IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 3/1998, Seite 41 ff.
Alles eitel Sonnenschein?
Hans-Günter Brochhaus
Der Beitrag gibt einen kurzen Statusreport des Solarmarkts Deutschland und zeigt die Chancen und Herausforderungen auf, die der Solarthermie zum Durchbruch verhelfen können.
Alles eitel Sonnenschein?
Das Marktwachstum der letzten Jahre und die Prognose für die nächsten Jahre beläuft sich auf jährlich 25% (Bild 1). 1996 sind auf deutschen Dächern ca. 360000 m2 Kollektorfläche installiert worden. Insgesamt entspricht dies einer Fläche von 60 Fußballfeldern. Die Summe der in Deutschland installierten Kollektorfläche, so wird geschätzt, liegt bisher bei ca. 1700000 m2. Auf die Bevölkerung Deutschlands umgerechnet entspricht dies der Größe von rund 4 m2 je 1000 Einwohner (Bild 2).
Die Solartechnik ist ein boomender Markt in einer allgemein stagnativen Situation der Heizungs- und Sanitärbranche, denn die Fakten vorab zeigen Sonnenschein. Bild 1: Der jährliche Wachstumsmarkt.
(Quelle: Marktforschungsstudie GD-HM, Stiebel, Projektszenario)
Österreich geht mit gutem Beispiel voran. Die dort installierte Kollektorfläche pro Person ist ca. 5 bis 6 mal größer als in Deutschland. Das Potential für den deutschen Solarmarkt verheißt Gutes, wenn nicht noch andere Faktoren die Aussichten relativieren. Nach den aktuell vorliegenden Informationen des Öko-Institutes in Freiburg präsentieren sich zur Zeit über 80 Hersteller/Anbieter mit über 200 Sonnenkollektortypen und über 250 verschiedenen Solarspeichern im deutschen Markt.
Auch hier ist die Rechnung einfach: auf jeden Hersteller entfallen statistisch gesehen 750 Solaranlagen (Durchschnitt 6 m2/Anlage). Im Zeitalter der Serienproduktion und Stichworten wie "Lean Produktion", stellen 750 Anlagen pro Hersteller kein ausreichend interessantes Kostenoptimierungspotential dar. Parallel dazu ist festzustellen, daß die Zahl der ausländischen Anbieter, z.B. aus dem Mittelmeerraum, mit preiswerten Angeboten verstärkt auf den deutschen Markt drängen. Der Druck auf die Hersteller nimmt in diesem Bereich stark zu, die doch z.T. erheblich gesunkenen Preise in der Branche bestätigen dies in eindrucksvoller Weise. Neben der Innovationskraft, dem engagierten Pioniergeist derer, die bisher das Solargeschäft mitbestimmten, ist heute zusätzlich die moderne und kostenreduzierende Serienproduktion und das Vermarktungs-Know-how etablierter Hersteller in der Sanitär- und Heizungsindustrie erforderlich, um gemeinsam mit dem Fachhandwerk den endgültigen Durchbruch der Solartechnik zu sichern.
Bild 2: Vergleich der jährlich installierten Kollektorfläche.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Anders als bei den doch eher fragwürdigen Bauernregeln zum Wetter, kann man anhand der Entwicklung des Solarmarktes dieses Sprichwort bestätigt finden. Für den Endgebraucher bedeutet dies in erster Linie eine deutliche Senkung der Kosten; in zweiter Linie aber auch für ihn und für den Fachhandwerker eine unüberschaubare Fülle des Angebotes und Fragestellungen wie:
- Photovoltaik-Anlage oder eine Solarthermische Anlage,
- solare Warmwasserbereitung und/oder Raumheizungsunterstützung,
- Flach-/oder Röhrenkollektor,
- Puffer-/Warmwasser- oder Kombispeicher,
- Indach-/Aufdach- oder Flachdachmontage,
- Deckungsrate/Bruttowärmeertrag/k-Wert.
Dies ist nur ein kleiner Auszug aus der Nomenklatur der Solartechnik und könnte nahezu beliebig fortgesetzt werden. Die notwendige (Entscheidungs-)Sicherheit der Fachhandwerker und Endgebraucher für Solartechnik wird dadurch allerdings nicht gefördert.
Fördergelder unterstützen die Solarthermie!?
Diese Frage läßt sich mit einem ganz klaren "Jein" beantworten. Fakt ist, daß die Solartechnik der Förderung bedarf. Auch bei heute relativ preiswerten Systemen dürfen wir uns nicht täuschen lassen: Eine schnelle finanzielle Amortisation ist realistisch gerechnet nicht darstellbar, jedoch die energetische und damit ökologische Amortisation ist bei vielen Systemen schon nach ca. zwei Jahren erreicht. Das Interesse bei Eigenheimbesitzern für Solaranlagen ist unzweifelhaft vorhanden, konkrete Nachfrage entsteht aber häufig erst, wenn der Bedarf mit finanziellen Fördermitteln gestützt wird, sei es aus privater und/oder öffentlicher Hand.
Bild 3: Motive zur Anschaffung einer Solaranlage; Bewertung nach Schulnotenprinzip. (Quelle: dkz, GASAG)
Der Dschungel im Fördermitteldickicht ist groß. Bund, Länder und Kommunen stellen Fördermittel bereit. Alle nach meist unterschiedlichen Kriterien und mit erheblichen regionalen Unterschieden. Die angespannte Finanzlage läßt jedoch die Geldtöpfe immer kleiner werden. Folge: Bereits nach kurzer Zeit sind die Fördermittel, insbesondere die des Bundes, verbraucht. Ein Großteil der Antragsteller geht leer aus und verschiebt den Bau der Solaranlage auf das nächste Jahr, denn Fördermittel müssen i.d.R. vor Baubeginn bewilligt sein. Auf diese Weise werden unzählige Solaranlagen vor dem deutschen Markt hergeschoben. Die stolzen Ziele der Bundesregierung, den CO2-Ausstoß zu senken, stehen im krassen Gegensatz zur praktizierten Förderpolitik. Glücklicherweise unterstützen immer mehr Energieversorgungsunternehmen, oftmals gemeinsam mit den Kommunen, mit Fördergeldern die Umsetzung von Solaranlagen. Deren Budgets sind meist weitreichender angelegt.
Umweltschutz und Ökologie - nur ein Lippenbekenntnis?
Sicher nicht. Alle Beteiligten am deutschen Solarmarkt sind gefordert. Nicht nur das Verkaufen zählt, sondern in erster Linie die Information von Fachhandwerk und Endgebrauchern. Transparenz der Anbieter, Technik, Preis und Förderprogramme tun ihr übriges.
Umfragen haben interessante Ergebnisse zutage gebracht. Die Motivation, eine Solaranlage einzusetzen, ist im wesentlichen der ökologische Aspekt (Bild 3); finanzielle Anreize spielen auch eine, aber untergeordnete Rolle. Solaranlagen werden im überwiegenden vom Eigenheimbesitzer, dem Endgebraucher finanziert (Bild 4). Über 92% der Anlagenbesitzer würden sich wieder für eine Solaranlage entscheiden. Wichtig für die Entscheidung des Endgebrauchers ist das Wissen um die regional möglichen Fördermöglichkeiten und eine fundierte Beratung seitens des Fachhandwerks oder von unabhängigen Energieberatern.
Bild 4: Wer nutzt Solaranlagen (am Beispiel Süddeutschlands)? (Quelle: dkz, GASAG) |
Was ist zu tun, damit die Solartechnik den endgültigen Durchbruch meistert?
Forderungen und Anregungen an Hersteller, Fachhandwerk, Fördermittelbereitsteller und Endgebraucher.
Hersteller
- konsequente Weiterentwicklung der Solartechnik, insbesondere der Systemlösungen für die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche in der Haustechnik,
- Kostenreduzierung und damit Preisreduzierung durch optimierte Produktionsprozesse,
- Anschluß- und Montagearbeiten durch "Steck-System"-Techniken qualitativ verbessern für schnellere und sichere Montage durch das Fachhandwerk,
- qualitative und quantitative Ausweitung der Ausbildung eigener Mitarbeiter und Training des Fachhandwerks,
- Information und Aufklärung der Endgebraucher über den sinnvollen Einsatz der Solartechnik.
Fachhandwerk
- offenes und kreatives Auseinandersetzen mit einer für viele Fachhandwerker noch relativ neuen Technologie,
- objektive und hochqualifizierte Kundenberatung,
- Einbau von Markenprodukten als Systemlösungen mit aufeinander abgestimmten Komponenten aus einer Hand, d.h. Sicherheit bei Produktqualität, Montage, Gewährleistung und Anlagenfunktion.
Endgebraucher
- Beratungsangebote durch Energieberater und Fachhandwerker nutzen,
- die Solaranlage speziell auf den Bedarfsfall mit EDV-Programmen vom Fachhandwerker auslegen lassen,
- Produkte und Systeme detailliert vergleichen. Oftmals ist nicht die billigste Anlage zum Schluß die preiswerteste, denn Montagekosten variieren z.T. erheblich. Abgestimmte Systemtechnik garantiert schnelle und sichere Montage und Funktion der Anlage,
- solare Warmwasserbereitung ist (fast) immer sinnvoll. Die solare Raumheizung sollte nur in Gebäuden mit optimaler Wärmedämmung eingesetzt werden,
- bei dem Vergleich der verschiedenen Solarkollektortypen muß man die wichtigen Größen wie Bruttowärmeertrag differenziert betrachten. So liegen z.B. die Meßwerte (für den gleichen Kollektor) der ISO-Prüfung bis zu mehr als 5% über denen der DIN aufgrund der unterschiedlichen Meßbedingungen,
- der "Blaue Engel" bietet Sicherheit. Neben hohen Wirkungsgraden wird auch auf die Verwendung FCKW-freier Materialien und die Wiederverwertbarkeit großen Wert gelegt. (Aktueller Stand: 13 Anbieter führen den "Blauen Engel").
Die Situation der Solarthermie weist Parallelen zu der Situation der Brennwerttechnik vor einigen Jahren auf. Auch die Brennwerttechnik hat einige Klippen überwinden müssen. Heute ist diese Technologie ein anerkannt hochwertiger Standard im Markt. Der Erfolg rechtfertigt die investierte Innovationskraft. Die Marktprognosen für die Solarthermie sind ähnlich ausgezeichnet. Wichtig ist es, jetzt die Weichen für diesen Zukunftsmarkt richtig zu stellen!
B i l d e r: Vaillant, Remscheid
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