IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 14/1998, Seite 35 ff.
SANITÄRWIRTSCHAFT
Energiewirtschaft
Möglichkeiten der Trinkwassereinsparung Teil 1
Michael Grundmann · Ludger Bücker
Trinkwasser, die zentrale Lebensader für menschliches Leben, steht auf dem Planeten Erde nur in begrenzter Menge zur Verfügung. Trinkwassereinsparung wird daher eines der wichtigsten Themen für nachfolgende Generationen. Im Rahmen der berufsbegleitenden Weiterbildung "Umweltschutzberater im Handwerk" ermittelten die Autoren in den Jahren 1992 bis 1994 nicht nur konkrete Daten zur Trinkwasser- und Stromeinsparung, sie fertigten darüber hinaus für ein Praxisbeispiel einen Energieverbrauchsbericht an und unterbreiteten konkrete Verbesserungsvorschläge für den Trinkwasser-, Strom- und Energiehaushalt.
Die heutige Gesellschaft stellt außerordentlich hohe qualitative und quantitative Anforderungen an Wasser - speziell an Trinkwasser. Unterschiedliche Ansprüche von Privatpersonen, Kommunen und Unternehmen sind nicht nur momentan, sondern auch für kommende Generationen sicherzustellen. Kurzfristig muß es daher zu einem veränderten Umgang mit dem Lebenselexier Wasser kommen. Das bedeutet aber nicht, auf gewohnten Komfort, wie beispielsweise ein wohliges Wannenbad, zu verzichten. Rationeller Umgang mit Trinkwasser bedeutet: Den Verstand und die Errungenschaften der Sanitärtechnik gezielt einzusetzen.
Wasserbedarf in Deutschland
Deutschland zählt mit seinem Wasserangebot von ca. 164 Mrd. m3 zu den wasserreichen Ländern dieser Erde. Bei der Beurteilung dieser an sich günstigen Ausgangslage ist jedoch zu berücksichtigen, daß das Wasserangebot aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen, z.B. hinsichtlich Niederschlagsmenge, Ergiebigkeit der Grundwasservorkommen oder Verfügbarkeit von Oberflächengewässern, erheblich differiert. Dies gilt auch für den Wasserbedarf, der in Ballungsgebieten besonders groß ist. Diese regionalen und zeitlichen Unterschiede müssen zum Teil durch Trinkwasserleitungen, Talsperren und Grundwasseranreicherungen ausgeglichen werden. Wie Tabelle 1 zeigt, ist der Wasserverbrauch in Deutschland leicht rückläufig. 1994 wurden fast 140 Liter Trinkwasser je Einwohner und Tag dem öffentlichen Leitungsnetz entnommen, 1997 waren es nur noch rund 130 Liter.
Da aber nur ein kleiner Teil des Trinkwassers tatsächlich zum Genuß oder zum Zubereiten von Speisen benutzt wird, ist ein rationeller Umgang mit dem wichtigsten Lebensmittel, Wasser, erforderlich.
Jahr | Wasserabgabe an Verbraucher 1991 - 1995 | |||
| Haushalt und Kleingewerbe | Industrie | Sonstige | Gesamt |
| Mio. m3 | |||
1991 | 4145 | 1024 | 579 | 5748 |
1992 | 4074 | 926 | 520 | 5520 |
1993 | 3992 | 815 | 410 | 5217 |
1994 | 3995 | 772 | 371 | 5138 |
1995 | 3972 | 731 | 355 | 5058 |
Öffentliche Wasserversorgung
Die Wasserversorgung wird zu verschiedenen Anteilen aus Grundwasser und Oberflächenwasser sichergestellt. Das Diagramm 1 gibt einen Überblick über die Herkunft des Trinkwassers.
Bereiche der Trinkwassereinsparung
Ein wesentlicher Beitrag zur ökologischen Nutzung von Wasser ist neben der Verringerung der Verschmutzung, die Einsparung von hochwertigem Trinkwasser. Dabei lassen sich verschiedene Bereiche der Einsparungsmöglichkeiten unterscheiden.
- Veränderung des Verbraucherverhaltens; z.B. sollten Duschbäder Wannenbädern vorgezogen werden.
- Einbau von wassersparenden Armaturen oder Durchflußreglern.
- Umrüstung alter WC-Spülungen auf eine, dem heutigen Standard entsprechende, sechs-Liter-Spülung mit Stop-Taste. Dabei muß jedoch überprüft werden, ob das WC für diese Spülmenge geeignet ist.
- Ersatz durch Regenwasser; der Einbau einer Regenwassernutzungsanlage ist eine weitere Möglichkeit, den Wasserverbrauch zu reduzieren. Dabei wird das vom Dach abfließende Regenwasser über das Fallrohr in einen Regenwasserspeicher geleitet und bei Bedarf für die Toilettenspülung oder zum Rasensprengen mittels einer Pumpe entnommen. Die Planung einer Regenwassernutzungsanlage sollte sorgfältig durchgeführt werden, da viele Kriterien wie z.B. Speicherauslegung, Filterung, Hygienefragen, Einsatz von Rohrwerkstoffen, Beachtung der geltenden DIN-Normen usw. beachtet werden müssen.
- Ersatz durch Grauwasser; dabei wird leicht verschmutztes Abwasser gefiltert und in einen Tank geleitet. Nach dem Absetzen der festen Teilchen und anschließendem Anreichern des Wassers mit Sauerstoff, kann dieses für die Toilettenspülung verwendet werden. Auch hier ist die Planung entscheidend für die Wirtschaftlichkeit und Funktionstüchtigkeit der Anlage.
- Einbau von Komposttoiletten; hier werden, in einem dichten Behälter mit kontrollierter Be- und Entlüftung, Fäkalien und organische Abfälle durch Mikroorganismen kontinuierlich abgebaut und in wertvollen Humus umgewandelt. Dabei reduziert sich das Anfangsvolumen auf nur noch 1/10 des ursprünglichen Volumens. Komposttoiletten und Kompostanlagen bieten sich nicht nur in Kleingartenanlagen an, sondern auch in Großküchen und überall dort, wo Fäkalien oder andere organische Abfälle wie z.B. Küchenabfälle anfallen. Moderne Anlagen arbeiten absolut geruchsfrei.
Wassergewinnung in Deutschland.Quelle: Bundesministerium für Umweltschutz |
Praxisprojekt
Anhand des folgenden Beispiels wird die Durchführung einer Maßnahme zum Wassersparen, von der Bestandsaufnahme bis zur Ausarbeitung konkreter Lösungen und den sich daraus ergebenden Einsparungsmöglichkeiten, beschrieben.
Allgemeine Objekt-Beschreibung
Die Gebäudenutzung gestaltet sich wie folgt:
- Elektronik-Schulungsstätte,
- Berufsbildungszentrum (BBZ),
- DVS-Schweißkursstätte.
Bestandsaufnahme
- Die Abwasserentsorgung erfolgt über ein Mischsystem.
- Kalt- und Warmwasserleitungen sind teilweise in Kupfer verlegt.
- Die Sanitäreinrichtungen sind nicht zentral angeordnet, sondern im gesamten Komplex aufgeteilt.
- Der gesamte Wasserverbrauch betrug im Jahr 1991 rund 2289 m3.
- Die Abwasserkosten richten sich nach dem Frischwasserverbrauch.
- Die Verbrauchskosten (1991) betrugen für Frischwasser: 1,55 DM/m3, für Abwasser: 3,81 DM/m3.
Meßbericht
Es erfolgte die Messung des Ruhe- und Fließdruckes im Hausanschlußraum und an verschiedenen Waschplätzen, außerdem einige Durchflußbestimmungen ebenfalls an Wasch- und Duschplätzen sowie an den WC-Druckspülern und den Spülkästen. Nach Auswertung dieser Fakten (siehe Tabelle 2) wurden folgende Empfehlungen ausgearbeitet.
Ruhedruck im Hausanschlußraum: | 6 bar |
Ruhedruck am Handwaschbecken: | 5,4 bar |
Fließdruck am Handwaschbecken: | 3,8 bar |
Durchfluß am Handwaschbecken: | 15 l/min |
Durchfluß an den Waschreihen: (pro Waschgang werden 40 s angenommen) | 4,5 l/min |
Durchfluß am WC-Druckspüler | 20 l/Betätigung |
Vorschläge zur Trinkwassereinsparung
- Der hohe Ruhedruck am Hausanschluß sollte durch den Einbau eines Druckminderers auf den geringst-möglichen Druck reduziert werden. Durch eine überschlägige Rohrnetzberechnung hatte sich herausgestellt, daß ein Ruhedruck von 3,5 bar ausreichend wäre.
- An den Waschplätzen sollten, sofern die Möglichkeit bestand, die vorhandenen Perlatoren gegen Durchflußregler ausgetauscht werden.
- Die Spülkästen sollten von 9 l Spülmenge auf 6 bis 7 l Spülmenge eingestellt werden.
- Die Druckspüler sollten gegen Spülkästen ausgetauscht oder, sofern möglich, auf eine Durchflußmenge von 6 bis 7 l eingestellt werden.
- Spültischbatterie und Duschen hatten für ihren Zweck einen vertretbaren Wasserdurchfluß. Sie wurden nicht weiter berücksichtigt.
Aufstellung der zu berücksichtigenden Sanitäreinrichtungen
Die Abschätzung des Wasserverbrauches erfolgte nach Angaben des zuständigen Hausmeisters und zusätzlich durch Wasserzähler in den verschiedenen Wassersträngen.
Beispielrechnung
Anhand von Vergleichsrechnungen wurden die Einsparmöglichkeiten unter praxisnahen Bedingungen ermittelt.
Zusammenfassung:
Sanitärausstattung | Anzahl | Trinkwasserentnahme pro Tag in Liter |
WC mit Spülkasten (9 l) | 18 | 1307 |
WC mit Druckspüler (20 l) | 4 | 1000 |
WC mit Druckspüler (9 l) | 8 | 720 |
Urinalstände | 27 | 1095 |
Waschtischbatterien | 18 | 1118 |
Waschreihen (Plätze) | 53 | 732 |
WC-Anlagen
Geht man von den 30 vorhandenen WC-Anlagen mit einer 10maligen Besucherfrequenz aus, so ergibt das ein Spülwasservolumen von:
WC-Anlage mit 9 Liter Spülwassermenge
30 Klosettbecken x 9 Liter x 10 Betätigungen/Tag = 2700 Liter/Tag
WC-Anlage mit 6 Liter Spülwassermenge
30 Klosettbecken x 6 Liter x 10 Betätigungen/Tag = 1800 Liter/Tag
Durch den Wechsel auf 6 Liter Spülwasservolumen ergäbe sich demnach eine Trinkwassereinsparung von:
Pro Tag:
2700 Liter - 1800 Liter = 900 Liter
Bei 230 Tagen im Jahr:
230 Tage/Jahr x 900 Liter/Tag
= 207 000 Liter/Jahr
= 207 m3/Jahr
Bei einem Gesamtwasserpreis von 5,36 DM (siehe Bestandsaufnahme) demnach eine Kostenersparnis von:
207 m3 x 5,36 DM/m3 = 1109,52 DM im Jahr
Einbau von Durchflußreglern
Der Wasserverbrauch an den Waschtischen und an den Handwaschbecken betrug im Durchschnitt 15 Liter/min. Durch den Einbau von Durchflußreglern könnte der Durchfluß auf 8,6 Liter/min. reduziert weren. Bei einem Zeitaufwand pro Waschvorgang von etwa 20 Sekunden (entspricht 0,333 min) und 222 Waschvorgängen/Tag ergab sich folgende Einsparungsmöglichkeit:
Ohne Durchflußregler
222 x 0,333 min x 15 Liter/min
= 1109 Liter/Tag
Mit Durchflußregler
222 x 0,333 min x 8,6 Liter/min
= 636 Liter/Tag
Pro Tag:
1109 Liter - 636 Liter = 473 Liter
Bei 230 Tagen im Jahr:
230 Tage/Jahr x 473 Liter/Tag
= 108 790 Liter/Jahr
= 108,8 m3/Jahr
Die Kostenersparnis hierbei:
108,8 m3 x 5,36 DM/m3 = 583,22 DM/Jahr
Bevor konkrete Vorschläge zur Reduzierung des Wasserverbrauchs ausgearbeitet werden konnten, wurde, soweit das möglich war, an allen Armaturen der Wasserdurchfluß und der sich einstellende Fließdruck gemessen. |
Schlußbetrachtung
Wie man an den beiden Vergleichsrechnungen sehen kann, war bei diesem Gebäude ein großes Einsparpotential vorhanden. Die Autoren hatten während ihrer Projektarbeit noch eine weitere Reihe von Untersuchungen und Messungen vorgenommen und die Ergebnisse in einer Kosten/Nutzen-Rechnung präzisiert. So war z.B. die Planung einer Regenwassernutzungsanlage ebenso vorgeschlagen worden. Jedoch scheiterten viele Vorschläge an den zu hohen Kosten. So können die vorgeschlagenen Verbesserungen erst bei notwendigen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Durch die Druckreduzierung am Druckminderer des Hausanschlußraumes, von 6 auf 3,5 bar und einige andere Umstellungen, konnten jedoch schon beachtliche Einsparungen erzielt werden. Der Trinkwasserverbrauch lag im Jahr 1992 bei 1761 m3 und im Jahr 1993 nur noch bei 1286 m3. Dies entspricht einer Einsparung gegenüber 1991 (siehe Bestandsaufnahme) von 1003m3.
Die Autoren möchten aber verdeutlichen, daß es auch in bereits bestehenden Anlagen, ohne große bauliche Veränderung möglich ist, Trinkwasser einzusparen. In Zukunft sollte auf eine moderne wassersparende Technik in der Hausinstallation nicht mehr verzichtet werden.
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