125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 21/1997, Seite 3


EDITORIAL


Quo vadis DIN/EN und DVGW- Arbeitsblätter

Dipl.-Ing.(FH)
Dipl.-Wirt.-Ing.(FH)

Ralph Langholz 

Nach hartem Widerstreit wurde die DIN 4033, "Entwässerungskanäle und -leitungen - Richtlinien für die Ausführung" in Kraft gesetzt. Sie verpflichtet auch die Installateure, die Punkte 9.1 "Lageprüfung" und 9.2 "Prüfung der Wasserdichtheit" dieser Vorschrift zu erfüllen. Nun, 18 Jahre später, ist man gegenüber dem ersten Tag der Gültigkeit um keinen Schritt weiter. Nach dieser Vorgabe befragt, schütteln die meisten Installateure ungläubig, gleichsam unwissend den Kopf.

Die Fortsetzung der unendlichen Geschichte um Soll und Haben, Vorgaben und Nichtwissen fand im Jahre 1995 statt. Die bereits seit 1986 existente DIN 1986 "Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke" wurde um den Teil 30, "Festlegungen für Maßnahmen zur Instandhaltung von Entwässerungsanlagen von Gebäuden und Grundstücken", erweitert. Darunter auch die Durchführung von Dichtigkeitsprüfungen. Obwohl seit der Inkraftsetzung im Januar 1995 bereits wieder annähernd drei Jahre verstrichen sind, hat sich fast nichts verändert. Einzig und allein die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (Neue Landesbauverordnung von 1996), Bayern und die freie Hansestadt Hamburg (sog. Hamburger Modell) versuchen hier mittels mannigfaltiger Hilfen, die Umsetzung der gegebenen Vorschriften zu gewährleisten. Darüber hinaus, für die meisten noch weniger bekannt als die gültigen Regularien, sind diese de facto schon wieder überholt. Neue europäische Normen wie die DIN EN 752/prEN 752 und die DIN EN 1610/prEN 1610 werden in absehbarer Zeit mit neuen Prüfrichtlinien sowie Prüfverfahren viel tiefer ins Detail gehen und bisher noch mögliche Fluchtpunkte schließen.

Leichtfertig wird vielerorts übersehen, daß derartige Regularien auch Arbeit und Umsatz bzw. Gewinn für das Handwerk sichern. Derjenige, welcher die DIN 1988 Teil 30 tatsächlich umsetzt, zum Wohle seiner Kunden, der Umwelt und seines guten Rufes als Fachmann, partizipiert selbstverständlich auch finanziell daran. So beläuft sich der Investitionsbedarf im Bereich der Abwasseranlagen in den nächsten 15 Jahren auf ca. 300 Milliarden DM und sind 78000 km Abwasserkanäle zu reparieren mit einem Auftragsvolumen von ca. 90 Milliarden DM. Geht es den deutschen SHK-Handwerksbetrieben inzwischen so gut, daß man auf einen Anteil an diesen hohen Beträgen verzichten kann? Vermutlich nicht!

Der mit der DIN 4033 und der DIN 1986 Teil 30 begonnene Bogen könnte unendlich fortgesetzt werden: Mit dem DVGW-Arbeitsblatt GW 2/1995 "Verbinden von Kupferrohren für die Gas- und Wasserinstallation innerhalb von Grundstücken und Gebäuden" wurde das Hartlöten und Weichglühen von Kupferrohren in der Trinkwasserinstallation bis einschließlich 28 x 1,5 mm verboten. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Meldungen von SHK-Fachleuten die da lauten: "Ich löte weiterhin hart. Bisher ist nichts passiert und es wird auch nichts passieren. Ich lasse es mir nicht verbieten!"

Die Fortsetzung könnte aber auch unter einem völlig neuen Blickwinkel erfolgen. Dann wird der Wirrwarr noch wirrer! Nehmen wir die DVGW TRGI 1986/96 (G 600) und die vorgenannte GW 2 als warnendes Beispiel: Obwohl die normativen Richtlinien für die Kupferrohrverlegung in der Gas-Hausinstallation einheitlich vorgegeben sind, herrscht hier das teutonische Chaos. Weichglühen und Aufmuffen von Kupferrohren - laut den Normen zulässig. Aber, von vielen Gasversorgern nicht erwünscht. Kaltbiegen von Kupferrohren - erlaubt, aber oftmals vom regionalen Gasversorger nicht erwünscht. Das Chaos wird noch chaotischer: Dichtigkeitsprüfung der Gas-Hausinstallation. Der eine Gasversorger wünscht das klassische U-Rohr-Manometer. Der Zweite akzeptiert ein optimiertes Kombi-Prüfgerät und der Dritte gar wünscht die elektronische Dichtigkeitsprüfung mit Protokollierung. Ja, was wollt Ihr dann? Die Kleinstaaterei von 1815? Und wehe, der Auftragnehmer überschreitet seinen Einzugsbereich und wird bei einem fremden Gasversorger tätig. Ohne die speziellen Wünsche zu kennen und zu berücksichtigen! Die Katastrophe bei der Bau-Abnahme ist meist vorprogrammiert.

Dem Betrachter stellt sich letztendlich die Frage: Wozu werden Normen und Vorschriften mit hunderten von Seiten mit viel Aufwand und Mühen erarbeitet, wenn die einen diese nicht kennen und anwenden - aus den verschiedensten Gründen. Die anderen, wie im letzten Fall, diese zwar kennen, aber nach eigenem Wollen und Gutdünken auslegen und anwenden. Und stellen Sie sich vor, die europäische Normengebung kommt so richtig in Fahrt und überrollt uns mit einer Fülle neuer Obligationen und Pflichten. Wer blickt dann noch durch? Wer ist sich der Früchte seiner ehrlichen wie harten Arbeit dann noch sicher?

An dieser Stelle sollten alle SHK-Fachleute/-praktiker, DIN-Fachleute, die Industrie und die Politik an einem Strang ziehen! Bevor alles in Grund und Boden gewalzt wird wegen einiger Kilogramm bedrucktem Papier!


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