IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 18/1998, Seite 75 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Bedarfsgerechte Ventilauslegung in Heizungsanlagen

Ehrhardt Buscher; Klaus Walter*   Teil 2

Im ersten Teil dieses Beitrages, erschienen in IKZ-HAUSTECHNIK Heft 16, befassen sich die Autoren mit der grundsätzlich und vorgeschriebenen Notwendigkeit des hydraulischen Abgleichs in Heizungsanlagen. Das gilt für "Heizkörperthermostatventile - TV (Bild 1) und Differenzdruckregelventile - DRV (Bild 2)". Es wurden im Kapitel 2 die funktionalen Zusammenhänge und Berechnungsgrundlagen für die Heizkörperthermostatventile dargestellt und in Rechenbeispielen vertieft. In diesem zweiten Teil werden noch die Auswirkungen bei richtiger und bei fehlender Einregulierung erläutert, ehe im Kapitel 3 die notwendigen Abgleichmaßnahmen bei Gebäuden mit mehreren Heizträgern behandelt werden.

2. Heizkörper-Thermostatventile (Fortsetzung)

2.3.4 Volumen- und Wärmeströme

Die bisherigen Betrachtungen der Volumenströme durch die Thermostatventile geben jedoch keinen Hinweis auf die durch die Heizflächen geleiteten Wärmeströme, wie das Bild 7 zeigt. Große Wassermengenzunahmen ziehen nur geringe Zunahmen des Energieumsatzes nach sich. Im Beispiel wirkt sich eine Vervierfachung des Volumenstroms nur in einer maximal 11%igen Zunahme des Wärmestroms aus. Umfangreiche wissenschaftliche Messungen haben dieses Phänomen bestätigt.

Denn wenn das Heizungswasser mit einer erheblich höheren Geschwindigkeit durch die Heizfläche strömt, verbleibt ihm nur eine recht geringe Verweilzeit für die Wärmeübergabe an den Raum. Eine Erhöhung des Wärmestroms findet nur in äußerst geringem Maße statt, lediglich das Temperaturgefälle im Heizkörper, die Spreizung, wird kleiner.

Die VOB-Vorschrift kann so nicht erfüllt werden.

2.3.5 Ventilautorität

Wenn der korrekt einregulierte Heizstrang (Bild 4, links) einen maximal zulässigen Differenzdruck von pKreis = 200 mbar aufweist, beträgt im Beispiel die Ventilautorität: av = 100 : 200 = 0,5. Das ist ein guter Wert.

Falls ein geringerer Gesamt-Differenzdruck, z.B. 140 mbar, ansteht, beträgt die Ventilautorität noch av = 100 : 140 = 0,7, ein sehr guter Praxiswert.

2.3.6 Maßeinheiten

Die linke senkrechte Achse des Auslegungsdiagramms für Thermostatventile (Bild 5) ist in mbar skaliert. Diese Einheit bietet dem Praktiker leichte Umrechnungsmöglichkeiten. Ausgehend von dem in der Pumpenauslegung bekannten Vergleich 1 bar = 10 m kommt man bei einer Teilung durch 1000 zu der Gleichung 1 mbar = 1 cm. Das muß man wissen, wenn eine Differenzdruck-Bestimmung über ein U-Rohr-Manometer durchzuführen ist. Aus den täglichen Wettermeldungen wiederum ist die Gleichsetzung von 1 mbar = 1 hPa bekannt.

Zusammenfassend kann also festgestellt werden:

p = 1 mbar = 1 hPa = 1 cm.

Die rechte senkrechte Skalierung des Bildes 5 in kPa ist als Alternative aufzufassen, die allerdings keine so einfachen Umrechnungen zuläßt.

2.4 Praxis der Voreinstellung

Die Bestimmung der richtigen Voreinstellung ist also recht einfach: Man kennt die Grundfläche des Raumes. Die Rechenformel 3.1 ist schnell im Taschenrechner erledigt. Für die Temperaturspreizung kennt man die den Heizflächen zugeordneten Richtwerte.

Jeder Hersteller hat für seine Produkte Auslegungsdiagramme entsprechend oder ähnlich dem Bild 5 in seinen Katalogen und Montageanweisungen abgedruckt. Aus der untersten waagerechten Skala dieses Beispieldiagramms lotet man vom Wärmestrom TV nach oben. Im Bereich zwischen 40 und 140 mbar (entsprechend 4 und 14 kPa) findet man schnell die geeignete Voreinstellungs-Linie.

Bild 7: Heizkörper- Betriebsdiagramm; eine erhebliche Zunahme des Volumenstroms durch ein Thermostatventil bewirkt nur eine begrenzte Zunahme des durchgesetzten Wärmestroms.

Wenn auch die dann folgende handwerkliche Einstellung bei den verschiedenen Herstellern unterschiedlich gelöst ist, so kann man doch davon ausgehen, daß auf einer Baustelle immer nur die Produkte eines Herstellers verarbeitet werden. Der notwendige Handgriff wird schnell zur Routine.

2.4.1 Konsequenzen

Wenn ein Verarbeiter die Voreinstellung der Heizkörper-Thermostatventile gar nicht oder nicht ordnungsgemäß durchführt, liefert er eine unfertige, gegen den Liefervertrag verstoßende Arbeit ab. Er ist nicht nur für die Nachbesserung in die Pflicht zu nehmen. Er trägt auch die volle Verantwortung für Störungen im Pumpenlauf und im System.

Tabelle 3: Teilstränge der Heizungsanlage im Bild 8; Wärmemengen- und Volumenstrom-Verteilung bei ordnungsgemäß durchgeführtem Strangabgleich durch Differenzdruck-Regelventile.

Teilstrang Nr.

TS [kW]

TS [m3/h]

1

2

3

74,4

111,2

92,8

3,2

4,8

4,0

Summe:

278,4

12,0

Denn die Heizungsumwälzpumpe muß mit einer erheblich größeren Drehzahl und dadurch mit entsprechend höherer Leistungsaufnahme arbeiten, um letztlich doch den am schlechtesten platzierten Heizkörpern die Wassermenge zukommen zu lassen, die zur Erwärmung des Raumes nötig ist. Durch den größeren Wasserdurchsatz steigt die Strömungsgeschwindigkeit in den Rohrleitungen. Geräuschbelästigungen sind kaum auszuschließen.

Eine höhere Pumpenleistung, gepaart mit einem zu großen Wärmetransport durch das Gebäude, verschlechtert in jedem Falle die Wirtschaftlichkeit der Heizungsanlage. Das kann in Zeiten des allgemeinen Bemühens um geringen Energieverbrauch nicht hingenommen werden.

3. Differenzdruck-Regelventile

Die Funktion der Differenzdruck-Regelventile (DRV) besteht darin, den Differenzdruck in einem Heizstrang auf dem richtigen Wert konstant zu halten. Der ausführlichen Erläuterung seien aber wichtige Hinweise vorangestellt:

  1. Die beschriebene Voreinstellung muß bei den Heizkörperventilen grundsätzlich korrekt durchgeführt werden.
  2. Nur bei Pumpen-Förderhöhen über H = 2 m sind strangweise Differenzdruck-Regelventile vorzusehen. Teilstrang-Differenzdrücke zwischen 100 und 200 mbar sind optimal, um eine Geräuscharmut zu gewährleisten.
  3. Strangregulierventile zum Volumenstromabgleich werden nur für den Vollastbetrieb einreguliert. Bei der am häufigsten vorherrschenden Schwachlastheizung begrenzen sie nicht den Differenzdruck. Deshalb sind sie für Zweirohranlagen mit Thermostatventilen ungeeignet.

Es sei noch einmal an die Ausführungen der VOB, insbesondere im Abschnitt 3.1, erinnert, wie sie am Anfang dieser Ausarbeitung aufgeführt sind.

Tabelle 4: Teilstränge der Heizungsanlage im Bild 9; Wärmemengen- und Volumenstrom-Verteilung bei vorhandener und bei fehlender Differenzdruckregelung.

Diff.dr.-Regelung

Ja

nein

Teilstrang Nr.

Anteil

TS [m3/h]

Anteil

TS [m3/h]

Fehler

1

2

3

33,3%

33,3%

33,3%

3,2

4,8

4,0

50%

35%

15%

4,8

5,0

1,8

+ 50%

+ 5%

-55%

Summe:

12,0

12,0

3.1 Auslegungskriterien

Wenn in einer Heizungsanlage mehrere Teilstränge das Heizwasser in die verschiedenen Gebäudeabschnitte leiten, so wird die Rohrnetzberechnung immer für den ungünstigsten Teilstrang durchgeführt. Dafür wird dann auch die Heizungsumwälzpumpe ausgelegt (Bild 8). Somit ergibt es sich, daß Stränge, die näher an der Pumpe liegen, ein zu hohes Druckangebot erhalten. Dagegen müssen sie gesichert werden.

Es ist sehr wichtig, daß sämtliche Teilstränge, also auch der entfernteste, mit solchen Differenzdruck-Regelventilen (DRV) ausgestattet werden. Andernfalls tritt ein Spitzendruck während der Perioden der Teillastheizung letztlich auch im letzten Strangabschnitt auf.

3.2 Funktion der Armaturen

Wie in den Teilsträngen des Bildes 8 zu erkennen ist, besteht eine Differenzdruckregelung jeweils aus zwei Armaturen (Bild 2), eingebaut im Vorlauf und im Rücklauf, die durch eine Impulsleitung miteinander verbunden sind.

Das Ventil im Vorlauf ist ein Absperrventil (AV). Der hier anstehende und sich ggf. verändernde Druck wird über die Impulsleitung auf das Ventil im Rücklauf übertragen.

Im Rücklauf wird ein Differenzdruckregelventil (DRV) eingebaut, das einen konstanten Differenzdruck über der Anlage sichert. Der am Vorlauf-Ventil anstehende Druck wirkt über die Impulsleitung drosselnd auf die Regelmembran. An diesem Ventil wird die Einstellung des Sollwertes durchgeführt. Es ist zugleich als Absperrarmatur konstruiert und enthält einen Entleerungshahn.

Auch wenn eine Heizungsumwälzpumpe sich drehzahlgeregelt dem Teillastbetrieb durch die Rücknahme des Volumenstroms anpaßt, bleibt der Druckzustand im Heizungs-Teilstrang erhalten.

3.3 Auslegung

Hier sei auf die Technischen Unterlagen der Hersteller verwiesen, in denen Auslegungsdiagramme enthalten sind. Es stehen auch Auswahl- und Einstellhilfen in der Form von Datenschiebern zur Verfügung. Allgemein gilt die Formel:

pDRV = pPU - pTS

mit pDRV = Druckabfall über dem Regelventil DRV im Rücklauf,

pPU = Pumpendruck vor dem Teilstrang, d.h. am Absperrventil AV im Vorlauf,

pTS = Druckabfall über dem Anlagen-Teilstrang.

3.3.1 Rechenbeispiel 4 (mit Differenzdruckregelung)

Für die im Bild 8 dargestellten drei Teilstränge wurden die Wärmebedarfswerte und Volumenströme durch eine PC-gestützte Rohrnetzberechnung ermittelt und in der Tabelle Nr. 3 zusammengestellt.

Die Heizungsumwälzpumpe fördert einen Volumenstrom von PU = 12,0 m3/h, der sich, abhängig von den Wärmestrom-Anforderungen, auf die Teilstränge aufteilt. Die notwendige Pumpenförderhöhe beträgt HPU = 3,5 m.

Im Rechenbeispiel für die Heizkörper-Thermostatventile (Abschnitt 2.3.1) wurde über den Ventilen ein Druckabfall von pTV = ca. 100 mbar bei einem Teilstrang-Differenzdruck von pTS = 200 mbar ermittelt. Der über dem Differenzdruck-Regelventil abzubauende Druckabfall hat also für den ersten Teilstrang eine Größe von:

pDRV = pPU - pTS

= 350 mbar - 200 mbar

= 150 mbar

Für die genaue Einstellung der Differenzdruck-Regelarmaturen geben die Hersteller Diagramme, Datenschieber und Tabellen heraus. Durch die Einstellung des Widerstandes am Heizkörperthermostatventil einerseits und die Regelung des Differenzdrucks im Teilstrang andererseits ist auch der gewollte maximale Volumenstrom festgelegt. Über den kV-Wert ist der Dp-Regler zugleich ein DV-Regler.

Bild 8: Wärmeverteilung in den Teilsträngen einer Heizungsanlage bei ordnungsgemäß eingestellten Differenzdruck-Regelventilen.

3.3.2 Rechenbeispiel 5
(ohne Differenzdruckregelung)

Wenn allerdings - entgegen der Vorschrift der VOB / Abschnitt 3.1 - keine differenzdruckregelnden Einrichtungen eingebaut werden, ergibt sich eine gänzlich andere Wärmemengen- und Volumenstrom-Verteilung, wie sie im Bild 9 und in der Tabelle 4 vereinfacht dargestellt sind.

Wenn keine Differenzdruck-Regelung eingebaut wurde, so wird der Wärmestrom der Heizung zuerst zu den Teilsträngen mit den geringsten Rohrleitungswiderständen ab der Umwälzpumpe geleitet. Der Grund dafür ist der abfallende Pumpendruck entlang der Hauptverteilungsleitung, abgeschätzt im Bild 9.

Alle entfernteren Heizflächen werden erst mit dem raumweisen Fortschreiten des Druckaufbaues in den Heizkörperventilen mit einem ausreichenden Wärmestrom versorgt.

3.3.3 Pumpenauslegung

Es wird eine Heizungsumwälzpumpe vom Typ TOP-E 40/1-10 (Bild 10) ausgewählt. Sie liefert einen Volumenstrom von = 12 m3/h im rechten Drittel des Kennlinienfeldes. Wegen der ungünstigsten Teilstrecke in der Heizungsanlage wird die Pumpe auf eine konstante Förderhöhe H = 3,5 m entspr. pPU = 350 mbar eingestellt.

Bild 9: Druck- und Wärmeverteilung in den Teilsträngen einer Heizungsanlage bei fehlenden Differenzdruck-Regelventilen.

3.4 Konsequenzen

Bei weit verzweigten Heizungsanlagen in großen Gebäuden ist es zwingend notwendig, die einzelnen Teilstränge auf eine maximale Druckdifferenz zu begrenzen. Wird das sorgfältig und den Vorschriften entsprechend durchgeführt, so ist (gemäß VOB) eine ausreichende Wassermengenverteilung sichergestellt, dargestellt im Bild 8.

Das Gegenteil ist der Fall, wenn der Verarbeiter auf diese Maßnahme verzichtet (Bild 9). Immer wieder sei darauf hingewiesen, daß dann eine notwendige Erhöhung der Pumpen-Förderleistung eine nutzlose Erhöhung der Pumpen-Stromaufnahme nach sich zieht und Geräuschbelästigungen äußerst wahrscheinlich macht.

4. Schlußbetrachtungen

Zwei einfache Rechenschritte sind es nur, um eine bedarfsgerechte Ventilplanung durchzuführen, wie sie im Bild 3 (Felder 3.1 und alternativ 3.2 oder 3.3) formelmäßig dargestellt sind. Dabei können die Ergebnisse und Einstellwerte dieser Formeln teilweise sogar einem Diagramm entnommen werden.

Bild 10: Kennlinienfeld einer Heizungsumwälzpumpe TOP-E 40 / 1-10; Einstellung: Dp-constant. (Bild: Wilo GmbH, Dortmund)

Für diese Einstellberechnungen von Heizkörper-Thermostaten und Differenzdruck-Regelventilen stehen darüber hinaus Computer-Rechenprogramme zur Verfügung. Mit ihrer Hilfe kann der Handwerker auf der Baustelle dann die Einstellwerte aus einer gedruckten Tabelle Ventil für Ventil ablesen. Eine Heizungsanlage, bei der es nur mit Kunstgriffen gelingt, die Heizkörper in die Nähe ihres bedarfsgerechten Verhaltens zu bringen, ist wahrlich nicht mehr zeitgemäß.

Das Energiebewußtsein der Bauherren, insbesondere beim Heizen, wird immer ausgeprägter. Gleichzeitig wachsen aber auch die Komfortansprüche. Es besteht also ein erhöhter Informations- und Gesprächsbedarf zwischen dem Anbieter und dem Nutzer einer Heizung. Nur so kann die Kundenzufriedenheit gefördert werden.

Die Armaturenhersteller haben in den letzten Jahren viel für die Fortentwicklung ihrer Ventile getan. Das gilt insbesondere für die manuellen Einstellfunktionen. Der Einwand mancher Handwerker, die Voreinstellung der Ventile und die Einregulierung der Stränge seien zu aufwendig und damit zu kostenfressend, kann nicht mehr hingenommen werden.

Die Pumpenhersteller bieten mit ihren elektronisch geregelten Heizungsumwälzpumpen höchsten Technologiestandard an. Dieser kann aber nur dann voll zum Tragen kommen, wenn die Randbedingungen im gesamten Heizungssystem in Ordnung sind. Andernfalls wäre es schade um die punktuellen Verbesserungen, wenn eine bedarfsgerechte Verteilung der Wärmeströme dennoch nicht zustande kommt.

Die bedarfsgerechte Auslegung von Ventilen in Heizungsanlagen ist also ein wichtiger fachkompetenter Beitrag zur Erfüllung der Heizungsanlagenverordnung. Denn:

Heizungsanlagen sollen sparsam, sicher und geräuscharm, d.h. einfach besser funktionieren.


*) Ehrhardt Buscher, Leiter Marketing-Engeneering, Wilo GmbH, Dortmund. Klaus Walter, langjähriger Schulungsingenieur bei heizungstechnischen Industrieunternehmen.


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