IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 7/1998, Seite 22 ff.


SANITÄRTECHNIK


Mit Sicherheit baden gehen!

Was bringt die neue Schwimmbad-Norm?

Christoph Saunus   Teil 3

Veränderungen hinsichtlich der Umwälzvolumenströme für bestimmte Beckenarten behandelte der Autor in den ersten beiden Teilen dieses Beitrags. Anforderungen an Beckenwasser-Aufbereitungsanlagen stehen im Mittelpunkt der hier veröffentlichten Folge.

Korrosionsschutz

Erhebliche Abweichungen gegenüber der alten Bäder-DIN 19643 von 1984 hat es im Bereich der Korrosionsschutz-Forderungen gegeben. Die bisher sehr allgemein gehaltenen Hinweise hat man nunmehr konkretisiert, sowohl was den passiven als auch den aktiven Korrosionsschutz betrifft. Dafür wurde bedauerlicherweise die sehr hilfreiche Tabelle 11 auf dem Altar der neuen Norm geopfert.

Der Anlagenbauer ist daher gut beraten, das bewährte tabellarische Hilfsmittel weiterhin fest im Auge zu behalten. Die Normflut-Hinweise im Punkt 10.8.3 "Passiver Korrosionsschutz" für Beschichtungen und Auskleidungen sind leider kein gelungenes Beispiel für angewandte Normratio. Beim Lesen der Technikprosa entsteht nämlich der Eindruck, als wenn hier mit unwiderstehlichem Expansionsdrang im technischen Intimbereich anderer Normen bzw. anderer Gewerke gewildert wurde, um mit dem gewonnenen Extrakt die Bäder-Norm unnötigerweise zu überfrachten.

Die unzähligen, alles andere als taufrischen Beschichtungs-Hinweise hinsichtlich des Risiko-Werkstoffes Stahl mit ihrem Konglomorat aus Vorbereitungs-, Reinheits-, Schichtdicken- und Porenprüfkriterien etc., überfordern Schwimmbadbauer korrosionstechnisch ebenso wie die detaillierten Anleitungen zum Stahlfilterbau, für die es schließlich spezielle Behälter-Richtlinien gibt. Ein konkreter Hinweis auf die zwingend verlangte Filterbeschilderung mit Prüfdaten etc., gemäß Druckbehälter-Verordnung § 8 bzw. § 9, wäre allemal praxisnäher gewesen, da dieses "Fertigungs-Siegel" bei Schwimmbad-Filtern häufig fehlt.

Sinn und Zweck von Normen ist nicht Abgestandenes zu reaktivieren und anschließend wieder von neuem zu konservieren, sondern sich auf das Wesentliche zu beschränken. Merke: DIN-Normen sollen weder Fachbücher ersetzen noch Nachhilfeunterricht für geschwänztes Studium geben. Die gelungene zweiseitige Zusammenfassung im Norm-Teil 1 mit den einzelnen, die Bäder-DIN tangierenden Normen, Arbeits- und Merkblätter etc., reicht daher als Kurz-Info für die tägliche Praxis völlig aus.

Korrosionsschäden an einem beschichteten Stahl-Schwimmbad-Filter.

Aktiver Korrosionsschutz

Der Norm-Hinweis unter Punkt 10.8.2 "Aktiver Korrosionsschutz" irritiert auf den ersten Blick insofern, weil dieses Korrosionsschutz-Verfahren zur Verlängerung der Lebenserwartungen von Stahlwerkstoffen im deutschen Bäderbau an sich nicht sehr verbreitet ist. Von daher ist der Sinn und Zweck nicht direkt nachvollziebar.

Der kathodische Korrosionsschutz basiert auf dem uralten Prinzip der Fremdstromanode zur Verhinderung von unerwünschtem Materialabtrag. Hierbei wird die zu schützende Metallfläche als Kathode in einen Gleichstrom-Kreis geschaltet. Im Gegensatz zu den früher üblichen Opferanoden unterliegt die neue Generation der Inertanoden aus beschichtetem Titan nicht mehr dem üblichen Verzehr. Hierdurch ist die Lebensdauer von Inertanoden praktisch unbegrenzt.

Für weitere Irritation sorgt auch der folgende Gefahrenstoff-Hinweis in der Norm: Zur Vermeidung von gefährlichen Gasgemischen ist beim kathodischen Korrosionsschutz eine zusätzliche Abnahme der installierten Anlage durch einen Sachverständigen zwingend vorgeschrieben. Übrigens kennt man den kathodischen Stahl-Schutz im sanitären Korrosions-Nahkampfgebiet lediglich bei Trinkwasser-Erwärmungsspeichern, allerdings in Kombination mit passivem Korrosionsschutz, sozusagen als Hosenträger zum Gürtel (siehe DIN 1988 Teil 7).

Der Trend geht heute bei Schwimmbad-Filtern ganz klar in Richtung hochwertigen Kunststoff respektive glasfaserverstärktem Polyesterharz (GFK). Es gibt die GFK-Schwimmbadfilter der neuen Generation TÜV geprüft mit Hygiene-Zertifikat und sogar zusätzlich mit abriebfesten PVC-Inliner veredelt bis 3,00 m Ø und größer. Bei Einbringungs- bzw. Platzproblemen sind die Kunststoffilter auch multifunktional entweder mit zusätzlichen Flanschverbindungen im Mantelbereich oder in mehreren Behälter-Einzelteilen zur Vorort-Laminierung. Dieses sind alles praxsisbewährte Problemlösungen die neben der uneingeschränkten Korrosionsbeständigkeit zweifelsohne für den hochwertigen Werkstoff Kunststoff sprechen. Folglich verwundert der Tiefflug in die nostalgische Stahl-Korrosions-Offensive sowohl im Behälterbau als auch im Stahlrohrbereich. Schließlich gehören Schrottberge, als Relikte der Eisenzeit, im Schwimmbadbau schon längst der Vergangenheit an.

Bei der richtigen Werkstoffwahl und den heute zur Verfügung stehenden korrosionsbeständigen Materialien hat der aktive und passive Korrosionsschutz in Verbindung mit Stahl folglich nur noch sekundäre Bedeutung. Daher hat das Erosions-Gespenst im modernen Bäderbau schon längst seinen gefürchteten Korrosions-Raffzahn verloren. Hieran ändern auch die verschärften Norm-Forderungen nach zusätzlichen Korrosionsschutz-Überwachungen nichts. So wird unter Punkt 10.9 vom Anlagenbetreiber eine jährliche Überprüfung zwingend verlangt.

Im Punkt 13.6.4 "Wartung und vorbeugende Instandhaltung" legt man noch eins nach, indem eine diesbezügliche Kontrolle im Rahmen eines Wartungsvertrages durchzuführen ist. Konkrete Hinweise darüber, wie diese Überwachung und Kontrolle oder besser die Korrosionsschutz-Vor- und Nachsorge in der Praxis tatsächlich aussehen soll, bzw. zu realisieren ist, gibt es leider nicht.

Hygienisch (un)bedenklich

Im Kunststoff-Zeitalter gewinnt die nach wie vor herrschende Hygiene-Dominanz folglich weiterhin an Bedeutung. Bekanntlich besteht die moderne Schwimmbadtechnik zwischenzeitlich fast gänzlich aus Kunststoffen, wie z.B. Duroplaste, Thermoplaste etc. Für einige Keimzähler Grund genug, das fehlende Korrosionspotential durch verschärfende Hygiene-Forderungen zu kompensieren.

In der alten Norm ist man im Zusammenhang mit einer evtl. beckenwasserbeeinträchtigenden Mikrobiologie technisch human kurz auf den Bereich der Kunststoffbecken bzw. Beckenauskleidungen eingegangen. Gemeint waren wohl hauptsächlich die Beckenfolien, Stichwort mikrobiologische Chlorzehrung. Im Teil 1 Punkt 6.3 "Wasserbenetzte Oberflächen" der neuen Norm wird allumfassend darauf hingewiesen, daß wasserberührte Materialien, z.B. Beckenauskleidungen, -abdeckungen, Wasserrutschen, Mörtelfugen, Fugendichtstoffe etc. die Beckenwasser-Qualität nicht negativ beeinträchtigen dürfen. Ergänzt wird das ganze noch mit einem folgenschweren Hinweis auf die KSW-Eignungsprüfung. Nach Meinung von praxiserfahrenen Schwimmbad-Experten überdehnt die neue Bäder-DIN die Hygiene-Spirale unter dem Absatz 10.1 "Allgemeine Anlagen-Anforderungen" gnadenlos bis zur technischen Sollbruchstelle. Denn der folgende zitierte Norm-(Spreng)Satz: "Anlagenteile, die mit Wasser in Kontakt stehen, müssen den Anforderungen einer hygienischen, bakteriologischen und toxikologischen Unbedenklichkeit (siehe KSW-Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes und DVGW-Arbeitsblatt W 270) entsprechen", ist nichts anderes als ein kompromißloses Hygiene-Diktat für die gesamte Schwimmbadtechnik.

Dieser zunächst recht harmlos klingende Norm-Passus bietet aufgrund der Quer-Hinweise auf die KSW-Empfehlungen "Eignungsprüfung für Kunststoffmaterialien im Schwimm- und Badebeckenbereich" und dem DVGW-Arbeitsblatt W 270 bei korrekter Umsetzung in die Praxis oder bei evtl. Rechtsstreitigkeiten jede Menge Zündstoff nicht nur für harmlose Schwimmbad-Rohrkrepierer.

Für Planer und Anlagenbauer bedeutet diese ultimative Forderung nämlich, daß sämtliche mit dem Beckenwasser in Kontakt stehenden Anlagenteile der geforderten Unbedenklichkeit entsprechen müssen. Was man nach jahrelangen intensiven Bemühungen im Trinkwasserbereich durch DVGW-Zertifizierungen bei Anlagenkomponenten weitgehend in den Griff bekommen hat, gilt jetzt im übertragenen Sinn, allerdings ohne Übergangszeit, ab sofort auch für die Schwimmbadbranche. Dabei besitzt die Mehrzahl der handelsüblichen Schwimmbadprodukte derzeit weder eine KSW-Unbedenklichkeits-Prüfung noch das verschärfende Prüfzeichen gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 270. Wie Umfragen bestätigen ist den meisten Produktherstellern die Brisanz dieser kompromißlosen Hygiene-Forderungen noch nicht einmal ansatzweise bewußt. Laut einer höchst interessanten Stellungnahme des DVGW kommt noch erschwerend hinzu, daß z.B. die Trinkwasser-KTW-Prüfung mikrobiologisch nachteilige Einflüsse bei Kunststoffen nur unzureichend erfaßt. Bei den KSW-Empfehlungen dürfte es sich ähnlich verhalten. Daher hat der DVGW den Produkt-Herstellern, die eine Trinkwasser-DVGW-Registrierung haben bzw. künftig erlangen möchten, eine Frist von 3 Jahren zur Erfüllung der W 270 Forderungen gesetzt. Dieses gilt insbesondere für Materialien, die gleichermaßen mechanische und hygienische Anforderungen erfüllen müssen, z.B. Membrane, Kautschuk-Produkte im Bereich der Armaturen etc. So können durchaus schon mal mehrstellige DVGW-Prüfkosten zur Disposition stehen. Man denke nur an die diversen Schwimmbad-Anlagenkomponenten, wie z.B. die große Pumpenpalette im Attraktions-, Filter- und Dosierbereich, den nicht weniger umfangreichen Armaturensektor von Mehrwegeventilen bis hin zu Absperr- und Regeleinrichtungen etc.

Kriterien für Ein- und Mehrschichtfilter (nach DIN 19643, Teil 1)

Bei Ein- und Mehrschichtfiltern sind zur Sicherstellung hygienisch einwandfreier

Verhältnisse folgende Rückspül-Parameter zu beachten:

- mindestens zweimal wöchentliche Rückspülung,

- vor der Wasser-Spülphase Absenkung des Filterwassers bis Überlauftrichter,

- vor Luftspülphase Wasserabsenkung bis Mehrschicht-Materialoberfläche,

- oberer Filterraum muß während der Spülung drucklos sein,

- der Spülvorgang darf nicht unterbrochen werden,

- Sicherstellung des Spülwasser-Volumens ca. 6 m3 je m2 Filterfläche,

- Spülwassergeschwindigkeit beachten, ca. 60 - 65 m/h,

- Luftgeschwindigkeit beachten, ca. 60 m/h = ca. 60 m3 pro m2 Filterfläche,

- Richtzeiten für Wasser- und Luftspülphasen enthalten die Verfahrenskombination in Norm-Teilen 2 und 3,

- nach dem Spülvorgang Filter und Material entlüften,

- Filterwiderstand überprüfen zwecks Spülwirkung,

- Wiederherstellung des Filterzustands durch vorheriges Erstfiltrat,

- während der Filterspülung ist die Füllwasser-Nachspeisung zu verriegeln,

- die Schlammwasser- und Erstfiltrat-Leitungen sollten aus Hygienegründen keine direkte Schmutzwasser-Verbindung haben, sondern frei sichtbar ausmünden.

Die Hygiene-Gerüchteküche kocht

Da die Bäder-Norm hinsichtlich der geschilderten Prüfanforderungen bedauerlicherweise ein weiteres Mal nicht konkret geworden ist, brodeln folglich in der Schwimmbad-Gerüchteküche bereits völlig unterschiedliche Interpretationen darüber, wie denn letztlich die Realisierung der Normwünsche in der Praxis auszusehen hat. Wenn die Norm-Zeitbombe erst einmal tickt, d.h. wird die Anlage beanstandet, weil sie aufgrund fehlender Hygiene-Zertifikate nicht gemäß VOB den allgemein anerkannten Regeln der Schwimmbad-Technik entspricht, ist die schwarze Robe im Namen des Volkes bekanntlich gnadenlos deutsch.

Planer, Anlagenbauer und die Industrie sind daher gut beraten, diese Thematik nicht einfach totzuschweigen, sondern sich umgehend damit vertraut zu machen, um nicht ahnungslos in die Hygiene-Falle zu tapsen. Aufgrund fehlender Norm-Orientierung wissen die meisten nämlich noch gar nicht, was alles auf sie zukommt. Tatsache ist, daß die von verantwortungsbewußten Schwimmbad-Technikern geplanten und gebauten Bäder zwar fachgerecht funktionieren, aber nicht zwangsläufig immer die neuerdings geforderte normgemäße Sterilität aufweisen. Folglich stellt sich zu Recht die Frage, was wohl die ständig auf der Pirsch befindliche Sachverständigenzunft mit der vielgepriesenen VOB-Waffengleichheit unterm Arm, zum technischen Widerspruch zwischen fachgerecht und normgemäß sagt?

Hier besteht ebenfalls dringender Handlungsbedarf, damit dieser Norm-Part endlich hygienisch wasserdicht wird und alle endlich wissen, wo’s lang geht, wenn’s nur nicht so lang geht.

Berechnung des Wasserspeicher-Volumens

V = VV + VW + VR (8)

VV = 0,075 x A/a (9)

VR > 6 x AF (10)

VW = 0,052 x A x 10-0,144 Q/l (11)

Dabei ist in den Gleichungen (8) bis (11):

VV = Durch die Badegäste verdrängtes Beckenwasservolumen in m3;

VW = Schwallwasservolumen für die Filterspülung in m3;

VR = Wasservorrat für die Filterspülung in m3;

A = Wasserfläche des Beckenfilters in m2;

a = Personenbezogene Wasserfläche in m2 (siehe Tabelle 4);

Q = Volumenstrom in m3/h;

l = Länge der Überlaufkante in m;

AF = Filterschnittfläche in m2.

Wasseraufbereitung

Bei der mechanischen bzw. physikalischen Schwimmbad-Wasseraufbereitung gab es erwartungsgemäß gravierende Änderungen gegenüber dem Absatz Punkt 7 der alten Bäder-Norm. Die Änderungen beginnen bei den Filterbehältern selbst und gehen weiter über die Filterfüllungen bis hin zur Filter-Rückspülung. So hat man bei Süßwasser jetzt für alle Verfahrenskombinationen die Filtergeschwindigkeit bei geschlossenen Schnellfiltern nunmehr endgültig von 50 m/h auf < 30 m/h reduziert. Diese Reduzierung der Filter-Wassergeschwindigkeit bedeutet in der Praxis fast eine Verdoppelung der Filterfläche mit allen sich daraus ergebenden positiven und negativen Konsequenzen.

Zu letzteren gehört zweifellos die Kostensituation sowohl was die Investition, als auch die Betriebskosten betrifft. Denn die Vergrößerung der Filterbehälter mitsamt der Füllung, der zusätzliche Platzbedarf, die Erhöhung des Spülwasservolumens und die evtl. zusätzlich notwendige Pumpe einschl. Verrohrung etc. zur normgerechten Rückspülung mit der generell geforderten Wassergeschwindigkeit von 60 - 65 m/h, stehen auf der Sollseite und die erhoffte verbesserte Wasserqualität auf der Habenseite.

Eine Gleichung mit vielen Unbekannten. Also Vorsicht bei der Filterdimensionierung, denn an der neuen Filter-Schleich-Geschwindigkeit von < 30 m/h kommt künftig keiner mehr vorbei.

So addiert sich künftig neben den höheren Investitionskosten zusätzlich noch der erheblich größere Spülwasserverbrauch. Die Filterrückspülung ist nämlich nicht mehr - wie bisher - mindestens einmal wöchentlich durchzuführen. Nein, künftig muß sie bei Ein- und Mehrschichtfiltern aus hygienischen Gründen - unabhängig der Laufzeit - mindestens zweimal wöchentlich erfolgen. Also summa summarum eine Verdoppelung der Wasser-, Abwasser- und Energiekosten.

Zwischen-Fazit: Alle Welt redet über den Umweltschutz, nur das Schwimmbad ist scheinbar eine unendliche Ressource.

GFK-Schwimmbad-Filter gemäß DIN 19605/19643 mit zusätzlichem PVC-Inliner (Foto: Fa. Behncke).

Filter-Intimbereich

Die DIN 19643 wäre keine Deutsche-Norm, würde sie mit ihrer allseits gefürchteten Gründlichkeit nicht auch noch dem letzten Keimwinzling den Garaus besorgen. Absatz 10.2.2 "Festbettfilter (Schnellfilter)" sieht zur Vermeidung einer Filterkontamination durch Legionella pneumophila, Pseudomonas aeruginosa u.a. eine zusätzliche Filter-Desinfektions-Prophylaxe mit Chlor oder Ozon vor. Den Beipackzettel über die zu beachtende Handhabung, ihre Wirkung und Nebenwirkung finden Sie unter dem o.g. Norm-Absatz. Soviel sei jedoch vorab verraten: Die Einwirkzeit des mit 10 mg/l Chlor desinfizierten Filter-Wassers beträgt zur Abtötung der angeblich so bösartigen Keimbrut 15 - 20 Minuten, wobei die Entsorgung des mit Chlor kontaminierten Desinfektionswassers selbstverständlich auf "neutralem" Weg, d.h. entsprechend entchlort, zu erfolgen hat.

Gegenüber der vorstehend beschriebenen Kostenlawine macht sich die neue Zusatzforderung nach mindestens einem Sichtfenster im Filter, zwecks Beobachtung der Oberfläche bzw. Filtermaterial-Trennschichten bei Filtration und Spülung, wie "Peanuts". Das so eine vage Guckloch-Forderung und ihre Interpretationsmöglichkeiten angesichts unserer ausgeprägten Streitkultur Sachverständigen und Richtern als willkommene Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme dient, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (Amtsdeutsch) angenommen werden. Denn wie groß Einzel-Sichtfenster tatsächlich sein müssen, um normkonform sowohl die Oberfläche als auch gleichzeitig die Filtermaterialschichten während der Rückspül-Filterbettausdehnung zu beobachten, kann sich jeder selbst ausrechnen, der die Filtermaterial-Schütthöhen kennt. Nimmt man die DIN wörtlich, reichen die bisher in Filtern bereits eingebauten Mini-Schlitzfenster für den vorgeschriebenen Norm-Durchblick bei weitem nicht aus. Trotzdem bitte keine Panik, schließlich geht es noch um mehr. Nämlich um die technische und moralische Klärung der alles entscheidenden Fragen: Sind zum ungetrübten visuellen Kontakt mit dem Filter-Intimbereich, aufgrund rückwertiger Ablagerungs-Einflüsse (Filter-Indoorseitig), nicht evtl. doch beleuchtete Scheibenwischer erforderlich und dürfen Anlagenbetreiber künftig wegen der normativen Fensterforderung als Techno-Spanner bezeichnet werden?

Filter mit Spülautomatik.

Filter-Schaltung

Bekanntlich gibt es Schwimmbad-Filtersteuerungen sowohl für manuellen Betrieb, als auch für automatische Funktionen. Gerade bei kleineren Filtern wird häufig seitens des Betreibers aus vielerlei Gründen bewußt eine kostengünstige, manuelle Filterspülung gewünscht. Schließlich geht es doch bei der Automatik letztlich nur um die Armaturenschaltung zum Zwecke der Filterspülung. Von daher bietet eine manuelle Betätigung durchaus auch interessante Vorteile. Man denke z.B. nur an den ökonomisch und ökologisch kontrollierten Spülwasserverbrauch der bei einer Zeitautomatik nicht gegeben ist.

Betrachtet man die Anforderungen an das Qualifikationsniveau des Bedienungspersonals, wie sie die Norm unter Absatz 13 "Betrieb der Schwimm- und Badebeckenanlagen" an den Betreiber stellt, ist die simple Hebelbetätigung bei kleineren Anlagen, z.B. mit einem Mehrwege-Ventil zweimal wöchentlich, ein zeitlicher und handhabungsmäßiger Selbstgänger.

Bisher konnte man bei der manuellen Filterspülung nicht nur problemlos schalten und walten, sondern es wurde von der wirtschaftlichen Möglichkeit der manuellen Schaltung auch reger Gebrauch gemacht. In der alten Norm heißt es sinngemäß nach Absatz 7.2.4, zwecks verfahrensgerechter Filterspülung "sollte" auf eine Automatisierung nicht verzichtet werden. Lt. DIN 820 bedeutet das modale Hilfsverb "soll" im Grundsatz eine Empfehlung, nicht mehr und nicht weniger. In der neuen DIN heißt es hingegen verschärfend wörtlich: Eine Schaltautomatik mit veränderbarem Spülprogramm für Armaturen und Maschinen ist "erforderlich". Und weiter: Eine Gebäudeüberflutung bei Stromausfall während des Spülprozesses muß ausgeschlossen sein. Was die schwammige Formulierung "erforderlich" in praktischer und rechtlicher Konsequenz tatsächlich bedeutet, ist mit Sicherheit noch klärungsbedürftig.

Tabelle 5: Allgemeine technische Berechnungsdaten für Schwimmer- und Springerbecken (k = 0,5)

Beckenmaße (m)

10 x 6,5

12, x 8,2

16,7 x 8

25 x 8

25 x 10

25 x 12,5

25, x 16,7

50 x 16,7

50 x 20

50 x 21

Beckenoberfläche (m2)

65

99

133

200

250

312,50

417

833,50

1000

1050

Länge Überlauf-
rinnenkante (m)

33

40,40

49,40

66

70

75

83,40

133,40

140

142

Umwälzvolumen (m3/h)

29

45

59

89

111

139

185

370

444

466

Personenbelastung (1/h)

15

22

30

44

56

69

93

185

222

233

Verdrängungswasser VV (m3)

1,13

1,65

2,25

3,30

4,20

5,18

6,98

13,88

16,65

17,48

Filter-Spülwasser VR (m3)

7

9

12

18

23

27

36

72

86

89

Wellenaustrag VW (m3)

2,53

3,56

4,65

6,65

7,68

8,79

10,39

17,28

18,17

18,39

Wasserspeicher-Volumen (m3)

10,66

14,21

18,90

27,95

34,88

40,97

53,37

103,16

120,82

124,87

Nach DIN 19643

Der DIN-Hinweis auf die Überflutungsgefahr bei Automatiken ist hingegen eindeutig, denn sie dokumentiert nämlich fehlendes Norm-Vertrauen in die automatisierte Technik. Warum gelingt es eigentlich deutschen Normokraten nicht, oder fällt ihnen zu mindestens sehr schwer, zweifelsfrei zu formulieren?

Wenn die Norm es einfach nicht schafft bei der Armaturenschaltung eindeutig zu konkretisieren, sind Anlagenbauer gezwungen, vereinbarte manuelle Filterschaltungen gemäß VOB, Teil B, nochmals schriftlich dem Auftraggeber mit Quer-Hinweis auf die verklausolierten Normforderungen zu bestätigen, andernfalls kann es später zu den hinlänglich bekannten Problemen kommen.

Völlig überraschend wurde in der neuen Norm der Absatz 13.9.1 "Teillastbetrieb" aufgenommen. Entgegen der bisher vertretenen und auch in diversen Fachveröffentlichungen vehement von Hygiene-Experten propagierten Auffassung, daß der Filterbetrieb aus hygienischen Gründen ganztägig zu erfolgen hat, ist man jetzt plötzlich zu Konzessionen bereit.

Voraussetzung: Die Hygiene-Hilfsparameter freies und gebundenes Chlor sowie der pH-Wert und die Redox-Spannung entsprechen den Forderungen der Norm-Tabelle 2 und der zeitlich begrenzte Teillastbetrieb läßt sich gleichzeitig automatisch auf Voll-Last schalten. Dann ist nämlich neuerdings während der betriebslosen Zeit (z.B. Nachtstunden) ein Teillastbetrieb (> 50% Volumenstrom) gestattet. Als Einschränkung gegenüber der Automatik oder konkreter, aus Sicherheitsgründen, wird eine Auslösung des Teillastbetriebs von Hand verlangt.

Tabelle 6: Allgemeine technische Berechnungsdaten für Nichtschwimmer- und Variobecken (k = 0,5)

Beckenmaße (m)

10 x 6,5

12, x 8,2

16,7 x 8

25 x 8

25 x 10

25 x 12,5

25, x 16,7

50 x 16,7

50 x 20

50 x 21

Beckenoberfläche (m2)

65

99

133

200

250

312,50

417

833,50

1000

1050

Länge Überlauf-
rinnenkante (m)

33

40,40

49,40

66

70

75

83,40

133,40

140

142

Umwälzvolumen (m3/h)

44

74

99

148

185

232

309

617

741

778

Personenbelastung (1/h)

24

37

49

74

93

116

154

309

370

389

Verdrängungswasser VV (m3)

1,80

2,78

3,68

5,55

6,98

8,70

11,55

23,18

27,75

29,18

Filter-Spülwasser VR (m3)

9

15

19

32

37

45

64

126

148

157

Wellenaustrag VW (m3)

2,17

2,80

3,56

4,94

5,41

5,83

6,35

9,35

8,99

8,88

Wasserspeicher-Volumen (m3)

12,97

20,58

26,24

42,49

49,39

49,53

81,90

158,53

184,74

195,06

Nach DIN 19643

Reif für die Formel

Den wohl aufregendsten Spagat vollführten die Norm-Weisen mit ihrer neuen Zauberformel zur Berechnung des Wasserspeicher-Volumens. Wofür die alte DIN fast eine ganze Norm-Seite einschl. Diagramm benötigte, reicht nunmehr ein formeller Kurzabsatz.

Danach errechnet sich das neue nutzbare Behältervolumen V nach den Gleichungen (8) bis (11) wie folgt:

Die Bestimmung des Filterspülwassers (VR) sowie die Ermittlung des Wasservolumens durch Personenverdrängung (VV) sind, wie aus der z.g. Formel ersichtlich, gleichgeblieben bzw. identisch.

Dafür hat es die neue Berechnungsformel für das Schwallwasser-Volumen (VV), vormals als Wellenaustrag definiert, in sich. Das Formel-Monster

VW = 0,052 x A x 10-0,144 Q/l

geht mit seiner Zahlenakrobatik, basierend auf empirische Pi mal Daumen-Werte, sicherlich schon jetzt als arithmetisches Unikat in die DIN-Geschichte ein. Hoffentlich hat jeder Schwimmbadbauer einen Mini-Einstein ständig zur Hand der das ganze auch tatsächlich packt. Wenn nicht, helfen die beigefügten Tabellen weiter.

Da die bisherige differenzierte Berechnungsmethode zwischen eingetauchter Beckenbegrenzung (z.B. Finnische Rinne) und lotrechter Beckenbegrenzung (z.B. Wiesbadener Rinne) in der neuen Norm nicht mehr vorkommt, gibts nunmehr für beide Rinnensysteme auch nur noch einen gemeinsamen Zahlenwert, statt wie früher zwei.

Zur Verdeutlichung: Bisher war der berechnete Wellenaustrag bei lotrechten Beckenbegrenzungen doppelt so hoch wie bei eingetauchten. So stellt sich zwangsläufig die Frage: Welcher Zahlenwert steht denn nun tätsächlich bei der neuen Norm-Berechnung unter’m Strich? Man lese und staune, das neu errechnete Schwallwasser-Volumen ist jetzt auch bei der lotrechten Beckenbegrenzung mit dem der eingetauchten in etwa identisch. Mit anderen Worten, das durch Wellen ausgetragene Wasservolumen respektive das bisher berechnete Wasserspeicher-Volumen wurde folglich in der Vergangenheit bei lotrechter Beckenbegrenzung viel zu groß bemessen.

Bei einem 12,5 x 25 m großen Nicht-Schwimmerbecken mit lotrechter Beckenbegrenzung betrug demnach die Platzverschwendung seit über zehn Jahren sage und schreibe fast 10 m3.

Wasserspeicher-Planungskriterien

Wasserspeicher sollen folgende Anforderungen erfüllen:

- geschlossen oder abgedeckt sein,

- mit der Atmosphäre in Verbindung stehen,

- einen Sicherheitsüberlauf haben,

- vollständig entleerbar sein (bei PE-Batterietanks problematisch)

- für Reinigungszwecke zugänglich sein (Mannloch),

- unter der Beckenwasserfläche angeordnet sein,

- mind. halbjährliche Reinigung und Desinfektion bei Schwimm- und Badebecken,

- mind. vierteljährliche Reinigung und Desinfektion bei Warmsprudelbecken (Whirl-Pools),

- gleichmäßige Wasserspeicher-Durchströmung,

- Pumpenanschluß darf keine Luft ansaugen,

- Nutzvolumen nach Formel Norm-Teil 1, Punkt 9.5 ermitteln,

- Filterspülwasser kann desinfiziert gesondert bevorratet werden,

- Speichernutzhöhe für Niveauschaltung, Trockenlaufschutz, Alarmmeldung etc. beachten,

- bei Warmsprudelbecken (Whirl-Pool) Mindestspeichervolumen = 2 x Warmsprudel-Beckeninhalt.

Die Praxis wird zeigen, ob die neue Konstante mit den vielen Unbekannten das Wasserspeicherfaß nicht doch, wie befürchtet, zum Überlaufen bringt. Merke: Planer und Anlagenbauer können sich in so einem Schadensfall nicht zur Rechtfertigung auf die neue Schwimmbad-Norm als anerkannte Regel der Technik berufen. Sie schulden dem Auftraggeber nämlich nach geltendem Baurecht nicht etwa naive Normgläubigkeit sondern ein mangelfreies Gewerk. So einfach ist das.

Die sich immer wiederholende Frage, ob das Filterspülwasser im Wasserspeicher bevorratet bzw. vorgehalten werden muß oder nicht, beantwortet die neue Norm diplomatisch mit "soll". Und das ist auch gut so. Hierdurch bleibt genügend Spielraum für kreative Entscheidungen. Denn bei einer der Filterspülung außerhalb der Betriebszeit und direkter Spülwasser-Entnahme aus dem Schwimmbecken verringert sich das sonst benötigte Wasserspeicher-Volumen um ca. 2/3. Die sinnvollen Konstruktions- und Wartungshinweise unter den Punkten 6.3.9.5 und 13.2.4 im Norm-Teil 1 sollten grundsätzlich bei der Planung und dem Bau Berücksichtigung finden (siehe gesondert eingerahmte Hinweise). (Fortsetzung folgt) 


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