125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/1997, Seite 28 ff.


INTERVIEW


ZVSHK-Strukturreform

Volldampf voraus

Über drei Jahre harte Arbeit nahm die ZVSHK-Strukturreform in Anspruch, deren Weichen während der Mitgliederversammlung 1995 auf Norderney gestellt wurden. Mit ZVSHK-Hauptgeschäftsführer RA Michael von Bock und Polach sprach IKZ-HAUSTECHNIK-Redakteur Günther Klauke über die Gründe für die Strukturreform sowie das neue Erscheinungsbild des Bundesverbandes.

IKZ-HAUSTECHNIK: Mehr Effizienz, weniger Bürokratie, schnellere Entscheidungen sowie Kostenentlastung waren die erklärten Ziele der Strukturreform. Konnten die hohen Vorgaben erreicht werden?

v. Bock und Polach: Für die Bereiche, in denen wir die Strukturreform bereits praktizieren kann man das sehr wohl feststellen. So hat die Umsetzung des reinen Mitgliederprinzips, die mit einer gleichzeitigen Erhöhung der Tagungsfrequenz einherging, einen verbesserten Informationsfluß bewirkt. Darüber hinaus wurden Entscheidungen, die für den Verband von Bedeutung sind, durch die neu eingerichteten Fachausschüsse auf eine breitere, d.h. auf die Basis der Mitglieder gestellt. Weiterhin haben wir den Vorstand personell verkleinert, um hier mit einem schlankeren Entscheidungsgremium bei häufigeren Tagungen schneller Entscheidungen herbeiführen zu können und Kosten einzusparen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Vier Jahre Arbeit sprechen für einen demokratischen Entscheidungsprozeß. Gab es in wichtigen Fragen auch Widerstände?

"Es gab auch Widerstände".

v. Bock und Polach: Natürlich gab es Widerstände. Eine Reform, die nicht weh tut, verdient ihren Namen nicht. Deshalb haben wir diesen Prozeß langfristig angelegt, um den Mitgliedern die Mitwirkung an dem Projekt in allen Gliederungen der Organisation zu ermöglichen. Bei der vierjährigen Dauer sind allerdings bereits teilweise Ziele und Vorstellungen der Strukturreform in Vergessenheit geraten. Rückschläge waren bei dieser langen Dauer nicht zu vermeiden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Anfangs waren Bedenken zu hören, die Strukturreform beschneide die Kompetenzen der Ehrenamtsträger. Konnten diese Zweifel beseitigt werden?

v. Bock und Polach: Diese Einschätzung ist völlig falsch. Erstens weil die Strukturreform anläßlich einer Gemeinschaftstagung des Vorstandes mit allen Vorsitzenden der Gremien, d.h. vom Ehrenamt in Gang gesetzt wurde. Zweitens erarbeiteten zwei ausschließlich mit Ehrenamtsträgern der SHK-Verbände besetzte Projektgruppen die Grundlagen der Strukturreform. Niemand wird den beteiligten Ehrenamtsträgern ernsthaft vorwerfen wollen, sie hätten gegen ihre eigenen Interessen gehandelt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welchen Stellenwert haben zukünftig die Bundesfachgruppen?

"Die Stellung der Bundesfachgruppen hat sich nicht verändert".

v. Bock und Polach: Durch die neue Satzung hat sich die Stellung der Bundesfachgruppen nicht verändert. Geändert hat sich die Arbeitsweise. Speziell bei den beiden großen Bundesfachgruppen Sanitär und Heizung waren früher Gremien mit ca. 30 Personen versammelt. Eine fruchtbare Gruppenarbeit war in diesen Kreisen kaum mehr möglich.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wesentliche Arbeit wurde von den Technischen Kommissionen geleistet ...

v. Bock und Polach: Auch diese waren bei der Fülle und dem Umfang der Aufgabenstellungen nicht in der Lage, die gesamte Bandbreite der Berufsbilder abzudecken.

IKZ-HAUSTECHNIK: Mitglieder für 14 Ausschüsse wurden während der Versammlung in Bad Godesberg gewählt. Welche Bedeutung haben diese Ausschüsse?

v. Bock und Polach: Ausschüsse und Fachausschüsse sind Sachverständigengremien, die arbeitsteilig verbandliche Meinungsbildung und grundlegende Entscheidungen vorbereiten. Die Aufgaben werden durch die Mitgliederversammlung vorgegeben, durch den Vorstand konkretisiert und durch Aufgaben, die sich durch die Tätigkeitsbereiche der Bundesfachgruppen ergeben, bereichert. Die Ausschüsse für Berufsbildung, Betriebswirtschaft und Umwelt sind gewerkübergreifend, die Fachausschüsse fachtechnisch ausgerichtet.

IKZ-HAUSTECHNIK: Zahlreiche neue Ausschüsse mit mehreren jährlichen Sitzungsterminen verursachen höhere Kosten. Die Strukturreform hat aber u.a. die Kostensenkung zum Ziel. Wie paßt das zusammen?

v. Bock und Polach: Ergebnisse der Ausschußarbeit fließen zum Wohle der Mitglieder in die Organisation ein. Konkrete Ergebnisse werden z.B. Arbeitsblätter, Regelwerke, Kommentare, Handbücher und Leitfäden sein. Ich erwarte daher, daß wir die Ernte aus dieser Arbeit nutzbar machen können und damit die nicht unerheblichen Kosten für die Tagungen, auch bezüglich der Verwertung, refinanzieren können. D.h.: der Verband wird die Interessenvertretungen nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip organisieren, sondern projektbezogen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Bei den Wahlen zu den Ausschüssen und Fachausschüssen gab es überraschende Ergebnisse. Wird die Arbeit dieser Gremien dadurch beeinflußt?

"Wahlen gehen nicht immer so aus, wie der ein oder andere sich das wünscht".

v. Bock und Polach: Wahlen in Demokratien gehen nicht immer so aus, wie der ein oder andere sich das wünscht. Allerdings sollten die Wahlen zu Sachverständigenausschüssen nicht von verbandspolitischen Überlegungen geprägt werden. Das wäre nicht im Sinne der Väter dieser Reform, die diejenigen Sachverständigen in den Fachgremien sehen möchten, von denen man ein Höchstmaß an "Input" für die Gemeinschaft erwartet.

IKZ-HAUSTECHNIK: Begleitet wurde und wird die Strukturreform von heftigen Diskussionen um die Einzelhandelsfunktion der SHK-Betriebe sowie Änderungen in der HwO. Hatten diese Kriterien Einfluß auf die Reform?

v. Bock und Polach: Natürlich wird bei solch großen Vorhaben wie der Strukturreform und grundsätzlichen Berufsfragen das eine nicht immer ganz sauber von dem anderen getrennt. Das liegt an der inneren Anteilnahme mit der man die Entwicklung verfolgt. Hier und da ließ sicher auch der Informationsfluß zu wünschen übrig.

IKZ-HAUSTECHNIK: Mit dem Image des Handwerksmeisters in der Öffentlichkeit steht es nicht zum besten. Kann die Strukturreform dabei helfen, dieses Image zu verbessern?

v. Bock und Polach: Ich glaube ja. Durch die Vielzahl von Ausschüssen und Fachausschüssen, die sich mit Sonderfragen befassen und Zukunftstechnologien aufgreifen, wird es möglich sein, auch für die Mitgliedschaft kompetente Aussagen zu treffen. Nehmen Sie als Beispiele die Bereiche Regenwassernutzung, Solarenergie, "kleine" Klimatechnik oder Gebäudeautomation. All dies sind Sektoren, mit denen wir uns zukünftig intensiver befassen können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Man könnte aus Ihren Ausführungen auch interpretieren: "Früher war der Verband zu träge".

"Die Hierarchie unserer großen Organisation ist revisionsbedürftig".

v. Bock und Polach: Ich halte die Hierarchie unserer sehr großen Organisation für revisionsbedürftig. Das dürfte allerdings außerordentlich problematisch werden und ist eine Aufgabe die jenseits des Jahres 2000 zu sehen ist. Spätestens aber wenn die neuen Informations- und Kommunikationssysteme greifen, wird sich diese Frage von selbst stellen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Strukturreform hat u.a. die schnellere Entscheidungsfindung zum Ziel. Wird es für den Verband zukünftig leichter, zu agieren?

v. Bock und Polach: Ich habe unsere verbandliche Aufgabenstellung immer in diesem Sinne gesehen. Allerdings habe ich dafür volles Verständnis, daß ein Handwerksunternehmer immer zuerst die Alltagsprobleme im Betrieb sieht und vom Verband Lösungen dazu erwartet. Unternehmerische Fragen, die sich übermorgen stellen, werden deshalb in den Gremien häufig auf die lange Bank geschoben, manchmal solange bis reagiert werden muß, statt agieren zu können. Sicher wird hier eine Verbesserung stattfinden, da in den Ausschüssen und Fachausschüssen kompetente Fachleute tätig werden, die sich mit zukunftsträchtigen Schwerpunktthemen beschäftigen können ohne gleichzeitig mit Alltagsfragen zu sehr belastet zu sein.

IKZ-HAUSTECHNIK: Nach Schwierigkeiten in der Startphase wurde die neue Satzung des ZVSHK als "mustergültig" bezeichnet. Orientieren sich auch andere Verbände an diesem Beispiel?

v. Bock und Polach: Der Bundeswirtschaftsminister sieht unsere Satzungsreform als mustergültig an, weil wir Bürokratie abgebaut haben und weil wir "schlanker" und schneller werden in unseren Entscheidungsprozessen. Die Abschaffung des Delegiertenprinzips hat immer wieder zu dem Vorwurf geführt, die Strukturreform beschneide die Demokratie. Das Gegenteil ist der Fall, nämlich eine stärkere Beteiligung der Mitglieder an der Willensbildung und den Entscheidungen des Verbandes. Was andere Verbände angeht, so besteht ein lebhaftes Interesse nicht nur an der neuen Satzung, sondern auch an dem gesamten Strukturreformprozeß.

IKZ-HAUSTECHNIK: Mit der Strukturreform ist der Verband auf dem Weg zu einer modernen Dienstleistungsorganisation. Wie denken die Mitarbeiter darüber?

v. Bock und Polach: Die Mitarbeiter sind sehr daran interessiert, möglichst konkrete Arbeitsergebnisse zu erreichen, deren Umsetzung sie zum Nutzen der Mitgliedsbetriebe auch tatsächlich erleben können. D.h. keine großen Debattierclubs, sondern kleine Zirkel in denen effektiv gearbeitet wird und auch die Ernte eingefahren werden kann. Dies bringt auch für die Mitarbeiter des ZVSHK Befriedigung und Motivation.

IKZ-HAUSTECHNIK: Ganz nach dem Motto Daniel Goedeverts "Wir brauchen Stehungen, keine Sitzungen"?

"Endlose Diskussionen über ,Nebenkriegsschauplätze‘ sollten der Vergangenheit angehören".

v. Bock und Polach: Ganz so krass möchte ich es nicht ausdrücken. Aber endlose Diskussionen über "Nebenkriegsschauplätze" sollten der Vergangenheit angehören.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Aufgabenschwerpunkte werden den ZVSHK in das nächste Jahrtausend begleiten?

v. Bock und Polach: Die Fortschreibung unserer Berufe und die Neuordnung der Ausbildung sind fundamentale Fragen. Zunächst geht es darum, die auf uns zukommenden Änderungen in der Anlage A der HwO für unsere Berufe umzusetzen. Dieses wird ein Projekt sein, das uns in den nächsten drei Jahren intensiv beschäftigen wird. Wenn dann die Grundlagen für die Berufsausbildungsordnungen und die Berufsbilder neu formuliert sind, geht es um die Umsetzung dieser Vorhaben. Davon ist die gesamte Organisation betroffen. Hierzu brauchen wir Diskussion, Meinungsbildung und Mitwirkung bei der Umsetzung. Natürlich sind die zukunftsträchtigen Arbeitsgebiete im Bereich der Gebäudetechnik und Dienstleistung von SHK-Handwerken zu besetzen. Darüber hinaus müssen wir Verständnis dafür schaffen, daß im Bereich der freiwilligen Weiterbildung mehr Konsens in der Organisation erreicht wird. Es hat zu lange gedauert, bis wir mit den Fortbildungsmaßnahmen zum Kundendiensttechniker und zur Elektrofachkraft flächendeckend akzeptiert worden sind. In der Zukunft müssen wir bei entsprechenden Weiterbildungsangeboten schneller werden. Dabei denke ich vor allem an die Schaffung qualifizierter Weiterbildungsangebote im Bereich der Gebäudeleittechnik, des umweltfreundlichen Energieeinsatzes sowie das riesige Arbeitsgebiet der Kanalüberwachung und -sanierung, um nur einige zu nennen. Hier und auf anderen Feldern der Haustechnik eröffnen sich große Chancen für unsere Handwerke.


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