125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 23/1997, Seite 30 ff.
SANITÄRTECHNIK
Innenverzinntes Kupferrohr-System für Trinkwasserinstallationen
Nach intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit präsentierte die KM Europa Metal AG (KME) am 29. Oktober in Berlin ein innenverzinntes Kupferrohr mit dem Markennamen COPATIN®, das für den Einsatz in der Trinkwasserinstallation auch bei besonderen Trinkwasserqualitäten geeignet sein soll. Über 200 Branchen-Gäste waren bei der Präsentation dabei, die weit mehr war als die Vorstellung eines neuen Produktes. Fachvorträge und eine lebhafte Diskussion kennzeichneten die Veranstaltung.
Einblick in das innenverzinnte Kupferrohr.
Zum Hintergrund: Wasserversorgungsunternehmen sind verpflichtet, Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, das den Anforderungen der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) und der DIN 2000 entspricht. Dies gilt natürlich auch für hauseigene Versorgungen, sofern dieses Wasser für Genußzwecke verwendet wird. Die Anforderungen an solche Wässer werden in DIN 2001 geregelt.
Die gesetzliche Verpflichtung der Wasserversorgungsunternehmen, Trinkwässer in Lebensmittelqualität gemäß TrinkwV zur Verfügung zu stellen, bedeutet aber auch, daß bei Einhaltung dieser Bedingung Wässer geliefert werden können, für die eine Empfehlung zur Verwendung von Kupferrohren nicht ausgesprochen werden kann (siehe IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 18/97, Seite 6). Fallweise können hierbei Kupferlöslichkeiten erwartet werden, die oberhalb des Richtwertes der TrinkwV von 3 mg/l liegen. KME will dem Markt mit dem neuentwickelten Rohr eine Lösung anbieten.
Rahmenbedingungen
Zum Schutz der Trinkwassergüte sind Gesetze, Verordnungen und Normen geschaffen worden, die das Trinkwasser selbst, die Erstellung der Verteilungsanlagen - und damit die zu verwendenden Produkte - und deren Betrieb betreffen. Nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) sind alle mit dem Trinkwasser bestimmungsgemäß in Berührung kommenden Anlagenteile Bedarfsgegenstände im Sinne dieses Gesetzes. Nach § 31 LMBG ist es nicht erlaubt, Werkstoffe so zu verwenden, daß von ihnen Stoffe an das Trinkwasser übergehen. Ausgenommen sind unbedenkliche Anteile, die technisch unvermeidbar sind.
Leitungsrohre und Fittings müssen deshalb so beschaffen sein, daß von ihnen weder eine Gefährdung noch eine unzulässige Beeinträchtigung des Trinkwassers ausgeht. Aus hygienischen, gesundheitlichen und geschmacklichen Gründen sind vor diesem Hintergrund vom Gesetzgeber für verschiedene Stoffe in der TrinkwV einzuhaltende Werte festgelegt, um einer nachteiligen Beeinflussung des Trinkwassers vorzubeugen. Für Kupfer gilt danach ein Richtwert von 3 mg/l im Trinkwasser mit dem Hinweis, daß dieser Werkstoff in Abhängigkeit von der Wasserbeschaffenheit entsprechend dem Stand der Technik einzusetzen ist.
Standen in Berlin zu Fragen der Trinkwasserinstallation Rede und Antwort: Dipl.-Ing. Kurt Rustenbach (KME), Dr. Achim Baukloh (KME), Dr. Michaela Schmitz (BGW), Norbert Brodersen (KME), Bruno Wallossek (KME) und Ernst Schwanhold (SPD, nicht im Bild). (v.l.n.r.) |
Dieser Stand der Technik ist für die Erstellung und den Betrieb der Trinkwasserinstallation in DIN 1988 beschrieben. Die Wasserbeschaffenheiten, bei denen für Kupferrohre die Einhaltung des Richtwertes von 3 mg/l gewährleistet werden soll, sind in der DIN 50930, Teil 5, festgelegt. Hiernach darf bei Kupferrohrinstallationen die Basekapazität KB8,2 des Trinkwassers den Wert von 1,0 mol m-3 nicht überschreiten. Das entspricht einem Gehalt an freier Kohlensäure von 44 mg/l (DIN 50930, Teil 5, Abschnitt 5.7).
Weiterhin muß nach der TrinkwV der pH-Wert im Bereich von 6,5 bis 9,5 liegen, wobei anzumerken ist, daß Wässer mit pH-Werten unter 6,5 nicht der TrinkwV entsprechen und von den Wasserversorgungsunternehmen nicht zur Verfügung gestellt werden dürfen. Zusätzlich legt die TrinkwV fest, daß im pH-Bereich von 6,5 bis 8,0 der pH-Wert des abgegebenen Wassers nicht unter dem pH-Wert der Calciumcarbonatsättigung liegen darf (DpH = pH-Wert pHc-Wert). Das Wasser muß also entsäuert sein.
Bei KME ist man von dem neuen Produkt überzeugt. In einer Pressemitteilung heißt es: "... Das neuentwickelte innenverzinnte Kupferrohr der Marke COPATIN® ermöglicht eine sichere Anwendung bei der Versorgung mit allen Trinkwässern, auch bei solchen, bei denen nach TrinkwV und DIN 50930, Teil 5, eine Empfehlung zur Verwendung von Kupferrohren nicht ausgesprochen werden kann. Voraussetzung ist jedoch auch hier eine fachgerechte Verarbeitung. Die Rohrverbindungen sind auf der Grundlage des DVGW-Arbeitsblattes GW 2 unter Verwendung von Preßfittings der Marke ,sanpress TIN‘ herzustellen. Zum Preßsystem gehören elektrohydraulische Viega-Preßwerkzeuge oder Preßwerkzeuge anderer Hersteller, die durch Viega anerkannt sind. ..."
Außen Kupfer, innen Zinn
COPATIN® ist ein Kupferrohr, das nach einem eigens von KME entwickelten Verfahren innen verzinnt ist. Bei dem Verzinnungsprozeß werden Kupferatome gegen Zinnatome ausgetauscht. Im Übergangsbereich zwischen Zinn und Kupfer bildet sich eine Zone aus, in der diese beiden Metalle durch Diffusion gemischt sind. Die Zinnschicht besitzt einen geschlossenen und homogenen Aufbau. Die Dicke der Zinnschicht beträgt mindestens 1 µm.
Rohr und Preßfitting mit Kennzeichnung. |
Durch die Innenverzinnung erfüllt das Kupferrohr die Anforderungen der DIN EN 1057, des DVGW Arbeitsblattes GW 392 und der Gütebedingungen der Gütegemeinschaft Kupferrohre e.V. Daß die COPATIN®-Rohre und ,sanpress-TIN‘-Preßfittings den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, belegt das DVGW-Prüfzeichen mit der DVGW-Registriernummer DW-7210 AS 2096 beziehungsweise DW-7621 AS 2097, so KME.
Die Kupferrohre werden in Stangen von 5 m Länge und in Ringen von 25 m Länge geliefert. Die lieferbaren Kupferrohraußendurchmesser und Wanddicken betragen: 12 x 1, 15 x 1, 18 x 1 und 22 x 1 (Ringe und Stangen, Maße in mm) sowie 28 x 1,5, 35 x 1,5, 42 x 1,5 und 54 x 2 mm (nur Stangen, Maße in mm).
Rohre in Ringen und Stangen können mit handelsüblichen Biegegeräten mit Mindestbiegeradien gemäß DIN 1057 gebogen werden. Rohre in Ringen lassen sich auch von Hand mit den Biegeradien 80 mm (12 x 1 mm), 100 mm (15 x 1 mm), 120 mm (18 x 1 mm) und 180 mm (22 x 1 mm) biegen.
Verzinnte Fittings
Unter dem Markennamen ,sanpress Tin‘ liefert das Unternehmen Viega ein umfangreiches Preßfitting-Sortiment, das nach dem gleichen Verzinnungsverfahren behandelt wird, welches bei den Kupferrohren Verwendung findet. Die Preßfittings bestehen in ihrem Kernmaterial aus Kupfer und bei Teilen wie Übergangsstücken mit Gewinde aus einer speziellen Rotgußlegierung. Sie sind innen und fertigungsbedingt auch außen verzinnt. Mit diesen Preßfittings lassen sich alle Verbindungen, Umlenkungen und Anschlüsse einer Trinkwasserinstallation herstellen.
Diskussion
Hochkarätige Fachvorträge und eine lebhafte Diskussion begleiteten die Präsentation des neuen Kupferrohres COPATIN® und der für diese Rohre vorgesehenen Verbindungselemente ,sanpress-TIN‘. Hier einige für die Praxis wichtige Fragen und Antworten:
? Welche Fließgeschwindigkeit gilt für die innenverzinnten Kupferrohre und Verbindungselemente?
! Die in der DIN 1988 genannten Werte.
? Gibt es das innenverzinnte Kupferrohr auch werkseitig gedämmt?
! Ja, aber zu einem späteren Zeitpunkt.
? Es sind Rohre und Verbindungselemente in den Dimensionen 12 x 1 mm bis 54 x 2 mm im Angebot. Gibt es größere Dimensionen?
! Eventuell zu einem späteren Zeitpunkt.
? Bei der Verarbeitung entstehen Schnittstellen die keine Verzinnung aufweisen. Besteht in diesen Bereichen Korrosionsgefahr?
! Nein.
? Welche Verarbeitungsregeln gelten für Mischinstallationen?
! Die bekannte Fließregel ist auch bei COPATIN® einzuhalten.
? Können sich toxische Verbindungen auf der Rohrinnenoberfläche bilden?
! Zinnorganische toxische Verbindungen können nur unter besonderen Bedingungen entstehen. Für Trinkwasserinstallationen besteht kein Risiko.
? Wie werden die innenverzinnten Rohre recycelt?
! Innenverzinnte Rohre werden wie normale Kupferrohre recycelt.
? Können COPATIN®-Rohre gelötet werden?
! Derzeit dürfen die Rohre weder hart- noch weichgelötet oder wärmebehandelt werden.
? Was kostet das COPATIN®-Rohr?
! Keine konkrete Angabe.
Zur Sache
KME geht mit dem innenverzinnten Kupferrohr COPATIN® in die Offensive. KME-Direktor Bruno Wallossek nahm gegenüber der IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion wie folgt Stellung:
IKZ-HAUSTECHNIK: Erfüllen "blanke Kupferrohre nach der Markteinführung von COPATIN® noch den Status "anerkannte Regel der Technik"?
Wallossek: Selbstverständlich erfüllen blanke Kupferrohre nach der Markteinführung von COPATIN® den Status "anerkannte Regel der Technik". Blanke Rohre sind für alle Trinkwässer geeignet, wenn diese die Forderungen der Trinkwasser-Verordnung und der DIN 50930, Teil 5, erfüllen, ebenso natürlich für die Anwendungen in Heizung, Gas und Öl.
IKZ-HAUSTECHNIK: Die DIN 50930 sagt: für Kupfer und Kupferwerkstoffe gilt ein KB8,2-Grenzwert von 1,0 mol m-3. Nach den Berliner Ausführungen und ihren Presseunterlagen soll das für COPATIN® nicht gelten. Ist COPATIN® kein Kupferwerkstoff?
Wallossek:COPATIN® ist ein normgerechtes Kupferrohr - aber mit "veredelter" Innenoberfläche, d.h. alle Eigenschaften des Kupferrohres bleiben erhalten, nur der Kontakt vom Wasser zum Kupfer wird durch die "zinnveredelte Oberfläche" dauerhaft vermieden. Ich möchte besonders darauf hinweisen, daß der genannte KB-Wert in der Praxis eine Einsatzbeschränkung für Kupfer und Stahl bedeutet. COPATIN®-Rohre sind in diesem Falle die richtige Alternative.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie kann ein Handwerksunternehmer, der "blankes Kupferrohr" verwendet, sicherstellen, daß er ein regelkonformes Material eingebaut hat? Sind dazu Wasseranalysen "vor Ort" erforderlich und wie alt dürfen diese höchstens sein, damit die Gewährleistung in Anspruch genommen werden kann?
Wallossek: Der Handwerker kennt in aller Regel "seine Wasserbeschaffenheiten". Im Zweifel fragt er den Wasserversorger oder auch uns über unseren Beratungsservice. Gibt es hinsichtlich des pH-Wertes oder des zuvor erwähnten KB-Wertes oder in Fragen der Entsäuerung des Trinkwassers Abweichungen, so empfehlen wir selbstverständlich den Einsatz von COPATIN®. Ich glaube aber, es ist besonders wichtig, nochmals zu verdeutlichen, daß Wasseranalysen von den Wasserversorgern jeweils aktuell und kostenlos zur Verfügung gestellt werden müssen.
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