IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 18/1998, Seite 21 ff.
VERBÄNDE AKTUELL |
Nordrhein-Westfalen
Geht der Meisterbrief baden?
Monopolkommission: Meisterprüfung im Handwerk abschaffen
Dr. Hans-Georg Geißdörfer Teil 1
Die Abschaffung der Meisterqualifikation als Voraussetzung für die Führung eines Handwerksbetriebes hat die Monopolkommission der Bundesregierung gefordert. Auch im Handwerk sei dringend die Rücknahme staatlicher Regulierungen notwendig, stellte die Kommission in ihrem Gutachten fest. Die vielen Vorschriften, die es in keinem anderen EU-Staat gebe, führten zu einem "massiven Eingriff in individuelle Freiheitsrechte" für solche Handwerker, die gehindert würden, selbständig ein Gewerbe auszuüben. Dadurch komme es zu weniger Neugründungen, was im Ergebnis auch weniger Arbeitsplätze bedeute.
Nach Ansicht des Gremiums sind die Argumente für die bestehende Regelung in Deutschland, wonach nur Handwerksmeister einen Betrieb führen dürfen, nicht stichhaltig.
Die umstrittenen Empfehlungen der Monopolkommission
- Abschaffung des Großen Befähigungsnachweises als Voraussetzung für den Marktzutritt im Handwerk.
- Keine Ausweitung der Handwerksordnung auf Industrie- und Dienstleistungsberufe.
- Gesellen mit mehrjähriger Berufserfahrung sollen, ebenso wie ausländische Handwerker, als Selbständige ein Handwerk betreiben dürfen.
- Die Meisterprüfung kann freiwillig abgelegt werden, als Qualitätssignal für den Verbraucher dienen und zur Ausbildung des Nachwuchses berechtigen.
- Für Gefahrenhandwerke können ergänzende Vorschriften (z.B. Sachkundenachweise) verlangt werden (nicht zwingend erforderlich).
- Die Meisterprüfung kann auch in abgestuften Qualifikationsschritten abgelegt werden.
- Weitere Lockerung der Berufsbilder, Mehrleistungen aus einer Hand und Erweiterung der Liste verwandter Handwerke.
Die Monopolkommission
Das Gutachten - wie sollte es anders sein - hat bundesweit Empörung ausgelöst, der Bericht der Kommission kam unerwartet, zumal so kurz vor der Wahl. Dabei hatte der Zeitpunkt einen banalen Grund: Der langjährige Kommissionsvorsitzende, Prof. Karl Christian von Weizsäcker, gab turnusgemäß seinen Posten ab.
Die Themen der Gutachten werden entweder im Auftrag der Bundesregierung in sogenannten Sondergutachten erarbeitet, oder werden von Mitgliedern der Kommission selbst vorgeschlagen. Außerdem muß der Bundeswirtschaftsminister in allen Zusammenschlußfällen, in denen er im Rahmen eines Ministererlaubnisverfahrens zu entscheiden hat, ein Gutachten der Monopolkommission einholen.
Die fünf Mitglieder der Monopolkommission werden auf Vorschlag der Bundesregierung (de facto vom Bundeswirtschaftsministerium) durch den Bundespräsidenten für vier Jahre berufen. Zwei oder drei Berufungsperioden sind üblich. So war der bisherige Kommissionsvorsitzende Karl Christian von Weizsäcker bis Ende Juni 1998 zwölf Jahre im Amt. Die aus zwei Professoren und drei Praktikern zusammengesetzte Kommission ist unabhängig. Ihre Mitglieder dürfen daher weder der Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft von Bund und Land, noch dem öffentlichen Dienst angehören. Repräsentanten von Wirtschaftsverbänden, Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerorganisationen dürfen ebenfalls nicht Kommissionsmitglieder werden.
Meisterprüfung Ade?
Die Reaktion aus der Handwerksorganisation war eindeutig: "Der Meisterbrief ist keine überflüssige Vorschrift, sondern steht für fachliche Kompetenz und für unternehmerische und Ausbildungsqualifikation", so ZDH-Präsident Dieter Philipp. Philipp wies u.a. auf die große wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks und seine Funktion als Ausbilder Nr. 1 hin. Der Große Befähigungsnachweis sichere Produktvielfalt auf hohem Niveau und sorge dafür, daß Kompetenz und Know-how dem Standort Deutschland erhalten bleiben. Das werde zunehmend auch im europäischen Ausland erkannt. In Frankreich sei man auf dem besten Wege, unser System der Berufsausbildung bis hin zur Meisterprüfung zu übernehmen. Ähnliche Tendenzen gibt es auch in Österreich.
BEST für Meisterbrief
Von besonderer Bedeutung ist aus Sicht des deutschen Handwerks, daß sich der Europäische Rat der Förderung der Arbeitsgruppe BEST (Buiseness Environment Simplifikation Tusk Force) anschließt, ein Zeitplan für Maßnahmen aufzustellen, mit dem beurteilt werden soll, inwieweit die gegenwärtige europäische Politik den Unternehmergeist fördert. ZDH-Präsident Dieter Philipp, der Deutschland in dieser Arbeitsgruppe vertrat, unterstrich hierzu erneut die beschäftigungspolitische Bedeutung der deutschen Meisterprüfung, die BEST als beispielhaft für andere Mitgliedsstaaten beurteilte. Philipp befürwortet auch die Bemühungen der Europäischen Kommission, zur Verbesserung der Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene. In diesem Zusammenhang ist es aus Sicht des Handwerks weiter begrüßenswert, daß in den beschäftigungspolitischen Aktionsplänen der Mitgliedsstaaten der EU besondere Anstrengungen unternommen wurden, die Bedingungen für kleine und mittlere Unternehmen zu verbessern.
Wenn "BEST" die Qualifikation zum Handwerksmeister als vorbildlich bezeichnet, kann der deutsche Meister also nicht so schlecht sein.
Prof. Dr. Walter Leisner, Leiter des Handwerksinstituts für Handwerks-, Gewerbe-, Finanz- und Steuerrecht e.V. München bringt drei wichtige Argumente ins Feld:
- Als Betriebsinhaber sind Meister sowohl Arbeitgeber als auch Ausbilder und nehmen so gesellschaftliche Verantwortung wahr.
- Als wirtschaftliche Unternehmen sind Handwerksbetriebe im Vergleich zu anderen Bereichen ein stabiler Faktor, gemessen an der niedrigen Insolvenzquote.
- Handwerksmeister leisten Qualitätsarbeit. Ein besseres Argument gegenüber den Kunden gebe es wohl kaum. Das alles kann nur die Meisterausbildung auch weiterhin garantieren.
Zwar komme das Ausland ohne Meisterbrief aus - so Leisner, dafür habe man aber auch andere Instrumentarien geschaffen, beispielsweise den Bereich der Qualitätskontrolle. Frankreich sei in dem Bereich ein Verwaltungsstaat, der mit scharfen Kontrollen die Arbeit überwache. Deutschland habe ein viel einfacheres und wirksameres Instrument: Die Kontrolle über die Ausbildung, die Qualitätsarbeit garantiere.
Existenzgründer ausgebremst?
Das Argument, der Meisterbrief mit seinen Inhalten bremse Existenzgründer aus, weil er in erster Linie eine Marktzugangshürde ist, sei deshalb nicht stichhaltig, weil die Handwerker in der Meisterausbildung eine große Rundum-Ausbildung erhalten, die neben handwerklichen Fähigkeiten auch die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse vermittle. Mit Blick auf eine spätere Selbständigkeit sei die Meisterausbildung das beste Training für Existenzgründer. Gastwirte beispielsweise, so Leisner, hätten nicht zuletzt deshalb eine so hohe Pleitenquote, weil es dort keine fundierte Ausbildung gebe.
Trotzdem darf das Thema "Meisterprüfung" nicht dazu führen, daß man sich auf dem Sofa ausruht und keine innovativen Phantasien mehr entwickelt.
So müßten laut Leisner die Inhalte immer wieder überprüft und aktualisiert werden. Auch der Hinweis, der Marketingbereich beispielsweise werde nicht genügend berücksichtigt, sei nicht stichhaltig. Gerade dort, so Leisner, werde aber viel getan, etwa im Handwerkswirtschaftsinstitut in München, das Prof. Küpper leitet.
Preise zu hoch?
Der Generalsekretär der Monopolkommission Dr. Horst Greiffenberg vertritt die Auffassung, daß sich das Handwerk abschotte und die Preise hochhalten würde und überdies die Meisterregelung vielfach auch Kreativität am Markt verhindere.
Die Antwort ist eindeutig: Die Klagen über die teuren Handwerkerstunden sind durchaus verständlich. Es ist jedoch der Staat, der durch Steuern und andere Lasten den Lohn unnötig verteuert. Nicht der Große Befähigungsnachweis ist der Kostentreiber, sondern ein überholtes Steuer- und Abgabensystem, das dringend reformiert werden muß.
Abschottung?
"Ohne Reglementierung komme es automatisch zu mehr Gründungen." Greiffenberg fährt fort: "In der Regel mache doch längst nicht mehr der Meister, sondern der Geselle vor Ort die Arbeit".
Die Blauäugigkeit dieses Arguments ist bemerkenswert, scheinbar übersieht das Mitglied der Monopolkommission die gegenwärtige Praxis am Markt. Hier gibt es beispielsweise ein großes Reservoir von Meistern, die sich nicht selbständig machen. Nur etwa 50% gründen nach der Prüfung einen eigenen Betrieb. Der Rest entscheidet sich gegen die Selbständigkeit - aus welchen Gründen auch immer. Am Meistervorbehalt scheitert eine Zunahme von Existenzgründungen jedenfalls nicht; an Meistern herrscht kein Mangel.
Experten verweisen darauf, daß das Puschen der Existenzgründungen um jeden Preis oft nur "ein Springen von der Arbeitslosigkeit in den Konkurs" bedeutet.
Für Gefahrenhandwerke - Sachkundenachweis?
Für das "Gefahrenhandwerk" (also auch das SHK-Handwerk) sollen nach einer Empfehlung der Monopolkommission ergänzende Vorschriften (z.B. in Form eines zusätzlichen Sachkundenachweises) zur Gefahrenreduzierung verlangt werden. Die Monopolkommission hält eine solche ergänzende Regelung jedoch nicht für zwingend erforderlich. "Die allgemeine Gewerbeaufsicht, das gegenwärtige Haftungsrecht und bestehende präventive Schutzvorschriften seien als Verbraucherschutz ausreichend". Welch eine Ahnungslosigkeit, welch eine Blauäugigkeit. Sie ist nicht zu übertreffen.
Per Saldo: Die Bundesregierung hat die Vorschläge der Monopolkommission zurückgewiesen. Die SPD betonte, der Große Befähigungsnachweis habe sich als Qualitätssicherungsfaktor und als Grundlage der dualen Berufsausbildung im deutschen Handwerk bewährt und halte jeder Kritik stand.
Gefahr erkannt - Gefahr gebannt? Die Organisation ist gefordert, wo ist eine Benachteiligung im europäischen Vergleich zu erkennen? Also in die Offensive, Argumente pro Meister gibt es genug! Fortsetzung folgt
Gebäudebewirtschaftung/Wärmelieferung
Der Kampf um Marktanteile verschärft sich von Tag zu Tag: Gebäudebewirtschaftung, Facility Management, Wärmelieferung. Drei Schlagworte die seit einigen Jahren das Bild der Heizungswirtschaft beeinflussen. Das Handwerk, so die Kritiker, habe auf diese sich abzeichnende Veränderung nicht rechtzeitig reagiert, so daß nun Handlungsbedarf bestünde. Der SHK-Fachverband NRW veranstaltete Anfang August eine Fachtagung, um das Bedrohungspotential für das Handwerk, aber, nicht minder wichtig, auch Gegenstrategien aufzuzeigen. Die Zahl von rund 140 Teilnehmer zeigt, welchen Stellenwert dies Thema in der Branche einnimmt.
Unter Facility Management (FM) versteht man eine ganzheitliche Konzeption der Gebäudebewirtschaftung, die sich auf den kompletten Lebenszyklus einer Immobilie (Planung, Erstellung, Nutzung, Abriß) bezieht.
Gebäudemanagement (GM) umfaßt dagegen die technischen, kaufmännischen und infrastrukturellen Leistungen in der Nutzungsphase des Gebäudes. GM ist also nur ein Teilbereich des FM.
Gebäudemanagement
"30% der Handwerksbetriebe sind in ihrer Existenz bedroht." Mit dieser provokanten Äußerung begann Prof. Erich Staudt sein Referat. Dr. Hans Georg Geißdörfer, Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes NRW, bezeichnete ihn bei der Begrüßung der Referenten als "kritischen Freund des Handwerks". Denn als Leiter des Institutes für angewandte Innovationsforschung an der Ruhruniversität in Bochum hält er der SHK-Zunft oft den Spiegel vor. Staudt weiter: "Das SHK-Handwerk verpaßt es, auf den milliardenschweren FM-Zug aufzuspringen, und ist sich der Bedrohung, aber auch der Marktchancen kaum bewußt." Großunternehmen wie IBM, BMW und Philips gliedern ihre Gebäudebewirtschaftung aus - dreistellige Millionenbeträge stehen plötzlich zur Verteilung an.
Drei der sechs Referenten: Andreas Werner, Harald Fercho, Prof. Erich Staudt. |
Das Handwerk böte im Bereich des FM lediglich Teilleistungen an, befände sich quasi in der Aufgabe des Lückenbüßers. Derjenige Handwerksbetrieb, der sich nicht bewege, laufe Gefahr, früher oder später zu der 30%-Gruppe zu gehören. Finanzkräftige, z.T. branchenfremde Unternehmen versuchten mit immensem Aufwand, den sich formierenden Markt abzustecken und Anteile zu sichern, so Staudt; er blickte mahnend ins Plenum, so daß sich jeder angesprochen fühlen mußte als er seinen Satz weiter sprach: "Während Großteile klassischer Teilanbieter in schrumpfenden Marktnischen verharren." Doch wie kann sich der SHK-Unternehmer den neuen Gegebenheiten anpassen? Was muß er tun, möchte der Handwerker neue Geschäftsfelder erschließen? Staudt hielt neben seiner Kritik Lösungsansätze und Denkanstöße bereit. Um sich zu positionieren, sind seiner Meinung nach drei Entwicklungsrichtungen denkbar:
- Die Sicherung von Nischen erschöpft sich in der angebotenen Leistung durch Standardisierung oder neue Technologien. Beispiel: Tourenplanung des Kundendiensteinsatzes, Terminabstimmung mit anderen Gewerken bei einer Badrenovierung. Aus Kundensicht wird an der Lösung eines bestehenden Problems festgehalten.
- Die Übernahme neuer Funktionen bei unveränderter Leistung. Beispiel: Der SHK-Handwerksbetrieb übernimmt als alleiniger Auftragnehmer die Badrenovierung inklusive sämtlicher Gewerke (Sanitär, Heizung, Elektro, Fliesen...).
- Die Funktionserweiterung bei gleichzeitiger Änderung der Leistung. Nun werden Leistungen angeboten, die völlig neu und auf dem Markt bisher nicht zu finden waren. Beispiel: Der Heizungsbaubetrieb schaltet die Heizungsanlage in der Ferienwohnung seines Kunden bei Bedarf ein und aus.
Dieser letztgenannte Punkt ist als der anspruchsvollste anzusehen. Denn hier sind echte Innovationen gefordert.
Auch Rudolf Peters, Landesinnungsmeister NRW, teilt die Meinung Staudts über das Handwerksgebaren und übte Selbstkritik. Das Handwerk befände sich in der Phase des Umbruchs, "jedoch dauert die notwendige Umstrukturierung zu lange."
Reinhold Josten vom Landesinnungsverband Elektro (NRW) ergriff das Wort. Er sieht eine Lösung in der Kooperation mit anderen Gewerken und schließt auch Neugründungen von Firmen mit neuen Aufgabenfeldern mit in seine Überlegungen ein. "Die Handwerkskammer Düsseldorf", so Josten, "agiert und hat einen Arbeitskreis Facility Management gegründet, um Marktmöglichkeiten zu sondieren und Handlungsfelder zu beschreiben."
Referent Harald Fercho, Prokurist der Thyssen Facility Management GmbH (TFM), ging auf das Wesen des FM ein. Er nannte die Hauptmotive der Kunden, warum FM in Auftrag gegeben wird: für 72% der Auftraggeber ist die Funktionssicherheit wichtiger Bestandteil, 78% legen Wert auf bessere Transparenz und Kostenkontrolle und 82% (die größte Gruppe) führen das Argument auf, Kosten senken zu wollen.
Auf die Frage Peters, wieviele Auszubildende TFM zur Zeit habe, antwortete Fercho: "Auszubildende haben wir zur Zeit nicht." Diese Aussage rief Kritik bei den Tagungsteilnehmern hervor: TFM rekrutiere die Mitarbeiter, die vorher andere Firmen - auch aus dem SHK-Handwerk - ausgebildet hätten. Eine fundamentale Pflicht eines jeden Unternehmers werde hier mißachtet.
Johann Philipps, SHK-Handwerker aus Bochum, meldete sich zu Wort. Er sieht eine Gefahr darin, daß von den mächtigen Industrieunternehmen die Preise für Teilleistungen im FM vorgegeben würden. Er setzt deshalb auf eine Kooperation aus den Gewerken SHK + Elektro + Reinigung: "Meiner Meinung nach beweist diese Konstellation dem Kunden Kompetenz und Stärke."
Links Dr. Werner Spickenheuer, Dr. Hans Georg Geißdörfer. |
Dipl.-Ing. Andreas Werner erklärte das FM-System der DeTeImmobilien (DTI), um die Organisation eines der größten Facility-Management-Unternehmens zu beschreiben. Um die 33000 Gebäude der Telekom, einer der größten Immobilienbesitzer in Deutschland, zu bewirtschaften, wurde das FM-Unternehmen DTI gegründet. Ein wichtiges Merkmal der DTI seien die 108 bundesweiten Service-Logistikzentren, von denen aus die umliegenden Gebäude bedient würden. Dabei greife jedes Center nicht nur auf eigene Mitarbeiter zurück, sondern kooperiere in den einzelnen Regionen mit ausgewählten, meist mittelständigen Handwerksfachbetrieben. Inzwischen böte die DTI jedem seine Dienste an, beschränke sich also nicht mehr ausschließlich auf telekomverwandte Gebiete.
Wärmelieferung
Der Direktor der Stadtwerke Münster (SWMS), Dr. Werner Spickenheuer, stellte das System der SWMS vor, das auf eine Kooperation mit dem Handwerk setzt und damit die Basis für eine gute Zusammenarbeit in der Wärmelieferung (WL) bildet. Seit 1991 besteht das Programm WSE - Wärme-Service-Erdgas. Es handelt sich um eine Dienstleistung "alles aus einer Hand" und besteht aus der Übernahme der notwendigen Investitionen, der Errichtung, dem Betrieb, der Wartung, Instandhaltung und Abrechnung einer Wärmeerzeugungsanlage. Die Anlagenkonzeption geschieht in Zusammenarbeit mit dem Installateur. Während anschließend der Handwerker das Angebot für die Anlage aufstellt und sie im Auftragsfall erstellt und später wartet, übernehmen die Stadtwerke Münster den Part der Wärmelieferung. Der WL-Vertrag wird also mit den Stadtwerken geschlossen. Die Anlage wird von den SWMS fernüberwacht: Sollte eine Störung vorliegen, erfolgt die Meldung an den Fachbetrieb.
In die gleiche Richtung zielt die "Initiative Wartungsqualität SHK-Münster e.V.". Hierbei handelt es sich um eine Zusammenarbeit zwischen SWMS und der Innung; inzwischen gehören dem Verein 25 Betriebe an. Ziel der Initiative ist die Erschließung von Energieeinsparpotentialen bestehender Anlagen, die Schaffung einer Akzeptanz für regelmäßige Anlagenwartung, Imageverbesserung u.a.m.
1:1 auf andere Regionen übertragbar ist das System sicher nicht. Zumindest kann es Arbeitsgrundlage eigener Bestrebungen sein. Des weiteren beweist es, und dies ist sehr wichtig, daß Handwerk und Stadtwerke durchaus gemeinsam ein System erarbeiten und einen Weg beschreiten können, der für beide Seiten von Nutzen ist.
Martina Koepp vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima stellte in ihrem Referat die "Arbeitsgemeinschaft Wärmelieferung" vor. Vertreter aus Politik und Wirtschaft haben auf Initiative des ZVSHK diese Arbeitsgemeinschaft zur Markteinführung der Wärmelieferung gegründet. Das Handwerk soll damit bei dem Vorhaben unterstützt werden, Zugang zu diesem neuen Markt zu finden. Es geht darum aufzuzeigen, wie der SHK-Handwerker Wärmelieferung anbieten und vermarkten kann. Sechs Arbeitskreise haben ihre Arbeit aufgenommen und sondieren die erforderlichen Maßnahmen sowie deren Umsetzung.
Ziel ist es, handwerkergerechte Hilfestellung zu geben, um von dem wachsenden Energiedienstleistungsmarkt zu partizipieren, aber auch um Arbeitsplätze und die eigene Existenz zu sichern.
Das Plenum würzte die Tagung mit engagierten, kontroversen Wortmeldungen.
Rudi Maier, Geschäftsführer der Südwärme (Unterschleißheim und Eningen), beschrieb die Antwort des Handwerks auf den massiven Druck einiger Stadtwerke in Baden-Württemberg. Er zeigte mit seinem Konzept ein weiteres eindrucksvolles Beispiel, wie sich Handwerksbetriebe Anteile am WL-Markt sichern können. Die Südwärme besteht aus 28 Mitgliedsbetrieben (mit 2,8 Mio. DM haftendem Kapital) in Bayern, Baden-Württemberg und in den östlichen Bundesländern. Diese Firmen sind beteiligte Gesellschafter und profitieren unmittelbar am Gesamtergebnis aller Aktivitäten.
Die Zentrale kümmert sich um Aufgaben wie Vertragswesen, Kalkulation, Abrechnung, Finanzierung, Werbung und PR. Die Gesellschafter vor Ort (die 28 Handwerksbetriebe) sind zuständig für Akquisition, Beratung, Kundenbetreuung, Installation, Wartung und Instandhaltung. Als Vorteile dieses Konzepts nennt Maier die Marktnähe, Kompetenz und ein Leistungsangebot, das zunehmend vom Markt positiv angenommen werde. Die dezentrale Struktur böte ein Höchstmaß an Flexibilität, die Anpassung an regionale Gegebenheiten und durch eine schlanke Verwaltung eine kostengünstige Ausgangsbasis. Ziel der Südwärme ist der Ausbau der Gesellschaft auf das gesamte Bundesgebiet.
Fazit
Noch tritt so mancher Betrieb der Wärmelieferung/ Gebäudebewirtschaftung mit Skepsis und mit Bangen vor Gefahren entgegen. Den Kopf in den Sand stecken, um allem zu entgehen, ist die falsche Reaktion. Jeder SHK-Betrieb sollte, ja er muß sich mit den neuen Techniken auseinandersetzen und nach eingehender Prüfung des Für und Wider für sich entscheiden, ob er auf den Zug aufspringt oder ihn fahren läßt, um sich auf andere Geschäftsfelder zu konzentrieren. Die Veranstaltung am 3.August 1998 war ein weiterer Schritt zur Meinungsfindung.
Die Beispiele der Referenten und die Wortmeldungen aus dem Plenum haben gezeigt, daß es möglich ist, als SHK-Handwerker dem neuen Markt offen gegenüberzutreten und Nutzen aus neuen Aktivitäten zu ziehen. Dr. Geißdörfer abschließend: "Man kann den Wind nicht verbieten, aber man kann Windmühlen bauen."
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