

Beispiel Elektro-Speicherheizgeräte

Wird eine Mietwohnung mit Elektro-Speicherheizgeräten älterer Bauart beheizt, die noch asbesthaltige Materialien enthalten, entsteht häufig ein Konflikt zwischen Mieter und Vermieter. Der Mieter sieht eine Gesundheitsgefährdung durch Asbestfeinstaub und der Vermieter stützt sich auf die Aussagen der Hersteller, daß bei bestimmungsgemäßer Anwendung und sachgerechten Reparaturen in der Vergangenheit keine Kontaminierung der Raumluft durch Asbestfasern vorliegt. In diesen Fällen wird von den Mietern oft eine Mietminderung gefordert. Daß die Rechtsprechung noch nicht einheitlich geregelt ist, zeigen folgende Urteile der Landgerichte Dortmund und Berlin.

Das Landgericht Dortmund hat unter Aktenzeichen 11 S 197/93 z.B. entschieden, daß allein schon die Möglichkeit, daß es zu einer Gesundheitsschädigung kommen kann, ausreicht, um einen Mietminderungsanspruch zu begründen. Eine Mietsache ist nicht erst dann mangelhaft, wenn sie wirklich Schäden verursacht hat.

Demgegenüber hat das Landgericht Berlin unter Aktenzeichen 64 S 211/96 entschieden, daß der Mieter konkret darlegen muß, worin eine Gefährdung gesehen wird. Dieses kann praktisch nur durch ein Privatgutachten erfolgen. Die gerichtliche Beauftragung eines Sachverständigen lehnte das Landgericht ab, da dies ein unzulässiger Ausforschungsbeweis wäre.

Danach kann ein Mieter nur dann die Entfernung des Nachtstrom-Speicherofens wegen der Asbestgefahr verlangen, wenn eine konkrete Gefahrenlage besteht. Insofern muß ein Mieter darlegen, daß die Asbestbelastung durch die Nachtstrom-Speicheröfen über der sonstigen Hintergrundbelastung mit Asbest liegt.

10. Fazit

Das oft überzogen dargestellte Risiko durch asbesthaltige Materialien in Haushaltsgeräten ist im Einzelfall stets neu zu bewerten. Die Verunsicherung der Endverbraucher führt jedoch dazu, daß asbesthaltige Produkte zunehmend durch asbestfreie Austauschstoffe ersetzt werden.

Handwerksbetriebe, die nach dem 1. Oktober 1992 wissentlich oder unwissentlich mit dem Gefahrstoff Asbest umgehen und keine sachkundige Person beschäftigen, stehen vor dem Problem, eine Ordnungswidrigkeit zu begehen, wobei auch strafrechtliche Konsequenzen nicht auszuschließen sind.


B i l d e r :   Stiebel Eltron, Holzminden


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]